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Mietspiegel ortsübliche Miete – Doppelhaushälfte ist Einfamilienhaus

Streit um Mieterhöhung bei einer Doppelhaushälfte in Hanau

Ein Vermieter aus Hanau wollte die Miete für eine von ihm vermietete Doppelhaushälfte erhöhen. Die Mieter lehnten dies jedoch ab, woraufhin der Vermieter vor Gericht zog. Das Amtsgericht Hanau entschied nun in einem Urteil vom 07.07.2023, dass der Vermieter einen Teil der Mieterhöhung durchsetzen kann.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 34 C 126/22 >>>

Vermieter berief sich auf ortsübliche Miete nach Mietspiegel

Der Vermieter hatte eine Erhöhung der monatlichen Kaltmiete von 800 Euro auf 1.137 Euro zum 01.12.2022 gefordert. Er berief sich dabei auf den Mietspiegel für die Stadt. Nach dessen Berechnung ergab sich für das 2011 errichtete Haus mit 110 qm Wohnfläche und weiteren Merkmalen wie einem zweiten Bad eine ortsübliche Miete von 9,58 Euro pro qm.

Mieter sahen keinen Zuschlag für Doppelhaushälfte

Die Mieter wandten ein, dass der im Mietspiegel vorgesehene Zuschlag von 25 Prozent für Einfamilienhäuser nicht auf ihre Doppelhaushälfte anzuwenden sei. Dieser privilegiere nur freistehende Einfamilienhäuser.

Gericht wertete Doppelhaushälfte als Einfamilienhaus

Das Gericht entschied, dass der Zuschlag von 25 Prozent auch für die Doppelhaushälfte gilt. Zwar war diese keine freistehende Immobilie. Jedoch sah das Gericht auch Doppelhaushälften gegenüber Wohnungen in Mehrfamilienhäusern begünstigt. Damit greife hier der Zuschlag.

Miete auf 1.108 Euro erhöht

Insgesamt erkannte das Gericht einen Zuschlag von 30 Prozent auf den Tabellenwert als gerechtfertigt an. Daraus ergab sich eine ortsübliche Miete von 9,58 Euro pro qm. Bei 115 qm Wohnfläche machte dies eine Miete von 1.108 Euro aus. Die Richter verurteilten die Mieter zur Zustimmung zu dieser Erhöhung der bisherigen Miete.

Mieter trugen Großteil der Prozesskosten

Die Kosten des Rechtsstreits wurden zu vier Fünfteln den Mietern auferlegt, da diese mit ihrer Ablehnung der Mieterhöhung größtenteils unterlegen waren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Mieter können Berufung einlegen.


Das vorliegende Urteil

AG Hanau – Az.: 34 C 126/22 – Urteil vom 07.07.2023

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die von ihnen angemietete Doppelhaushälfte … von … Euro auf … Euro zum 01.12.2022 zuzustimmen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/5, die Beklagten als Gesamtschuldner 4/5 zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Jeder Partei wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweilige Gegenpartei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zustimmung zur Mieterhöhung.

Mietspiegel ortsübliche Miete - Doppelhaushälfte ist Einfamilienhaus
Das Amtsgericht Hanau erlaubt Teilerhöhung der Miete für eine Doppelhaushälfte. Der Vermieter darf die Miete auf 1.108€ erhöhen, gestützt auf den Mietspiegel, trotz Widerspruchs der Mieter. Urteil noch nicht rechtskräftig. (Symbolfoto: Traveller70 /Shutterstock.com)

Zwischen dem Kläger als Vermieter und den Beklagten als Mietern besteht seit dem Jahr 2015 ein Mietverhältnis über die aus dem Tenor ersichtliche Doppelhaushälfte in … Die monatliche Nettokaltmiete beträgt seit Mietbeginn unverändert … Euro.

Die Mietsache wurde 2011 errichtet und verfügt über eine umbaute Wohnfläche von 110,68 qm, eine Terrasse von 20 qm sowie über ein zweites Bad bzw. WC.

Mit Schreiben vom 27.09.2022 begehrte der Kläger unter Bezugnahme auf den Mietspiegel für … die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete auf 1.137,60 Euro. Auf das Erhöhungsbegehren, Anlage K2, Bl. 10 f. d. A., wird Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, die Mietsache verfüge über hochwertigen Bodenbelag.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, einer Erhöhung der Miete für das von ihnen gemietete Einfamilienhaus, … von … Euro (kalt) auf … Euro (kalt) zum 01.12.2022 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass der Zuschlag von 25% nach dem Mietspiegel ein freistehendes Einfamilienhaus voraussetzt und bei einer Doppelhaushälfte keine Anwendung findet.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 Abs. 1 BGB in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange.

