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Mietwohnung nach Brand lediglich beschädigt – Mieter hat Herausgabeanspruch

Brand in Mietwohnung: Mieter hat trotz Schäden Herausgabeanspruch

Das Landgericht Berlin hat das Urteil des Amtsgerichts Mitte in einem Fall, bei dem es um die Herausgabe einer nach einem Brand beschädigten Mietwohnung geht, teilweise aufgehoben. Die Kläger begehrten die Herausgabe der Wohnung und Zahlung. Das Amtsgericht wies die Herausgabeansprüche ab, da es von einer vollständigen Zerstörung der Wohnung ausging, was die Kläger bestritten hatten. Das Landgericht sieht darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und verweist den Fall zur erneuten Verhandlung zurück.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 67 S 159/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung des Amtsgerichtsurteils: Das Landgericht Berlin hat das Urteil des Amtsgerichts teilweise aufgehoben.
  2. Streit um Wohnungsherausgabe: Die Kläger forderten nach einem Brand die Herausgabe der Wohnung.
  3. Konflikt über Schadensausmaß: Uneinigkeit bestand über das Ausmaß der Brandschäden.
  4. Verneinung der Herausgabeansprüche: Das Amtsgericht lehnte die Herausgabeansprüche ab, da es von einer vollständigen Zerstörung ausging.
  5. Bestrittene vollständige Zerstörung: Die Kläger bestritten die vollständige Zerstörung der Mietsache.
  6. Verletzung des rechtlichen Gehörs: Das Landgericht sah in der Entscheidung des Amtsgerichts eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
  7. Rückverweisung zur erneuten Verhandlung: Der Fall wurde zur weiteren Beweisaufnahme und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
  8. Keine Zulassung der Revision: Eine Revision gegen das Urteil des Landgerichts wurde nicht zugelassen.

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Ein Brand in einer Mietwohnung ist ein einschneidendes Ereignis, das nicht nur materielle Schäden, sondern auch rechtliche Fragen aufwirft. Gerade wenn die Wohnung lediglich beschädigt wurde, stellen sich Fragen nach dem Umgang mit der Wohnung und den Rechten und Pflichten von Mieter und Vermieter. Im Folgenden wird ein konkretes Urteil zum Thema „Mietwohnung nach Brand lediglich beschädigt – Mieter hat Herausgabeanspruch“ vorgestellt und erläutert.

Mietwohnung nach Brand: Streit um Herausgabe und Schäden

Mietwohnung nach Brand: Mieter hat Herausgabeanspruch bei Schäden
(Symbolfoto:  CloudOnePhoto/Shutterstock.com)

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Landgericht Berlin verhandelt wurde, ging es um die Herausgabe einer Mietwohnung nach einem Brand. Die Wohnung wurde von den Mietern, den Klägern in diesem Fall, lediglich als beschädigt angesehen, während der Vermieter, die Beklagte, von einer vollständigen Zerstörung ausging. Diese Differenz in der Beurteilung der Brandschäden bildete den Kern des Rechtsstreits. Die Kläger forderten die Herausgabe der Wohnung sowie eine finanzielle Entschädigung. Das Amtsgericht Mitte hatte in einem früheren Urteil überwiegend zugunsten des Vermieters entschieden, wobei es die Herausgabeansprüche der Mieter ablehnte und nur die geltend gemachten Zahlungsansprüche anerkannte.

Juristische Wendung: Aufhebung des Amtsgerichtsurteils

Die Kläger legten gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung ein, die zu einer bedeutenden Wendung führte. Das Landgericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts teilweise auf und wies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Ein zentraler Punkt in der Begründung des Landgerichts war die Annahme des Amtsgerichts, die Wohnung sei vollständig zerstört worden. Diese Annahme basierte auf Gutachten, die die Kläger als bloßen Sachvortrag ansahen und nicht als ausreichende Grundlage für eine solche Schlussfolgerung. Das Landgericht erkannte hierin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Kläger, da ihre Einwände gegen das Ausmaß der Schäden und die Umstände der behaupteten Besitzentziehung ohne angemessene Beweisaufnahme übergangen wurden.

