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Nebenkostenabrechnung bei Gewerberaummiete – mündliche Vereinbarung über Abrechnungsgrundlage

AG Kerpen, Az.: 108 C 11/14, Urteil vom 10.02.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus der Betriebskostenabrechnung bezüglich der an die Beklagte vermieteten Apotheke für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis 30.06.2013 geltend.

Dieser Abrechnung hat die Klägerin eine Mietfläche von 174 qm zugrunde gelegt. In dem schriftlichen Mietvertrag vom 22.11.1996 heißt es unter § 1 Ziffer 1: „174 qm (140 qm anzurechnen für NK)“.

Die Klägerin behauptet, die Vereinbarung bezüglich der der Nebenkosten zugrunde zu legenden Quadratmeter sei nur vorläufig gewesen, weil der abschließende Einheitswertbescheid des Finanzamtes C noch nicht vorgelegen habe und es aufgrund von Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen noch zu Veränderungen habe kommen können. Sie ist der Ansicht, dass sich ein Anspruch auf Zahlung weiterer Betriebskosten jedenfalls aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ergänzender Vertragsauslegung ergäbe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.821,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.02.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die ausdrückliche Vereinbarung auf 140 qm beruhe nicht darauf, dass die Klägerin den Einheitswertbescheid noch nicht gekannt habe, sondern darauf, dass in der Gesamtfläche von 174 qm 34 qm Kellerlagerflächen enthalten seien, für die die Beklagte keine Nebenkosten tragen sollte. Das sei durch die Klammer in § 1 Ziffer 1 des Mietvertrages hinter „174 qm“ klargestellt worden. Es habe sich nicht um eine vorläufige Angabe gehandelt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X1 S und H W. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen (Bl. 88 ff., 139 ff. der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird zudem auf die Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen Bezug genommen. Die Akte aus dem Verfahren 107 C 45/13 war beigezogen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Betriebskosten.

I. Gemäß § 1 Ziffer 1 des Mietvertrages sind Nebenkosten für 140 qm Mietfläche abrechenbar. Diese hat die Beklagte bezahlt. Die Vollständigkeit und Richtigkeit des Mietvertrages ist zu vermuten, § 416 ZPO.

Die Beweisaufnahme hat keine vom Mietvertrag abweichende mündliche Vereinbarung zur Überzeugung des Gerichts belegt, was zu Lasten der Klägerin geht, die hierfür die Beweislast trägt. Die Klägerin hat nicht den Beweis führen können, dass die Nebenkosten nach der tatsächlichen Mietfläche von 174 qm abgerechnet werden sollten. Zwar hat der Zeuge S ausgesagt, er habe mit der Beklagten vereinbart, dass die Abrechnung nach 140 qm nur vorläufig sein solle und dass, wenn die Grundsteuer feststeht, die exakte Quadratmeterzahl zugrunde gelegt werden solle. Der Zeuge hat aber auch weiter ausgeführt, der Zeuge W habe gesagt, dass es etwa 20% billiger sein müsste, und man habe deshalb von 174 qm 34 qm abgezogen.

Nebenkostenabrechnung bei Gewerberaummiete - mündliche Vereinbarung über Abrechnungsgrundlage
Foto: alexraths/Bigstock

Der Zeuge W hat ausgesagt, er könne sich an die Vorgänge im Wesentlichen nicht mehr erinnern. Seiner Erinnerung nach sei es so gewesen, dass die Nebenflächen hinsichtlich der Nebenkosten anders abgerechnet werden sollten als die Hauptflächen. Seines Erachtens habe sich hierauf der Abzug von 20 % bezogen. Mit Nebenflächen sei das Kellergeschoß der Apotheke gemeint gewesen, das seien nur Lagerfläche und eine Toilette.

Zwar hat der Zeuge S sich an den Vorgang genauer erinnert als der Zeuge W, jedoch erscheint die Erklärung des Zeugen W, warum im Mietvertrag eine von der Gesamtmietfläche abweichende Quadratmeterzahl für die Nebenkostenabrechnung festgelegt worden sei, plausibel. Dass Betriebskosten nur in Bezug auf die Hauptmietfläche und nicht in Bezug auf Nebenflächen wie bspw. Kellerräume abgerechnet werden, ist im Wohnraummietrecht üblich, § 556 a BGB, und erscheint daher auch bei der Vermietung gewerblicher Räume naheliegend. Zudem hat auch der Zeuge S erwähnt, dass die Beklagte bzw. der Zeuge W bei Vertragsschluss gesagt habe, dass es etwa 20% billiger sein müsse und dass man daher von 174 qm 34 qm abgezogen habe, wenn auch seiner Aussage nach nur vorübergehend. Ob diese Vereinbarung nur vorübergehend sein sollte, kann nicht mit der erforderlichen Überzeugung festgestellt werden. Demnach verbleibt es bei der Vereinbarung in dem schriftlichen Mietvertrag.

II. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 313 BGB. Der Einheitswertbescheid ist keine Änderung der Geschäftsgrundlage, die die Klägerin nicht vorausgesehen hat. Vielmehr wusste die Klägerin, dass der Einheitswertbescheid noch ausstand und sich hierdurch Abweichungen ergeben konnten. Dennoch hat die Klägerin den Mietvertrag in Kenntnis dieses Umstandes abgeschlossen. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BGH (VIII ZR 138/06) ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Anders als in dem vom BGH zu entscheidenden Fall weicht vorliegend die tatsächliche nicht von der vertraglich vereinbarten Mietfläche ab. Vielmehr haben die Parteien die tatsächliche Mietfläche von 174 qm im Mietvertrag ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen und hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung eine geringere Mietfläche vereinbart.

III. Es ist auch kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Der Vertrag weist keine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit auf (BGH, XII ZR 77/93, NJW 1994, 3287). Vielmehr wurde hinsichtlich der Mietfläche und Nebenkostenabrechnung eine konkrete Regelung getroffen. Den Parteien waren mögliche Veränderungen hinsichtlich der Mietfläche aufgrund des Einheitswertbescheides des Finanzamtes auch vor Vertragsschluss bekannt. Eine andere Auslegung des Vertrages würde aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vereinbarung die Privatautonomie unzulässig beschränken.

IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V. Eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren war gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien zulässig. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21.01.2016 und die Beklagte mit Schreiben vom 19.01.2016 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Das Gericht hat das schriftliche Verfahren am 25.01.2016 angeordnet. Das Schreiben der Klägerin vom 25.01.2016, bei Gericht eingegangen am 26.01.2016, mit dem die Zustimmung offenbar widerrufen werden sollte, ist unbeachtlich.

Der Streitwert wird auf 1.821,24 EUR festgesetzt.

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