Das Gericht ist befugt, auch in Gebieten mit einfachen (nicht qualifizierten) Mietspiegeln – auch aus Kostengeringhaltungsgründen – von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen, und stattdessen die ortsübliche Miete im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO unter dessen Heranziehung zu bestimmen (BGH, Urteil vom 18.11.2020, Az. VIII ZR 123/20).

Unter Berücksichtigung des Baujahres 2011 der Mietsache und der Wohnfläche von mehr als 105 qm ergibt sich nach dem Mietspiegel eine Grundmiete (Tabellenwert) von 7,37 Euro/qm.

Hinzu kommt ein Zuschlag von 25% für Einfamilienhäuser. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die hier streitgegenständliche Doppelhaushälfte als Einfamilienhaus im Sinne des Mietspiegels zu bewerten. Die von den Beklagten geforderte Eigenschaft als freistehendes Einfamilienhaus ergibt sich aus dem Mietspiegel nicht, so dass neben diesen auch Reihenhäuser und Doppelhaushälften erfasst sind. Legte man die Auffassung der Beklagten zugrunde, wären nicht freistehende Einfamilienhäuser nämlich weder von Ziffer 2. a) aa) noch von Ziffer 2. a) bb) des Mietspiegels und damit gar nicht erfasst, was mit dem Zweck des Mietspiegels nicht vereinbar ist. Im Übrigen verfügt auch eine Doppelhaushälfte gegenüber einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus über Vorzüge, die einen Zuschlag von 25% rechtfertigen. So muss der Mieter eine Doppelhaushälfte keine anderen Mieter etwa im Treppenhaus dulden. Darüber hinaus geht mit der Anmietung einer Doppelhaushälfte üblicherweise auch die Nutzung des Grundstücks (Garten) einher, was sich ebenfalls in einem höheren Gebrauchswert niederschlägt. Das Argument, der Mieter eines freistehenden Einfamilienhauses genieße im Hinblick auf Lärm, Geruchsbelästigung etc. größere Freiheiten als der Mieter einer Doppelhaushälfte verfängt ebenfalls nicht. Denn ebenso wie ersterer ist letzterer nicht an eine (in Mehrparteienanlagen übliche) Hausordnung gebunden, andererseits unterliegen beide in gleichem Maße gerade im Hinblick auf Lärm- und Geruchsentwicklung den nachbarrechtlichen Rücksichtnahmepflichten, so dass auch hier ein signifikanter qualitativer Mehrwert nicht zu erblicken ist.

Unstreitig verfügt die Mietsache über ein zweites Bad bzw. WC, wofür ein weiterer Zuschlag von 5% anzusetzen ist.

Ein Zuschlag von 5% für das Vorliegen hochwertigen Bodenbelags ist dagegen nicht anzusetzen. Der Kläger macht keinerlei Angaben zu Beschaffenheit, Fabrikat oder Anschaffungspreis der vorhandenen Fliesen, des Laminats oder des Parketts, so dass von mittlerer Art und Güte auszugehen ist.

Ebenso ist ein Zuschlag von 10% für das Vorhandensein einer Terrasse nicht anzusetzen. Nach dem Mietspiegel ist dieser nur bei Wohnungen in 1948 und früher errichteten Gebäuden zu berücksichtigen. Weder handelt es sich aber bei der streitgegenständlichen Mietsache um eine Wohnung im Sinne von Ziffer 2. a) bb) des Mietspiegels noch wurde diese bis 1948 errichtet.

Dies vorweggeschickt belaufen sich die addierten Zuschläge auf 30% des Tabellenwertes, so dass die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel 7,87 Euro/qm x 1,30 = 9,58 Euro/qm beträgt.

Die innerhalb der Mietsache gelegenen Flächen belaufen sich unstreitig auf 110,68 qm. Die ebenfalls unstreitig vorhandene Terrasse (20 qm) ist nach § 4 Nr. 4 WoFlV mit einem Viertel ihrer Fläche, also mit weiteren 5 qm zu berücksichtigen, so dass sich eine Gesamtwohnfläche von 115,68 qm ergibt.

Die ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Mietsache beläuft sich somit auf 115,68 qm x 9,58 Euro/qm = 1.108,21 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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