Skip to content
Menü

Mieterhöhung mittels des Mietspiegels einer Nachbargemeinde zulässig?

Rechtliche Bewertung: Mieterhöhung mit Nachbargemeinde-Mietspiegel – Was sagt das Gericht?“

Die Frage nach der Zulässigkeit einer Mieterhöhung auf Grundlage des Mietspiegels einer benachbarten Gemeinde ist ein zentrales Thema im Mietrecht. Hierbei geht es um die rechtliche Bewertung, ob und inwieweit ein Mietspiegel einer anderen Gemeinde als Referenz für die Bestimmung der ortsüblichen Miete herangezogen werden kann. Die Kernproblematik liegt in der Bestimmung der Vergleichbarkeit von Gemeinden und den daraus resultierenden Mietwerten. Dies betrifft sowohl Vermieter, die eine Mieterhöhung durchsetzen möchten, als auch Mieter, die sich gegen solch ein Erhöhungsverlangen zur Wehr setzen wollen. Ein zentrales Element in dieser Debatte ist die formelle und inhaltliche Begründung des Mieterhöhungsverlangens, insbesondere im Hinblick auf die Herleitung der Vergleichsmieten und die Darlegung der Vergleichbarkeit. Die Analyse solcher Fälle erfordert eine sorgfältige Betrachtung der vorgebrachten Argumente und der zugrunde liegenden rechtlichen Rahmenbedingungen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 C 702/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht hat entschieden, dass die Mieterhöhung auf Basis des Mietspiegels einer Nachbargemeinde formell unwirksam ist und die Klage daher unzulässig ist.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage unzulässig: Das Gericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen.
  2. Mieterhöhungsverlangen: Die Klägerin berief sich auf den Mietspiegel der Stadt Leonberg, da Weil der Stadt keinen eigenen Mietspiegel hat.
  3. Vergleichbarkeit der Gemeinden: Die Klägerin argumentierte, dass die Gemeinden Weil der Stadt und Leonberg in verschiedenen Aspekten vergleichbar seien.
  4. Formelle Unwirksamkeit: Das Mieterhöhungsverlangen vom 14.04.2015 erfüllte nicht die Anforderungen des § 558a Abs. 1 Satz 1 BGB und war somit formell unwirksam.
  5. Mangelnde Begründung: Das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen enthielt keine konkreten Tatsachen zur Vergleichbarkeit der Gemeinden.
  6. Nachbesserung unzureichend: Auch die Nachbesserung der Klägerin erfüllte nicht die Anforderungen und war somit ebenfalls unwirksam.
  7. Gemeinden nicht vergleichbar: Das Gericht stellte fest, dass die Gemeinden Leonberg und Weil der Stadt tatsächlich nicht vergleichbar sind.
  8. Kostenentscheidung: Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Mieterhöhung und Mietspiegel: Ein komplexer Fall

Im Zentrum des Falles steht die Klägerin, die von der Beklagten, einer Mieterin ihrer Wohnung in Weil der Stadt, eine Zustimmung zu einer Mieterhöhung begehrt. Die Wohnung hat eine Größe von 31,69 qm, und die monatliche Nettomiete betrug bisher 218,83 €. Die Klägerin hat der Beklagten am 14.04.2015 ein Mieterhöhungsverlangen übersandt. Als Begründung für die Mieterhöhung berief sich die Klägerin auf den Mietspiegel der Stadt Leonberg vom 12.09.2013. Der Grund dafür war, dass Weil der Stadt keinen eigenen Mietspiegel besitzt und die Mietwerte des Leonberger Mietspiegels als Vergleichsmieten einer vergleichbaren Gemeinde angesehen wurden.

Rechtliche Fragestellungen und Argumente

Mieterhöhung mit Nachbargemeinde-Mietspiegel erlaubt?
Gerichtliche Entscheidung: Mieterhöhung auf Basis fremden Mietspiegels unzulässig (Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall liegt in der Frage, ob die Mieterhöhung mittels des Mietspiegels einer Nachbargemeinde zulässig ist. Die Klägerin argumentierte, dass die Wohnung in verschiedene Klassen, wie Lageklasse, Baualtersklasse, Ausstattungsklasse und Größenklasse, einzuordnen sei. Basierend auf dieser Einteilung errechnete die Klägerin die ortsübliche Miete und kam zu dem Schluss, dass die Beklagte zur Zustimmung einer Nettomiete in Höhe von 262,60 € verpflichtet sei.

