AG Stuttgart – Az.: 35 C 5509/19 – Urteil vom 30.03.2021
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 19.560 €
Tatbestand
Die Kläger nehmen den Beklagten auf Herausgabe einer Wohnung und auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch.
Die Kläger sind Eigentümer des Gebäudes … in Stuttgart. Mit Vertrag vom 15.12.2017 vermieteten die Kläger fünf Stockwerke des Gebäudes (1. – 5. OG) an H. N. (in der Folge: H.) zum Zwecke der gewerblichen Untervermietung. Mit Vertrag vom 12.01.2018 (Anl. K 2, Bl. 8 d.A.) mietete der Beklagte die streitgegenständliche Wohnung (5. OG, links) von H. zu einer Grundmiete in Höhe von 1.020,00 € und einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 300,00 € an.
Nachdem H. den mit den Klägern geschlossenen Vertrag mit Wirkung zum 30.08.2019 gekündigt hatte (Anl. K 3, Bl. 12 d.A.), wandten sich die Kläger mit einem nicht datierten Schreiben an den Beklagten und forderten unter Mitteilung ihrer Bankverbindung dazu auf, „Mieten ab dem 1.6.2019“ an die Kläger zu bezahlen (Anl. K 4, Bl. 13 d.A.). Dies ließ der Beklagte, der ab September 2019 keine Miete mehr bezahlt hatte, durch Schreiben des Mietervereins vom 16.09.2019 (Anl. K 9, Bl. 62 d.A.) zurückweisen. Darin wies er darauf hin, dass er die Wohnung von H. angemietet habe und von einem Eigentümerwechsel nichts wisse, weshalb er Mietzinszahlungen von einem entsprechenden Nachweis abhängig mache. Mit Schreiben vom 01.10.2019 (Anl. K 10, Bl. 62a d.A.) ließen die Kläger mitteilen, dass ein Eigentümerwechsel nicht erfolgt sei, da H. die weitervermietete Wohnung selbst nur von den Klägern angemietet gehabt, diesen Vertrag aber gekündigt habe. Gleichwohl übermittelten die Kläger mit diesem Schreiben einen Grundbuchauszug.
Mit E-Mail vom 16.10.2019 (Anl. B 1, Bl. 106 d.A.) ließ der Beklagte anzeigen, dass die Wohnung in sehr großem Umfang von Insekten befallen sei, weshalb die Tochter des Beklagten schon „völlig verstochen“ sei. Zugleich ließ der Beklagte mitteilen, dass künftige Zahlungen unter dem Vorbehalt der Rückzahlung erfolgen würden und dass – soweit künftig ein Abzug erfolge und sich dieser als überhöht erweise – die überschießenden Abzüge in Ausübung des Zurückbehaltungsrechts erfolgen würden. Mit Schreiben vom 30.10.2019 (Anl. B 4, Bl. 109 d.A.) zeigte der Beklagte den Klägern zudem Mängel an der Heizung und der Warmwasserversorgung sowie einen Defekt der Klingelanlage an. Auch insoweit würden künftige Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückzahlung gestellt und ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt. Durch den Kammerjägereinsatz vom 22.10.2019 habe sich ergeben, dass es sich bei dem Insektenbefall um einen Befall mit deutschen Schaben und mit Bettwanzen handele. Der Schabenbefall konnte, anders als der Befall mit Bettwanzen, durch den Kammerjägereinsatz vom 22.10.2019 beseitigt werden. In einem Gespräch vom 07.11.2019 äußerte der Beklagte gegenüber einer Mitarbeiterin der Kläger, dass er Miete an die Kläger nur zahlen werde, wenn er einen neuen schriftlichen Mietvertrag von den Klägern erhalte.
Die Kläger forderten daraufhin mit Schreiben vom 12.11.2019 (Anl. K 5, Bl. 14 d.A.) zur Herausgabe der Wohnung auf und wiesen darauf hin, dass H. nur ein Untervermieter gewesen sei, dessen Mietverhältnis zum 31.08.2019 geendet habe. Da der Beklagte keinen neuen Vertrag mit den Klägern abgeschlossen habe, stehe ihm ein Recht zum Besitz nicht zu. Vorsorglich kündigten sie einen – etwa dennoch bestehenden – Mietvertrag außerordentlich und hilfsweise ordentlich wegen Verzugs mit der Bezahlung der Miete für die Monate September bis November 2019.
Nach Erhebung der – am 03.12.2019 zugestellten – Räumungsklage erklärten die Kläger drei weitere außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigungen wegen fortbestehenden Zahlungsverzugs (Schriftsatz vom 20.01.2020 (Bl. 35 d.A.), zugegangen am 10.02.2020; Schriftsatz vom 03.03.2020 (Bl. 59 d.A.) zugegangen am 11.03.2020 (Bl. 94 d.A.) und Schriftsatz vom 28.04.2020 (Bl. 81 d.A.) zugegangen am 11.05.2020) und hilfsweise dazu mit Schriftsatz vom 04.02.2021 (Bl. 186 d.A.) eine weitere außerordentliche Kündigung wegen der hartnäckig unpünktlichen Zahlweise des Beklagten, welche dieser trotz der mit Schriftsatz vom 27.07.2020 (Bl. 138f. d.A.) ausgesprochenen Abmahnung fortgesetzt habe.
Der Beklagte leistete an die Kläger Zahlungen wie folgt: am 23.01.2020 einen Betrag von 960 € und einen Betrag von 3.000 €, am 04.03. und 10.06.2020 jeweils weitere 3.000 € sowie am 16.07., 18.08., 01.10., 02.11., 03.12., und 31.12.2020 jeweils weitere 1.000 €. Für den Zeitraum ab 01.09.2019 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 05.03.2021 bezahlte der Beklagte somit einen Gesamtbetrag von 15.960 € bei einer sich rechnerisch ergebenden Gesamtmiete von 25.080 €.
