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Mietmangelbeseitigung – Wegfall Zurückbehaltungsrecht

LG Berlin – Az.: 65 S 19/21 – Urteil vom 27.05.2021

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 10. Dezember 2020 – 3 C 214/20 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil mit nachfolgenden Ergänzungen Bezug genommen:

Mit Schreiben vom 20. September 2019 reagierte die frühere Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf das Kündigungsschreiben des Klägers vom 18. September 2019 und wies darauf hin, dass an ebendiesem Tag ein Sachverständiger vor Ort gewesen sei, der die Feuchtigkeit nochmals genauer untersuchte und erklärte, dass nach seinem Dafürhalten die Gebäudesubstanz getrocknet sei. Wenn der Kläger so sicher gewesen wäre, dass seine Mängelbeseitigung erfolgreich abgeschlossen wurde, hätte es eines solchen Sachverständigen für feuchte Messung 2 Monate später nicht bedurft. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes wird auf das Schreiben vom 20. September 2019 (Blatt I/26f d. A.) Bezug genommen.

In seinem Antwortschreiben vom 4. Oktober 2019 benannte der Prozessbevollmächtigte des Klägers weitere Pflichtverletzungen der Beklagten und erklärte wegen dieser nochmals fristlos, hilfsweise fristgerecht die Kündigung des Mietverhältnisses. Wegen der Einzelheiten des Inhaltes wird auf das Schreiben (Blatt I/28fff d. A.) Bezug genommen.

In der Klageschrift vom 1. September 2020 hat der Kläger das Mietverhältnis vorsorglich erneut wegen der sich aus der Klageschrift ergebenden Pflichtverletzungen und des fortbestehenden Mietrückstandes fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt.

Das Amtsgericht hat die Beklagten auf der Grundlage der Kündigung vom 18. September 2019 zur Räumung der von ihnen inne gehaltenen Wohnung und den Beklagten zu 1) zum Ersatz der außergerichtlichen Kosten des Klägers verurteilt.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 8. Januar 2021 zugestellte Urteil am 12. Januar 2021 Berufung eingelegt und diese am 12. Februar 2021 begründet.

Sie beanstanden unter anderem, dass das Amtsgericht die Erklärung des Abschlusses der Mangelbeseitigungsarbeiten durch den Kläger nicht als zu Recht erfolgt habe ansehen dürfen. Die sachliche Unrichtigkeit der Fertigstellungserklärung des Klägers vom 12. Juli 2019 ergebe sich auch aus dem Kurznachrichtenverkehr der Parteien, etwa der in der Klageerwiderung zitierten Nachricht vom 16. Juli 2019, 20.06 Uhr. Es ergebe sich, dass die Arbeiten am 16. Juli 2019 nicht abgeschlossen gewesen seien. Die Zahlungsaufforderung des Klägers mit Fristsetzung vom 12. Juli 2019 habe die Beklagten schon deshalb nicht in Verzug setzen können. Der Kläger könne sich auf die Kündigung auch deshalb nicht berufen, weil sie treuwidrig sei. Ausweislich des in der Klageerwiderung vorgetragenen Kurznachrichtenverkehrs seien die Parteien übereingekommen, am 18. September 2019 eine gemeinsame Bestandsaufnahme des Zustandes der Wohnung durchzuführen. Die Initiative sei von dem Kläger ausgegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Berufungsbegründung vom 12. Februar 2021 (Bl. I/190ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee – 3 C 214/20 – vom 10. Dezember 2020 abzuändern und die Klage abzuweisen,

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Wohnung sei am 18. Juli 2019 mangelfrei gewesen. Aus den Erklärungen des Klägers im Schreiben vom 12. Juli 2019 ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass er die Mangelbeseitigung als abgeschlossen ansah und keine Arbeiten mehr durchführen würde. Es sei zudem unangemessen neben der vereinbarten Minderung über einen Zeitraum von acht Monaten einen Betrag von 4.132,00 Euro als Druckmittel zurückzuhalten angesichts von Mängelbeseitigungskosten von nur ca. 7.500,00 Euro. Insgesamt habe der Kläger in dieser Zeit mehr als 61 % der Miete nicht erhalten. Die Art der Mangelbeseitigung sei Sache des Vermieters. Nach dem 18. Juli 2019 seien keine Mängelbeseitigungsarbeiten mehr durchgeführt worden. Der Kläger verweist darauf, dass die Kündigung auch wegen weiterer Pflichtverletzungen der Beklagten, insbesondere der Beschädigung der Fassade erklärt worden sei.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen unter den hier gegebenen Umständen eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von diesen inne gehaltenen Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB.