Kernprobleme und rechtliche Herausforderungen

Der Fall wirft mehrere rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf Besitzschutzansprüche und die Auslegung von § 275 Abs. 1 BGB, der sich auf die objektive Unmöglichkeit bezieht. Die Kläger hatten geltend gemacht, dass sie die Wohnung nicht freiwillig aufgegeben hatten, was einen Anspruch auf Besitzschutz nach § 866 BGB hätte begründen können. Das Amtsgericht hatte jedoch diesen Anspruch aufgrund seiner Einschätzung der vollständigen Zerstörung der Wohnung abgelehnt. Die Herausforderung für das Amtsgericht besteht nun darin, umfassende Beweise für die behauptete vollständige Zerstörung der Mietsache zu erbringen. Sollte dies nicht gelingen und sich herausstellen, dass die Wohnung lediglich beschädigt wurde, hätte dies bedeutende Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung des Falles.

Vorläufige Vollstreckbarkeit und die nächsten Schritte

Das Landgericht Berlin entschied, dass das Urteil vorläufig vollstreckbar ist und lehnte eine Revision ab. Diese Entscheidung bedeutet, dass der Fall nun zurück an das Amtsgericht geht, wo eine detaillierte Beweisaufnahme stattfinden muss. Dieser Schritt ist entscheidend, um zu klären, ob die Wohnung tatsächlich vollständig zerstört wurde oder ob sie nur beschädigt ist, was wesentliche Auswirkungen auf die Ansprüche der Kläger hätte.

Das Urteil des Landgerichts Berlin stellt einen wichtigen Meilenstein in diesem komplexen Fall dar und beleuchtet die Bedeutung des rechtlichen Gehörs sowie die Notwendigkeit einer gründlichen Beweisaufnahme in zivilrechtlichen Streitigkeiten. Mit der Rückverweisung des Falles an das Amtsgericht ist zu erwarten, dass die kommenden Verhandlungen und Entscheidungen weitere Klarheit in die rechtlichen Aspekte rund um Mietrechtsfälle nach Wohnungsschäden bringen werden.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet der Herausgabeanspruch eines Mieters nach einem Brand in Bezug auf das Mietrecht?

Der Herausgabeanspruch eines Mieters nach einem Brand bezieht sich auf das Recht des Mieters, die Wohnung in einem bewohnbaren Zustand vom Vermieter zurückzuerhalten. Im Falle eines Brands kann die Wohnung unbewohnbar werden, was den Vermieter dazu verpflichtet, die notwendigen Reparaturen durchzuführen, um die Wohnung wieder in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen.

Wenn die Wohnung aufgrund eines Brands nicht mehr bewohnbar ist, kann das Mietverhältnis aufgrund von Unmöglichkeit beendet werden. In diesem Fall besteht kein Herausgabeanspruch des Mieters hinsichtlich der Wohnung gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Leistung wegen Unmöglichkeit gemäß § 275 Absatz 1 BGB ausgeschlossen ist.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Mieter möglicherweise Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn er aufgrund des Brands in eine Ersatzwohnung umziehen muss. Dies kann die Kosten für die Ersatzwohnung sowie mögliche Differenzen in der Miete umfassen.

Wenn der Mieter den Brand verursacht hat, kann dies zu einer fristlosen Kündigung des Mietvertrags führen. In diesem Fall hat der Vermieter möglicherweise einen Anspruch auf Schadensersatz.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses, unabhängig von der Ursache, hat der Vermieter einen Anspruch auf Rückgabe der Wohnung. Dies bedeutet, dass der Mieter die Wohnung räumen und alle Schlüssel an den Vermieter zurückgeben muss.

Wie wird im Mietrecht zwischen vollständiger Zerstörung und Beschädigung einer Mietsache unterschieden?

Im Mietrecht wird zwischen der vollständigen Zerstörung und der Beschädigung einer Mietsache unterschieden.

Eine vollständige Zerstörung der Mietsache liegt vor, wenn die Mietsache so stark beschädigt ist, dass sie nicht mehr genutzt werden kann. In diesem Fall ist der Vermieter von der Instandsetzungspflicht befreit. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die vollständige Zerstörung selbst verschuldet hat. Dem Mieter stehen dann die Rechte aus §§ 280, 325 BGB zu, wie Schadenersatz oder Rücktritt vom Vertrag.