Die Kläger machen geltend, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag nicht bestehe, nachdem der Beklagte entsprechende Angebote der Kläger ausgeschlagen habe. Jedenfalls sei ein etwa bestehender Mietvertrag durch die außerordentlichen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs beendet worden. Auf das Bettwanzenproblem könne sich der Beklagte nicht mietmindernd berufen, da die Bettwanzen durch ein Verschulden der Mieterseite eingeschleppt worden seien. Zudem habe der Beklagte sich bei drei Gelegenheiten geweigert, an der Behebung des Schädlingsbefalls mitzuwirken. Auch eine relevante Ungewissheit über die Empfangszuständigkeit der Kläger für die Mieten habe nicht vorgelegen, so dass auch dies einem Zahlungsverzug nicht entgegenstünde.
Die Kläger haben den auf Zahlung der rückständigen Miete gerichteten Klagantrag Ziffer 2 – auf Grund der im Laufe des Verfahrens eingegangenen Zahlungen, welche die Kläger jeweils auf die zum Zahlungszeitpunkt ältesten offenen Ansprüche auf Betriebskostenvorauszahlung und sodann auf die ältesten offenen Ansprüche auf Zahlung der Grundmiete angerechnet haben – mehrfach geändert. Nachdem die Kläger zunächst Zahlung von 3.960 € begehrten (Bruttomieten September-November 2019) haben sie mit Schriftsatz vom 03.03.2020 (Bl. 57ff. d.A.) die Klage um 3.360 € erweitert (Grundmieten Dezember 2019 und Januar 2020 (2.040 €) sowie Bruttomiete Februar 2020). Mit Schriftsatz vom 28.04.2020 (Bl. 79ff. d.A.) haben die Kläger die Klage bis auf 1.260 € für erledigt erklärt (Restgrundmiete Januar 2020 von 240 € und Grundmiete Februar 2020) und um 2.340 € erweitert (Grundmiete März 2020 und Bruttomiete April 2020). Der dem Beklagten am 11.05.2020 unter Hinweis auf § 91a Abs. 1, Satz 2 ZPO zugestellten (Bl. 90 d.A.) Teilerledigterklärung hat dieser nicht fristgerecht widersprochen. Der Rechtsstreit, den die Kläger zunächst beim Landgericht Stuttgart anhängig gemacht hatten, wurde mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 16.12.2019 (Bl. 21 d.A.) an das erkennende Gericht verwiesen.
Die Kläger beantragen zuletzt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die im … Stuttgart, Wohnung im Dachgeschoss links, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele, Bad/WC und einem Balkon geräumt an die Kläger herauszugeben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 3.600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, hieraus aus 240,00 Euro seit dem 08.01.2020, sowie aus 1.020,00 Euro seit dem 06.02.2020, sowie aus 1.020,00 Euro seit dem 05.03.2020, sowie aus 1.320,00 Euro seit dem 06.04.2020, zu zahlen, mit der Maßgabe, dass sich die rechtshängig gemachten Zahlungsrückstände bis auf einen Teilbetrag in Höhe von 180,00 € (Restgrundmiete März) sowie 1.020,00 € (Grundmiete April) erledigt haben.
Der Beklagte, der sich der Erledigterklärung nicht angeschlossen hat, beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht zuletzt geltend, dass er schon auf Grund des unstreitigen Befalls der Wohnung mit Bettwanzen, welche nicht auf ein Verhalten der Mieter, sondern auf die hygienischen Verhältnisse im Haus zurückzuführen seien, keine Miete geschuldet habe, so dass zur Kündigung berechtigende Zahlungsrückstände zu keinem Zeitpunkt bestanden hätten. Das Leben in der Wohnung liege auf Grund des Insektenbefalls an der Erträglichkeitsgrenze. Lediglich in dem im oberen Stock belegenen Kinderzimmer könne überhaupt noch geschlafen werden. Auch dort werde insbesondere die Tochter verstochen. Die unteren Räume könnten eigentlich nicht bewohnt werden. Eine Verweigerung an der Mängelbehebung mitzuwirken, habe es nicht gegeben, weil eine solche schon gar nicht versucht worden sei. Die Klingel funktioniere nicht. Hinzu käme, dass die Heizung wieder defekt sei. Diese sei zwar nach der ersten Mängelanzeige vom 30.10.2019 repariert worden, allerdings erst am 03.11.2019 und nicht wie klägerseits behauptet schon am 29.10.2019; sie sei dann aber im Kinderzimmer wieder ausgefallen und erst am 29.06.2020 wieder repariert worden. Zudem seien die Waschbecken in Bad und Küche defekt gewesen und – unstreitig – am 23./24.06.2020 repariert worden. Diese Mängel seien mit Schreiben vom 09.12.2019 (Bl. 121 d.A.) angezeigt und in den Terminen zur mündlichen Verhandlung vom 07.02. und vom 17.06.2020 erörtert worden.