a) Die wegen Zahlungsverzugs ausgesprochene Kündigung vom 18. September 2019 hat das Mietverhältnis weder fristlos nach §§ 542, 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB, noch fristgemäß nach §§ 542, 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB beendet.

aa) Die fristlos ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

Nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB kann der Vermieter das Wohnraummietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen; ein solcher liegt unter anderen dann vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht; ein nicht unerheblicher Zahlungsrückstand liegt vor, wenn der rückständige Teil die Miete für einen Monat übersteigt.

Die offenen Zahlungen, auf die der Kläger die Kündigung stützt, entspricht hinsichtlich der Höhe und der Dauer zwar den vorgenannten Voraussetzungen.

Die Beklagten befanden sich bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 18. September 2019 jedoch noch nicht in Zahlungsverzug, denn das ihnen zustehende und von ihnen ausgeübte Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB war (noch) nicht entfallen.

Ein solches Zurückbehaltungsrecht stand den Beklagten neben der kraft Gesetzes eingetretenen Mietminderung zu. Auch nach dem Vortrag des Klägers verliefen die von ihm geschuldeten Mangelbeseitigungsarbeiten schleppend. Die Mängel waren dem Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2018 angezeigt worden; sie waren Ende des Jahres noch immer nicht abgeschlossen. Die Unzuverlässigkeit der vom Kläger beauftragten Handwerker ist ersichtlich kein Umstand, den der Mieter sich entgegenhalten lassen muss. Er ist – mangels rechtlicher Grundlage – weder geeignet, die Mietminderung entfallen zu lassen, noch steht er der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes nach § 320 Abs. 1 BGB entgegen.

Dass die Beklagten vor dem Hintergrund der schleppenden Mangelbeseitigung Anfang 2019 von ihrem Zurückbehaltungsrecht aus § 320 Abs. 1 BGB Gebrauch machten, um den Kläger zur effektiven Beseitigung der Mängel anzuhalten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang auch die mit der zögerlichen Ausführung der Arbeiten einher gehenden Belastungen für die Beklagten als Mieter. Diese haben stets unkompliziert und ohne dem Kläger ihre Rechte, unter anderem aus § 555a Abs. 2 BGB entgegenzuhalten, den vom Kläger beauftragten Handwerkern Zugang zur Mietsache gewährt, waren ausweislich des in Auszügen vorgelegten WhatsApp-Verkehrs stets zu nahezu jeder Tages- und Abendzeit für den Kläger und seine kurzfristigen Ankündigungen erreichbar.

Die Leistungsverweigerung nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Es besteht – dem Wortlaut der Regelung nach – grundsätzlich gegenüber der gesamten Gegenleistung (ebenso: BGH, Urt. V. 17.06.2015 – VIII ZR 107/12); Beschränkungen ergeben sich aus § 320 Abs. 2 BGB.

Im Ansatz zutreffend erkennt der Kläger, dass dem Tatrichter bei der Bemessung der Höhe des Einbehaltes ein Beurteilungsermessen eingeräumt ist. Dieses ist dann überschritten, wenn es schematisch mit dem in zeitlicher Hinsicht praktisch unbegrenzten vierfachen Minderungsbetrag bemessen wird (BGH, Urt. V. 17.06.2015 – VIII ZR 19/14).

Diese Situation ist hier ersichtlich nicht gegeben, weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach. Es hat – wie der Gang der Ereignisse zeigt – eben auch genau die Wirkung erzielt, die seinem Zweck entspricht. Der Kläger zeigte sich motiviert, die Mangelbeseitigung voranzutreiben.

Wiederum nur im Ausgangspunkt zutreffend geht der Kläger weiter davon aus, dass das Zurückbehaltungsrecht nach den vom BGH entwickelten Maßstäben unter anderem dann seinen Zweck verfehlt und daher entfällt, wenn der Mangel (inzwischen) beseitigt wurde (vgl. BGH, Urt. 10.04.2019 – VIII ZR 39/18).