Eine Beschädigung der Mietsache liegt vor, wenn die Mietsache noch nutzbar ist, aber Reparaturen benötigt, um in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt zu werden. In diesem Fall ist der Vermieter zur Instandsetzung verpflichtet, es sei denn, der Mieter hat den Schaden verursacht. In diesem Fall muss der Mieter für die Instandsetzung sorgen und die Kosten dafür tragen.

Es ist auch zu beachten, dass bei einer erheblichen Beschädigung der Mietsache, die wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichsteht, die Unmöglichkeitsregeln greifen und der Vermieter von seiner Primärleistungspflicht befreit wird. In diesem Fall wird geprüft, ob dem Vermieter die Wiederherstellungskosten nach den Umständen des Falles zumutbar sind.

Schäden, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entstanden sind, muss der Vermieter grundsätzlich auf eigene Kosten beseitigen. Über den Verschleiß hinausgehende Beschädigungen hat der Mieter dann zu vertreten, wenn sie auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen.

Welche Rolle spielen Besitzschutzansprüche im Kontext von Mietverhältnissen?

Besitzschutzansprüche spielen eine wichtige Rolle im Kontext von Mietverhältnissen. Sie beziehen sich auf das Recht des Mieters, den Besitz der gemieteten Immobilie zu behalten und zu schützen. Dieses Recht wird durch den Mietvertrag gewährt, der den Mieter berechtigt, die Immobilie für eine bestimmte Zeit zu besitzen.

Wenn ein Mieter beispielsweise aus der Wohnung vertrieben wird, kann er einen Besitzschutzanspruch geltend machen, um den Besitz der Wohnung wiederzuerlangen. Dieser Anspruch kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Mietvertrag gekündigt wurde, solange der Mieter noch in der Wohnung lebt.

Es ist auch zu beachten, dass Besitzschutzansprüche auch ohne mietvertragliche Beziehungen bestehen können. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Untermieter Besitzschutzansprüche gegen den Hauptvermieter oder Eigentümer geltend macht, mit dem er keinen Mietvertrag geschlossen hat.

Darüber hinaus kann das Selbsthilferecht eine Rolle spielen, wenn der Vermieter versucht, den Besitz des Mieters auszuschließen. In solchen Fällen kann der Mieter das Recht haben, sich selbst zu helfen und seinen Besitz zu schützen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Besitzschutzansprüche im Kontext von Mietverhältnissen dazu dienen, den Besitz des Mieters zu schützen und ihm das Recht zu geben, den Besitz der gemieteten Immobilie wiederzuerlangen, wenn er vertrieben wird. Sie können auch in Situationen relevant sein, in denen keine mietvertragliche Beziehung besteht, wie z.B. bei Untermietverhältnissen.

Inwiefern beeinflusst die objektive Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB die Gewährleistungsansprüche des Mieters?

Die objektive Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB beeinflusst die Gewährleistungsansprüche des Mieters dahingehend, dass der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen ist, wenn diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Dies bedeutet, dass der Vermieter von seiner Pflicht zur Leistungserbringung befreit wird, wenn die Leistung objektiv unmöglich ist, also weder von ihm noch von jemand anderem erbracht werden kann.

Im Mietrecht bedeutet dies konkret, dass wenn die Mietsache, also die Wohnung oder das Geschäftslokal, durch einen Umstand, der nicht im Verantwortungsbereich des Mieters liegt, vollständig zerstört oder so beschädigt wird, dass sie nicht mehr nutzbar ist, der Vermieter nicht mehr zur Instandsetzung verpflichtet ist. Die objektive Unmöglichkeit kann sowohl anfänglich als auch nachträglich eintreten.

Wenn die Unmöglichkeit nach Vertragsschluss eintritt, hat der Mieter unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz nach § 311a Abs. 2 BGB, sofern der Vermieter das Leistungshindernis zu vertreten hat. Der Mieter wird in diesem Fall auch von seiner Pflicht zur Zahlung der Miete befreit, da gemäß § 326 Abs. 1 BGB der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt, wenn die Leistung unmöglich wird.