Eine Mietzahlung an die Kläger sei zunächst auch unabhängig von den Mängelrechten nicht geschuldet gewesen, weil der Beklagte, dem der Übergang des Mietverhältnisses auf die Kläger, welcher sich gem. § 565 BGB vollzogen haben müsse, nicht nachgewiesen worden sei, so dass der Beklagte nicht habe wissen können, an wen schuldbefreiend zu leisten sei. Soweit sich in der Gerichtsakte als Anl. K 3 zur Klageschrift die Kündigung des H. gegenüber den Klägern befinde (Bl. 12 d.A.), so sei ihnen diese nicht übermittelt worden, weil dem für die Beklagten bestimmten Exemplar der Klageschrift keine Anlagen beigefügt gewesen seien. Zudem hätten die Kläger den Bestand eines Mietverhältnisses mit dem Beklagten negiert, weshalb sie ihm bei dieser Sachlage nicht zugleich einen Verzug mit der Mietzinszahlung vorwerfen könnten. Weiter machen die Beklagten geltend, dass jedenfalls die Verrechnung der eingegangenen Zahlungen durch die Kläger unzutreffend sei, weil sie diese nicht hätten auf Betriebskostenvorauszahlungen vornehmen dürfen. Dies ergebe sich schon aus den schlüssigen Tilgungsbestimmungen des Beklagten, jedenfalls aber daraus, dass die Kläger keinerlei Betriebskostenabrechnungen vorgenommen hätten, weshalb dem Beklagten bezüglich der Betriebskostenvorauszahlungen ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, welches er mit Schriftsatz vom 08.06.2020 (Bl. 103 d.A.) ausgeübt hat.
Weiter ist der Beklagte der Auffassung, dass die im Laufe des Rechtsstreits ausgesprochenen Kündigungen schon deshalb unwirksam seien, weil die Klägervertreterin den Schriftsätzen keine Originalvollmacht beigelegt habe.
Die Kläger bestreiten, dass die Mängelanzeige vom 09.12.2019 zugegangen ist, und dass im Termin vom 07.02.2020 (Bl. 48ff. d.A) über die weiteren Mängel gesprochen worden seien. Die Waschbecken seien zudem von Mieterseite aus beschädigt worden und nach der Rüge im Termin vom 16.06.2020 umgehend erneuert worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gelangten Unterlagen, sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 07.02.2020 (Bl. 48ff. d.A.), vom 16.06.2020 (Bl. 114ff. d.A.) und vom 05.03.2021 (Bl. 198ff. d.A.) Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen … und Vernehmung des Zeugen W. im Termin vom 05.03.2021. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Niederschrift verwiesen (Bl. 201ff. d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klage – welche hinsichtlich der einseitig gebliebenen Erledigterklärung als Feststellungsklage zu behandeln war (etwa: BGH, NJW 2008, 2580 juris Rn. 8) – ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Stuttgart sachlich und örtlich zuständig (§ 281 Abs. 2, Satz 4 ZPO), aber unbegründet. Den Klägern standen keine durchsetzbaren Mietzinsforderungen gegen den Beklagten zu. Sie können daher weder Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung noch weitere Zahlung beanspruchen.
1.
Ein Räumungs- und Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 1, 985 Abs. 1 BGB) bezüglich der streitgegenständlichen Wohnung steht den Klägern nicht zu, weil der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag durch keine der ausgesprochenen Kündigungen beendet wurde.
a) Entgegen der Auffassung der Kläger besteht zwischen den Parteien ein wirksamer Wohnraummietvertrag. Denn die Wohnung war von den Klägern nach dem unstreitigen Parteivorbringen an H. zum Zweck der gewerblichen Untervermietung vermietet worden, womit eine gewerbliche Weitervermietung im Sinne des § 565 BGB vorlag (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 459 Rn. 20ff.; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 565 Rn. 3ff. mwN). Nachdem dieser Hauptmietvertrag unstreitig zum 31.08.2019 durch Kündigung des H. beendet wurde, setzte sich der Untermietvertrag ab dem 01.09.2019 kraft Gesetzes inhaltsgleich zwischen den Klägern und dem Beklagten fort (§ 565 Abs. 1, Satz 1 BGB, vgl. BGH, NJW 2005, 2552 juris Rn. 10; Emmerich, aaO, Rn. 10 jew. mwN). Der Abschluss eines neuen Mietvertrags war daher nicht erforderlich.
b) Der Mietvertrag besteht zwischen den Parteien ungekündigt fort.
aa) Zunächst beendete die Kündigung vom 12.11.2019 den Mietvertrag nicht. Gemäß §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a), 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen, wenn sich der Mieter mit der Entrichtung des Mietzinses für zwei aufeinanderfolgende Monate mit einem Betrag in Verzug befindet, der einer – ungeminderten (vgl. BGH, NJW 2018, 939 Rn. 19) – Grundmiete zuzüglich einer vereinbarten Betriebskostenvorauszahlung (vgl. BGH, NJW 2008, 3210 Rn. 31) entspricht. Gleiches gilt, wenn sich der Mieter für einen Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate im dargelegten Sinn erreicht (§ 543 Abs. 2, Satz 1 Nr. 3 b) BGB).
Diese Voraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 12.11.2019 schon deshalb nicht vor, weil sich der Beklagte bis zur mündlichen Verhandlung vom 07.02.2020 nicht in Verzug befand. Denn der Beklagte hatte seine Nichtleistung nicht zu vertreten (§ 286 Abs. 4 BGB), nachdem die Kläger es versäumt hatten, ihm auf sein Verlangen hin (Schreiben vom 16.09.2019, Anl. K 9, Bl. 62 d.A.) ihre Anspruchsberechtigung nachzuweisen. Ändert sich auf Grund des § 565 BGB die Person des Vermieters besteht für den Mieter die Gefahr an einen Scheingläubiger und damit nicht schuldbefreiend zu leisten (vgl. dazu etwa Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 565 Rn. 20 mwN). Der Mieter kann daher – ebenso wie im Falle eines Wechsels in der Empfangszuständigkeit auf Grund von Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu BGH, NJW 2006, 51) – verlangen, dass der neue Vermieter ihm seine Gläubigerberechtigung nachvollziehbar und hinreichend darlegt (vgl. BGH, NJW 2006, 51 juris Rn. 10, 13, 15; vgl. auch BeckOGK-BGB/Mehle, § 543 Rn. 186 mwN [Stand: 01.01.2021]). Zu eigenen Ermittlungen ist der Mieter in diesem Fall nicht verpflichtet (ebenso: Mehle, aaO), vielmehr obliegt es dem neuen Gläubiger, seine Berechtigung auf Verlangen nachzuweisen.