Gerichtliche Entscheidung und ihre Begründung

Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass die Klägerin die Vergleichbarkeit der Gemeinden Weil der Stadt und Leonberg darlegen müsse. Die Klägerin argumentierte daraufhin, dass beide Gemeinden in Bezug auf wirtschaftliche, kulturelle und soziale Infrastruktur, Industrialisierung, verkehrstechnische Erschließung und Anbindung an Versorgungszentren vergleichbar seien. Das Gericht entschied, dass die Klage unzulässig sei. Das Mieterhöhungsverlangen vom 14.04.2015 entsprach nicht den Anforderungen des § 558a Abs. 1 Satz 1 BGB und war somit formell unwirksam. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf ein Urteil des BGH vom 13.11.2013. Es wurde festgestellt, dass das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen bereits deshalb formal unwirksam war, weil es keine konkreten Tatsachen hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Gemeinden Leonberg und Weil der Stadt enthielt.

Konsequenzen und Auswirkungen des Urteils

Darüber hinaus war das Gericht der Meinung, dass ein Blick auf die Landkarte ausreicht, um zu erkennen, dass die Gemeinden Leonberg und Weil der Stadt nicht vergleichbar sind. Sie unterscheiden sich in Größe und verkehrstechnischer Anbindung, insbesondere in Bezug auf die Autobahnanbindung. Die Auswirkungen dieses Urteils könnten weitreichend sein, insbesondere für Vermieter, die versuchen, Mieterhöhungen auf der Grundlage von Mietspiegeln benachbarter Gemeinden durchzusetzen. Es unterstreicht die Notwendigkeit, dass Vermieter sicherstellen müssen, dass ihre Mieterhöhungsverlangen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und dass sie konkrete Tatsachen vorlegen können, die ihre Ansprüche stützen. Das Fazit des Urteils ist, dass Vermieter bei der Begründung von Mieterhöhungen vorsichtig sein müssen und sicherstellen sollten, dass sie alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Das bloße Berufen auf den Mietspiegel einer Nachbargemeinde ohne konkrete Begründung für die Vergleichbarkeit der Gemeinden wird nicht als ausreichende Begründung für eine Mieterhöhung angesehen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Mietspiegel: Ein Überblick über die ortsübliche Vergleichsmiete

Der Mietspiegel ist ein Instrument, das dazu dient, die ortsübliche Vergleichsmiete in einer bestimmten Region oder Stadt darzustellen. Er gibt einen Überblick über die Mietpreise für verschiedene Wohnungstypen und -größen und wird in der Regel von den Gemeinden oder Städten in Zusammenarbeit mit Mieter- und Vermieterverbänden erstellt. Der Mietspiegel ist besonders relevant, wenn es um Fragen der Mieterhöhung geht. In diesem Kontext kann er als Begründung für eine Mieterhöhung herangezogen werden, sofern die betreffende Wohnung mit den im Mietspiegel aufgeführten Wohnungen vergleichbar ist.

§ 558a Abs. 1 Satz 1 BGB: Die formellen Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen

Der § 558a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regelt die formellen Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen. Ein solches Verlangen muss dem Mieter in Textform mitgeteilt werden und die Erhöhung muss begründet werden. Die Begründung kann sich beispielsweise auf den Mietspiegel, einen qualifizierten Mietspiegel, einen Mietvertrag oder eine Auskunft aus einer Mietdatenbank stützen. Wenn das Mieterhöhungsverlangen diesen Anforderungen nicht genügt, kann es als formell unwirksam angesehen werden.

Vergleichbarkeit von Gemeinden: Ein Faktor bei der Anwendung des Mietspiegels

Die Vergleichbarkeit von Gemeinden spielt eine Rolle, wenn es darum geht, den Mietspiegel einer Gemeinde als Begründung für eine Mieterhöhung in einer anderen Gemeinde heranzuziehen. Hierbei werden verschiedene Faktoren wie wirtschaftliche, kulturelle und soziale Infrastruktur, Industrialisierung und verkehrstechnische Anbindung berücksichtigt. Wenn diese Faktoren in den betreffenden Gemeinden stark variieren, kann die Anwendung des Mietspiegels der einen Gemeinde auf die andere als unzulässig angesehen werden.

Formelle Unwirksamkeit: Wenn Formfehler die Rechtswirksamkeit beeinträchtigen

Ein rechtliches Dokument oder Antrag kann formell unwirksam sein, wenn es nicht den gesetzlichen oder vertraglichen Anforderungen entspricht. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass der Inhalt des Dokuments oder Antrags falsch ist, sondern dass es aufgrund von Formfehlern nicht anerkannt wird. Im Kontext von Mieterhöhungsverlangen bedeutet dies, dass das Verlangen nicht den Anforderungen des BGB entspricht und daher nicht als Grundlage für eine Klage dienen kann.


