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Mietminderung bei Ausfall des Aufzugs

AG Berlin-Mitte – Az.: 10 C 104/19 – Urteil vom 11.06.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 448,98 € nebst 5 % Zinsen oberhalb des Basiszinssatzes seit dem 2.6.2020 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat zu 85 % die Beklagte und zu 15 % die Klägerin zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in der Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % hieraus abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Mit der ursprünglichen Klage hat die Klägerin Instandsetzung der Fahrstuhlanlage im Wohnhaus … in … Berlin geltend gemacht und die Feststellung der Berechtigung zur Mietminderung der Bruttowarmmiete um 15 % begehrt. Die Klägerin war Mieterin der vorgenannten Wohnung im 3. Obergeschoss, das Mietverhältnis ist zum 15.5.2020 beendet worden. Seit dem 4.8.2019 hat der Fahrstuhl nicht mehr funktioniert. Die Klägerin hat den Mangel mit e – mail vom 7.8.2019 angezeigt und die Hausverwaltung zur Instandsetzung aufgefordert und erneut mit Schreiben vom 20.8.2019 Instandsetzung verlangt. Die Bruttowarmmiete beträgt 480,80 €. Die Beklagte hat den Mietern des Hauses Modernisierungsmaßnahmen angekündigt. Im Rahmen der Modernisierung soll der vorhandene Fahrstuhl durch einen barrierefreien Aufzug ersetzt werden. Die Klägerin hat den Einbau eines neuen Fahrstuhls nicht geduldet.

Mietminderung bei Ausfall des Aufzugs
(Symbolfoto: Von Pinglabel/Shutterstock.com)

Die Klägerin behauptet, ihr stehe ein Instandsetzungsanspruch unabhängig von der von der Beklagten geplanten Modernisierung zu. Die Beklagte habe die Reparatur hinausgezögert. In Anbetracht der Lage der Wohnung im dritten Geschoß und dem hohen Alter der Klägerin sei eine Minderungsquote von 15 % angemessen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, die auf dem Hausgrundstück … in … Berlin, befindliche Fahrstuhlanlage wieder so in Betrieb zu nehmen, dass es gewährleistet ist, dass die Klägerin mit dem Fahrstuhl vom Hochparterre bis zum 3. Geschoss gelangen und dieses auch wieder verlassen kann,

2. es wird festgestellt, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten berechtigt ist, an dem 4.8.2019 bis zur Behebung des Mangels wegen der fehlenden Funktionsfähigkeit der auf dem Hausgrundstück … in … Berlin befindlichen vom Hochparterre bis zum 3. Stock führenden Fahrstuhlanlage die Bruttowarmmiete für die Wohnung …, 3. OG Mitte in Höhe von 15 % zu mindern.

Die Parteien haben den Rechtsstreit nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 15.5.2020 bezüglich des Klageantrages zu Ziffer 1) übereinstimmend für erledigt erklärt und verhandeln mit widerstreitenden Kostenanträgen.

Die Klägerin hat den Feststellungsantrag in eine Leistungsklage umgestellt und macht Minderungsansprüche für den Zeitraum 4.8. 2019 bis 15.5.2020 geltend.

Die Klägerin beantragt nunmehr, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 675,36 € nebst 5 % Zinsen oberhalb des Basiszinssatzes seit Zustellung der Klageänderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht die Instandsetzung des vorhandenen Fahrstuhls sei ihr wirtschaftlich nicht zumutbar, da im Rahmen der Modernisierung ohnehin ein Neueinbau eines Fahrstuhls erfolge. Die veranschlagten Kosten nach dem von ihr eingeholten Kostenangebot für die Instandsetzung des Fahrstuhls bzw. den Austausch eines Schleppkabels über 4.352,- € stünden in einem groben Missverhältnis zu dem Erfüllungsanspruch der Klägerin.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitgegenstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der nunmehr gestellte Zahlungsantrag zu Ziffer 2) ist in Höhe von 448,98 € begründet. Der Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage ist zulässig. Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist beendet. Minderungsansprüche der Klägerin lassen sich abschließend beziffern. Durch die Klageänderung wird ein neuer Prozess vermieden, zudem wird kein neuer Sach- und Streitgegenstand in den Prozess eingeführt.

Die Klägerin ist berechtigt, während der Dauer des Ausfalls des Fahrstuhls die Bruttomiete um monatlich 10 % zu mindern. Der Ausfall des Fahrstuhls stellt eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der vertraglich vereinbarten Nutzbarkeit der Mietsache dar, § 536 Abs.1 BGB.

Die Höhe der Minderung richtet sich nach der Geschosslage, denn sie bestimmt im Wesentlichen, in welchem Maße die Gebrauchstauglichkeit und der Wohnkomfort durch den Betriebsausfall beeinträchtigt werden. Das tägliche Hinaufsteigen der Treppen bis in den 3. Stock über mehrere Monate ist für die Klägerin beschwerlich und beeinträchtigt sie nicht nur geringfügig in dem Gebrauch der Mietsache. Das Gericht hält insoweit unter Berücksichtigung von § 287 ZPO eine Minderung von 10 % für angemessen aber auch erforderlich (vgl. AG Charlottenburg GE 1990, Seite 423, 10% Minderung für Wohnung im 4.OG AG Mitte, Urteil vom 03.05.2007 – 10 C 3/07; BeckRS 2010, 7791 15 % für Lage der Wohnung im 6. OG).

Demnach ergibt sich folgender Minderungsanspruch bezogen auf die monatliche Bruttomiete iHv 480,80 €(10% = 48,08 €):

Ab 4. August 2019: 26 Tage x 1,55 € / Tag = 40,30 €

September 2019 – April 2020: 8 Monate x 48,08 € = 384,64 €

Bis 15.5.2020: 24,04 €

Insgesamt: 448,98 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs.1, 91 a Abs.1 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache bezüglich des Klageantrages zu Ziffer 1) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gem. § 91 a Abs.1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits nach dem bisherigen Sach- und Streitgegenstand und nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Kosten hat insoweit die Beklagte zu tragen. Der Instandsetzungsanspruch war gem. § 535 Abs.1 BGB begründet. Unstreitig war die Fahrstuhlanlage seit dem 4.8.2019 durchgehend defekt. Es handelt sich um einen Mangel der Mietsache. Die Nutzung des Fahrstuhls gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch. Der Vermieter ist verpflichtet, ihn rund um die Uhr in Betrieb zu halten. Der Ausfall eines Fahrstuhls stellt daher grundsätzlich einen Mietmangel dar. Der Einwand der Beklagten, der Fahrstuhl solle im Rahmen von geplanten Modernisierungsmaßnahmen ohnehin ausgetauscht werden, rechtfertigt keine andere Bewertung. Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, wann der Klägerin Modernisierungsmaßnahmen angekündigt worden sind und wann diese umgesetzt werden sollen. Eine Duldung der Maßnahmen hat die Klägerin nicht erklärt und ein Duldungstitel liegt ihr gegenüber unstreitig nicht vor. Die Beklagte kann ihre Verpflichtung zur Instandsetzung des Fahrstuhls nicht von einer zeitlich ungewissen Modernisierungsmaßnahme abhängig machen. Die Beklagte hat auch keine Notreparatur angekündigt, um ihre Absicht erkennbar werden zu lassen, der Instandsetzungsverpflichtung alsbald nachzukommen.

Die Kostenlast liegt demnach in vollem Umfang bei der Beklagten.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 Abs.1 BGB.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

 

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