Danach haben die Kläger ihre Gläubigerberechtigung jedenfalls bis zur Vorlage des Kündigungsschreibens des H. im Termin vom 07.02.2020 nicht hinreichend dargelegt, weshalb der Beklagte die Nichtleistung der bis zum Zugang der Kündigung fälligen Beträge nicht zu vertreten hatte. Anderes ergibt sich zunächst nicht aus § 566e BGB, auf den § 565 Abs. 2 BGB für den hier einschlägigen Fall verweist. Die Vorschrift bestimmt zwar, dass der – ausgeschiedene – Zwischenvermieter die Zahlung der Miete an den neuen Vermieter gegen sich gelten lassen muss, wenn er dem Mieter den Wechsel in der Empfangszuständigkeit mitteilt (vgl. Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 565 Rn. 16 mwN). An einer solchen Mitteilung des H. fehlt es vorliegend aber nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten. Anders als die Kläger geltend machen geriet der Beklagte auch nicht durch die Vorlage des Grundbuchauszugs mit Schreiben vom 01.10.2019 (Anl. K 10, Bl. 62a d.A.) in Verzug. Zwar ist im Rahmen des § 566e BGB – im Falle seiner direkten Anwendung – anerkannt, dass auch der Erwerber und neue Mietzinsgläubiger über § 893 BGB einen Gutglaubensschutz des Mieters bewirken kann, indem er einen ihn als Eigentümer ausweisenden Grundbuchauszug vorlegt (vgl. etwa MünchKomm-BGB/Häublein, 8. Aufl., § 566e Rn. 5; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 566e Rn. 2 jew. mwN). Nach Vorlage eines solchen Grundbuchauszugs kann der Mieter folglich auch dann in Verzug geraten, wenn es an der Mitteilung des Veräußerers fehlt (zutreffend: AG Gelsenkirchen, WuM 2012, 204 juris Rn. 15; ebenso: Emmerich, aaO). Da die Rechtsfolgen des § 565 BGB aber nicht von einem Eigentümerwechsel abhängen, vermochte die Vorlage des Grundbuchauszugs durch die Kläger den Verzug im Streitfall nicht zu begründen. Schließlich geriet der Beklagte auch nicht deshalb in Verzug, weil er die Kläger zugleich als Vermieter angesprochen und Mängelbeseitigung gefordert hatte. Da der Beklagte den Nachweis der Anspruchsberechtigung ausdrücklich und zu Recht gefordert hatte, rechtfertigt das Stellen eines Mängelbeseitigungsverlangens es nicht, dem Mieter das Risiko einer nicht schuldbefreienden Zahlung aufzuerlegen.
bb) Die Kündigungen vom 20.01.2020, vom 03.03.2020 und vom 28.04.2020 führten ebenfalls nicht zur Beendigung des Mietvertrags. Dies ergibt sich zwar entgegen der Auffassung des Beklagten nicht schon daraus, dass den Schriftsätzen keine Originalvollmacht der Klägervertreterin beigefügt war. Denn § 174 BGB findet auf eine von einem Rechtsanwalt im Rahmen des gesetzlichen Umfangs seiner Prozessvollmacht abgegebene Erklärung keine Anwendung (BGH, WuM 2003, 149 juris Rn. 17), weshalb es nicht darauf ankommt, dass es auch an einer unverzüglichen Zurückweisung (§ 174 BGB) fehlen würde. Die Kündigungen sind aber deshalb unwirksam, weil den Klägern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei den jeweiligen Kündigungen keine durchsetzbaren Mietzinsforderungen gegen den Beklagten mehr zustanden. Zu Recht beruft sich der Beklagte insoweit auf die Minderung des Mietzinses.
(1.) Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann anzunehmen, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand für den Mieter nachteilig abweicht. Dabei zielt die Minderung darauf ab, die mangelbedingte Herabsetzung der Gebrauchstauglichkeit auszugleichen. „Sie ist Ausdruck des das Schuldrecht prägenden Äquivalenzprinzips. Durch sie soll die von den Vertragsparteien festgelegte Gleichwertigkeit zwischen den Leistungen des Vermieters – der Bereitstellung einer vertragsgemäßen Mietsache – und der Leistung des Mieters – der Mietzahlung – bei einer Störung auf der Vermieterseite wiederhergestellt werden“ (BGH, NJW 2019, 2466 Rn. 27 mwN). Ob der Vermieter den Mangel verschuldet hat, ist – entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung – für die Minderung unerheblich. Da die Minderung die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen sicherstellen soll, greift sie kraft Gesetzes und unabhängig davon ein, ob den Vermieter an der Entstehung des Mangels ein Verschulden trifft oder ob er über die Möglichkeit verfügt, den Mangel zu beheben (BGHZ 176, 191 Rn. 20; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 536 Rn. 341).