Das vorliegende Urteil

AG Leonberg – Az.: 8 C 702/15 – Urteil vom 25.05.2016

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 525,24 €.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Weil der Stadt mit 31,69 qm Wohnfläche, die monatliche Nettomiete beträgt 218,83 €.

Am 14.04.2015 übersandte die Klägerin der Beklagten ein Mieterhöhungsverlangen (Bl. 15 d.A.). Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf den Mietspiegel der Stadt Leonberg vom 12.09.2013, weil Weil der Stadt keinen eigenen Mietspiegel hat und die Mietwerte des Leonberger Mietspiegels Vergleichsmieten einer vergleichbaren Gemeinde darstellten. Die Wohnung sei in die Lageklasse mit Vorteilen, in die Baualtersklasse 01.01.1995 bis 31.12.2004, in die Ausstattungsklasse gute Ausstattung und die Größenklasse 0,00 bis 39,99 einzuordnen. Daraus errechnet die Klägerin dann die ortsübliche Miete und ist der Auffassung, dass die Beklagte deshalb zur Zustimmung einer Nettomiete in Höhe von 262,60 € verpflichtet sei.

Nach Hinweis des Gerichts trägt die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.02.2016 zur Vergleichbarkeit der Gemeinde Weil der Stadt und Leonberg vor, „sie sind hinsichtlich der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Infrastruktur, der Industrialisierung, der verkehrstechnischen Erschließung und der Anbindung an die Versorgungszentren vergleichbar“. Hinsichtlich Ausstattung und Lage der Wohnung werden weitere Ausführungen gemacht.(Bl 43 d.A.)

Die Klägerin hält das Mieterhöhungsverlangen für wirksam und beantragt, die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung im 1. Geschoss links des Hauses 71263 Weil der Stadt von bisher monatlich 218,83 € auf nunmehr monatlich 262,60 € mit Wirkung ab 01.07.2015, hilfsweise ab 01.05.2015 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, Klagabweisung.

Die Beklagte hält die Miete für zu hoch.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Das Mieterhöhungsverlangen vom 14.04.2015 entspricht nicht den Anforderungen des § 558a Abs. 1 Satz 1 BGB. Es ist formal unwirksam, die darauf gestützte Klage daher unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2013, VIII ZR 413/12 – VIII ZR 413/12 – juris). Auch die Nachbesserung der Klägerin gemäß § 558b Abs. 3 Satz 1 BGB im Schriftsatz vom 19.02.2016 enthält keine ausreichende Begründung und hat das Mieterhöhungsverlangen nicht wirksam nachgebessert.

Das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen war bereits deshalb formal unwirksam, weil die Begründung in keinster Weise den Anforderungen des § 558a BGB entsprach. Es enthielt keinerlei konkrete Tatsachen hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Gemeinde Leonberg und Weil der Stadt. Es enthielt überhaupt keine Begründung, warum die Stadt Leonberg mit der Gemeinde Weil der Stadt vergleichbar sein soll. Des Weiteren war im ursprünglichen Mieterhöhungsverlangen auch keinerlei konkreter Vortrag enthalten, warum die Einordnung der Wohnung wie geschehen erfolgt ist.

Auch die Nachbesserung vom 19.02.2016, zu der die Klägerin gemäß § 558a Abs. 1 Satz 1 BGB berechtigt war, stellt keine ausreichende Begründung dar. Ein Erhöhungsverlangen muss in formeller Hinsicht Angaben über Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – VIII ZR 413/12 – juris, Randnummer 10). Dieses Erfordernis erfüllt auch die Nachbesserung der Klägerin in keinster Weise. Die Klägerin hat überhaupt nichts Konkretes vorgetragen. Die Klägerin hat lediglich völlig pauschal und ohne jeglichen konkreten Tatsachenvortrag behauptet, die Gemeinden Leonberg und Weil der Stadt seien vergleichbar hinsichtlich der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Infrastruktur, der Industrialisierung, der verkehrstechnischen Erschließung und der Anbindung an die Versorgungszentren. Mangels jeglichen konkreten Vortrags zur Vergleichbarkeit, verbleibt es somit bei der formellen Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens.

Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass schon ein Blick auf die Landkarte ergibt, dass die Gemeinden Leonberg und Weil der Stadt nicht vergleichbar sind, es sind Gemeinden völlig unterschiedlicher Größe, die verkehrstechnische Anbindung an die Autobahn ist nur in Leonberg gegeben, nicht jedoch in Weil der Stadt, sodass das Gericht davon ausgeht, dass auch bei formeller Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens, eine Vergleichbarkeit nicht gegeben wäre.

Da jedoch das Erhöhungsverlangen schon formell unwirksam ist, war die Klage als unzulässig abzuweisen.

Kosten: § 91 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!