AG Dachau – Az.: 3 C 775/19 – Urteil vom 30.03.2021
In dem Rechtsstreit wegen Räumung erlässt das Amtsgericht Dachau am 30.03.2021 aufgrund des Sachstands vom 30.03.2021 folgendes Endurteil
I.
Die Klage wird abgewiesen,
II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 24.345,36 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Räumung und Herausgabe eines vom Kläger an die Beklagten vermieteten Einfamilienhauses. Der Kläger ist Eigentümer und Vermieter des in ### Karlsfeld gelegenen Einfamilienhauses, bestehend aus 5 Zimmern, 1 Küche, 2 WCs, 2 Bädern, 1 Keller, 1 Speicher, 1 Terrasse mit Garten, 3 Garagen und 2 Stellplätzen. Die Beklagten sind gesamtschuldnerisch Mieter des gegenständlichen Anwesens seit 15.03.2008 und bezahlen einen monatlichen Nettomietzins in Höhe von 2028,78 Euro. Mit Schreiben vom 18.10.2018 wurde die ordentliche Kündigung zum 31.07.2019 ausgesprochen. Als Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Beklagten haben der Kündigung widersprochen und haben das gemietete Haus nicht geräumt und herausgegeben.
Die Kläger behaupten, der Kläger hätte zunächst beabsichtigt, das Grundstück gewinnbringend zu verkaufen und aus dem Erlös seine eigene Altersvorsorge zu bestreiten sowie einer derzeit 25-jährigen Tochter den Erwerb einer eigenen Immobilie zu ermöglichen. Er behauptet weiter, mit Schreiben des Landratsamtes vom 31.01.2018, sei ihm eine Genehmigung für den Neubau eines weiteren Einfamilienhauses auf dem Grundstück in der ###, also im Garten des streitgegenständlichen Grundstückes erteilt worden (Bescheid des Landratsamts Dachau Anlage K3). Der Kläger behauptet, bei Verkauf eines Grundstücks im vermieteten Zustand, sei schon allein aufgrund der Vermietung von einem erheblichen Mindererlös auszugehen. Außerdem könne ohne Kündigung des Mietverhältnisses von der Baugenehmigung im Garten des Grundstücks kein Gebrauch gemacht werden. Der insgesamt bei fortgesetzter Vermietung für den Kläger bestehenden monetäre Nachteil betrage gerundet 800.00000 Euro bei einem geschätzten Verkaufserlös in Höhe von mindestens 1.500.000,00 Euro also ein Anteil von 53,34 %.
Der Kläger ist der Ansicht, durch diesen Nachteil sei der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und würde dadurch erhebliche Nachteile erleiden, sodass ein berechtigtes Interesse, das zur ordentlichen Kündigung berechtigt im Sinne des § 573 Abs. 2 BGB vorliege.
Mit Schriftsatz vom 27.12.2019, nach Rechtshängigkeit, teilte der Kläger mit, dass sich die tatsächlichen Umstände auf Klägerseite geändert hätten und nunmehr Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gehend gemacht würden. Der nachträglich entstandene Grund sei im Rahmen des rechtshängigen Verfahrens gemäß § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB zu berücksichtigen. Die 26-jährige Tochter des Klägers hätte ihr Studium abgebrochen, sei nun erwerbstätig in einem Angestelltenverhältnis, wohne derzeit bei ihrer Mutter und würde in dem streitgegenständlichen Haus einen gemeinsamen Hausstand mit ihrem 28-jährigen Freund zur Gründung einer Familie begründen wollen. Der Schriftsatz der Klägerin wurde dem Beklagtenvertreter nicht vorab von Anwalt zu Anwalt zugesendet, Termin zur mündlichen Verhandlung war bestimmt und fand am 08.01.2020 statt.
Die Klägerin beantragt. die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, dass auf dem Grundstück in der ### Karlsfeld gelegene Einfamilienhaus, bestehend aus fünf Zimmern, einer Küche, zwei WCs, zwei Bädern, einem Keller, einem Speicher, einer Terrasse mit Garten, drei Garagen und zwei Stellplätzen an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, Klageabweisung.
