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Mietvertrag: fristgemäße Kündigung nach Zahlung des Mietrückstandes innerhalb der Schonfrist

AG Lichtenberg, Az.: 17 C 33/13

Urteil vom 19.12.2013

1. Der Beklagte wird verurteilt, die ca. 25,50 m² große Wohnung bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einem Bad mit WC und einem Balkon in der L S , mit der Wohnungsnummer 02.03.12, in 1.. B zu räumen und an die Klägerin geräumt heraus zu geben.

2. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30. Juni 2014 eingeräumt.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,- € abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mietvertrag: fristgemäße Kündigung nach Zahlung des Mietrückstandes innerhalb der Schonfrist
Foto: FreedomTumZ/Bigstock

Der Beklagte hat im Jahr 2011 die im Tenor des Urteils bezeichnete Wohnung gemietet. Die Klägerin hat das Haus erworben und ist als Vermieterin in den Mietvertrag eingetreten.

Die Miete des Beklagten wurde vom Jobcenter direkt an die Klägerin bezahlt.

Die Mieten für Juli und August zahlte das Jobcenter zunächst nicht. In dem Bescheid des Jobcenter vom 27. Juni 2013 findet sich dazu der Satz: „Beachten Sie bitte, dass ab dem 1.7.2013 keine Miete mehr an den Vermieter überwiesen wird. Über die Übernahme der Kosten der Unterkunft erhalten Sie einen gesonderten Bescheid, wenn Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen sind.”

Mit Schreiben vom 8. August 2013 schrieb die Klägerin dem Beklagten, dass sie das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß kündige, da er die Mieten für Juli und August 2013 nicht bezahlt habe.

Mit der dem Beklagten am 19. September 2013 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Räumung der Wohnung.

Am 15. November 2013 gingen dann sämtliche bis dahin rückständige Mieten aufgrund einer Überweisung des Jobcenters auf dem Konto der Klägerin ein.

Die Klägerin trägt vor: Aufgrund der fristgemäßen Kündigung sei der Beklagte weiterhin zur Räumung der Wohnung verpflichtet.

Sie beantragt,

– wie im Tenor zu Nr. 1 des Urteils erkannt –

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise beantragt er eine Räumungsfrist von sechs Monaten.

Er erwidert: Die Miete sei für ihn vom Jobcenter an die Klägerin gezahlt worden. Daneben habe er noch ein Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung, dass mit der Mietforderung zu verrechnen wäre.

Wegen des weiteren Vortrags wird auf den vorgetragenen Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, die Wohnung zu räumen und an die Klägerin heraus zu geben, da das Mietverhältnis seit Ende November 2013 beendet ist, §§ 546 Abs. 1, 573c Abs. 1 BGB.

Die Klägerin konnte das Mietverhältnis am 8. August 2013 gemäß §§ 543 Abs. 1 und 2 Nr. 3 a, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen, da der Beklagte für zwei aufeinander folgende Monate mit der Entrichtung der Miete in Verzug war. Die Julimiete war damals sowieso und die Augustmiete war am 5. August 2013 fällig, § 556b Abs. 1 BGB.

Der Beklagte ist für seine Behauptung, dass das Jobcenter für ihn die Mieten laufend gezahlt hat, den Nachweis schuldig geblieben. Der von ihm vorgelegte Bewilligungsbescheid des Jobcenter sowie die Nachricht, dass die Miete vom Jobcenter nunmehr im November 2013 gezahlt worden sei, legt im Gegenteil den Schluss nahe, dass dies zuvor gerade nicht der Fall war.

Ebenso hat er weder den Nachweis geliefert, dass ihm aus einer Betriebskostenabrechnung noch ein Guthaben zusteht, noch ist ersichtlich, dass er – sollte dieses Guthaben bestehen – damit wirksam gegen die fälligen Mieten die Aufrechnung erklärt hat.

Zwar wurde die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch die Zahlung innerhalb der zweimonatigen Schonfrist nach der Zustellung der Räumungsklage unwirksam.

Die von der Klägerin hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung beendete das Mietverhältnis dagegen gleichwohl. Die Klägerin konnte das Mietverhältnis gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristgemäß kündigen, da der Beklagte seine vertragliche Pflicht zur Zahlung der Miete schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Ein Mieter der mit der Zahlung einer Monatsmiete länger als ein Monat in Verzug ist, verletzt seine Mietzahlungspflicht so erheblich, dass der Vermieter gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB deshalb den Mietvertrag fristgemäß kündigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012 – VIII ZR 107/12).

