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Indexmieterhöhung – Verwirkung des Anspruchs

OLG Nürnberg – Az.: 3 U 1355/13 – Beschluss vom 17.01.2014

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 07.06.2013, Az. 2 O 1427/12, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass von der Klägerin keine Ansprüche aus der Indexmieterhöhung mehr geltend gemacht werden können, weil die entsprechenden Ansprüche verwirkt sind.

Die Verwirkung ist ein Fall unzulässiger Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB). Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und auch darauf einrichten durfte, dass der Berechtigte das Recht nicht mehr geltend machen wird (sog. Umstandsmoment). Zwischen diesen Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung insofern, als dass der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH NZM 2006, 58 Rn. 23).

Die Klägerin hat hier ihren Anspruch auf die erhöhte Miete erstmals mit Schreiben an die Beklagte vom 18.5.2012 geltend gemacht. Die Bedingung in § 6 Abs. 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrags, nach der sich die Miete bei einer mehr als zehnprozentigen Indexsteigerung erhöhen sollte, war spätestens zum 1.11.2007 eingetreten. Zwischen dem Eintritt der Mieterhöhung und der Zahlungsaufforderung durch die Klägerin lag damit ein Zeitraum von mindestens 4 1/2 Jahren. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Mietnachzahlungsansprüche der Jahre 2007 und 2008 zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verjährt waren und sich die Verwirkung deshalb nur auf die Zeit ab Januar 2009 beziehe könne, ist dies unzutreffend. Die fehlende Durchsetzbarkeit eines Anspruchs wegen Verjährung führt nicht dazu, dass seine Geltendmachung daneben nicht mehr gegen Treu und Glauben verstoßen könne. Die Einreden stehen vielmehr selbständig nebeneinander und überschneiden sich in ihren Voraussetzungen nicht.

Besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte berechtigterweise darauf vertrauen konnte, dass die Klägerin den nach § 6 Abs. 2 des Mietvertrags erhöhten Mietzins nicht verlangen wird, ergeben sich hier aus dem Schreiben der Klägerin vom 14.12.2009 (Anlage B1). Die dort von der Klägerin verlangte „Nachzahlung“ der Mieten für November und Dezember 2009 wird von ihr als Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlungen und der Ausgangsmiete berechnet. Die Beklagte ist auch davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine nach § 6 Abs. 2 des Mietvertrags erhöhte Miete geltend macht, wie sich aus ihrem Schreiben vom 19.1.2010 (Anlage B2) ergibt. Dort bezeichnet sie den nicht erhöhten Mietzins als „vollen Mietzins“ und kündigt dessen Zahlung ab Februar 2010 – nach Behebung der Mängel – an. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten. Ein solches Verlangen und Akzeptieren der nicht erhöhten Miete ist geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen (vgl. etwa OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1036; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 451). Einem berechtigten Vertrauen der Beklagten steht unter diesen Umständen auch nicht entgegen, dass die Mieterhöhung automatisch eintrat und nicht von einem Aufforderungsschreiben des Vermieters abhängig war, denn der Beklagten wurde von der Klägerin so gerade suggeriert, sie zahle die zutreffende Miete.

Das durch die Korrespondenz über die Mietmängel Ende 2009 begründete Vertrauen der Beklagten wiegt zwar nicht besonders schwer, weil keine ausdrückliche Auseinandersetzung über die richtige Miethöhe stattfand und weder zuvor noch danach Umstände vorlagen, die das so begründete Vertrauen verstärken konnten. Das schwache Umstandsmoment genügt aber angesichts des langen Zeitraums der unterlassenen Geltendmachung. Ein Zeitraum von weniger als drei Jahren reicht bei einer nicht vollständigen Zahlung der geschuldeten Miete nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits aus, um das Zeitmoment der Verwirkung zu erfüllen (vgl. BGH NZM 2006, 58 Rn. 26). Das OLG Düsseldorf diskutiert sogar, ob die Zeitspanne von einem Jahr ausreichen kann (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1036; wohl bejahend ZMR 1998, 89). Diese Zeiträume sind hier erheblich überschritten. Der Zeitspanne von 4 1/2 Jahren bis zur erstmaligen Geltendmachung kommt zudem deshalb erhebliches Gewicht zu, weil es sich um eine Geschäftsraummiete handelt. Der Beklagten wird – wie das Erstgericht zu Recht ausführt – durch die späte Geltendmachung die Möglichkeit genommen, eine Kostensteigerung bei der Miete an ihre Kunden weiterzugeben. Die rechtzeitige Aufforderung zur Leistung der vertraglich zutreffend geschuldeten Miete lag deshalb nicht nur im Interesse der Klägerin, sondern für sie erkennbar auch im Interesse der Beklagten. Der unterlassenen Geltendmachung über einen so langen Zeitraum kommt im Rahmen der Abwägung deshalb erhebliches Gewicht zu.

Die Verwirkung bezieht sich nicht nur auf die Zeit nach dem Schriftwechsel Ende 2009, der das Umstandmoment begründet, sondern auf den gesamten Zeitraum. Der Schriftwechsel hat für die Beklagte nicht nur das Vertrauen darauf begründet, dass die Klägerin in Zukunft keine erhöhte Miete verlangen wird, sondern auch darauf, dass sie die bis dahin aufgelaufenen Rückstände nicht durchsetzen wird.

Die Berufung erweist sich damit insgesamt als ohne Aussicht auf Erfolg. Der Senat empfiehlt deshalb, nicht zuletzt aus Kostengründen die Berufung zurückzunehmen. Auf die Ermäßigungstatbestände für das Berufungsverfahren für den Fall einer Berufungsrücknahme wird verwiesen (GKG, KV 1220, 1222).

Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

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