Die Beklagten behaupten, ernsthafte Verkaufsbemühungen hätte der Kläger noch nicht betrieben. Die Darlegungen des Klägers zum Minderwert bei Veräußerung des Grundstücks im vermieteten Zustand seien völlig überhöht, tatsächlich liege eine durch den bestehenden Mietvertrag begründete Wertminderung niedriger als 10 %. Es bestehe keinerlei Erfahrungssatz dahingehend, dass leerstehende Mietobjekte einen geringeren Kaufpreis erzielen. Erwerber mit Eigennutzungsinteresse könnten mit großen Erfolgsaussichten eine Eigenbedarfskündigung erklären und durchsetzen. Die Beklagten sind darüber hinaus der Auffassung, dass dem Kläger die Möglichkeit einer Teilkündigung für den Bereich des Gartens gemäß § 573 BGB zustehen würde, um den Neubau (sollte er -wie bestritten- tatsächlich so genehmigt sein) umsetzen zu können, bei geringer wirtschaftlicher Beeinträchtigung durch das Mietvertragsverhältnis. Das Grundstück könne entweder real geteilt werden oder nach den Regelungen des Wohnungseigentumsrechts. Die Beklagten sind darüber hinaus der Auffassung, dass der nicht direkt von Anwalt zu Anwalt zugestellte Schriftsatz vom 27.12.2019 mit dem der Kläger mitgeteilt hat, von seinen bisherigen Veräußerungsplanungen Abstand genommen zu haben und nunmehr die Räumung und Herausgabe wegen neu hinzugekommen Eigenbedarfsgründen zu verfolgen, als verspätet zurückzuweisen sei, vor dem Hintergrund der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2020.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Akte befindlichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2020 sowie das vom Gericht eingeholte schriftliche Sachverständigengutachten des Dipl. Bauingenieur (Univ.) ### vom 10.12.2020 verwiesen.
Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien ohne erneute Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden, gemäß § 182 ZPO. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, wurde der 08.03.2021 bestimmt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Einfamilienhauses gegen die Beklagten nicht zu, weil das zwischen den Parteien unstreitig bestehende Mietvertragsverhältnis nicht durch wirksame, vom Kläger ausgesprochene Kündigung beendet worden ist.
Der Kläger stützt seinen Räumungs- und Herausgabeanspruch, auf nach Ausspruch der Kündigung und Rechtshängigkeit des Rechtsstreits eingetretene Eigenbedarfsgründe. Die Berücksichtigung nachträglich entstandener Kündigungsgründe ist unter den Voraussetzungen des § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB möglich. Der Wortlaut der Vorschrift gilt allgemein als missglückt. Nach im Einzelnen umstrittener Auslegung, vermag die Norm indessen nicht einer zunächst unwirksam erklärten Kündigung zur Wirksamkeit zu verhelfen, weil eine derartige Auslegung den anerkannten Grundsätzen über die Wirksamkeit von Willenserklärungen widersprechen würde (Blank, Schmidt-Futterer Mietrecht, 13, Auflage 2017, § 573 Randnr. 255), Voraussetzung dafür, dass nunmehr Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Hauses aufgrund der zuvor ausgesprochenen Verwertungskündigung, gestützt auf nunmehr vermeintlich vorliegende Eigenbedarfsgründe verlangt werden könnte, ist daher, dass die zuvor ausgesprochenen Verwertungskündigung wirksam gewesen wäre. Aus diesem Grund war der klägerische Schriftsatz vom 27.12.2019 auch nicht als verspätet zurückzuweisen, weil eine Verzögerung des Verfahrens durch diesen neuen Tatsachenvortrag nicht entstanden ist. Hätte der Kläger den neuen Tatsachenvortrag unterlassen, so wäre zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Verwertungskündigung in die Beweisaufnahme einzutreten gewesen und das Sachverständigen-Gutachten einzuholen gewesen. Bei Berücksichtigung des neuen Tatsachenvortrags ist aufgrund eben dargelegter Grundsätze zum Austausch der Kündigungsgründe ebenfalls in die Beweisaufnahme einzutreten und zunächst dasselbe Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Wirksamkeit der zunächst ausgesprochenen Verwertungskündigung einzuholen, sodass sich durch Berücksichtigung des neuen klägerischen Tatsachenvortrags kurz vor mündlicher Verhandlung am 08.01.2020, keine Verzögerung der Entscheidung des Rechtsstreits ergab.
