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Mieterhöhung – Beifügung eines qualifizierten Mietspiegels Pflicht?

LG Berlin, Az.: 63 S 55/17

Urteil vom 15.09.2017

In dem Rechtsstreit hat die Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, ……., auf die mündliche Verhandlung vom 15.09.2017 …….für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 31.01.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 8 C 55/16 – aufgehoben und der Rechtsstreit zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Mieterhöhung – Beifügung eines qualifizierten Mietspiegels Pflicht?
Foto: fizkes/Bigstock

Der Kläger als Vermieter des Beklagten verlangt von diesem aufgrund des Mieterhöhungsverlangens vom 20.01.2016 die Zustimmung zur Mieterhöhung von 1.247, 74 Euro monatlich bruttokalt auf 1.329,68 Euro ab dem 01.04.2016.

Im vorgenannten Erhöhungsverlangen heißt es u.a.:

„Gemäß § 558 BGB reicht es zur Begründung aus, dass der Mietzins innerhalb der Mietzinsspanne des öffentlich bekannt gemachten Berliner Mietspiegels liegt. Eine Kopie des Berliner Mietspiegels legen wir diesem Schreiben bei.

Für Ihre Wohnung ist eine Bruttokaltmiete vereinbart. Um eine Vergleichbarkeit mit dem Berliner Mietspiegel 2013 der eine Nettokaltmiete ausweist herbeizuführen, müssen die in Ihrer Miete enthaltenen Betriebskosten gemäß beiliegender Aufstellung herausgerechnet werden.

Anlagen

Kopie Berliner Mietspiegel (zutreffender Teil)

Aufstellung konkrete Betriebskosten“

Die Parteien streiten um die Einordnung der streitgegenständlichen Wohnung in den Merkmalgruppen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

der Erhöhung der Bruttokaltmiete für die von ihm innegehaltene Wohnung in dem Objekt ……… von derzeit monatlich 1.247,74 Euro um 81,94 Euro auf 1.329,68 Euro mit Wirkung ab dem 01.04.2016 zuzustimmen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Erhöhungsverlangen sei formell unwirksam, weil der Kläger seiner gesetzlichen Pflicht aus § 558a Abs. 3 BGB nicht nachgekommen sei.

Anwendbar sei hier der zwischenzeitlich veröffentlichte Mietspiegel 2015 mit dem Stichtag des 01.09.2014. Da die Mitteilung der einschlägigen Spanne zwischen 4,74 Euro und 8,50 Euro fehle, sei die Überlegungsfrist nicht in Gang gesetzt worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er geltend macht, der Berliner Mietspiegel 2015 sei dem Erhöhungsverlangen beigefügt gewesen und der Mietspiegel 2013 finde dort nur Erwähnung zum Zwecke der Umrechnung der vereinbarten Bruttokaltmiete mit den im Mietspiegel ausgewiesenen Nettomieten.

Er beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Schöneberg vom 31.01.2017 zur Geschäftsnummer 8 C 55/16 den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Bruttokaltmiete für die von ihm innegehaltene Wohnung in der ……… mit Wirkung zum 01.04.2016 von derzeit monatlich 1.247,74 Euro um 81,94 Euro auf 1.329,68 Euro zuzustimmen.

Ferner beantragt er hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er wendet ein, das Erhöhungsverlangen sei in der Sache unbegründet, weil wohnwertmindernde Merkmale vorlägen.

