In einem kürzlich ergangenen Urteil des Amtsgerichts Hamburg (Az.: 48 C 483/19) vom 25. März 2022 wurde ein Versäumnisurteil vom 16. Januar 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Fall dreht sich um eine ehemalige Vermieterin, die nach Beendigung des Mietverhältnisses Schadensersatz vom Mieter forderte. Der Mieter wiederum forderte die Auszahlung der von ihm geleisteten Kaution.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 48 C 483/19 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Amtsgericht Hamburg hat ein Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage einer Vermieterin abgewiesen, die Schadensersatz wegen eines Wasserschadens am Parkettboden forderte. Das Gericht fand nicht genügend Beweise dafür, dass der Mieter den Schaden verursacht hatte.
- Versäumnisurteil vom 16.01.2020 wurde aufgehoben.
- Streitpunkt: Wasserschaden am Parkettboden in einer vermieteten Wohnung.
- Vermieterin behauptet, der Schaden sei durch Nässeaustritt aus der Dusche und mangelnde Pflege des Mieters verursacht.
- Mieter argumentiert, dass die Dusche bereits bei Übergabe undicht war.
- Das Gericht stellte fest, dass die Zustellung des Versäumnisurteils an den Mieter nicht ordnungsgemäß erfolgte.
- Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass der Mieter den Schaden verursacht hatte.
- Die Klägerin wurde aufgefordert, dem Beklagten die Kaution zurückzuzahlen.
- Das Urteil betont die Bedeutung einer klaren Kommunikation zwischen Vermietern und Mietern und die Notwendigkeit, alle relevanten Beweise vorzulegen.
Mietverhältnis und entstandene Schäden
Die Klägerin hatte dem Beklagten eine voll möblierte Wohnung in Hamburg vermietet. Während des Mietverhältnisses trat ein Wasserschaden auf, bei dem Wasser aus der Dusche austrat und das Parkett im Flur und Schlafzimmer beschädigte. Nach dem Auszug des Mieters ließ die Vermieterin Reparaturarbeiten am Bodenbelag sowie weitere Arbeiten und Reinigungen in der Wohnung durchführen und stellte dem Mieter die Kosten in Rechnung. Sie verrechnete die Kosten mit der vom Mieter hinterlegten Kaution und forderte zusätzlich eine Zahlung.
Argumente beider Parteien
Die Klägerin argumentierte, dass der Wasserschaden durch wiederholtes Austreten von Wasser aus der Dusche und mangelnde Pflege durch den Mieter verursacht wurde. Der Mieter hingegen behauptete, dass die Dusche bereits bei Übergabe der Wohnung undicht war und das Wasser aufgrund eines Konstruktionsfehlers austreten konnte.
Gerichtliche Entscheidung und Konsequenzen
Das Gericht musste nun entscheiden, ob der Mieter für den Schaden verantwortlich war und ob die Vermieterin berechtigt war, die Kosten von der Kaution abzuziehen und zusätzliche Zahlungen zu fordern. In seiner Entscheidung stellte das Gericht fest, dass der Mieter nicht für den Schaden verantwortlich war. Es wurde festgestellt, dass die Zustellung des Versäumnisurteils an den Mieter nicht ordnungsgemäß erfolgt war, da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an der angegebenen Adresse wohnte. Daher wurde das Versäumnisurteil aufgehoben. Darüber hinaus wurde die Klage der Vermieterin abgewiesen, da sie nicht nachweisen konnte, dass der Mieter den Schaden verursacht hatte. Das Gericht stellte fest, dass die Vermieterin ohne vorherige Aufforderung zur Schadensbeseitigung geschritten war und somit die Beweisführung vereitelt hatte. Infolgedessen wurde die Klägerin verurteilt, dem Beklagten die Kaution zurückzuzahlen sowie Zinsen für den zu Unrecht einbehaltenen Betrag zu zahlen.
