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Mietvertrag – Rückzahlung nicht verbrauchter Vorauszahlungen

AG Bonn – Az.: 201 C 328/17 – Urteil vom 19.03.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) werden den Klägern als Gesamtschuldner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Rückzahlung nicht verbrauchter Vorauszahlungen auf Nebenkosten.

Die Kläger schlossen als Mieter mit der S GmbH unter dem 25.02./10.03.1961 einen Mietvertrag betreffend eine Wohnung im Haus S1-straße … in C. Die Beklagte zu 2) ist Rechtsnachfolgerin der Vermieterin und demnach auf Vermieterseite in den Mietvertrag eingetreten.

In § 4 heißt es: „Die nach dem Recht über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen und den sonst maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen festgesetzte Miete beträgt monatlich 66,70 DM. Absatz 2) der v. g. Vertragsklausel sieht vor, dass diese Miete nicht die Kosten des Wasserverbrauchs für den Hausgarten, für die Benutzung eines Wassermotors oder sonstiger Sondereinrichtungen, die Kosten für Schönheitsreparaturen, Kosten der Hausreinigung, Kosten der Treppenhausbeleuchtung , Vorauszahlung auf Wasserumlage deckt.

Mit Schreiben vom 10.10.2016 erteilte die Beklagte Abrechnung über Betriebskosten für das Kalenderjahr 2015. Wegen der Abrechnung im Einzelnen wird auf Bl. 15 d. A. Bezug genommen. Unter Berücksichtigung von Vorauszahlungen in Höhe von 1.441,00 EUR endet die Abrechnung mit einem Guthaben für die Kläger in Höhe von 36,40 EUR.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2017, adressiert an die Beklagte zu 1), erhoben die Kläger Einwendungen u.a. gegen die v.g. Abrechnung. Sie machten dabei geltend, dass sie mit Ausnahme der Positionen Wasserversorgung und Entwässerung, Hausreinigung sowie Treppenbeleuchtung keine weiteren Nebenkosten zu trägen hätten. Sie verlangten eine neue Abrechnung sowie die Bestätigung, dass ihnen künftig keine weiteren Kosten, mit Ausnahme der im Mietvertrag enthaltenen in Rechnung gestellt werden. Die Beklagte zu 1) ist Dienstleistungsgesellschaft, die aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags für die Beklagte zu 2) handelt.

Die Beklagte zu 2) leistete weder die geforderte Rückzahlung, noch gab sie die v.g. Bestätigung bezüglich künftiger Abrechnungen ab.

Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger die v.g. Begehren weiter. Die Klage war ursprünglich gegen die Beklagte zu 1) erhoben. Nach Parteiwechsel nehmen die Kläger nunmehr die Beklagte zu 2) in Anspruch.

Die Kläger tragen vor: Die Abrechnung sei fehlerhaft und entspreche nicht den Vereinbarungen im Mietvertrag. Neben den im Vertrag aufgeführten umlagefähigen Betriebskosten, nämlich Wasserkosten, Treppenhausbeleuchtung, Hausreinigung seien noch Kosten für Brandschutz umlagefähig, da diese nachträglich auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen hinzugekommen seien. Der Mietvertrag sei auch nicht konkludent dadurch geändert, dass die Kläger in den vergangenen Jahren die von der Beklagten zu 2) errechneten Nachforderungen bezahlt hätten.

Nachdem die Kläger ursprünglich geltend gemacht, ihnen stünde ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 1.154,33 EUR zu, beantragen sie nach Teilklagerücknahme nunmehr,

1.) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 1.110,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.) festzustellen, dass die Beklagte zu 2) nicht berechtigt ist, den Klägern in zukünftigen Abrechnungsjahren ohne veränderte Vertragslage betreffend Betriebskosten, weitere, als die nachstehend aufgeführten Betriebskosten jährlich in Rechnung zu stellen:

  • Wasserversorgung und Entwässerung
  • Hausreinigung
  • Treppenhausbeleuchtung
  • Rauchmelder Gemeinschaftsfläche

Rauchmelder Wohnungen.