Anders verhält es sich bereits, wenn der Vermieter – wie hier der Kläger in seinem Schreiben vom 12. Juli 2019 – behauptet, der Mangel sei schon beseitigt oder – wie der Kläger – er werde beseitigt sein; in diesen Fällen kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände an, ob das Zurückbehaltungsrecht noch dem Zweck dienen kann, Druck auf den Vermieter auszuüben (vgl. insoweit BGH, Urt. 10.04.2019 – VIII ZR 39/18).

Schon das ist hier zu bejahen.

Der Mangel war auch nach dem Vorbringen des Klägers – anders als angekündigt – eben nicht am 15. Juli 2019 beseitigt. Die Gründe dafür, sind mit Blick auf die Mietminderung und das Zurückbehaltungsrecht aus Mietersicht ohne Belang. Es ist einzig und allein der Vermieter, der dafür Sorge zu tragen hat, dass die Mietsache frei von Sachmängeln ist.

Dem inhaltlich unbestrittenen WhatsApp-Verkehr der Parteien lässt sich entnehmen, dass die Beklagten weiterhin großzügig auf Zuruf und ohne auf Ankündigungsfristen oder persönlichen Verhinderungen zu beharren, dem Kläger selbst und den vom ihm beauftragten Handwerker Zugang zur Wohnung gewährten, damit die vom Kläger – entgegen seiner Erklärung vom 12. Juli 2019 – weiterhin nicht abgeschlossenen Mangelbeseitigungsarbeiten fortgeführt und beendet werden können. Vor dem Hintergrund der unzutreffenden Ankündigung des Klägers in dem vorgenannten Schreiben lässt sich die Herbeiführung der von ihm damit gewünschten Rechtswirkungen bereits nicht feststellen. Im Zeitpunkt des Ablaufes der von ihm gesetzten Zahlungsfrist bis zum 16. Juli 2019, etwa für die Nachzahlung der Miete für Juli 2019 in ungeminderter Höhe war unstreitig die Mangelbeseitigung gerade nicht abgeschlossen.

Unabhängig davon, dass die vom Kläger im Schreiben vom 12. Juli 2019 erklärte (Ankündigung der) Mangelbeseitigung unzutreffend war, dies aus Gründen, die nicht einmal ansatzweise dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzuordnen sind, sondern im Gegenteil, durch ihr kooperatives Verhalten abgemildert wurden, kommt hier entscheidend hinzu, dass der Kläger selbst – der Aufstellung über die „Historie“ des Sachverhaltes gemäß nicht zum ersten Mal – unsicher war, ob die Wände nunmehr tatsächlich trocken waren, der Mangel demnach beseitigt ist. Er selbst wollte sich Sicherheit verschaffen und deshalb – erneut – Zugang zur Wohnung in Begleitung eines Spezialisten, des Trocknungsspezialisten Becker. Dafür gab es – ausweislich seiner Darstellung in der Replik auf die Klageerwiderung – auch Anlass, denn die Feuchtigkeit zeigte sich immer wieder an neuen Stellen, wie etwa im März 2019 unterhalb der Steckdosen in der Wohnküche. Auch hier ist wiederum mit Blick auf die Mieter ohne jeden Belang, dass es (vom Kläger zu früherer Zeit) beauftragte Handwerker waren, die – so seine Einlassung – Beschädigungen herbeigeführt haben.

Solange nicht einmal beim Vermieter Sicherheit über den Erfolg der monatelang andauernden Mangelbeseitigungsarbeiten besteht, verfehlt das Zurückbehaltungsrecht daher mitnichten seinen Zweck. Denn es ist immer das gegenteilige Ergebnis denkbar, das die Fortsetzung der Mangelbeseitigungsarbeiten erforderlich macht.

Vor diesem Hintergrund konnte – nach den Maßstäben des BGH – erst nach dem vom Kläger gewünschten Termin mit dem vom Kläger beauftragten Trocknungsspezialisten, dem die Beklagten ebenso bereitwillig wie dem Kläger erneut Zugang zu den an sie vermieteten Räumlichkeiten gewährten, die Beseitigung des Mangels feststehen mit der Folge, dass das Zurückbehaltungsrecht entfiel.