Bedeutung und Auswirkungen des Urteils
Das Urteil zeigt die Komplexität von Mietstreitigkeiten und die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Zustellung von Gerichtsdokumenten. Es unterstreicht auch die Notwendigkeit für Vermieter, vor der Durchführung von Reparaturen oder der Einbehaltung von Kautionen sicherzustellen, dass sie berechtigt sind, dies zu tun. Das Urteil hat möglicherweise Auswirkungen auf zukünftige Fälle, in denen Vermieter versuchen, Schäden von Mietern geltend zu machen. Es betont die Bedeutung einer klaren Kommunikation zwischen Vermietern und Mietern und die Notwendigkeit, alle relevanten Beweise vorzulegen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Versäumnisurteil: Ein Versäumnisurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, die ergeht, wenn eine der Parteien in einem Rechtsstreit nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint oder keine schriftliche Stellungnahme abgibt. Das Gericht kann daraufhin die Ansprüche der anwesenden Partei ohne inhaltliche Prüfung anerkennen. Das bedeutet, dass das Gericht den Forderungen der anwesenden Partei stattgibt, sofern diese nicht offensichtlich unbegründet sind. Ein Versäumnisurteil kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden.
- Widerklage: Die Widerklage ist ein rechtliches Instrument, das dem Beklagten in einem Zivilverfahren zur Verfügung steht. Mit einer Widerklage kann der Beklagte eigene Forderungen gegen den Kläger im gleichen Verfahren geltend machen. Diese Forderungen müssen einen rechtlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Klage haben. Wenn der Beklagte eine Widerklage erhebt, wird er in Bezug auf diese Forderung zum Kläger.
- Basiszinssatz: Der Basiszinssatz ist ein von der Deutschen Bundesbank halbjährlich festgelegter Zinssatz. Er dient als Referenz für die Berechnung von Verzugszinsen und anderen Geldforderungen im Zivilrecht. Wenn eine Partei einer anderen Partei Geld schuldet und mit der Zahlung in Verzug gerät, können Verzugszinsen anfallen. Die Höhe dieser Zinsen wird auf der Grundlage des Basiszinssatzes berechnet.
- Zwangsversteigerung: Die Zwangsversteigerung ist ein rechtlicher Prozess, der eingeleitet wird, um eine Geldforderung durchzusetzen. Im Rahmen der Zwangsversteigerung kann das Gericht das Eigentum des Schuldners – wie z.B. Immobilien – versteigern, um mit dem Erlös die Forderungen des Gläubigers zu befriedigen. Sie ist eine Form der Zwangsvollstreckung, die sich gegen das Vermögen des Schuldners richtet. In Ihrem Kontext wurde die Zwangsvollstreckung jedoch in das Arbeitseinkommen des Beklagten betrieben, was bedeutet, dass ein Teil des Einkommens des Schuldners direkt an den Gläubiger abgeführt wird, um die Schulden zu begleichen.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:
- Mietrecht: Das Mietrecht regelt die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern. In diesem Fall geht es um Schadensersatzansprüche der Vermieterin gegen den Mieter wegen Beschädigung der Mietsache und um die Rückforderung der Kaution durch den Mieter.
- Schadensrecht: Das Schadensrecht befasst sich mit der Frage, wer für einen entstandenen Schaden aufkommen muss. Hier wird diskutiert, ob der Mieter für den Wasserschaden am Parkett und andere Schäden in der Wohnung verantwortlich ist und in welchem Umfang er Schadensersatz leisten muss.
- Zivilprozessrecht: Das Zivilprozessrecht regelt den Ablauf von zivilrechtlichen Streitigkeiten vor Gericht. In diesem Fall sind Aspekte wie das Versäumnisurteil, die Sicherheitsleistung und der Streitwert relevant.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Das BGB ist das zentrale Gesetzbuch für das Zivilrecht in Deutschland. Es enthält unter anderem Regelungen zum Mietrecht, Schadensrecht und allgemeinen Vertragsrecht. In diesem Fall werden mehrere Paragraphen des BGB, wie § 535 Abs. 1 S. 2 BGB oder § 536c Abs. 2 S. 1 BGB, in Bezug auf Mietverhältnisse und Schadensersatzansprüche zitiert.
➨ Sie haben Fragen zum Mietrecht? Wir bieten Lösungen.
Wenn Sie sich in einer rechtlichen Situation wie der im oben genannten Fall befinden und Unterstützung im Mietrecht benötigen, sind wir für Sie da. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte stehen Ihnen zur Verfügung, um Ihre Fragen zu beantworten und Ihnen rechtliche Lösungen anzubieten. Wir verstehen, wie wichtig es ist, Ihre Rechte zu schützen und Streitigkeiten effektiv zu lösen. Kontaktieren Sie uns noch heute, um eine Ersteinschätzung Ihrer Situation zu erhalten und den Weg zu einer erfolgreichen rechtlichen Lösung zu beginnen. Vertrauen Sie auf unsere Expertise im Mietrecht, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Wir freuen uns darauf, Ihnen zu helfen.
