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Mieterhöhungsverlangen – Anforderungen an das Bestreiten der sachlichen Begründung

LG Berlin, Az.: 65 S 481/12, Urteil vom 05.03.2014

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichtes Tempelhof-Kreuzberg vom 26. September 2012 – 17 C 258/11 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Bruttokaltmiete für die von ihnen gemietete Wohnung im Hause … 32/4, EG links, in … Berlin, von bisher 682,98 € um 125,65 € auf 808,63 € pro Monat mit Wirkung ab dem 01.Oktober 2011 zuzustimmen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatbestandlichen Feststellungen wird gem. §§ 540Abs. 2, 313 a Abs.1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Soweit die Klägerin auf einen Teil der Klageforderung verzichtet hat, war die Klage gem. § 306 ZPO abzuweisen. Im Übrigen beruht das angefochtene Urteil des Amtsgerichts aber weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

1) Der Einwand der Beklagten, dass es an einer hinreichenden Darlegung der Einhaltung der Kappungsgrenze gefehlt habe und die Zustimmungsklage daher unzulässig gewesen sei, verfängt nicht. Unabhängig davon, dass die Einhaltung der Kappungsgrenze im Mieterhöhungsverlangen nicht begründet werden muss (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., 2013, § 558, Rz. 199), ergab sich vorliegend aber bereits aus der dem Mieterhöhungsverlangen vom 21.07.2011 beigefügten Berechnung (Bl. 13 d.A), dass die Miete zum 01.10.2008 682,98 € betrug und vor dem streitgegenständlichen Erhöhungsbegehren seither nicht erhöht worden ist. Einer erneuten Angabe im Rahmen der Klageschrift bedurfte es insofern nicht.

2) Soweit die Beklagten sich mit der Berufung ferner dagegen wenden, dass ihr pauschales Bestreiten von Grund und Höhe der klägerseits angegebenen Betriebskosten erstinstanzlich zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sei, können sie damit hinsichtlich der nach dem Teilverzicht noch streitgegenständlichen Klageforderung nicht durchdringen.

Ihrer Ansicht, wonach ein einfaches Bestreiten der vermieterseits angesetzten Betriebskosten durch den Mieter sowohl im Rahmen einer Verteidigung gegen eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs.3 BGB als auch bei einer Erhöhung einer Bruttokaltmiete gem. §§ 558 ff. BGB grundsätzlich ausreichend sei, da der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trage, kann so allgemein nicht gefolgt werden.

Zwar ist es richtig, dass die Darlegungs- und Beweislast für den Anfall konkret angesetzter Betriebskosten beim anspruchstellenden Vermieter liegt. Ihrer Darlegungslast hat die Klägerin mit der dezidierten Aufstellung der einzelnen Betriebskosten für das Jahr 2010 (Bl. 15 d.A.) vorliegend jedoch zunächst Genüge getan und die Beklagten damit in die Lage versetzt, die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu vermeiden (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 20.01.2010 – VIII ZR 141/09,WuM 2010, 161 f.).

Ebenso wie bei der Geltendmachung einer Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung bedarf es aber auch im Falle der „Herausrechnung“ eines Betriebskostenanteils aus einer Bruttokaltmiete – ggf. auch nach Belegeinsicht – des Vortrags konkreter Einwendungen durch den Mieter gegen die der Berechnung zugrunde gelegte schlüssige Berechnung des Vermieters, zu denen dieser dann im Einzelnen weiter vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten hat (so auch LG Berlin, Urt. v. 28.02.2006 – 63 S 354/05, GE 2006, 723; Urteil v. 03.12.2009- 67 S 411/08, zitiert nach juris; Beschluss v. 24.04.2009 – 67 S 144/09, GE 2009, 716). Der Mieter kann sich insofern grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Angaben des Vermieters in der Abrechnung pauschal oder mit Nichtwissen zu bestreiten (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 556 BGB, Rz. 539; OLG Düsseldorf, GE 2006, 1230; LG Itzehoe, ZMR 2012, 953).