Es ist auch davon auszugehen, dass diese Pflichtverletzung vom Beklagten schuldhaft begangen wurde. Gründe, weshalb ihn kein Verschulden daran treffen soll, dass das Jobcenter die Miete zunächst nicht gezahlt hat, trägt der Beklagte nicht vor. Aus § 280 Abs. 1 BGB folgt, dass er und nicht die Klägerin ein fehlendes Verschulden darzulegen und zu beweisen hätte (vgl. Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 573 BGB, Rn. 41).

Der Umstand, dass die Mietrückstände hier binnen zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift ausgeglichen wurden, führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung und auch nicht dazu, dass es der Klägerin nach Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf die fristgemäße Kündigung zu berufen.

§ 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB findet keine entsprechende Anwendung auf die fristgemäße Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012 – VIII ZR 107/12). Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine nachträgliche Zahlung der Mietrückstände in der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB die Pflichtverletzung des Mieters in einem „milderen Licht” erscheinen lassen. Dabei hat der BGH es zuletzt offen gelassen (a.a.O.), ob dann, bei „milderem Licht” betrachtet, deshalb die fristgemäße Kündigung nachträglich unwirksam wird, oder ob dies dazu führen kann, dass es dem Vermieter aufgrund dieser nachträglich eingetretenen Umstände unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs verwehrt sein kann, sich auf die eigentlich wirksame Kündigung zu berufen.

In welchen Fällen genau eine Zahlung in der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB die Pflichtverletzung in „milderem Licht” erscheine lässt, hat der BGH bislang nicht definiert. In der genannten Entscheidung kam er zu dem Ergebnis, dass jedenfalls eine Zahlung noch in der Schonfrist aber neun Monate nach der Kündigung die Pflichtverletzung nicht mehr in „milderem Licht” erscheinen lasse. Nach Ansicht der in dem für das Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des BGH tätigen Richterin Dr. Karin Milger, soll eine nachträgliche Zahlung die Durchsetzung eines auf eine fristgemäße Kündigung gestützten Räumungsanspruchs nur in Ausnahmefälle hindern können, „etwa dann, wenn die nachträgliche Zahlung ganz kurz nach dem Ausspruch der Kündigung erfolgt und der Mieter „nachvollziehbare” Gründe für seine Säumnis angeben kann” (vgl. Milger, „Wertungswidersprüche zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung wegen Zahlungsverzugs?” in: NZM 2013, S. 553 ff, S. 555), wobei sie weiter anmerkt, dass der Mieter, der sich in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befindet, dies darzulegen habe und zudem dartun müsse, dass er rechtzeitig alles im zumutbare getan habe, um behördliche Hilfe in der unverschuldeten Notlage zu erlangen (a.a.O., S. 556).

Nach diesen Maßstäben führt die nachträgliche Zahlung durch das Jobcenter hier nicht dazu, dass die Nachzahlung der Miete in milderem Licht erscheint und der Räumungsanspruch deshalb nicht durchsetzbar ist, da der Beklagte weder dargetan hat, dass er sich unverschuldet in einer wirtschaftlichen Notlage befindet, noch ersichtlich ist, dass er rechtzeitig alles im zumutbare getan hat, um mit Hilfe des Jobcenter es erst gar nicht zu einem Mietrückstand kommen zu lassen, bzw. diesen schnellstmöglich wieder zu beseitigen.

Die Kündigungsfrist lief hier im Hinblick auf die Dauer des Mietverhältnisses von unter fünf Jahren und den Zugang der Kündigung nach dem dritten Werktag im August 2013 gemäß § 573c Abs. 1 BGB bis Ende November 2013. Nach dieser Vorschrift ist eine fristgemäße Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Monats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, wobei sich die Frist erst nach fünf Jahren Mietvertragdauer verlängert.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Auf seinen Antrag ist dem Beklagten hier eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist zu gewähren, § 721 Abs. 1 ZPO. Da aktuell keine Mietrückstände bestehen und die Zahlung der laufenden Miete durch das Jobcenter zu erwarten ist, erscheint eine Frist von zunächst etwas über sechs Monaten hier angemessen zu sein, um es dem Beklagten zu ermöglichen, in dieser Zeit eine für ihn geeignete und bezahlbare neue Wohnung zu finden.

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