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg- Az.: 48 C 483/19 – Urteil vom 25.03.2022
1. Das Versäumnisurteil vom 16.01.2020 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt,
a) an den Beklagten € 3.600,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 0,2 % p.a. vom 01.09.2018 bis zum 16.07.2019 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. ab dem 17.07.2019 zu zahlen und
b) an den Beklagten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus € 8.947,15 ab dem 28.04.2020 bis zur Rückzahlung des zu Unrecht vollstreckten Betrages von € 8.947,15 zu zahlen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf € 12.125,26 festgesetzt.
Tatbestand
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin als ehemalige Vermieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten als Mieter Schadensersatz. Widerklagend macht der Beklagte unter anderem die Auszahlung der Kaution geltend.
Die Klägerin vermietete an den Beklagten im Zeitraum … eine vollmöblierte Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses … in Hamburg. Der Mietzins der Pauschalmiete betrug € 1.800,00 pro Monat. Der Beklagte leistete vereinbarungsgemäß eine Kaution von € 3.600,00.
Am 08. Dezember 2018 trat bei Nutzung der Dusche Wasser aus und lief über den Flur bis zum Schlafzimmer auf das Parkett. Nach Feststellung dieses Wasseraustritts ließ der Beklagte gegenüber der Verwaltung der Klägerin eine Beschädigung des Parketts im Bereich des Schlafzimmers bis zum Flur melden. Auf die daraufhin erfolgte fotografische Dokumentation gemäß Anlage K4 wird Bezug genommen.
Nach Auszug des Beklagten ließ die Klägerin Anfang Juni 2019 Arbeiten am Bodenbelag ausführen, wofür ihr Kosten in Höhe von € 9.126,11 in Rechnung gestellt wurden. Wegen der abgerechneten Einzelpositionen wird auf Anlage K5 Bezug genommen.
Ebenfalls im Juni 2019 ließ die Klägerin durch ein Fachunternehmen die gläserne Duschtrennwand polieren, wofür ihr € 1.454,66 in Rechnung gestellt wurden.
Ebenfalls im Juni 2019 ließ die Klägerin durch ein Fachunternehmen den Brauseschlauch im Badezimmer und den Spültisch-Hebemischer in der Küche erneuern, wofür ihr € 512,59 in Rechnung gestellt wurden.
Des Weiteren ließ die Klägerin die Sofabezüge für € 63,40 reinigen sowie die Gardinen für € 68,50.
Die Klägerin verrechnete mit Schreiben an den Beklagten vom 16. Juli 2019 die vorbenannten Gesamtbeträge nebst einem Mietausfallschaden in Höhe von € 900,00 mit der Kaution und forderte den Beklagten zur Zahlung der Klagesumme von € 8.525,26 auf. Auf Anlage K10 wird Bezug genommen.
Die Klägerin trägt vor, die Beschädigung des Parkettbodens sei auf wiederholten Nässeaustritt aus der Dusche und das Stehenlassen des ausgetretenen Wassers zurückzuführen. Der Austritt von Wasser sei zumindest mitverursacht durch die starke Verkalkung der Dichtungslippe der Duschabtrennung, welche dadurch teilweise gebrochen sei. Die Arbeiten gemäß Anlage K5 seien zur Behebung dieser Beschädigung erforderlich gewesen. Die Verkalkung der Duschabtrennung, welche eine professionelle Reinigung derselben erforderlich gemacht habe, sei auf mangelnde Pflege durch den Beklagten zurückzuführen. Brauseschlauch und Spültisch-Hebemischer seien durch den Beklagten beschädigt worden, was deren Erneuerung erforderlich gemacht habe. Die Textilreinigungen seien wegen der durch den Beklagten verursachten Verschmutzungen erforderlich gewesen. Eine vorhergehende Aufforderung des Beklagten zur Schadensbeseitigung wäre bloße Förmelei gewesen, weil der Beklagte sich nicht um eine Regulierung des Parkettschadens durch seine Versicherung bemüht habe. Wegen der Reparaturarbeiten in der ersten Junihälfte 2019 sei ihr ein Mietausfallschaden in Höhe von € 900,00 entstanden.
