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Mietvertragskündigung wegen Zahlungsverzugs bei Nichtnutzung einer Einzugsermächtigung

Mietvertragskündigung bei Nichtnutzung der Einzugsermächtigung: Urteil mit Signalwirkung

In der Mietrechtspraxis entstehen häufig Konflikte rund um das Thema Mietvertragskündigung, insbesondere wenn es um Zahlungsverzug geht. Eine zentrale Frage, die sich in solchen Fällen stellt, ist die rechtliche Bewertung von Zahlungsverzögerungen und deren Konsequenzen für das Mietverhältnis. Besonders interessant wird diese Bewertung, wenn der Zahlungsverzug auf Umstände zurückzuführen ist, die nicht direkt im Einflussbereich des Mieters liegen, wie beispielsweise die Nichtnutzung einer Einzugsermächtigung durch den Vermieter.

Dies führt zu der grundlegenden juristischen Problematik: Inwieweit trägt der Vermieter eine Verantwortung für die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Zahlungsmodalitäten und welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus für beide Vertragsparteien? Die Klärung dieser Fragen ist entscheidend, um die Rechtmäßigkeit einer Mietvertragskündigung aufgrund von Zahlungsverzögerungen zu beurteilen. Darüber hinaus spielt die korrekte Handhabung der Mietzahlungen eine wesentliche Rolle, um juristische Auseinandersetzungen zwischen Mieter und Vermieter zu vermeiden oder zu lösen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 74 C 2594/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil des Amtsgerichts Augsburg stellt klar, dass eine fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs ungültig ist, wenn der Verzug durch die Nichtnutzung einer vereinbarten Einzugsermächtigung durch den Vermieter verursacht wurde.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Klageabweisung: Die vom Vermieter eingereichte Klage wurde abgewiesen, da der Zahlungsverzug nicht durch den Mieter verursacht wurde.
  2. Kostenübernahme durch Kläger: Der Vermieter, als Kläger, muss die Kosten des Verfahrens tragen.
  3. Ungültigkeit der Kündigung: Die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs war unbegründet, da der Vermieter die Einzugsermächtigung nicht genutzt hatte.
  4. Zahlungsverzug durch Vermieter: Der sogenannte Zahlungsverzug entstand, weil der Vermieter die vertraglich vereinbarte Einzugsermächtigung nicht anwendete.
  5. Sofortige Zahlung durch Mieter: Nach Erhalt des Kündigungsschreibens leisteten die Mieter sofort die ausstehende Mietzahlung.
  6. Unbegründeter Räumungsanspruch: Der Räumungsanspruch des Vermieters war nicht gerechtfertigt, da die Mieter die ausstehende Miete unmittelbar nach Kenntnis des Rückstands beglichen hatten.
  7. Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei der Kläger die Möglichkeit hat, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.
  8. Keine Berufung zugelassen: Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, da die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren.

Mietvertragskündigung aufgrund von Zahlungsverzögerungen: Ein komplexer Fall

Im Zentrum dieses Falles steht eine Mietvertragskündigung, die aus einem Zahlungsverzug resultierte. Das Amtsgericht Augsburg hatte am 23. Dezember 2015 unter dem Aktenzeichen 74 C 2594/15 zu entscheiden. Die Klage richtete sich gegen Mieter, die mit einer Mietzahlung in Rückstand geraten waren. Interessant ist hierbei, dass die Zahlungsverzögerung aufgrund der Nichtnutzung einer Einzugsermächtigung entstanden war, die vertraglich vereinbart war. Der Kläger, in diesem Fall der Vermieter, hatte trotz bestehender Vereinbarung keinen Gebrauch von der Einzugsermächtigung gemacht. Dieses Versäumnis führte zu einer ungewöhnlichen Situation, in der die Mieter technisch gesehen in Zahlungsverzug gerieten, ohne dass sie dafür direkt verantwortlich waren.

Die juristische Bewertung des Zahlungsverzugs

Die rechtliche Bewertung dieses Falles ist besonders aufschlussreich. Der Kern des Problems lag darin, dass der Vermieter die Einzugsermächtigung nicht genutzt hatte, obwohl dies im Mietvertrag so vorgesehen war. Als Folge davon gerieten die Mieter in Rückstand mit ihrer Mietzahlung. Der Vermieter sprach daraufhin eine fristlose Kündigung aus. Dies geschah, obwohl die Mieter erst durch die Kündigungserklärung vom Zahlungsrückstand erfuhren. Nach Erhalt des Kündigungsschreibens beglichen die Mieter umgehend die ausstehende Miete per Onlinebanking, was vor Einreichung der Räumungsklage erfolgte. Das Gericht musste also entscheiden, ob der Vermieter berechtigt war, aufgrund dieses „Zahlungsverzugs“ eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Urteil des Amtsgerichts Augsburg: Klage abgewiesen

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die fristlose Kündigung unbegründet war. Es stellte fest, dass die Mieter nicht im rechtlichen Sinne in Verzug waren, da sie unverzüglich nach Kenntnis des Rückstands gezahlt hatten. Daher wurde die Klage des Vermieters abgewiesen. Weiterhin musste der Kläger die Kosten des Verfahrens tragen. Diese Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit der genauen Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen und der fairen Behandlung von Mietern.