Dagegen entfällt das Recht zur Minderung, wenn der Mangel der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist, was dann der Fall ist, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat, seine Beseitigung verzögert oder verhindert oder der Mangel auf einer vom Mieter gewünschten Veränderung beruht (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 515 Rn. 18 unter Bezugnahme auf: MünchKomm-BGB/Häublein, 5. Aufl., § 536 Rn. 32; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 536 Rn. 572 mwN; vgl. auch BGHZ 203, 256 Rn. 46; BGH, NJW 2015, 2419 Rn. 17 jew. mwN). Daraus folgt, dass der Mieter sein Minderungsrecht dann nicht verliert, wenn der Mangel zwar auf sein Verhalten zurückzuführen ist, der Mieter dies aber nicht zu vertreten hat, weil ihm dieses Verhalten als vertragsgemäßer Gebrauch erlaubt ist (zutreffend: Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2021, § 536 Rn. 111 unter Bezugnahme auf BGH, NJW 2008, 2432 Rn. 11f.; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 536 Rn. 627 mwN). So liegt es hier.
(a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der Bettwanzenbefall der Wohnung auf den Gebrauch der Mietsache zurückzuführen ist (§ 286 ZPO).
Entgegen ihrer Auffassung oblag es allerdings den Klägern diesen Beweis zu führen. Da der dem Grunde nach unstreitige Bettwanzenbefall der Wohnung deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich mindert (etwa Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 536 Rn. 280 mwN), ist die Miete im Grundsatz kraft Gesetzes gemindert (§ 536 Abs. 1 BGB). Es obliegt daher grundsätzlich den klagenden Vermietern darzulegen und zu beweisen, dass das Minderungsrechts des Beklagten ausgeschlossen sein soll (MünchKomm-BGB/Häublein, 8. Aufl., § 536 Rn. 54 mwN; vgl. auch BGH, NJW 2015, 2419 Rn. 19). Entsprechend der im Mietrecht anerkannten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nach Verantwortungsbereichen, oblag es deshalb den Klägern zunächst auszuräumen, dass der Befall ihrem Verantwortungsbereich entsprang und vielmehr dem Obhutsbereich des Beklagten entstammte. Dem Beklagten oblag es im Anschluss daran, darzulegen und zu beweisen, dass er den Bettwanzenbefall nicht zu vertreten hat (etwa: BGH, NJW 2000, 2344 juris Rn. 10; BGHZ 126, 124 juris Rn. 10ff.; Börstinghaus in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Hdb. d. Beweislast, 4. Aufl., § 536 Rn. 5f.; MünchKomm-BGB/Häublein, 8. Aufl., § 536 Rn. 54 jew. mwN). Sofern sich die Kläger für ihre gegenteilige Auffassung auf eine Entscheidung des AG Neukölln berufen haben, welche es als nicht beweisbedürftig angesehen hat (§ 291 ZPO), dass der Mieter einen während der Mietzeit aufgetretenen Bettwanzenbefall verursacht hat (GE 2017, 539 juris Rn. 7), vermögen sie damit nicht durchzudringen. Zum einen war dem erkennenden Gericht vor der Beweisaufnahme nicht bekannt, auf welchen Verbreitungswegen Bettwanzen in eine Wohnung gelangen; zum anderen erweist sich die Annahme des AG Neukölln, wonach diese stets entweder schon in der Wohnung vorhanden seien oder durch den Mieter eingeschleppt würden, nach dem Ergebnis der hier durchgeführten Beweisaufnahme auch als unzutreffend.
Nach den in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die ohne Widerspruch blieben und denen sich das Gericht vollumfänglich anschließt (§ 286 ZPO), verhält es sich vielmehr so, dass neben der – häufigeren – passiven Verbreitung der Bettwanzen, bei welcher diese durch das Einbringen von Taschen, Gepäckstücken oder auch gebrauchten Gegenständen in die Wohnung gelangen auch eine – seltenere – aktive Verbreitung vorkommt, bei welcher die Bettwanzen selbst in die Wohnung eindringen. Letzteres setzt aber voraus, dass zum einen Verbindungsritzen oder ähnliche Wege vorhanden sind, auf welchen die Bettwanzen von einer Wohnung in eine daran angrenzende gelangen können; zum anderen ist die aktive Verbreitung – welche insbesondere durch unsachgemäße Schädlingsbekämpfung ohne Blockieren der Fluchtwege ausgelöst wird – nur dann denkbar, wenn auch angrenzende Wohnungen befallen sind. Nachdem letzteres vorliegend nicht feststellbar war, ist das Gericht überzeugt (§ 286 ZPO), dass die Bettwanzen auf ein Mieterverhalten zurückgehen.
(b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht aber ebenso fest, dass der Beklagte den Bettwanzenbefall nicht im Rechtssinne zu vertreten hat, da er auf einen vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen ist und sich durch zumutbare Abwehrmaßnahmen nicht verhindern lässt.
Auch insoweit stützt sich das Gericht auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Danach sind den Einschleppungsmöglichkeiten wenig Grenzen gesetzt, da jede außerhalb der Wohnung abgestellte Tasche, der Erwerb gebrauchter Gegenstände aber selbst tägliche Einkäufe die Gefahr einer Einschleppung mit sich bringen, ohne dass dies eine Frage mangelnder Hygiene oder Reinlichkeit darstellt. Andere als die vom Sachverständigen geschilderten alltäglichen Einschleppungsvarianten, welche sich der Beklagte schlüssig zu eigen gemacht hat (vgl. etwa BGH, VersR 2014, 632 Rn. 11 mwN), haben die Kläger nicht behauptet. Für sie ist auch nichts ersichtlich. Im privaten Alltag praktikable Präventionsmöglichkeiten hat der Sachverständige vor diesem Hintergrund überzeugend ausgeschlossen, da sie ein gründliches Kontrollieren aller eingebrachter Gegenstände nach jeder Rückkehr in die Wohnung erfordern würden. Beim Erwerb gebrauchter Gegenstände, insbesondere aus Holz, lässt sich ein Einschleppen sicher nur durch eine thermische Behandlung erreichen, bei welcher auf Grund der dafür erforderlichen Temperaturen – unabhängig von der Frage der Verfügbarkeit einer entsprechenden Technik – Beschädigungen der Gegenstände nicht auszuschließen sind.