Mit im schriftlichen Vorverfahren ergangenem Versäumnisurteil vom 16. Januar 2020 ist der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt worden. Ausweislich der Postzustellurkunde vom 22. Januar 2020 ist das Versäumnisurteil an diesem Tage in den zur Wohnung des Beklagten gehörenden Briefkasten des Beklagten unter der Anschrift … in Fellbach, eingeworfen worden. Die Klägerin hat aus dem Versäumnisurteil und aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Waiblingen vom 12. Februar 2020 die Zwangsvollstreckung in das Arbeitseinkommen des Beklagten bis zum 27. April 2020 in Höhe eines Betrages von insgesamt € 8.947,15 betrieben. Mit am 07. Mai 2020 eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß,
1. den Einspruch zu verwerfen,
hilfsweise
2. das Versäumnisurteil vom 16.01.2020 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 16.01.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt der Beklagte,
1. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 3.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 0,2 % p.a. vom 01.09.2018 bis zum 16.07.2019 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz p.a. ab dem 17.07.2019 zu zahlen;
2. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.947,15 € ab dem 28.04.2020 bis zur Rückzahlung des zu Unrecht vollstreckten Betrages von 8.947,15 € zu zahlen.
Die Klägerin beantragt insoweit sinngemäß, die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, eine Zustellung des Versäumnisurteils an seinem Wohnsitz sei nicht erfolgt, weil zum Zeitpunkt des auf der Zustellurkunde dokumentierten Posteinwurfs ein Wohnsitz in Fellbach nicht bestanden habe, sondern nur einer in Aalen. Zur Sache macht der Beklagte geltend, die Dichtung der Dusche sei bereits bei Übergabe der Wohnung mangelbedingt undicht sowie konstruktionsbedingt nicht wasserfest abschließend gewesen, sodass Wasser im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs regelmäßig in geringen Mengen – offenbar schon vor dem gemeldeten Austrittsereignis vom Beklagten indes unbemerkt – aus der Dusche austreten und über längere Zeit durch Einwirkung auf das Parkett dessen Beschädigung verursachen konnte. Indem die Klägerin ohne vorherige Aufforderung zur Schadensbeseitigung geschritten sei, habe sie die Beweisführung vereitelt.
Zur Glaubhaftmachung der Wohnsitzaufgabe hat der Beklagte einen Mietvertrag, eine Versicherung an Eides statt sowie Meldebescheinigungen vorgelegt. Auf Blatt 56, 77-81, 88-89 der Akte wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Der Einspruch ist zulässig und der Prozess gemäß § 342 ZPO in der Lage vor Eintritt der Säumnis fortzuführen.
Die am 07. Mai 2020 eingegangene Einspruchsschrift wahrte die Frist nach § 339 Abs. 1 ZPO, weil die Einspruchsfrist zu diesem Zeitpunkt mangels Zustellung des Versäumnisurteils (§ 310 Abs. 3 S. 1 ZPO) noch nicht zu laufen begonnen hatte. Jedenfalls war die Einspruchsschrift vom 29. September 2021 gegen das letztlich am 24. September 2021 zugestellte Versäumnisurteil fristwahrend.
Geht es um die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, so ist nach dem Bundesgerichtshof regelmäßig das Freibeweisverfahren ausreichend (BGH, Urteil vom 30. März 2000 – IX ZR 251/99; BGH, Beschluss vom 03. November 1997 – VI ZB 47/97; grundlegend BGH, Beschluss vom 09. Juli 1987 – VII ZB 10/86). Die urkundliche Erklärung des Postbediensteten, der Beklagte sei „in der Wohnung“ nicht angetroffen worden, begründet ein beweiskräftiges Indiz, das nur durch eine plausible Gegendarstellung entkräftet werden kann (BVerfG, Kammerbeschluss vom 03. Juni 1991 – 2 BvR 511/89 –, juris Rn. 17; Kammerbeschluss vom 05. Oktober 1996 – 2 BvR 2195/95 –, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 19. Juni 1996 – XII ZB 89/96 –, juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 14. September 2004 – XI ZR 248/03 –, juris Rn. 15). Dementsprechend kann das Gericht aufgrund der Beurkundung der Ersatzzustellung im Regelfall solange davon ausgehen, dass der Zustellungsempfänger dort wohnt, als dieser die Indizwirkung nicht durch eine plausible und schlüssige Darstellung entkräftet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 03. Juni 1991 – 2 BvR 511/89 –, juris Rn. 17; BVerfG, Kammerbeschluss vom 05. Oktober 1996 – 2 BvR 2195/95 –, juris Rn. 9).