Auch der BGH geht in diversen Entscheidungen vom Erfordernis des Vorbringens konkreter Einwendungen des Mieters – ggf. nach Belegeinsicht – gegen eine Betriebskostenabrechnung aus, sofern die Betriebskosten in der Abrechnung zunächst hinreichend dargelegt worden sind (vgl. Beschluss v. 13.09.2011 – VIII ZR 45/11, Rz. 6, WuM 2011, 684; Beschluss v. 31.01.2012 – VIII ZR 335/10, Rz. 4, WuM 2012, 229; Urt. v. 14.11.2012 – VIII ZR 41/12, Rz. 12, WuM 2013, 44; Urt. v. 31.10.2007 – VIII ZR 261/06, Rz. 31, WuM 2007, 700; Urteil v. 12.05.2010 – VIII ZR 185/09, NZM 2010, 470; indirekt zur Obliegenheit einer Belegeinsichtnahme durch den Mieter: BGH, Urt. v. 11.03.2009 – VIII ZR 74/08, Rz. 9, WuM 2009, 293).

Zudem entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass für den Einwand eines möglicherweise gebotenen Vorwegabzuges für Gewerbeeinheiten grundsätzlich der Mieter die Darlegungs- und Beweislast trägt, welcher hinsichtlich der hierfür erforderlichen Informationen Auskunft vom Vermieter und Einsicht in die der Abrechnung zu Grunde liegenden Belege verlangen kann; erst soweit der Mieter danach weiterhin nicht in der Lage sein sollte, die für einen Vorwegabzug der Gewerbeflächen maßgebenden Tatsachen vorzutragen, während der Vermieter über die entsprechende Kenntnis verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind, soll zu Gunsten des Mieters eine Modifizierung seiner Darlegungslast nach den Grundsätzen über die sekundäre Behauptungslast in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2006 – VIII ZR 251/05, WuM 2006, 684; Urt. v. 13.10.2010 – VIII ZR 46/10, WuM 2010, 741). Entsprechendes gilt auch für den Einwand eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, welchen ebenfalls der Mieter darzulegen hat (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.2011 – VIII ZR 340/10, WuM 2011, 513).

Hingegen ist die von den Beklagten zitierte Entscheidung des BGH vom 20.02.2008 – VIII ZR 27/07, in der das einfache Bestreiten der Höhe eines pauschalen Abzugs nicht umlagefähiger Hausmeisterkosten als ausreichend angesehen worden ist, nach Ansicht der Kammer nicht dahingehend zu verstehen, dass ein einfaches Bestreiten der Höhe von Betriebskostenpositionen generell ausreichend sein soll. Bei einem pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Hauswartkosten verhält es sich nämlich gerade so, dass dieser für den Mieter auch im Rahmen einer Belegeinsicht nicht nachvollziehbarer wird und es insoweit vielmehr allein dem Vermieter möglich ist, näher darzulegen, in welchem Umfang sich die Hauswartstätigkeit in umlagefähige und nicht umlagefähige Arbeiten tatsächlich aufteilt.

Der BGH verweist im Rahmen der Ausführungen zur Erhöhung einer Bruttokaltmiete unter Darlegung des darin enthaltenden Betriebskostenteils anhand der letzten Betriebskostenaufstellung zudem selbst ohne Weiteres auf seine zum Betriebskostenrecht ergangene Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v.26.10.2005 – VIII ZR 41/05, Rz. 11, WuM 2006, 39; Versäumnisurteil v. 12.07.2006 – VIII ZR 215/05, Rz. 13, WuM 2006, 569), ohne deren Übertragbarkeit auf den Fall einer Umrechnung einer Bruttokaltmiete auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Weshalb dies in Bezug auf das Erfordernis des Vorbringens konkreter Einwendungen des Mieters insoweit anders sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Ohne Erfolg wenden die Beklagten sich schließlich gegen die Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 28.02.2006 – 63 S 354/05, wonach dem Mieter bei einer Erhöhung einer Bruttokaltmiete (ausnahmsweise) ein Einsichtsrecht in die zugrunde liegenden Unterlagen zustehen soll. Sofern die Beklagten hiergegen anführen, dass im Falle einer Erhöhung einer Bruttokaltmiete – anders als bei einer Abrechnung über geleistete Betriebskostenvorschüsse – kein Treuhandverhältnis bestehe, aus welchem sich ein entsprechendes Belegeinsichtsrecht des Mieters ableiten ließe, übersehen sie, dass auch im Falle einer Bruttokaltmiete neben einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete gem. § 558 BGB zudem sowohl eine Erhöhung als auch eine Ermäßigung der Betriebskosten gem. § 560Abs.1, 3 BGB in Betracht kommt. Schon vor diesem Hintergrund steht dem Mieter aber ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Vermieter zu, weil er andernfalls z.B. auch nicht die Möglichkeit hätte, zu überprüfen, ob und in welchem Umfang ggf. eine Herabsetzung der Miete verlangt werden kann (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., 2013, § 560 BGB, Rz. 41 ff.).