Es ist zu beachten, dass die Gewährleistungsansprüche des Mieters, wie Minderung der Miete oder Schadensersatz, grundsätzlich erst nach Überlassung der Mietsache entstehen. Bei anfänglicher objektiver Unmöglichkeit, also wenn die Mietsache bereits bei Vertragsschluss nicht existiert oder nicht überlassen werden kann, sind die mietrechtlichen Gewährleistungsregeln nicht anwendbar.

Zusammengefasst bedeutet die objektive Unmöglichkeit im Mietrecht, dass der Vermieter von seiner Leistungspflicht befreit wird und der Mieter entsprechend keine Miete zahlen muss. Der Mieter kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatzansprüche geltend machen.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 67 S 159/23 – Urteil vom 24.10.2023

Auf die Berufung der Kläger wird das am 25. Mai 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte, soweit darin zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren nach einem Wohnungsbrand die Herausgabe einer von der Beklagten angemieteten Wohnung sowie Zahlung; das Ausmaß der durch den Brand verursachten Schäden an der Mietsache ist zwischen den Parteien streitig.

Das Amtsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen und lediglich die geltend gemachten Zahlungsansprüche zuerkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt, Herausgabeansprüchen der Kläger stünde die vollständige Zerstörung der Mietsache entgegen. Besitzschutzansprüche seien ausgeschlossen, da die Beklagte den Besitz nicht widerrechtlich entzogen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum erstinstanzlichen Vorbringen und zu den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen, wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen (Bl. II/121-127 d.A.).

Gegen das ihr am 31. Mai 2023 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 28. Juni 2023 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am 30. August 2023 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Kläger rügen im Wesentlichen eine Verletzung rechtlichen Gehörs, da das Amtsgericht ihren Vortrag zum Ausmaß der Schäden und zu den Umständen der behaupteten Besitzentziehung ohne Beweisaufnahme übergangen habe.

Sie beantragen, das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungsanträge abzuändern oder aufzuheben.

Wegen der Einzelheiten der Berufungsanträge wird auf den Schriftsatz vom 30. August 2023 (Bl. II/150 d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Oktober 2023 (Bl. II/176 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der Rechtsstreit war wie geschehen unter teilweiser Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf den Antrag der Kläger an das Amtsgericht zurückzuweisen. Danach darf das Berufungsgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils zurückverweisen, soweit das Verfahren des ersten Rechtszugs an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Soweit der am Schluss der Sitzung verkündete Tenor eine vollständige Aufhebung beinhaltete, war er gemäß § 319 ZPO wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit zu berichtigen, da die Klage im ersten Rechtszug teilweisen Erfolg hatte und insoweit nicht Gegenstand der Berufung war.

Das angefochtene Urteil beruht in mehrfacher Hinsicht auf einer fehlerhaften Behandlung des Parteivorbringens, indem es zwischen den Parteien streitige Tatsachen als unstreitig behandelt und eindeutiges Parteivorbringen offensichtlich sachwidrig und damit objektiv fehlerhaft gewürdigt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 1981 – 2 BvR 911/80, BVerfGE 57, 42, Heßler, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 538 Rz. 18, 25 jeweils m.w.N.).

Das Amtsgericht hat den von den Klägern geltend gemachten Herausgabeanspruch verneint, da die streitgegenständliche Wohnung „vollständig zerstört“ gewesen sei. Das ergebe sich aus den „vorliegenden (Partei-)Gutachten“. Gewährleistungsansprüche der Klägerin seien davon ausgehend „aufgrund objektiver Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Besitzschutzansprüche bestünden ebenfalls nicht, da die Kläger die Wohnung der Beklagten zur Instandsetzung freiwillig überlassen hätten. Damit scheide eine „widerrechtliche Inbesitznahme“ aus. Außerdem habe das Besitzrecht der Kläger „mit der vollständigen Zerstörung“ der Mietsache geendet.

Das ist nicht frei von Verfahrensfehlern.

Zum einen hatten die Kläger die – vollständige oder teilweise – Zerstörung der Mietsache im ersten Rechtszug substantiiert bestritten. Davon ausgehend verletzt es die Kläger in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, dass das Amtsgericht unter Verwertung der Parteigutachten, bei denen es sich um bloßen Sachvortrag handelte, ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutrachtens gleichwohl von einer vollständigen Zerstörung der Mietsache ausgegangen ist. Dieser Verfahrensfehler betrifft sowohl die auf § 275 Abs. 1 BGB gestützte Verneinung von Gewährleistungs- als auch die von Besitzschutzansprüchen.

Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht hinsichtlich der Verneinung von Besitzschutzansprüchen aus anderen Gründen als zutreffend. Denn die Kläger haben den Besitz nach eigenem Vorbringen nicht freiwillig aufgegeben. Die Berufung rügt zu Recht, dass die Kläger auch gestörten Mietbesitz nach § 866 BGB geltend gemacht haben, den sie nach ihrem im Einzelnen streitigen Vortrag gerade nicht freiwillig aufgegeben haben. Im hier streitigen Fall einer Besitzentziehung des Mitbesitzers ist der Besitzschutz ebenso unbeschränkt wie bei Störung oder Entziehung des Alleinbesitzes (vgl. Götz, in: BeckOGK BGB, Stand: 1. Oktober 2023, § 866 Rz. 1 m.w.N.). Das hat das Amtsgericht unter verfahrensfehlerhafter Ausblendung des klägerischen Vortrags zur Begründung und Entziehung des Mitbesitzes außer Betracht gelassen.

Davon ausgehend ist nunmehr durch das Amtsgericht umfänglicher Beweis zu dem von der Beklagten behaupteten vollständigen Zerstörung der Mietsache zu erheben. Sofern der Beklagten der Beweis nicht gelingen sollte und lediglich eine Beschädigung der Mietsache vorliegen sollte, hat das Amtsgericht entsprechend § 563 Abs. 2 ZPO davon auszugehen, dass die sog. „Opfergrenze“ wegen der Aufwendungen für eine Instandsetzung der Mietsache hier nicht überschritten war, da die Beklagte die Mietsache mittlerweile – unter Verwendung von Versicherungsleistungen – wieder aufgebaut und sogar neu vermietet hat (vgl. zur Abgrenzung Emmerich, in: Staudinger, BGB, Bearbeitungsstand 3. März 2023, Vormerkungen zu § 536 Rz. 5a m.w.N.). Es hat ferner davon auszugehen, dass die bloße Neuvermietung der Räume an Dritte einem Herausgabeanspruch nicht entgegenstünde (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 21. Januar 2015 – VIII ZR 51/14, NJW 2015, 1516, Tz. 25 m.w.N.).

Die Kammer hat das ihr gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen hinsichtlich einer eigenen Sachentscheidung oder einer Aufhebung und Zurückverweisung (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juli 2011 – II ZR 188/09, NJW-RR 2011, 1365, Tz. 7) mit dem sich aus dem Tenor ersichtlichen Ergebnis ausgeübt. Denn eine Aufhebung und Zurückverweisung war hier wegen des Umfangs der durchzuführenden Beweisaufnahme nicht nur gerechtfertigt, sondern trotz der mit einer Aufhebung und Zurückverweisung für die Parteien verbundenen Nachteile allein wegen des Erhalts eines zumindest zweizügigen Instanzenzugs zur Überprüfung der umfangreichen neuerlichen Beweiserhebung geboten (vgl. BGH, a. a. O.).

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Kosten beruhen auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO. Gründe, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen, bestanden nicht, weil der Rechtssache derzeit weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Auch wenn die rechtlichen Folgen einer vollständigen oder teilweisen Zerstörung der Mietsache höchstrichterlich bislang ungeklärt sind, erfordert die Zulassung der Revision die Erheblichkeit der durch die Revision zu klärenden Rechtsfrage für die abschließende Sachentscheidung. Im hier gegebenen Falle der Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 Absatz 2 Nr. 1 ZPO indes fehlt es grundsätzlich an der Entscheidungserheblichkeit bis zur Durchführung der Beweiserhebung (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 22. Februar 2017 – 12 U 812/15, NJOZ 2018, 667, beckonline Tz. 113; Kammer, Urt. v. 5. September 2019 – 67 S 101/19, BeckRS 2019, 20487, Tz. 16). Das gilt auch hier. Denn sollte der Beklagten schon der Beweis einer über eine bloße Beschädigung der Mietsache hinausgehenden Zerstörung nicht gelingen, käme es auf die abstrakten Rechtsfolgen einer Zerstörung der Mietsache nicht mehr an.

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