Der Beklagte hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass am 22. Januar 2020 ein Wohnsitz in Fellbach nicht bestand, weil dieser mit dem Umzug nach Hamburg aufgegeben und nach dem Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung nicht wieder begründet wurde.
Der Mietvertrag vom 20. Juli 2019 für die Wohnung in Aalen sowie die vorgelegte qualifizierte Meldebescheinigung deuten als gewichtige Indizien darauf hin. Aus ihnen geht indiziell hervor, dass der Beklagte nach seinem Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung in Hamburg weitere Wohnsitze in Kempen/Belgien/Aalen begründet hat.
Zwar kann eine Wohnung auch an mehreren Orten bestehen (BeckOK ZPO, 42. Edition, § 178 Rn. 4; OLG Köln, Beschluss vom 16. August 1988 – 22 W 30/88). Unterhält der Adressat eine Zweitwohnung, ist die Zustellung in der Erstwohnung auch dann zulässig, wenn er sich vorübergehend in der Zweitwohnung aufhält (BGH, Urteil vom 13. Oktober 1993 – XII ZR 120/92; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 1997 – 10 S 1397/96).
Es erscheint jedoch nicht naheliegend, dass der Beklagte die Wohnung in Fellbach auch während seiner Zeit in Hamburg durchgehend als Lebensmittelpunkt innegehalten hat. Der Beklagte ist nicht in Fellbach, sondern in Belgien familiär verwurzelt. Die Wohnung in Hamburg wurde möbliert übergeben, was es nachvollziehbar macht, dass der Beklagte nicht sofort im Anschluss die Wohnung in Aalen anmietete. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass der Beklagte ab 20. Juli 2019 die Wohnung in Aalen anmietete. Es sind keine triftigen Gründe dafür ersichtlich, warum der Beklagte dies getan haben sollte, wenn er noch einen Wohnsitz in Fellbach innegehabt haben sollte. Auch kann allein aus dem Umstand, dass weitere Postzustellungen in Fellbach am 21. Dezember 2019 (Zustellung Klageschrift), 11. Mai 2020 (Zustellung Kostenfestsetzungsbeschluss) und wohl am 26. September 2019 (Einschreiben der Klägerin) erfolgt sind, kein tatsächlicher Wohnsitz des Beklagten dort hergeleitet werden. Vielmehr liegt es im Falle einer unwirksamen Zustellung durch Posteinwurf in der Natur der Sache, dass diese – aus welchen Gründen auch immer – als erfolgt dokumentiert wird, obwohl ein dortiger Wohnsitz tatsächlich nicht besteht.
Die Hindernisse bei der Beschaffung weiterer aussagekräftiger Dokumente über die Beendigung des Mietverhältnisses in Fellbach hat der Beklagte mit dem Wechsel der dortigen Hausverwaltung nachvollziehbar begründet. Mag die vorgelegte eidesstattliche Versicherung auch ungenau und lückenhaft sein, so steht sie nach Überzeugung des Gerichts unter Würdigung des ergänzenden Vortrags der Glaubhaftmachung dennoch nicht entgegen.
II. Der Einspruch hat in der Sache Erfolg, weil die Klage unbegründet ist.
Der Klägerin stehen die mit dem Versäumnisurteil zugesprochenen Ansprüche nicht zu.
Die Ansprüche ergeben sich weder aus § 280 Abs. 1 BGB, noch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB, noch aus § 536c Abs. 2 S. 1 BGB noch aus § 823 BGB noch aus einer sonstigen Rechtsgrundlage.
1. Soweit die Klägerin den Rechnungsbetrag für die Arbeiten am Parkett in Höhe von € 9.126,11 geltend macht, ist ein solcher Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach schlüssig dargelegt.
a) Die Schadenshöhe ist in Hinblick auf die Erforderlichkeit und die vorzunehmende Vorteilsanrechnung nicht schlüssig dargelegt.
aa) Nach § 249 Abs. 1 und Abs. 2 BGB umfasst ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung einer Sache den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag.
Der Beklagte hat die Erforderlichkeit der angesetzten Gesamtkosten in Abrede gestellt.
Die als Anlage K5 vorgelegte Rechnung enthält Leistungen, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der klägerseits vorgetragenen Beschädigung stehen. So wird zum Beispiel unter Position 1 unter anderem abgerechnet für „Rollos anbringen, Küchenschrank reparieren“. Auch der Bezug weiterer Abrechnungspositionen zur behaupteten Beschädigung erschließt sich nicht ohne Weiteres.
Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2020 hat die Klägerin vorgetragen, dass zur sach- und fachgerechten Schadensbeseitigung es erforderlich gewesen sei, das gesamte Parkett aufzunehmen. Der Austausch von lediglich zwei bis vier Parkettstreifen hätte nicht ausgereicht.
Mit diesem Vortrag hat die Klägerin den bestehenden Substantiierungsanforderungen nicht genügt. Denn aus den pauschal gehaltenen Ausführungen wird keineswegs erkennbar, inwiefern und inwieweit die einzelnen Abrechnungspositionen auf die behauptete Beschädigung zurückzuführen sind.
Darauf hat das Gericht mit Hinweisbeschluss vom 07. Dezember 2021 hingewiesen.
bb) Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot und den daraus abzuleitenden Grundsätzen der Vorteilsanrechnung (Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, Vor § 249 Rn. 67 ff.) sind bei Ersatzansprüchen des Vermieters gegen den Mieter wegen Beschädigung der Mietsache diejenigen geldwerten Vorteile anzurechnen, welche dem Vermieter durch die Erneuerung und Verbesserung der Mietsache zugutekommen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 538 Rn. 38). Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten – jedenfalls in gewissem Umfang – diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquaten Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde; denn das wäre ein unbilliges Ergebnis (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 65; BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 – VII ZR 169/82 –, juris Rn. 17). Vorteile sind anzurechnen, soweit dies mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, das heißt, soweit es dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 –, juris Rn. 65; BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 – VII ZR 169/82 –, juris Rn. 17).
Nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Vermieter für den Erhalt der Mietsache während der Mietzeit verantwortlich. § 538 BGB enthält die Bestimmung, dass der Mieter für Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht einzustehen hat.
Diesen Vorschriften lässt sich entnehmen, dass der Vermieter im Grundsatz nicht berechtigterweise erwarten kann, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses in gleichem oder gar verbessertem Zustand zurückzuerhalten. Vielmehr trägt der Vermieter die mit vertragsgemäßer Nutzung einhergehenden Abnutzungen auf eigene Rechnung, weil diese durch das vereinbarte Entgelt nach § 535 Abs. 2 BGB abgegolten sind (AG Hamburg, Urteil vom 15. Mai 2020 – 49 C 493/19 –, juris Rn. 29; BeckOGK BGB, Stand: 1.1.2022, § 546 Rn. 58). Diese grundlegende Wertung synallagmatischer Verknüpfung schlägt auf das Schadensersatzrecht nieder. Bei der Bestimmung der Schadenshöhe sind die bei Übergabe bereits vorhandenen Beschädigungen und Abnutzungsgrade ebenso mindernd zu berücksichtigen wie solche, die bei vertragsgemäßer Nutzung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses eingetreten sind.
Dem entspricht bei Erneuerung von zurückgegebenen Mietsachen und deren Einrichtungen regelmäßig ein Abzug „neu für alt“, dessen Umfang sich somit nach dem Zustand bei Übergabe der Mietsache sowie dem Grad der Abnutzung zum Zeitpunkt der Geltendmachung von Schadensersatz richtet (Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, Vor § 249 Rn. 97 ff.).
Die Höhe des danach bestehenden Schadensersatzanspruchs ist einer richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO zugänglich. Die Schätzgrundlage hat gleichwohl der Vermieter darzulegen, da es ihm obliegt, die materielle Berechtigung des von ihm beanspruchten Schadensumfangs vorzutragen (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 21. August 2019 – 25 C 247/17). Die Anforderungen an die Darlegung sind an den Umständen des Einzelfalls auszurichten und nicht zu überspannen. Unaufklärbarkeiten hinsichtlich einer ausreichenden Schätzgrundlage für die richterliche Ermessensausübung nach § 287 ZPO gehen dennoch zu Lasten des Vermieters.