Ausweislich des Vorbringens des Klägers in der Klageschrift (S. 3) und der bindenden Feststellungen im Tatbestand der amtsgerichtlichen Entscheidung veranlasste der Beklagte zu 1) unmittelbar am Folgetag der Besichtigung, dem 18. September 2019 die Zahlung von 4.332,00 Euro und 66,18 Euro an den Kläger, eine Zahlung, die die im Schreiben vom 12. Juli 2019 genannten Beträge überstieg.

Vor dem Hintergrund der unzutreffenden Erklärung im Schreiben vom 12. Juli 2019 und der Beauftragung des Trocknungsspezialisten Becker durch den Kläger, von dessen terminlichen Belangen die gemeinsame Begehung ausweislich des WhatsApp-Verkehrs der Parteien abhing und die darauf zurückzuführen war, dass der Kläger selbst sicher sein wollte, dass die Mangelbeseitigung abgeschlossen war, müssen die Beklagten sich nicht an dem – inhaltlich unzutreffenden – Schreiben des Klägers vom 12. Juli 2019 festhalten lassen. Es ist der Kläger, der durch sein an die Beklagten herangetragenes Ansinnen, letzte Sicherheit über die Mangelbeseitigung zu gewinnen, eine Zäsur herbeigeführt hat. Die Beklagten konnten nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB, den Wunsch des Klägers mit „seinem“ Trocknungsspezialisten vorbeizukommen, nicht anders verstehen als dahin, dass die im Schreiben vom 12. Juli 2019 (unzutreffend) angekündigte Mangelbeseitigung erst danach als feststehend anzusehen ist.

Dass es dem Kläger darum ging, eine Kündigung vorzubereiten, mussten die Beklagten nicht erkennen, zumal sie sich – überobligatorisch kooperativ – bei der Zutrittsgewährung zu den von ihnen inne gehaltenen Räumlichkeiten gezeigt hatten, die dem Schutz der Art. 13, 14 GG unterliegen.

Hinzukommt dabei, dass der aufgeschobene Wegfall des Zurückbehaltungsrechtes auch keinen Rechtsverlust für den Kläger bedeutete; mit Feststellung der Mangelbeseitigung entfiel dieses und die einbehaltenen Beträge wurden zur Zahlung fällig und auch tatsächlich gezahlt.

b) Da nach den vorstehenden Feststellungen der Mietrückstand (deutlich) weniger als eine Monatsmiete betrug, lagen auch die Voraussetzungen des § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB nicht vor. Hinzu kommt, dass im Rahmen einer nach § 573 Abs. 1 BGB zwingend erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen ist, dass die Beklagten, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein, den vom Kläger beauftragten Handwerkern und ihm selbst stets kurzfristig „auf Zuruf“ (WhatsApp-Mitteilung) Zugang zur Wohnung gewährten, damit – jedenfalls von ihrer Seite – die Mangelbeseitigung störungsfrei vorgenommen werden konnte. Sie waren für den Kläger selbst jederzeit erreichbar. Zu Lasten des Klägers wirken die sehr lange andauernden Arbeiten.

Unabhängig davon ist der Vortrag der Beklagten zu fortlaufenden Arbeiten auch außerhalb der hier gegenständlichen Wohnung über den 18. Juli 2019 hinaus nicht konkret bestritten worden, so dass weitere Mietminderungen den Mietrückstand reduzieren. Es ist unbestritten geblieben, dass Außenabdichtungs- und Fliesenarbeiten noch im August stattfanden, wobei der Kläger die Beklagten darauf hinwies, dass sie auf den Fliesen nichts abstellen und sich nicht darauf setzen dürften.

2. Auch die verhaltensbedingt ausgesprochene Kündigungen vom 4. Oktober 2019, wiederholt in der Klageschrift vom 1. September 2020 haben das Mietverhältnis weder fristlos noch fristgemäß beendet.

Die Voraussetzungen der §§ 543 Abs. 1, 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB liegen nicht vor.

Die Beklagten haben die behaupteten Pflichtverletzungen in der Klageerwiderung substantiiert bestritten, der Kläger sie nicht unter Beweis gestellt. Für die die Kündigungen, den Behauptungen des Klägers nach tragenden Pflichtverletzungen trägt er jedoch umfassend nicht nur die Darlegungs-, sondern auch die Beweislast.