Es bestand vorliegend auch keine Veranlassung, den Beklagten auf die rechtlichen Erörterungen im Termin am 05.03.2014 im Anschluss hieran noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, da die Kammer ihre Rechtsansicht im Termin am 26.06.2013 bereits umfassend kundgetan und lediglich die Möglichkeit der Zulassung der Revision in den Raum gestellt hatte. Die Parteienvertreter hatten insofern im Termin am 26.06.2013 auf eine Protokollierung der einzelnen Hinweise verzichtet.

Die Klägerin hat hier durch die Vorlage der der Mieterhöhungserklärung beigefügten Betriebskostenauflistung für 2010 (Bl. 15 d.A.) den in der Bruttokaltmiete enthaltenen Betriebskostenanteil zunächst schlüssig darlegt. Diesbezüglich haben die Beklagten ausschließlich Grund und Höhe der angesetzten Betriebskosten bestritten und auch nach entsprechendem Hinweis des Amtsgerichtes keine näheren Einwände erhoben. Das einfache Bestreiten war entsprechend der oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch lediglich in Bezug auf die Höhe der (nicht) umlagefähigen Hauswartskosten ausreichend. Entgegen der Ansicht der Klägerin waren die Beklagten mit diesem Einwand auch nicht gem. § 531 Abs.2 ZPO präkludiert, da das Bestreiten bereits in erster Instanz erfolgt ist. Die Klägerin hat auf die Klageforderung sodann in Höhe des Betrages, welcher auf den Hauswartskostenanteil entfällt, im Termin am 05.03.2014 anteilig verzichtet.

3) Hinsichtlich der Spanneneinordnung im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete wird auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, denen sich die Kammer nach eigener rechtlicher Prüfung anschließt, Bezug genommen.

Das Amtsgericht ist insbesondere mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die unstreitig negativ zu bewertende Merkmalgruppe 1 durch die positiv zu bewertende Merkmalgruppe 2 ausgeglichen wird, da es für das Wohnwertmerkmal „Wohnküche“ lediglich darauf ankommt, dass ein separater Raum mit mindestens 14 m² Grundfläche vorhanden ist, nicht hingegen, ob es weitere besondere Ausstattungsmerkmale in der Küche gibt.

Vor diesem Hintergrund kann aber dahinstehen, welche Wohnwertmerkmale in den übrigen Merkmalgruppen 3-5 im Einzelnen vorliegen, da sich die ortsübliche Vergleichsmiete selbst bei einem 60%igen Abschlag vom Mittelwert auf 4,28 €/qm belaufen würde. Zuzüglich eines Betriebskostenanteils von 1,01 €/qm (ohne Hauswartskosten) ergäbe sich eine Vergleichsmiete von 808,63 €. Dies entspricht dem Betrag, welcher nach Teilverzicht von der Klägerin vorliegend noch geltend gemacht wird.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, Nr. 1 ZPO. Da die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten veranlasst hat, hat das Gericht die Kosten des Rechtsstreits nach pflichtgemäß ausgeübtem Ermessen insgesamt den Beklagten auferlegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708Nr. 10, 711,713 ZPO.

Gründe, die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor. Die Frage, welche Anforderungen bei der Erhöhung einer Bruttokaltmiete an die Darlegung des darin enthaltenen Betriebskostenanteils zu stellen sind, ist höchstrichterlich bereits hinreichend geklärt. Ebenso lässt sich aber auch das Erfordernis, dass zunächst konkrete Einwendungen des Mieters gegen eine schlüssig dargelegte Betriebskostenaufstellung erhoben werden müssen, bevor der Vermieter hierzu ggf. näher vortragen und Beweis antreten muss, in dem Zusammenspiel der oben zitierten Rechtsprechung des BGH zum Betriebskostenrecht einerseits und seiner hierauf Bezug nehmenden Rechtsprechung zur Erhöhung einer Bruttokaltmiete andererseits bereits entnehmen, so dass auch insoweit nach Ansicht der Kammer kein höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht.

 

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