Diesen Maßstab zugrunde gelegt, hat der Vortrag der Klägerin bis zuletzt nicht die für eine Schätzung der Schadenshöhe notwendigen tatsächlichen Grundlagen enthalten. Insbesondere wäre aufgrund der zwischen den Parteien unstreitigen Inkompatibilität des fotografisch dokumentierten Schadensbildes mit einem singulären Wasseraustritt im Dezember 2018 und des zu diesem Zeitpunkt erst seit weniger als 4 Monaten andauernden Mietverhältnisses substantiiert vorzutragen gewesen zum Zustand des Parkettbodens bei Übergabe. Auch zur bis dahin verstrichenen Nutzungsdauer wäre unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei Parkettböden in der Regel von einer begrenzten Nutzungsdauer auszugehen ist (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 538 Rn. 38), substantiiert vorzutragen gewesen. Auch zur Frage, inwieweit turnusmäßige Instandsetzungsarbeiten wie das unter Position 5 der Rechnung Anlage K5 abgerechnete Abschleifen durchgeführt worden sind oder ohnehin fällig gewesen wären, hat der Klägervortrag keine Angaben enthalten.
Darauf hat das Gericht mit Hinweisbeschluss vom 07. Dezember 2021 hingewiesen.
b) Zudem und unabhängig davon ist ein Anspruch auf Schadensersatz auch dem Grunde nach nicht schlüssig dargelegt.
Bei Beschädigungen der Mietsache hat primär der Vermieter sämtliche in seinen Verantwortungsbereich fallenden naheliegenden Ursachen für den Schaden auszuschließen (BeckOGK BGB, Stand 1.10.2021, § 538 Rn. 44). Sonst ist eine Pflichtverletzung des Mieters nicht dargetan (BGH, Urteil vom 03. November 2004 – VIII ZR 28/04 –, juris Rn. 10).
Die Klägerin hat indes die mit Schriftsatz vom 06. September 2021 qualifiziert vorgetragene Verrostung des unteren Scharniers der Dusche sowie die starke Verkalkung der Eckbereiche als naheliegende Ursachen für einen Wasseraustritt über einen längeren Zeitraum nicht ausgeräumt. Vielmehr hat die Klägerin unter anderem mit Schriftsatz vom 14. September 2020 selbst vorgetragen, dass die Schäden auf einen mehrfachen Wasseraustritt zurückzuführen seien, welcher wiederum durch eine verkalkte, zerbrochene und daher undichte Dichtungslippe der Duschabtrennung zurückzuführen sei. Als Mangel fällt ein solcher Zustand der Duschkabine jedoch nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB gerade in den Verantwortungsbereich des Vermieters. Hingegen entbehrt die von der Klägerin vorgetragene Einschätzung, wonach die Undichtigkeit der Duschabtrennung auf mangelnde Pflege durch den Beklagten zurückzuführen sei, schon wegen der kurzen Mietdauer jeglicher Grundlage. Der Aufforderung des Beklagten mit Schriftsatz vom 09. April 2021, zu belegen, wann die Duschkabine zuletzt in Stand gesetzt worden sei, ist die Klägerin nicht nachgekommen.
Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf § 536c Abs. 2 S. 1 BGB wegen unterlassener Mangelanzeige zu stützen sucht, beschränkt sich ihr Vortrag auf eine ins Blaue hinein geäußerte Vermutung, dass die Mangelhaftigkeit der Dichtungslippe dem Beklagten vorwerfbar bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte auffallen müssen. Zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Anlass eine frühere Schadensmeldung hätte erfolgen müssen, trägt die Klägerin ebenso wenig vor wie zu der Frage, ob und inwieweit bei einer früheren Meldung ein Parkettschaden ausgeblieben wäre.
2. Soweit die Klägerin den Rechnungsbetrag für die Reinigung der Duschabtrennung in Höhe von € 1.454,66 geltend macht, ist ein solcher Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach schlüssig dargelegt.
Es handelt sich insoweit nicht um einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache, sondern wegen behaupteter Verletzung der Reinigungspflicht bei Rückgabe der Wohnung im Sinne einer Leistungspflicht.
Insoweit erscheint die Annahme einer Pflichtverletzung nicht nur deshalb zweifelhaft, weil der Mieter nach § 538 BGB für Folgen vertragsgemäßen Gebrauchs nicht haftet und bei Auszug auch keine Grundreinigung schuldet (grundlegend BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 – VIII ZR 124/05; AG Hamburg, Urteil vom 15. Mai 2020 – 49 C 493/19 –, juris Rn. 29; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01. Oktober 2009 – I-10 U 58/09 –, juris Rn. 8 f.; Horst, NZM 2020, S. 266; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 546 Rn. 49).