Entscheidungsgründe

Die gem. §§ 511 ff. zulässige Berufung führt in der Sache zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Verfahrens zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

Denn das Erhöhungsverlangen vom 20.01.2016 ist formell wirksam, weil es die Anforderungen des § 558a, 558b BGB erfüllt.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Erhöhungsverlangen der Berliner Mietspiegel 2015 als Anlage beigefügt war. Diese Beifügung war indes nicht erforderlich (BGH v. 30.09.2009 – VIII ZR 276/08, GE 2009, 1617; BGH v. 28.04.2009 – VIII ZB 7/08, GE 2009, 777), da er allgemein zugänglich ist. Auch ein qualifizierter Mietspiegel muss im Rahmen der alternativen Begründung gem. § 558 a Abs. 3 BGB nicht zwingend beigefügt werden, wenn er öffentlich zugänglich ist. Aus § 558 a Abs. 3 BGB ergibt sich auch deshalb nichts anderes, weil die so genannte Erwähnungspflicht hier nicht bestand, denn der Kläger hat als Begründungsmittel den Mietspiegel – und weder Vergleichswohnungen noch ein Sachverständigengutachten – gewählt.

Bei Bezugnahme in einem Zustimmungsverlangen zur Mieterhöhung auf einen qualifizierten Mietspiegel ist ferner nicht mehr als die Angabe des für die Wohnung nach Auffassung des Vermieters einschlägigen Mietspiegelfelds erforderlich, um dem Mieter eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die geforderte Miete innerhalb der im Mietspiegel angegebenen Spanne liegt. Enthält der Mietspiegel ein Raster von Feldern, in denen für Wohnungen einer bestimmten Kategorie jeweils eine bestimmte Mietspanne ausgewiesen ist, so ist im Erhöhungsverlangen nur die genaue Angabe des – nach Auffassung des Vermieters – für die Wohnung einschlägigen Mietspiegelfeldes erforderlich, um den Mieter (auch) auf die im Mietspiegel für die Wohnung vorgesehene Spanne hinzuweisen (BGH v. 11.03.2009 – VIII ZR 316/07, GE 2009, 512; BGH v. 12.12.2007 – VIII ZR 11/07, GE 2008, 191).

Das ist vorliegend erfolgt, indem der Kläger im Erhöhungsverlangen das Feld L 1 als einschlägig bezeichnete, ohne die konkrete Spanne zu nennen, was nach den vorgenannten Entscheidungen des BGH aber auch nicht erforderlich ist.

Soweit das Amtsgericht die Auffassung vertritt, der Mietspiegel 2013 sei im Erhöhungsverlangen zu Unrecht genannt, weil der Stichtag für den Mietspiegel 2015 bereits der 01.09.2014 war, kann dahinstehen, ob mit der Angabe des Mietspiegels 2013 lediglich ein Schreibfehler vorlag oder – wie der Kläger geltend macht – auf die notwendige Herausrechnung der Betriebskosten aus der vereinbarten Bruttomiete hingewiesen werden sollte.

Denn zum einen ergibt sich aus der unstreitig erfolgten Beifügung des einschlägigen Mietspiegels 2015 bereits dessen Bezugnahme.

Zum anderen ist ein Mieterhöhungsbegehren jedenfalls nicht deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil der Vermieter darin zur Begründung auf den bisher geltenden Mietspiegel und nicht auf den kurz zuvor veröffentlichten neuesten Mietspiegel Bezug genommen hat (BGH v. 06.07.2011 – VIII ZR 337/10, GE 2011, 1226).

Da sonach von einem formwirksamen Erhöhungsverlangen auszugehen ist, war die Überlegungsfrist des § 558b Abs. 2 BGB abgelaufen und die auf das Zustimmungsverlangen gestützte Klage nicht unzulässig.

Die Parteien streiten im Einzelnen über die materielle Berechtigung des Erhöhungsverlangens. Infolgedessen wird über die Ausstattungsmerkmale und damit die Bewertung der einzelnen Merkmalgruppen der streitgegenständlichen Wohnung im Rahmen des Berliner Mietspiegels 2015, die unter Beweisantritt vom Beklagten in dessen Schriftsatz vom 15.08.2016 im Einzelnen vorgetragen sind, zu entscheiden sein.

Aufgrund des Antrags des Klägers i.S.v. § 538 Abs. 2 S. 2 ZPO war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Amtsgericht vorbehalten.

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