Danach hat der Beklagte den Bettwanzenbefall nicht zu vertreten. Beruht eine Verschlechterung der Mietsache auf ihrem vertragsgemäßen Gebrauch durch den Mieter, so hat dieser den Mangel wegen der gesetzlichen Wertung des § 538 BGB nicht zu vertreten (BGH, NJW 2008, 2432 Rn. 9ff.). Dass er die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs eingehalten und die Obhuts- und Fürsorgepflichten in Bezug auf das Mietobjekt gewahrt hat, die ihm als Korrelat für den Mietgebrauch auferlegt sind, hat zwar der Beklagte als Mieter zu beweisen (vgl. BGHZ 66, 349 juris Rn. 20). Diesen Beweis hat der Beklagte aber nach dem dargelegten Ergebnis der Beweisaufnahme geführt. Das Einbringen alltäglicher Gegenstände wie Taschen und Ähnlichem rechnet ohne Zweifel zum verkehrsüblichen und damit vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung (vgl. dazu etwa: BGH, NJW-RR 2007, 1243 Rn. 8 mwN). Da keine Präventionsmaßnahmen existieren, die von einem Mieter im Rahmen dieses verkehrsüblichen Mietgebrauchs in zumutbarer Weise gefordert werden könnten, um den Gefahren effektiv vorzubeugen, die sich hier verwirklicht haben (vgl. dazu etwa Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2021, § 536 Rn. 112a mwN), scheidet die Annahme aus, dass der Beklagte die Grenzen des ihm eingeräumten Gebrauchs überschritten hätte. Auf Grund der gesetzlichen Wertung des § 538 BGB steht dem Minderungsrecht des Beklagten folglich nicht entgegen, dass er den Befall zurechenbar verursacht hat.
(c) Soweit sich die Kläger darauf berufen haben, dass das Minderungsrecht des Beklagten ausgeschlossen sei, weil dieser sich bei drei Gelegenheiten geweigert habe, an den für eine Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen mitzuwirken, so sind sie für diesen zu ihrer Beweislast stehenden (BGH, NJW 2015, 2419 Rn. 19) Vortrag beweisfällig geblieben. Der dazu gehörte Zeuge W. gab zwar an, dass am 11.12.2019 ein Insektizid hätte versprüht werden sollen, was unterblieben sei, weil der Beklagte dies nicht ermöglicht und stattdessen Besuch empfangen habe. Eine treuwidrige Verhinderung der Mängelbeseitigung, welche zum Verlust des Minderungsrechts führen könnte (BGH, NJW 2015, 2419 Rn. 17f. mwN), liegt darin aber schon deshalb nicht, weil die am 11.12.2019 beabsichtigte Maßnahme nur darauf abzielte „den Befall etwas einzudämmen“ und dem Zeugen ein Auftrag für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen, umfassenden Maßnahmen, die einen zeitweisen Auszug des Beklagten erfordert hätten, nach dessen Schilderung noch gar nicht erteilt war.
(2.) Der unstreitige und auch nach den Feststellungen des Sachverständigen gravierende Bettwanzenbefall der Wohnung (60%) und der unbestritten gebliebene Defekt der Klingelanlage der im fünften Stock belegenen Wohnung (3%), welche jeweils am 16.10.2019 angezeigt worden waren, rechtfertigt nach Einschätzung des Gerichts eine Minderung der Bruttomiete (vgl. BGH, NJW 2011, 1806 Rn. 11ff.) von insgesamt 63% (§ 287 ZPO).
(3.) Ein Zahlungsverzug des Beklagten bestand infolgedessen bei keiner der drei weiteren Verzugskündigungen zu den maßgeblichen Zeitpunkten des Zugangs der jeweiligen Kündigung (vgl. dazu etwa: Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2021, § 542 Rn. 118; MünchKomm-BGB/Bieber, 8. Aufl., § 543 Rn. 73 jew. mwN).
(a) Die am 10.02.2020 zugegangene Kündigung vom 20.01.2020 stützten die Kläger auf einen Zahlungsverzug für die Monate September 2019 bis Januar 2020 (§ 569 Abs. 4 BGB). Nachdem der Beklagte aber am 23.01.2020 Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.960 € geleistet hatte, bestand für diesen Zeitraum kein Zahlungsrückstand mehr. Entgegen der Auffassung des Beklagten wurden die eingegangenen Zahlungen klägerseits zutreffend verbucht, indem die Kläger – welche die Tilgungsreihenfolge außerhalb von Aufrechnungslagen allerdings nicht bestimmen können (BGH, NJW 2018, 3448 Rn. 44) – zunächst auf die ältesten Rückstände bezüglich der Betriebskostenvorauszahlungen und sodann auf die ältesten Rückstände aus Grundmieten verbucht haben (vgl., BGH, NJW 2018, 3448 Rn. 48).