Rechtliche Implikationen für Mieter und Vermieter

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Pflichten sowohl für Mieter als auch Vermieter. Er zeigt, dass ein Vermieter nicht vorschnell eine fristlose Kündigung aussprechen sollte, insbesondere wenn die Umstände des Zahlungsverzugs unklar sind. Für Mieter unterstreicht dieser Fall die Notwendigkeit, sich ihrer Rechte bewusst zu sein und im Falle einer Kündigung unverzüglich zu handeln. Dieses Urteil ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie Gerichte die Interessen von Mietern und Vermietern ausbalancieren und sicherstellen, dass beide Parteien fair behandelt werden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Mietvertragskündigung wegen Zahlungsverzug

Eine Mietvertragskündigung wegen Zahlungsverzug in Deutschland kann sowohl ordentlich als auch außerordentlich (fristlos) erfolgen.

Ordentliche Kündigung

Ein Vermieter kann den Mietvertrag ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dies ist der Fall, wenn der Mieter Pflichten aus dem Mietvertrag schuldhaft und erheblich verletzt hat, wie zum Beispiel die Mietzahlungspflicht. Als Pflichtverletzung gilt es, wenn der Mieter die Miete nicht oder nicht fristgerecht an den Vermieter entrichtet und er demzufolge einen Mietrückstand hat.

Außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung ist möglich, wenn der Mieter mit der Zahlung der Miete in Verzug geraten ist und ein nicht unerheblicher Rückstand besteht. Die Kündigung ist zulässig, wenn der Mieter mit der Zahlung für zwei aufeinanderfolgende Termine in Rückstand ist oder wenn ein nicht unerheblicher Mietrückstand besteht. Der Rückstand sollte bei Wohnraum mehr als eine Monatsmiete betragen.

Besonderheiten

Es gibt einige Besonderheiten im Mietrecht, die beachtet werden müssen. Zum Beispiel ist die Miete im Voraus und spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte, nach denen sie bemessen ist, zu entrichten. Bei der Frage, ob die Miete rechtzeitig geleistet wurde, hat die Rechtsprechung zwei Besonderheiten entwickelt. Erstens, obwohl Samstage als Werktage gelten, werden sie im Mietrecht und bei der Fälligkeit der Miete nicht als Werktag angesehen, zumindest wenn für die Mietzahlung ein Bankinstitut eingeschaltet wurde. Zweitens, normalerweise zählt der Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto als Erfüllungszeitpunkt einer Zahlungsverpflichtung. Im Mietrecht ist es jedoch ausreichend, wenn der Mieter die Miete rechtzeitig „abgesendet“ hat.

Es ist auch zu beachten, dass während der COVID-19-Pandemie Änderungen vorgenommen wurden. Der Vermieter konnte ein Mietverhältnis nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Um eine Kündigung wegen Mietrückstand verlässlich durchzusetzen und den Mietvertrag zu beenden, ist es für Vermieter sicherer, sowohl die ordentliche Kündigung als auch die außerordentliche fristlose Kündigung auszusprechen.


Das vorliegende Urteil

AG Augsburg – Az.: 74 C 2594/15 – Urteil vom 23.12.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.633,28 € festgesetzt, ab 28.10.2015 auf 6.094,08 €, ab 09.10.2015 auf 491,46 €.

Tatbestand

(entfällt gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist als unbegründet abzuweisen.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 491,46 € nebst Zinsen hieraus zu, die im Zuge der vorgerichtlichen Geltendmachung des Räumungsanspruchs entstanden sind.

Der Räumungsanspruch war nicht begründet.

Es ist unstreitig, dass die Beklagten mit Mietzahlungen in Höhe von insgesamt 491,46 € in Rückstand geraten sind und darauf hin der Kläger eine fristlose Kündigung mit Datum vom 22.10.2015, zugegangen am 24.10.2015, ausgesprochen hat. Die Kündigung ist jedoch unbegründet gewesen. Die Beklagten haben erst durch die Erklärung der fristlosen Kündigung festgestellt, dass ein Zahlungsrückstand bestand. Entsprechend des Mietvertrages § 5 wurde zwischen den Parteien die Mietzahlung per Lastschrifteinzug vereinbart. Der Kläger machte hier von der formularvertraglich eingeräumten Einzugsermächtigung kein Gebrauch, dieser dadurch verursachte „Zahlungsverzug“ ist nicht vom Mieter zu vertreten, sodass er im rechtlichen Sinne nicht in Verzug geraten ist. Zudem wurde der ausstehende Mietzins sofort nach Erhalt des Kündigungsschreibens am 25.10.2015 per Onlinebanking an den Kläger überwiesen. Der Zahlung erfolgte somit  vor der Erhebung der Räumungsklage. Die Klageerhebung war somit unbegründet.

Der in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2015 erhobenen Antrag auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung war dieser zu diesem Zeitpunkt bereits unbegründet. Der Räumungsantrag wurde in der mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt. Der Kläger wäre mit dem Antrag unterlegen, gemäß § 91 a ZPO hat der Kläger somit bei Berücksichtigung des Sach- und Streitstand die Kosten insoweit zu tragen. Soweit die Klage bzgl. der in diesem Zusammenhang geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen wurde hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten zu tragen.

Soweit die Klage im Übrigen zurückgenommen wurde, ergibt sich die Kostentragungspflicht des Klägers aus § 269 Abs. 3 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird nicht zugelassen da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, § 511 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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