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Lärmbelästigung und Beleidigungen durch Mieter des Nachbarn

AG Niebüll – Az.: 8 C 259/12 – Urteil vom 13.12.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten unter Bezugnahme auf das nachbarschaftliche Verhältnis ein Vorgehen gegen ihre Mieter.

Lärmbelästigung und Beleidigungen durch Mieter des Nachbarn
Symbolfoto: Von Koldunova Anna /Shutterstock.com

Der Kläger ist Eigentümer des von ihm selbst genutzten Hausgrundstücks … in … . In unmittelbarer Nachbarschaft liegt das den Beklagten gehörende Hausgrundstück …, welches von den Beklagten an Frau … sowie … vermietet ist, welche das Objekt mit ihren Kindern und Haustieren bewohnen. Der (Kläger nahm Anstoß an dem Erscheinungsbild bzw. Verhalten der Mieter der Beklagten. Wegen einer von ihm wahrgenommenen körperlichen Gewalt gegenüber den zur Mieterfamilie gehörenden Kindern wandte sich der Kläger an das Jugendamt. Zudem schaltete der Kläger die Ordnungsbehörden ein, um auf die Beseitigung von Müllanhäufungen im Bereich des Grundstücks der Beklagten hinzuweisen. Zudem kam es zu mehrfachen Polizeieinsätzen im Zusammenhang mit Streitigkeiten bzw. körperlichen Auseinandersetzungen, an denen die Mieter der Beklagten beteiligt waren. Ohne Erfolg nahm der Kläger vorgerichtlich ein Schiedsmannverfahren gegen die Mieter der Beklagten auf, an welchem auch die Beklagten beteiligt wurden.

Der Kläger macht geltend, dass die Beklagten im Hinblick auf das nachbarschaftliche Verhältnis verpflichtet seien, auf ihre Mieter durch eine Abmahnung bzw. Kündigung des (Mietverhältnisses einzuwirken, um Störungen für ihn bzw. den Nachbarn zu unterbinden. Ein eigenes erfolgreiches Vorgehen gegen die Mieter selbst erscheine aussichtslos, da diese unwillig bzw. unfähig zu einer angemessenen nachbarschaftlichen Rücksichtnahme seien. Vor dem Hintergrund ihrer beengten finanziellen Verhältnisse stehe auch nicht zu erwarten, dass im Falle des Erwirkens einer Unterlassungsverpflichtung durch Ordnungsgelder auf die Mieter angemessen eingewirkt werden könne.

Der Kläger beantragt, die Beklagten unter Androhung eines angemessenen Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, die übermäßige Geräuschentwicklung, lärmverursachendes und aggressive Verhalten, insbesondere Geschrei, Grimassenschneiden, Beleidigungen usw. ihrer Mieter im Objekt … in … in Bezug auf den Kläger zu beseitigen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten machen geltend, dass es sich bei ihren Mietern „normale“ Menschen handle, für deren Verhalten sie als Grundstückseigentümer nicht verantwortlich gemacht werden könnten. Keineswegs seien die Beklagten damit einverstanden, dass ihre Mieter durch ihr Verhalten andere störten. Sie hätten ihre Mieter auch aufgefordert, sich angemessen und rücksichtsvoll zu verhalten. Ob das Verhalten ihrer Mieter berechtigterweise Anlass für Beanstandung biete, könne letztlich von ihnen nicht abschließend beurteilt werden, da es unterschiedliche Darstellungen über aufgetretene Streitigkeiten gäbe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 13.12.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat gegenüber den Beklagten keinen Anspruch auf ein Unterbinden von Störungen seitens ihrer Mieter.

Die Voraussetzungen eines Beseitigungsanspruchs nach § 1004 BGB sind auch unter Berücksichtigung des nachbarschaftlichen Verhältnisses nicht gegeben.

Nach § 1004 BGB kann ein Eigentümer von dem Störer die Beseitigung von Beeinträchtigungen seines Eigentums verlangen. Ungeachtet der Frage, ob tatsächlich von den Mietern der Beklagten auf das Eigentum des Klägers nachteilig einwirkende Beeinträchtigungen ausgehen, vermag das Gericht keine Verantwortlichkeit der Beklagten für etwaige Störungen seitens ihrer Mieter zu ersehen. Ein etwaiges Fehlverhalten ihrer Mieter ist den Beklagten nicht ohne weiteres dergestalt zuzurechnen, dass die Beklagten selbst als Handlungsstörer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB qualifiziert werden könnten.

Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen seines Urteils vom 07.04.2000 – V ZR 39/99 (BGHZ 144, 200) ausgeführt, dass einem Grundstückseigentümer die von seinen Mieter ausgehenden Störungen nur dann zugerechnet werden dürfen, wenn die von den Mietern ausgehenden Störungen „in adäquater Weise“ auf seine Willensbetätigung zurückgeführt werden können. „Ein adäquater Zusammenhang besteht dann, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (BGHZ 57, 137, 141; 137, 11, 19).

Vorliegend vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass für die Beklagten bei der Überlassung ihres Hausgrundstücks an die Beklagten zu erkennen war, dass hierdurch in besonderer Weise Störungen für die Nachbarschaft hervorgerufen werden konnten. Aus Sicht des Gerichts besteht keine Veranlassung, die Mieter der Beklagten in besonderer Weise zu stigmatisieren und diese nicht als ganz „normale“ Menschen zu betrachten. Der Umstand, dass die Mieter der Beklagten öffentliche Unterstützungsleistung erhalten und in ihrem Haushalt neben minderjährigen Kinder auch Haustiere leben, kann noch nicht dazu führen, diese als besonders „störungsgeneigt“ anzusehen. Aus Sicht des Gerichts unterscheidet sich die vorliegende Konstellation deutlich von den seinerzeit vom Bundesgerichtshofs im Rahmen seines Urteils vom 07.04.2000 zu beurteilenden Sachverhalt. Soweit der Bundesgerichtshof die mittelbare Störereigenschaft des Vermieters an den Betreiber eines Drogenhilfezentrums bejaht hat, ist der Argumentation des Bundesgerichtshofs zu folgen, dass von den Besuchern eines Drogenhilfezentrums durchaus Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft ausgehen können, da durchaus damit gerechnet werden konnte, dass der Drogenszene zuzurechnende Besucher die Nachbarschaft beeinträchtigen. Der Bundesgerichtshof hat insoweit ausgeführt, dass „die Verunreinigung des Gehsteigs durch Fixerutensilien, Blut und Fäkalien … adäquate Folgen des Betriebs des Drogenhilfezentrums (sind).“ Aus welchen Gründen die Beklagten mit besonderen Störungen seitens ihrer Mieter hätten rechnen sollen, erschließt sich dem Gericht nicht.

Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen seines Urteils vom 27.01.2006 – V ZR 26/05 (NJW 2006, 992) ausdrücklich bekräftigt, dass als mittelbarer Handlungsstörer ein Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters nur verantwortlich gemacht werden kann, wenn er den Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten.

Soweit der Kläger Anstoß an Müllansammlungen auf dem Grundstück der Beklagten genommen hatte, bestand für die Beklagten durchaus Veranlassung ihre Mieter anzuhalten, die Müllansammlung zu beseitigen, um Gefährdungen der Nachbarschaft durch vom Müll angelocktes Ungeziefer zu beseitigen. Im Rahmen des mündlichen Verhandlungstermins vom 13.12.2012 hat der Kläger insoweit ausdrücklich ausgeführt, dass die von ihm beanstandete Müllanhäufung bereits durch die Einschaltung der Ordnungsbehörden abgestellt worden sei und insoweit ein Tätigwerden von den Beklagten gar nicht verlangt worden sei. Der Kläger hat insoweit bekräftigt, dass es ihm allein um die Abwehr von Lärmbeeinträchtigung bzw. Beleidigungen durch die Mieter der Beklagten geht, wobei im Hinblick auf das Nachbarschaftsverhältnis die Beklagten zu seinem Schutz tätig werden müssten. Aus Sicht des Gerichts kann aus dem Nachbarschaftsverhältnis kein Anspruch gegen die Beklagten auf ein weiteres Tätigwerden gegenüber ihren Mietern hergeleitet werden. Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt ist, dass ein Wohnungseigentümer aus dem aus dem Gemeinschaftsverhältnis ableitbaren Rücksichtnahmegebot (§ 14 WEG) verpflichtet sein kann, Mietern notfalls zu kündigen, soweit diese durch das Ausbringen von Beleidigungen andere Wohnungseigentümer oder andere Mieter nachhaltig beeinträchtigen (OLG Saarbrücken Beschluss vom 04.04.2007 – 5 W 2/07, NJW 2008, 80), ist der Hinweis geboten, dass Wohnungseigentümer untereinander wechselseitig mehr Rücksicht auf die Interessen der jeweils anderen Wohnungseigentümer zu nehmen haben, als dieses im Verhältnis zwischen Pflichten der Grundstücksnachbarn geboten ist.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

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