Eine dem entgegenstehende Tilgungsbestimmung – die zudem seinem Interesse am Erhalt der Wohnung zuwiderlaufen würde, nachdem auch Rückstände hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen kündigungsrelevant sind (etwa: BGH, NJW 2008, 3210 Rn. 31) – hat der Beklagte nicht aufgezeigt. Leistet ein Mieter, der wie hier einen Zahlungsrückstand hinsichtlich der Grundmiete und hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen hat auflaufen lassen, eine Zahlung und versieht er seine Leistung weder mit einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung noch mit einer schlüssigen Tilgungsbestimmung, die die Zuordnung zu einem bestimmten Monat ermöglichen würde, weil sie auf Grund von Höhe und Zeitpunkt diesem Monat zuzurechnen ist (vgl. etwa BeckOK-MietR/Gras, § 535 Rn. 3004 mwN [Stand: 01.02.2021]), so erschöpft sich bei verständiger, die erkennbaren Interessen des Mieters berücksichtigender Würdigung des Zahlungsverhaltens (§§ 133, 157 BGB; vgl. etwa BGH, NJW-RR 2018, 524 Rn. 19ff. mwN) der mit der Zahlung verbundene Erklärungsgehalt darin, dass der Mieter eine schlüssige Tilgungsbestimmung gemäß § 367 Abs. 2 BGB vornimmt (vgl. BeckOK-MietR/Gras, § 535 Rn. 3008 mwN [Stand: 01.02.2021]). Denn die gesetzliche Tilgungsreihenfolge, welche für eine vom Vermieter angenommene Teilleistung deren vorrangige Verrechnung auf Kosten und Zinsen vorsieht (§ 367 Abs. 1 BGB), läuft dem erkennbaren Interesse des Mieters zuwider, sich durch eine Zahlung vor einer Verzugskündigung zu schützen, für welche eine vorrangige Tilgung der Forderungen aus Miete, nicht aber von Zinsen und Kosten, erforderlich ist (vgl. BGH, NJW 2010, 3022 Rn. 22 mwN; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2021, § 543 Rn. 67 mwN). Soweit sich der Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen unterbliebener Betriebskostenabrechnungen berufen hat, kann dies dahin stehen, da er ein etwa bestehendes Zurückbehaltungsrecht erst mit Schriftsatz vom 08.06.2020 (Bl. 103 d.A.) ausgeübt hat.
Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Verbuchung der Zahlungen auf die Hauptforderungen aus Miete und dort zunächst auf die Forderungen auf Betriebskostenvorauszahlung durch die Kläger daher zutreffend. Der geltend gemachte Zahlungsrückstand bestand danach zum Zeitpunkt des Erhalts der Kündigung vom 20.01.2020 allerdings nicht mehr. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Mängel erst am 16.10.2019 angezeigt wurden und der Beklagte für den davor liegenden Zeitraum eine Minderung folglich nicht beanspruchen konnte (§ 536c Abs. 2, Satz 2 Nr. 1 BGB), lag nach dem Zahlungseingang vom 23.01.2020 vielmehr eine Überzahlung in Höhe von jedenfalls 284,01 € vor.
(b) Nachdem der Beklagte schon auf Grund der Minderung wegen der hier abgehandelten Mängel nur eine Bruttomiete von 488,40 € schuldete und der Beklagte am 03.03.2020 weitere 3.000 € zur Zahlung anwies, die am 04.03.2020 bei den Klägern eingingen, lagen sodann weder am 11.03.2020, dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 03.03.2020, noch am 11.05.2020, dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 28.04.2020, Zahlungsrückstände des Beklagten vor. Sowohl die außerordentlichen wie auch die ordentlichen Verzugskündigungen gehen damit ins Leere, ohne dass es auf die weiteren zwischen den Parteien streitigen Mängel ankommt.
cc) Dies gilt ebenfalls für die auf die hartnäckig unpünktliche Zahlweise des Beklagten gestützte außerordentliche Kündigung vom 04.02.2021. Eine solche ist zwar nach hier erfolgter Abmahnung des Mieters grundsätzlich möglich (etwa: BGH, 2006, 1585 Rn. 13 mwN). Die weiteren Zahlungen des Beklagten führten aber zu einem anwachsenden Guthaben des Beklagten bei den Klägern, welche zum Zeitpunkt der Kündigung schon auf Grund der hier festgestellten Mängel mit 5.934,81€ überzahlt waren. In der unpünktlichen Zahlweise des Beklagten lag somit keine im Rahmen einer Kündigung relevante Pflichtverletzung.
2.
Vor diesem Hintergrund steht den Klägern der noch geltend gemachte Anspruch auf Zahlungen der Restgrundmiete für März 2020 (180 €) und der Grundmiete für April 2020 ebensowenig zu wie sie die Feststellung beanspruchen können, dass sich ihre Ansprüche auf Zahlung der Restgrundmiete für Januar 2020 (240 €), die Grundmieten für Februar und März 2020 und der Bruttomiete für April 2020 in Folge von Zahlungen nach der insoweit am 11.05.2020 eingetretenen Rechtshängigkeit (Bl. 85 d.A.) erledigt hätten. Denn die berechtigten Forderungen der Kläger waren durch die bis zum 04.03.2020 eingegangen Zahlungen, welche wie dargelegt auf die streitgegenständlichen Forderungen zu verbuchen waren, bereits vor Rechtshängigkeit erfüllt.
II.
1.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a ZPO, nachdem der Beklagte der Teilerledigterklärung bezüglich der Bruttomieten September bis November 2019, der Grundmiete für Dezember 2019 und eines Teils der Grundmiete für Januar 2020 (780 €) nicht fristgerecht widersprochen hat (§ 91a Abs. 1, Satz 2 ZPO). Dabei waren auch die Kosten des erledigten Teils der Klägerseite aufzuerlegen. Soweit die Kläger dem Grunde nach berechtigte Forderungen rechtshängig gemacht hatten, welche erst durch die Zahlung vom 23.01.2020 erfüllt wurden, ergibt sich dies daraus, dass der Beklagte, der wie dargelegt berechtigterweise einen Nachweis der Gläubigerberechtigung der Kläger verlangte und diesen erst im Termin vom 07.02.2021 erhielt, seine Zahlung bis zu diesem Zeitpunkt zurückhalten konnte, ohne Kostennachteile zu erleiden (arg ex § 93 ZPO). Im Übrigen waren die eingeklagten Zahlungen im Zeitpunkt ihrer Rechtshängigkeit bereits erfüllt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 2 ZPO.