In eine Beweisaufnahme über die nunmehr vom Kläger behaupteten Eigenbedarfsgründe war nicht einzutreten, weil sich die ordentliche Kündigung des Mietvertragsverhältnisses vom 18.10.2018 als unwirksam darstellt und das Mietvertragsverhältnis daher nicht durch diese Kündigungserklärung beendet wurde.
Die ordentliche Kündigung des Vermieters als Verwertungskündigung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt voraus, dass der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. Die Hinderung an einer angemessen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks und dadurch das Erleiden erheblicher Nachteile, konnte der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen. Zum Beweis der klägerischen Behauptung, durch Fortbestand des Mietverhältnisses, bei Verwertung des Grundstücks einen Nachteil von über 50 % zu erleiden, hat das Gericht ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (Univ.) Bauingenieurwesen und Dipl.-Sachverständiger (DIA) ###, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke durch die IHK München und Oberbayern, hat in seinen schriftlichen Gutachten überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass nach gutachterlicher Prognose von einem Minderwert in Höhe von 10 % eines unbelasteten Marktwertes auszugehen ist, unter Zugrundelegung der (allein zu Gunsten des Klägers wirkenden) Annahme, dass das Baurecht wie von der Klagepartei vorgetragen zum einen tatsächlich besteht und im Falle der Weitervermietung überhaupt nicht realisiert werden kann.
Der Gutachter hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Marktwert des streitgegenständlichen Grundstücks, im unvermieteten Zustand und inklusive dem zweiten Baurecht 1,650.000,00 Euro beträgt. Den überzeugenden Ausführungen sind auch weder Klage- noch Beklagtenpartei entgegengetreten. Unter Zugrundelegung der Annahme, dass ein fortbestehendes Mietverhältnis die Realisierung des zweiten Baurechts dauerhaft und völlig verhindern und unmöglich machen würde, und auch eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht Betracht käme, fixiert der Sachverständige rechnerisch nachvollziehbar, den Marktwert auf 1.310.000,00 Euro, die Wertminderung würde 340.000,00 Euro, also 20,61 % betragen. Sodann hat der Sachverständige ausdrücklich darauf hingewiesen (Seite 36 des Gutachtens Ziffer 10.2), dass der Sachverständige im Folgenden, die am Markt tatsächlich zu erwartende Wertminderung unter Würdigung juristischer Vorfragen, insbesondere den Erfolgsaussichten einer fiktiven Eigenbedarfskündigung eines etwaigen Erwerbers prognostiziert, vorbehaltlich einer juristischen Prüfung seiner insofern getroffenen Annahmen. Entgegen der Auffassung der Klagepartei überschreitet der Sachverständige damit keineswegs seinen Aufgabenbereich. Der Sachverständige wurde beauftragt, die fiktiv im Falle eines Verkaufs der streitgegenständlichen Grundstücks im vermieteten Zustand am Markt zur erwartende Wertminderung zu beurteilen. Es ist der Beweisfrage immanent, dass es sich hierbei um eine Prognoseentscheidung handelt, die der Sachverständige aufgrund seiner Sachverständigen Expertise unter Zugrundelegung der ihm vorliegenden Anknüpfungstatsachen trifft. Eine prognostische (juristische) Beurteilung des Aufwands der Durchsetzung einer Eigenbedarfskündigung durch einen potentiellen Erwerber, ist dabei offensichtlich geboten. Für einen potentiellen die Eigennutzung beabsichtigenden Käufer, haben die Erfolgsaussichten einer vom Erwerber ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung, ganz erheblichen Einfluss auf dessen Werteinschätzung. Der Sachverständige ist dabei in seinem Gutachten von keinen Anknüpfungstatsachen und juristischen Einschätzungen ausgegangen, denen das Gericht entgegentreten würde. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass er davon ausgegangen ist, dass das Mietverhältnis durch einen fremden Dritten im Verkaufsfall, sehr wohl auf absehbaren Zeit bei Eigenbedarf kündbar ist. Er legt die Auffassung zugrunde, dass dies zumindest die Ansicht bzw. Erwartungshaltung des Marktes ist. Der Sachverständige führte aus, dass es im Großraum München und in Karlsfeld um einen angespannten Wohnungsmarkt handelt, bei der eine sehr breite potentielle Käuferschicht besteht, die sowohl einer ausweichenden Anzahl an Kapitalanlegern, als auch aus einer ausreichenden Anzahl an Eigennutzern besteht. Im vermieteten Zustand sei der Käuferkreis zwar etwas eingeschränkt aber immer noch ausreichend groß. Ein Kapitalanleger müsse sich mit den Mieteinnahmen aus dem Mietverhältnis begnügen und damit, dass die Wertdifferenz im Folge des Mehrwerts für das zusätzliche Baurecht im hinteren Bereich, nicht sofort realisierbar bzw. aktivierbar ist, sondern erst wenn das Mietverhältnis eines unbestimmten Tages enden wird. Einerseits bestehe für ihn ein Restrisiko, dass die erteilte Baugenehmigung eines Tages nicht mehr verlängert werde, was aber als relativ unrealistisch erachtet werde. Dieses würde er in seinen Kaufpreisüberlegungen einfließen lassen, ggf. auch die Architekten- und Genehmigungskosten die mit der erforderlichen, jeweiligen Verlängerung der temporär befristeten Baugenehmigung verbunden seien. Andererseits bestehe auch die Chance, dass der Mieter von sich aus das Mietverhältnis auf absehbare Zeit kündige. Bei einem Eigennutzer sehe die Sachlage etwas besser aus. Dieser würde in seinen Kaufpreisüberlegungen davon ausgehen, dass er das Mietverhältnis auf absehbare Zeit beenden könne. Da es sich bei dem Mieter laut Angabe vor Ort um eine Familie handle, sei davon auszugehen, dass eine „Entmietung“ seine Zeit dauern werde. Hilfsweise setzte der Gutachter hierfür einen Markt von Formen und plausibel erscheinenden Zeitraum von bis zu maximal 3 Jahren als angemessen an.
Der Sachverständige führte weiter aus, dass aufgrund des überschaubaren Zeitraums, aufgrund des langfristig orientierten Immobilienmarkts grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sich der zugemessene Abschlag stark in Grenzen halten werde. Gegebenenfalls lasse sich aufgrund der stark angespannten Marktsituation sogar jemand finden der das vorhandene Geld zwischenzeitlich nur „sicher Parken“ möchte und daher bereit sei, weitgehend den vollen Preis zu bezahlen. Schließlich zeichne sich der Markt durch ein grundsätzlich sehr geringes Angebot an Objekten in einem guten Bauzustand und in einer guten Lage (wie hier) bei einer gleichzeitig hohen Nachfrage aus. Auf der anderen Seite sei der sachverständig zu bemessende Werteinfluss bzw. Preisabschlag im gegenständlichen Fall, grundsätzlich etwas höher einzuschätzen als bei üblich vermieteten Einfamilienhäusern, die über kein zweites zusätzlichen Baurecht verfügen, da zusätzliches Kapital, also der Mehrwert in Folge des zweiten Baurechts, gebunden sei. Im Weiteren führte der Sachverständige aus, dass der Preisunterschied durch den Gutachterausschuss der Landeshauptstadt München im Mittel auf minus 7 % veröffentlicht werde.
Aufgrund eigener aufwendiger Auswertungen im Raum Karlsfeld, bezogen auf den Gesamtmarkt aller vermieteten Wohnungen und Häuser ergäbe sich ein durchschnittlicher Preisabschlag von minus 15 %.
Untersuche man lediglich höherpreisige Wohnungen und Einfamilienhäuser im Umkreis von 5 km um Karlsfeld, einer vereinbarten Miete ab 10,00 Euro (wie vorliegend), betrage der Wertunterschied im Mittel minus 11 % Rezensiere man jedoch die Untersuchung nicht auf dem Gesamtimmobilienmarkt, sondern lediglich auf Einfamilienhäuser (Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser), sei weitgehend überhaupt kein Preisunterschied mehr festzustellen. Der Sachverständige führt aus, dass ein sich aufdrängender Erklärungsversuch darin hegen mag, dass die Erwerber von Einfamilienhäuser überwiegend Eigennutzer seien und die Mietverhältnisse bei Eigenbedarf auf absehbare Zeit auch tatsächlich kündbar seien.
