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Schonfristzahlung – Keine durch Aufrechnung mit Kaution

Kündigung im Mietrecht: Keine Schonfristzahlung durch Verrechnung mit Kaution – Ein Urteilsbeschluss des Landgerichts Essen

Das vorliegende Urteil dreht sich um einen Rechtsstreit im Mietrecht zwischen dem Vermieter (Beklagter) und der Mieterin (Klägerin) sowie dem Drittwiderbeklagten. Der Hauptkonflikt ergibt sich aus der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter aufgrund von Zahlungsverzug der Mieterin. Eine spezifische Frage, die das Gericht zu klären hatte, war, ob die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs unwirksam wurde, da der Vermieter durch Verrechnung der Rückstände mit der Kaution befriedigt worden war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 15 S 35/22 >>>

Fristlose Kündigung und Verrechnung mit der Kaution

Der Vermieter hatte das Mietverhältnis fristlos gekündigt, da die Mietzahlungen ausstanden. Im Verlauf des Prozesses einigten sich die Parteien darauf, dass die Mieterin die ausstehenden Mieten nicht nachzuzahlen hatte, da eine Verrechnung mit dem Kautionsguthaben erfolgte. Das Amtsgericht Bottrop wies die Klage ab, da es der Auffassung war, dass das Mietverhältnis durch die wirksame Kündigung durch den Vermieter beendet worden war. Es sah die fristlose Kündigung als nicht nachträglich unwirksam an, da die Verrechnung mit der Kaution erfolgt war.

Beklagtens Argumente und Rechtsmissbräuchliche Kündigung

Der Vermieter verteidigte die erstinstanzliche Entscheidung und argumentierte, dass eine fristlose Kündigung nicht geheilt werde, indem der Mieter die rückständigen Mieten nach dem Auszug ausgleiche. Dies hätte zur Folge, dass die Eigenbedarfskündigung irrelevant sei. Die Klägerin hatte zuvor behauptet, dass die Kündigung rechtsmissbräuchlich war, und versuchte, einen Verzicht auf das Recht zur fristlosen Kündigung durch den Vermieter zu beweisen.

Kammerentscheidung und Verrechnung der rückständigen Mieten

Die Kammer des Landgerichts Essen kam zu dem Schluss, dass die Parteien lediglich vereinbart hatten, dass nach dem Auszug der Mieter eine Verrechnung der rückständigen Mieten mit dem Kautionsguthaben erfolgen sollte. Es wurde jedoch nicht festgestellt, dass der Vermieter auf sein Recht zur außerordentlichen Kündigung verzichtet hatte. Dies wurde als lebensfremd betrachtet, und die Klägerin konnte keinen entsprechenden Beweis vorlegen.

Endgültige Beurteilung: Wirksame Kündigung aufgrund von Zahlungsverzug

Das Landgericht Essen wies die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten zurück, da es davon ausging, dass die Kündigung wirksam auf den Zahlungsverzug gestützt war. Die Verrechnung der ausstehenden Mieten mit der Kaution hatte keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Kündigung. Die Frage nach der Eigenbedarfskündigung wurde nicht weiter behandelt, da sie für die Entscheidung nicht relevant war.


Das vorliegende Urteil

LG Essen – Az.: 15 S 35/22 – Beschluss vom 16.11.2022

In dem Rechtsstreit hat die 15. Zivilammer des Landgerichts Essen am 16.11.2022 beschlossen:

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten gegen das am 09.12.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bottrop – Az. 11 C 294/19 – durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Wertfestsetzung ist auf den Betrag i. H. v. 11.741,26,- EUR beabsichtigt.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme, die Klägerin und der Drittwiderbeklagte gegebenenfalls zur Rücknahme der Berufung, binnen drei Wochen.

Die Kammer ist nach vorläufiger Beratung einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Es ist auch keine mündliche Verhandlung geboten.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Schadensersatz aufgrund einer nach ihrer Ansicht rechtswidrig ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung.

Zwischen den Parteien bestand ein Mietvertrag über die Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses ### in Bottrop. Mit Schreiben vom 23.05.2018 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Ein Räumungsprozess wurde vor dem Amtsgericht Bottrop unter dem Aktenzeichen 10 C 142/18 geführt.

Im Zuge des Räumungsprozesses kündigte der Beklagte mit Schriftsatz vom 06.07.2018 das Mietverhältnis überdies wegen Zahlungsverzugs der Klägerin und des Drittwiderbeklagten fristlos. Die Mieten für die Monate Juni und Juli 2018 wurden nicht gezahlt. Im weiteren Verlauf einigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin und der Drittwiderbeklagte die ausstehenden Monatsmieten nicht nachzuzahlen hatten, da insoweit eine Verrechnung mit dem Kautionsguthaben erfolgte.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch wirksame Kündigung durch den Beklagten beendet worden sei. Zwar sei die vom Beklagten (auch) ausgesprochene fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges nachträglich unwirksam geworden, da der Beklagte durch eine Verrechnung mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution wegen der Rückstände befriedigt worden sei, was aus der Aussage des Zeugen ### in Verbindung mit den Angaben des Drittwiderbeklagten im Termin vom 04.03.2021 folge. Indes sei die vom Beklagten ausgesprochene Eigenbedarfskündigung wirksam, da er die Kündigung damit begründet habe, sein Vater wolle in die streitgegenständliche Wohnung einziehen. Ferner hat das Amtsgericht im Hinblick auf den Drittwiderbeklagten festgestellt, dass dieser eine Schadensersatzansprüche aus dem beendeten Mietverhältnis ### in 46236 Bottrop, 1. Obergeschoss, aufgrund der beklagtenseits ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten, mit der die Klägerin ihren erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag weiter verfolgt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei fehlerhaft. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung nicht vorgelegen. Die Kündigung sei rechtsmissbräuchlich.

Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und führt ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen aus, die Berufung des Drittwiderbeklagten sei unzulässig, da innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist die Berufung nicht begründet worden sei. Es sei auch kein Antrag gestellt worden.

In der Sache sei zwar die Entscheidung des Amtsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern, jedoch ändere sich hierdurch nichts an der amtsgerichtlichen Entscheidung. Rechtsfehlerhaft habe das Amtsgericht ausgeführt, dass die fristlose Kündigung durch die Verrechnung der Kaution nach Auszug und Rückgabe der Mietsache unwirksam geworden sei. Diese Rechtsauffassung sei dogmatisch nicht tragbar. Eine ausgesprochene fristlose Kündigung werde nicht dadurch geheilt, dass der Mieter, aus welchen Mitteln auch immer, die rückständigen Mieten nach Auszug ausgleiche. Somit komme es auf die Eigenbedarfskündigung selber nicht mehr an.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 07.04.2022, Bl. 39 ff. d. eA., vom 27.06.2022, Bl. 47 ff. d. eA., vom 31.08.2022, Bl. F. d. eA., sowie vom 15.09.2022, Bl. 67 d. eA. Bezug genommen.

II.

In der Sache dürfte das Rechtsmittel – nach vorläufiger Würdigung und Prüfung der Kammer – keine Aussicht auf Erfolg haben.

1. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts dürften die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB vorgelegen haben, sodass schon deshalb das Rechtsmittel keinen Erfolg haben kann.

Der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b) BGB lag am 06.07.2018 vor, da sich die Klägerin und der Drittwiderbeklagte an diesem Tag für zwei aufeinander folgende Termine – den Mietzahlungen für die Monate Juni und Juli 2018 – mit der Entrichtung der Miete in Verzug befanden. Die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses war daher wirksam.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Kündigung auch nicht gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden, weil der Beklagte als Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete befriedigt wurde.

Sofern die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, der Beklagte sei befriedigt worden, weil eine Verrechnung mit dem Kautionsguthaben erfolgt sei (vgl. Schriftsatz vom 29.06.2020, Bl. 120 d. A-AG) geht dieser Einwand fehl. Zwar gestattet § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB abweichend von § 543 Abs. 2 S. 3 BGB auch eine Aufrechnung mit solchen Forderungen, die erst nach Zugang der Kündigung fällig werden, nicht indes mit solchen, die nur wegen der Beendigung des Mietverhältnisses entstehen (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 569. Rn. 86; MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, BGB § 569 Rn. 44). Von daher ist eine Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch der Kaution nicht möglich, weil dieser Anspruch erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses fällig wird (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 543 Rn. 205; § 551 Rn. 87 ff.).

Soweit die Klägerin insoweit weiter – streitig – vorträgt, man habe sich mit dem Beklagten auf eine entsprechende Vorgehensweise geeinigt, folgt daraus keine andere Entscheidung. Nach dem Vortrag der Klägerin sei zunächst lediglich vereinbart worden, dass die einbehaltene Kaution mit den zwei offenen Mieten verrechnet werden sollte, sofern der Auszug im Juli 2018 erfolgt. Dies hat der Drittwiderbeklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.03.2021 (Bl. 178 d. A-AG) auch bestätigt. Nicht bestätigt hat er indes, wie noch schriftsätzlich (vgl. Schriftsatz vom 29.06.2020, BI. 120 d. A-AG) weiter vorgetragen wurde, dass damit ,,die Angelegenheit rund um die Kündigung wegen Zahlungsverzug“ erledigt werden sollte, mithin, dass der Beklagte auch auf die Möglichkeit, der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten wegen Zahlungsverzugs fristlos zu kündigen, verzichten wollte. Entsprechendes hat auch die Vernehmung des Beklagtenvertreters als Zeuge nicht ergeben, sodass die Feststellungen des Amtsgerichts insoweit entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für die Kammer nicht bindend sind, weil Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne im Sinne der §§ 520 Abs. 3 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen.

Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass die Parteien lediglich die Vereinbarung getroffen haben, dass nach dem Auszug der Klägerin und des Drittwiderbeklagten und Rückgabe der Mietwohnung an den Beklagten eine Verrechnung der rückständigen Mieten mit dem Kautionsguthaben erfolgen sollte, nicht jedoch, dass der Beklagte auf sein Recht zur außerordentlichen Kündigung verzichtet hat. Dieses wäre vor dem Hintergrund des zum damaligen Zeitpunkt rechtshängigen Räumungsverfahrens auch lebensfremd. Eine abweichende Vereinbarung haben die Klägerin und der Drittwiderbeklagte weder beweisen können noch entsprechende Beweisangebote vorgebracht. Eine ergänzende Beweisaufnahme ist daher in der Berufungsinstanz nicht veranlasst.

2. Da die Kammer nach derzeitigem Sach- und Streitstand sowie vorläufiger Würdigung davon ausgeht, dass der Beklagte die Kündigung wirksam auf den Zahlungsverzug der Klägerin sowie des Drittwiderbeklagten gestützt hat, kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen der Eigenbedarfskündigung nicht an.

3. Nach vorläufiger Auffassung der Kammer dürfte die Berufung daher keine Aussicht auf Erfolg haben. Es wird anheimgestellt, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen. Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (vgl. OLG Brandenburg, MDR 2009, 1363).

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