2.
a) Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2, 41 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG. Dabei war zunächst zu sehen, dass der Umstand, dass die Kläger ihr Herausgabeverlangen auf verschiedene Kündigungserklärungen gestützt haben, nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts führt, da es sich insoweit zwar um verschiedene Streitgegenstände handelt (vgl. BGHZ 204, 134 Rn. 14), die aber wirtschaftlich identisch sind und folglich den Streitwert nicht erhöhen (vgl. BeckOK-KostenR/Schindler, § 39 GKG Rn. 17 [Stand: 01.01.2021]). Weiter war zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine Teilerledigterklärung bezüglich der erhaltenden Teilzahlungen – welche dazu führt, dass sich der Streitwert hinsichtlich der erledigten Teile auf das Kosteninteresse reduziert (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 27. September 2017 – VIII ZR 100/17, juris Rn. 2 mwN) – erst mit der zweiten Klageerweiterung erklärt hat (Bl. 81 d.A.). Der für die Gerichtsgebühren maßgeblich bleibende (vgl. BeckOK-KostenR/Schindler, § 39 GKG Rn. 27 [Stand: 01.01.2021]) Streitwert betrug bis hierhin 19.560 € (Klagantrag Ziffer 1: 12.240 €; Klagantrag Ziffer 2: 3.960 € zzgl. der Erweiterung gem. Bl. 59 d.A. (3.360 €)).
Dieser Streitwert erhöhte sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts durch die mit Schriftsatz vom 28.04.2020 (Bl. 81 d.A.) erklärte zweite Erweiterung der Klage (2.340 €) auf Grund der zugleich erklärten Teilerledigung – welche rechtshängige Ansprüche trotz Zahlung von 6.960 € nur im Umfang von 6.000 € betraf, da die Forderungen im Übrigen noch nicht eingeklagt waren – nicht mehr. Das Gericht folgt in dieser Frage, die obergerichtlich und in der Literatur äußerst umstritten ist (vgl. zum Streitstand etwa: OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. November 2019 – 3 W 52/19, juris Rn. 14ff.; aus der Literatur einerseits etwa: BeckOK-KostenR/Schindler, § 39 GKG Rn. 26 [Stand: 01.01.2021]; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 4 Rn. 12 mwN; a.A.: Thiel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 39 Rn. 16; Zöller/Vollkommer, 33. Aufl., § 5 Rn. 3 jew. mwN), ob eine Addition wirtschaftlich nicht identischer Ansprüche auch vorzunehmen ist, wenn bei nachträglicher Wertänderung nicht alle Streitgegenstände des Verfahrens gleichzeitig geltend gemacht werden, derjenigen Auffassung, wonach eine Addition auch gem. § 39 Abs. 1 GKG die gleichzeitige Geltendmachung der Ansprüche erfordert. Dies entspricht im Rahmen des gem. § 5 ZPO zu bestimmenden Zuständigkeitsstreitwerts der h.M. (vgl. etwa Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 5 Rn. 5; MünchKomm-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 5 Rn. 3; Zöller/Herget, 33. Aufl., § 5 Rn. 3 jew. mwN). Das Gerichtskostengesetz verweist in § 39 GKG – anders als die bis 30.06.2004 gültige Vorgängervorschrift (§ 12 Abs. 1 Satz GKG a.F.) – zwar nicht mehr auf § 5 ZPO und dem Wortlaut lässt sich eine Beschränkung auf Werterhöhungen nur im Falle von gleichzeitiger Geltendmachung der Ansprüche auch nicht entnehmen. Indessen bezweckte der Gesetzgeber mit dieser Änderung ausweislich der Gesetzesbegründung (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts; BT-Drcks. 15/1971, S. 154) keine inhaltliche Veränderung. Vielmehr sollte die schon bislang geltende „Grundregel, dass in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet werden“, welche sich seinerzeit „allein durch die Verweisung in § 12 Abs. 1 GKG auf Vorschriften der Zivilprozessordnung, hier auf § 5 Halbsatz 1 ZPO [ergab]“, direkt „in das GKG eingestellt werden, weil sie für alle Gerichtsbarkeiten gelten soll.“ Eine von § 5 ZPO abweichende Auslegung des § 39 GKG widerspricht damit nach Auffassung des Gerichts dem Willen des Gesetzgebers (zutreffend: BeckOK-KostenR/Schindler, § 39 GKG Rn. 26 [Stand: 01.01.2021]).
b) Soweit die mit der Teilerledigterklärung verbundene Streitwertreduzierung für die Berechnung der Anwaltsgebühren von Relevanz ist, weil zu keiner Zeit über Ansprüche mündlich verhandelt wurde, die den ursprünglichen Streitwert (16.200 €) überstiegen, was bei der Bewertung der Terminsgebühren zu berücksichtigen sein wird (vgl. OLG München, JurBüro 2020, 660 juris Rn. 9 mwN), so hatte eine nach Zeitabschnitten gestaffelte Streitwertfestsetzung zu unterbleiben, nachdem keine Seite einen Antrag gem. § 33 Abs. 1 RVG gestellt hat (KG, JurBüro 2018, 249 juris Rn. 9, OLG München, JurBüro 2020, 660 juris Rn. 10).