Die Beklagte zu 1) stellt Kostenantrag.

Die Beklagte zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Die Kläger würden seit vielen Jahren die Umlage von Nebenkosten entsprechend § 27 der II. Berechnungsverordnung akzeptieren. Die Parteien hätten in § 4 Abs.6 des Mietvertrags auch eine Mehrbelastungsabrede getroffen. Bei Änderung der Bewirtschaftungskosten sei eine weitere Abwälzung auf den Mieter zulässig. Es sei auch treuwidrig, wenn die Kläger über Jahre hinweg die Nebenkosten entsprechend Anlage 3 zu § 27 der II. BerechnungsVO akzeptierten und für die Zukunft diese Umlage verweigern würden. Die Umlagen würden seit vielen Jahren ohne Beanstandung gezahlt. Rechnungen vor 2007 wären nicht mehr archiviert. Seit 2007 könnte nachgewiesen werden, dass die Kläger die abgerechneten Nebenkostenpositionen gezahlt hätten, was zwischen den Parteien unstreitig ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zu der Akte gereichten Urkunden und Schriftsätze ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Zahlungsklage

Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Vorauszahlungen auf die Nebenkosten für das Kalenderjahr 2015.

Aus dem Mietvertrag und einer Vereinbarung über die Zahlung von Vorauszahlungen auf Nebenkosten steht einem Mieter, wenn der Vermieter ordnungsgemäß abgerechnet hat, ein vertraglicher Rückerstattungsanspruch nur zu, soweit die geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen durch die in dem betreffenden Abrechnungszeitraum tatsächlich angefallenen und umlagefähigen Nebenkosten nicht verzehrt sind (BGH Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 57/04).

Ohne Erfolg machen die Kläger in diesem Zusammenhang allein unter Berufung auf den Mietvertrag von 1961 geltend, dass bis auf die dort im Einzelnen aufgeführten und von ihnen akzeptieren Nebenkosten keine anderen Betriebskostenpositionen umgelegt werden dürften. In diesem Zusammenhang tragen die Kläger zu der fehlenden Umlagefähigkeit nur unzureichend vor. Ihrer Darlegungslast genügen sie damit nicht.

Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass die von ihm abgerechneten Nebenkosten auch umlagefähig und den Vereinbarungen mit dem Mieter entsprechen.

Allerdings sind im vorliegenden Fall folgende Besonderheiten zu berücksichtigen, die zu einer Umkehr der Darlegungslast führen.

Bei der Wohnung handelt es sich um öffentlich geförderten Wohnraum.

Die ursprünglich in § 4 Mietvertrag vereinbarte Miete ist eine sog. Teil-Inklusivmiete. Diese deckt mit Ausnahme der im Einzelnen ausdrücklich ausgenommen Nebenkosten sämtliche übrigen für die Bewirtschaftung des Mietobjektes anfallenden Betriebskosten ab. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die II. BerechnungsVO noch nicht in Kraft. Gemäß der nach Abschluss des Mietvertrags in Kraft getretenen II. BerechnungsVO, dort geregelt in § 27 Abs. 3, dürfen in öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau und im steuerbegünstigten oder frei finanzierten Wohnungsbau, der mit Wohnungsfürsorgemitteln gefördert ist – wie der streitgegenständlichen Wohnung -, die Betriebskosten nicht in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzt werden. § 25b der Neumietenverordnung (NMV) sah dazu vor, dass der Vermieter bis zum 31.12.1986 die Betriebskosten aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung herauszurechnen hatte. Das heißt, der Vermieter war gesetzlich verpflichtet, die Mietstruktur entsprechend umzustellen. Der Vermieter preisgebunden Wohnraums kann Betriebskosten seither nur als gesondert abzurechnende Kosten auf den Mieter abwälzen. Insoweit konnte die Mietstruktur durch einseitige Erklärung des Vermieters nach § 10 WoBindG geändert werden, indem er die bisher in der Grundmiete enthaltenen Betriebskosten herausrechnet und diesen Betrag als Vorauszahlung auf die nunmehr zwingend abzurechnenden Betriebskosten erhebt (BGH, Urteil vom 16.03.2011 – VIII ZR 121/10).