Des Weiteren setzt ein insoweit allein in Betracht zu ziehender Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB wegen Verletzung einer Leistungspflicht eine vorherige Fristsetzung voraus (BGH, Urteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17 –, juris Rn. 17; Horst, NZM 2020, S. 266; Langenberg, Schönheitsreparaturen, 3. Aufl., S. 246), die jedoch nicht geschehen ist. Entbehrlichkeitsgründe ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht, insbesondere erschließt sich nicht, warum eine Fristsetzung als bloße Förmelei aussichtslos gewesen wäre.
Zusätzlich und unabhängig davon fehlen jegliche Angaben, die zu einer Schätzung der Schadenshöhe nach Vorteilsanrechnung nach oben beschriebenen Grundsätzen notwendig wären.
3. Soweit die Klägerin den Rechnungsbetrag für die Erneuerung des Brauseschlauchs im Badezimmer und den Spültisch-Hebemischer in der Küche in Höhe von € 512,59 geltend macht, ist ein solcher Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt.
Es fehlen jegliche Angaben, die zu einer Schätzung der Schadenshöhe unter Berücksichtigung einer Vorteilsanrechnung nach oben beschriebenen Grundsätzen notwendig wären, zumal derartige Einrichtungen regelmäßig in kurzen Zeitintervallen zu erneuern sind (Langenberg, Schönheitsreparaturen, 3. Aufl., S. 243; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 538 Rn. 38a).
Das Gericht hat die Klägerin mit Hinweisbeschluss vom 07. Dezember 2021 zur weiteren Substantiierung aufgefordert.
4. Soweit die Klägerin Kosten für Textilreinigungen geltend macht, behauptet sie eine Verletzung der Endreinigungspflicht im Sinne einer Leistungspflicht, welche Sekundäransprüche nach § 281 BGB nur nach vorhergegangener Fristsetzung begründet. Eine Frist wurde weder gesetzt noch war dies entbehrlich.
5. Soweit die Klägerin einen Mietausfallschaden für einen halben Monat in Höhe von € 900,00 geltend macht, ist ihr Vortrag weder für die tatsächlichen Voraussetzungen dem Grunde noch der Höhe nach hinreichend substantiiert.
Es ist nicht nur kein Umstand ersichtlich, welcher eine Pflichtverletzung des Beklagten darstellen und zudem kausal die Weitervermietung der Wohnung für einen halben Monat gänzlich ausschließen würden. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich überdies nicht, dass potenziell Mieter zur nahtlosen Übernahme der Wohnung zur Verfügung gestanden hätten.
Das Gericht hat die Klägerin auch insoweit mit Hinweisbeschluss vom 07. Dezember 2021 zur weiteren Substantiierung aufgefordert.
III. Die gemäß §§ 33, 717 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Widerklage ist begründet.
1. Die Klägerin hat unter dem 16. Juli 2019 über die in Höhe von € 3.600,00 geleistete Kaution abgerechnet. Die von der Klägerin zur Verrechnung gestellten Ansprüche stehen ihr jedoch – wie gesehen – sämtlich nicht zu. Das Kautionsguthaben ist demnach in voller Höhe an den Beklagten auszukehren.
Die zugesprochenen Zinsen in Höhe von 0,2 % p.a. vom 01. September 2018 bis zum 16. Juli 2019 entsprechen dem unwidersprochen vorgetragenen Zinssatz für mittelfristige Anlagen gemäß § 551 Abs. 3 S. 1 BGB. Zinsen ab dem 17. Juli 2019 schuldet die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BGB. Eine Mahnung war entbehrlich, weil die Klägerin mit der Kautionsabrechnung gemäß Anlage K10 unmissverständlich zu erkennen gegeben hatte, dass sie kein Kautionsguthaben an den Beklagten auskehren wird.
2. Der Anspruch auf Verzinsung des zu Unrecht vollstreckten Betrages ergibt sich aus § 717 Abs. 2 ZPO (BAG, Beschluss vom 12. November 2014 – 7 ABR 86/12 –, juris Rn. 31). Die Klägerin schuldet die Zinsen als Rechtshängigkeitszinsen ab dem Zeitpunkt der Zahlung, §§ 291, 288 BGB, § 717 Abs. 2 S. 2 ZPO.
IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
V. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 45 Abs. 1 S. 1 GKG. Ein Fall des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG ist nicht anzunehmen, weil Klage und Widerklage nicht denselben Gegenstand betreffen. Der isolierte Zinsantrag der Widerklage hinsichtlich des zu Unrecht vollstreckten Betrages ist als unselbständiger Annex nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 15. November 1962 – VII ZR 95/62 –, juris Rn. 18 ff.).