Die Ausführungen des Sachverständigen überzeugen, der Sachverständige hat keinerlei Anknüpfungstatsachen seiner prognostischen Beurteilung zugrundegelegt, die der Rechtsauffassung des Gerichts widersprechen. Selbstverständlich ist bei der Preisbewertung am Markt zu berücksichtigen, dass die (auch nach Einschätzung des Gerichts begründete) Erwartung des Marktes darin besteht, dass ein Erwerber, der die Eigennutzung der Immobilie beabsichtigt, wenn auch mit gewissem zeitlichen und ggf. prozessualen Aufwand, bei tatsächlichem Vorliegen von Eigenbedarfsgründen, die Räumung und Herausgabe letztlich durchsetzen könnte.
Bei seiner Beurteilung ist der Sachverständige zudem zugunsten der Kläger davon ausgegangen, dass das zweite Baurecht besteht und bei Fortbestehen des Mietvertragsverhältnisses überhaupt nicht realisiert werden könnte. Das Gericht hat indessen erhebliche Zweifel, ob dies tatsächlich der Fall ist. Es ist nicht ersichtlich, warum nicht, wie von der Beklagtenpartei vorgetragen, eine Teilkündigung des Gartenanteils zur Neuerrichtung von Wohnraum in Betracht kommen könnte. Es dürfte außer Zweifel stehen, dass eine insofern vorzunehmende Reduzierung des vereinbarten Mietzinses sich wirtschaftlich wesentlich geringer auswirken würde. Vor diesem Hintergrund dürfte sich die, vorn Sachverständigen vorgenommenen Schätzung eines Minderwerts von 10 % als absolute Obergrenze des tatsächlich zu erwartenden Preisabschlages darstellen. Wie der Sachverständige überzeugend und nachvollziehbar dargelegt hat, ist eine mathematisch unzweideutige Prognose ohnehin nicht zu treffen, sondern von einem Korridor auszugehen.
Die vom Sachverständigen ermittelte Wertdifferenz führt nicht zu einem erheblichen Nachteil, der zur Verwertungskündigung berechtigen würde. Der Nachteil ist nicht generell abstrakt zu bestimmen, sondern es kommt auf die persönlichen Verhältnisse des Vermieters an. Vor diesem Hintergrund überzeugen die Ausführungen des Klägers zum Vergleich der Kaufkraft von fiktiven Einzelpersonen in der Umgebung nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers wirkt sich bei der Beurteilung eines erheblichen Nachteils für den Vermieter, das hohe und in den letzten Jahren immer weiter angestiegene Preisniveau in der Umgebung von München, nicht dahingehend aus, dass ein besonders niedriger prozentualer Abschlag als ausreichend anzusehen wäre, weil der absolute Mindererlös sich dann als Höher darstellt. Diese Argumentation verkennt, dass sich ab einem gewissen Grad an Einkommen und Vermögen der Verlust weiteren Vermögens als weniger gewichtig für die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse darstellt. Dieser leichteren Entbehrlichkeit zusätzlichen Vermögens und Einkommens, ab Überschreiten gewisser Grenzen, hat auch der Gesetzgeber beispielsweise durch den progressiven Einkommensteuertarif Rechnung getragen. Das Gericht sieht daher aufgrund des Werts der Immobilie keinen Anlass, von der üblicherweise anzusetzenden Minderwertgrenze von ca. 20 % abzukehren. Die Mehrheit der veröffentlichten gerichtlichen Entscheidungen lassen in der Regel lediglich Wertminderungen über 20 % genügen, hiervon wesentlich abweichende Entscheidungen stellen seltenere Einzelfallentscheidungen dar. Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger keine ernsthaften Verkaufsbemühungen dargelegt hat, dergestalt, dass sich tatsächlich kein Käufer gefunden hätte, der einen Preis bezahlt hätte, der näher als 20 % am vom Gutachter ermittelten Wert ohne mietvertragliche Belastung gelegen hätte.
Da bereits die erklärte Verwertungskündigung mangels Vorliegen eines erheblichen Nachteils bei einem Fortbestehen des Mietverhältnisses unwirksam ist, kommt es im streitgegenständlichen Verfahren auf das Vorliegen, der im Laufe des Verfahrens behaupteten Eigenbedarfs-Kündigungsgründe nicht an, weil wie bereits dargelegt, der völlige Austausch des Kündigungsgrundes lediglich dann in Betracht käme, wenn eine zunächst wirksame Kündigung, deren Gründe durch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände wegfallen, aufgrund damit einhergehender Entstehung anderer Kündigungsgründe aufrechterhalten werden könnte.
II.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 708 Nr. 7 ZPO.