Zur Umstellung der Mietstruktur bedurfte es entgegen der Ansicht der Kläger nicht notwendig einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien. Vielmehr kann der Vermieter durch einseitige Erklärung – für die Zukunft – die Umlage weiterer Betriebskosten im Sinn von § 27 II.BerechnungsVO erreichen, indem er diese dem Mieter nach Art und Höhe bekannt gibt. Dies kann auch dadurch geschehen, dass er dem Mieter eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung erteilt, die derartige Betriebskosten erfasst (BGH, Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 120/09).

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte oder ihre Rechtsvorgänger entgegen den Vorgaben der NMV und der II. BerechnungsVO die dort vorgeschriebene Änderung der Mietstruktur und die gesonderte Ausweisung der Betriebskosten nicht nachgekommen sind, sind von den Klägern nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Zwar ist es an sich Sache des Vermieters, der Betriebskosten erhebt, deren Umlagefähigkeit neben der Grundmiete darzulegen. Jedoch ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass unstreitig seit vielen Jahren Nebenkostenabrechnungen, die der streitgegenständlichen entsprechen, erteilt worden sind, Anpassungen von Vorauszahlungen erfolgt sind und die Kläger keine Abrechnung beanstandet haben, sondern Nachforderungen gezahlt haben. Der Umstand, dass die Beklagte zu einer Umstellung der Mietstruktur nicht weiter vortragen kann, geht im Hinblick auf die v.g. Umstände nicht zu ihren Lasten. Vielmehr wäre es Sache der Kläger im Hinblick auf die jahrelang praktizierte Abrechnungspraxis darzulegen, dass sich die Mietstruktur entgegen der gesetzlichen Vorgabe nicht geändert habe und die im Mietvertrag nicht ausdrücklich genannten Betriebskosten zusätzlich zu einer (Teil-) Inklusivmiete erhoben werden.

Ohne Erfolg berufen sie sich in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung vom 10.10.2007 (VIII ZR 279/06). Diese betraf die Frage, ob durch jahrelange anstandslose Zahlung der Nebenkostenabrechnungen der Mieter stillschweigend einer Umlage weiterer, im Mietvertrag nicht vereinbarter Betriebskosten zustimmt. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall nicht um einen (stillschweigenden) Änderungsvertrag, sondern um eine gesetzlich bzw. durch Rechtsverordnung vorgeschriebene Änderung der Mietstruktur, die durch einseitige Erklärung gemäß § 10 WoBindG zulässig ist. Nachdem gegen die seit Jahren praktizierte Erhebung von Betriebskosten entsprechend den Abrechnungen der Beklagten keine Beanstandungen erfolgt sind, geht der Umstand, dass frühere Abrechnungen nicht bei der Beklagten archiviert sind, nicht zu deren Lasten. Anhaltspunkte dafür, dass die umgelegten Betriebskosten gesetzwidrig neben der ursprünglich vereinbarten Teil-Inklusivmiete abgerechnet wurden, sind nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund der v.g. gesetzlichen Vorgaben und der jahrelangen Akzeptanz von Nebenkostenvorauszahlungen und Nachzahlungen aus den Abrechnungen hätte es den Klägern oblegen, substantiiert zu einer Weitergeltung von § 4 des Mietvertrags vorzutragen. Dieser Darlegungslast genügt indes der pauschale Hinweis auf diese Vertragsklausel aus dem Jahr 1961 nicht.

2. Feststellung

Der gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist aus dem v.g. Gründen nicht begründet.

Bezüglich der durch Parteiwechsel und weiterer Teilklagerücknahme entstandenen Kosten beruht die Kostenentscheidung auf § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO. Im Übrigen ergeht die Entscheidung über die Kosten nach §§ 91, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 3.110,71 EUR

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