Das eingeräumte Befahren des Grundstückes mit dem Fahrzeug zum Zwecke des Beladens mit Sperrmüll trägt die Kündigung nicht. Im Übrigen tragen die Beklagten unbestritten vor, dass der Kläger in dem seit 2005 andauernden Mietverhältnis das Abstellen des Pkw auf dem Grundstück geduldet habe; selbst dann, wenn die Nutzung nicht mietvertraglich vereinbart war, unterlag der Widerruf der Duldung bzw. Gestattung den Einschränkungen des § 242 BGB (vgl. KG, Urt. v. 14.12.2006 – 8 U 83/06), also zumindest eines sachlichen Grundes, für den sich hier nichts ergibt.

Im Übrigen haben die Beklagten nach ihrem insoweit unbestrittenen Vorbringen vom Kläger in der Vergangenheit geduldete, sodann beanstandete Nutzungen unmittelbar eingestellt. Soweit der Kläger dies in Abrede stellen möchte, muss er die Behauptung der Pflichtverletzungen konkret vortragen und unter Beweis stellen.

Soweit der Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung und im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26. Mai 2021, vorgelegt am Tag des Verkündungstermins um 8.35 Uhr, das Anbringen des Praxisschildes nach Sanierung der Fassade durch ihn zu einem nicht näher angegebenen Zeitpunkt als die Kündigung tragende Pflichtverletzung herausgestellt hat, muss er sich entgegenhalten lassen, dass bereits in der Klageerwiderung seine Behauptung bestritten wurde, dass das Schild angebracht wurde, obwohl er die Beklagten aufgefordert habe, dieses zu unterlassen. Da das Schild vor der Fassadensanierung an der Fassade angebracht war, bedurfte es dieses Hinweises des Klägers, um einer etwaigen Pflichtverletzung das für den Ausspruch einer fristlosen wie auch fristgemäßen Kündigung das erforderliche Gewicht zu verleihen. Die Beklagten haben auch insoweit unbestritten vorgetragen, dass sie es sofort entfernt haben, nachdem der Kläger dies beanstandet hatte.

Im Übrigen trifft die Rechtsauffassung des Klägers nicht zu, dass die Beklagte seit Beendigung des Gewerbemietverhältnisses nicht mehr berechtigt gewesen sei, ein auf ihre Tätigkeit hinweisendes Schild am Gebäude anzubringen (vgl. Streyl in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 2019, § 546 Rn. 42, mwN.).

3. Da die Kündigung vom 18. September 2019 unwirksam ist, besteht auch keine Verpflichtung, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Da die Beklagten sich im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auch noch nicht in Verzug mit der Zahlung der bisher zurückgehaltenen Miete befanden, sind auch die (weiteren) Voraussetzungen des § 286 BGB nicht gegeben, § 280 Abs. 1 BGB.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage des Gesetzes und höchstrichterlich bereits entwickelter Maßstäbe.

IV.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers bietet keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Die Voraussetzungen des § 156 ZPO liegen nicht vor. Soweit der Kläger daran festhält, die Mängelbeseitigungskosten seien für die Bemessung des Zurückbehaltungsrechtes maßgeblich, mag er die zitierte Rechtsprechung des BGH umfassend zur Kenntnis nehmen (BGH, Urt. 17. Juni 2016). Der von den Beklagten zurückgehaltene Betrag lag fast die Hälfte unter den vom Kläger behaupteten Mängelbeseitigungskosten. Selbst wenn dieser Gesichtspunkt zugunsten des Klägers einbezogen würde, würde er keine andere rechtliche Bewertung tragen.

Im Übrigen hat die Einzelrichterin – anders als der Kläger es darstellt – mehrfach erläutert, dass und weshalb es auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes im Zeitpunkt der Kündigung ankommt. Im Übrigen unterscheidet der Kläger nicht zwischen der kraft Gesetzes eintretenden (oder wegfallenden) Mietminderung und dem – zweckgebundenen – Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB. Der Zweck des Zurückbehaltungsrechts entfällt nicht kraft Gesetzes, sondern dann, wenn die Mangelbeseitigung nicht nur (hier unzutreffend) behauptet wird, sondern feststeht.

Es wird im Übrigen auf die Gründe unter II. verwiesen.

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