Es ist bedauerlicherweise in Deutschland keine Seltenheit, dass ein Mieter gegenüber dem Vermieter mit der Mietzahlung säumig wird und dementsprechend seiner Verpflichtung zur Mietzahlung nicht nachkommen kann. Den meisten Mietern ist durchaus bewusst, dass sich aus dieser Säumnis heraus auch sehr negative Konsequenzen entwickeln können, allerdings ist der Umfang der negativen Folgen relativ unbekannt. Die meisten Mieter rechnen mit einer Kündigung oder auch einer zivilrechtlichen Klage des Vermieters, damit dieser auf diesem Wege seine offenen Forderungen gegenüber dem Mieter geltend macht. Die wenigsten Mieter wissen allerdings, dass auch ein Vermieter ein eigenständiges Pfandrecht besitzt und dieses auch zur Begleichung von offenen Forderungen geltend machen kann.
Wenn ein Mieter gegenüber dem Vermieter mit Mietzahlungen in Rückstand gerät, so kann der Vermieter unter Anwendung des Pfandrechtes das persönliche Eigentum der Mietpartei pfänden lassen.
Die rechtliche Grundlage zum Pfandrecht des Vermieters
Das Pfandrecht des Vermieters ergibt sich aus dem § 562 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Gem. dieses Paragrafen besitzt ein Vermieter das Recht, das Pfandrecht anzuwenden, wenn der Mieter den vertraglich vereinbarten Mietzahlungen nicht nachkommt. Der § 562 BGB besagt jedoch auch, dass dieses Pfandrecht mit gewissen Voraussetzungen verknüpft sind. Die wichtigste Voraussetzung hierbei ist, dass die offenen Forderungen des Vermieters in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem im Zuge des Mietverhältnisses zur Nutzung überlassenen Eigentum des Vermieters zusammenhängen. Das Vermieterpfandrecht greift dementsprechend nicht in jedem Fall. B
eispiele dafür, wann das Vermieterpfandrecht zur Anwendung gebracht werden kann, sind
- Miet- sowie Nebenkostenrückstände des Mieters
- Mietausfallersatz
- Nutzungsentschädigungen
- Ansprüche des Vermieters, die aus unterlassenen Mängelanzeigen heraus resultieren
- Schadensersatzansprüche aufgrund von beschädigten Mietsachen
Jedem Mieter wird sich nunmehr die Frage stellen, ob ein Vermieter im Zuge seines Vermieterpfandrechts grundsätzlich jeden Gegenstand, der sich im Eigentum des Mieters befindet, pfänden darf. Diese Frage kann grundsätzlich verneint werden, da das Eigentum des Mieters überhaupt erst einmal pfändbar sein muss.
Zu den sogenannten unpfändbaren Gegenständen gehören diejenigen Gegenstände, die ein Mensch für seinen alltäglichen Bedarf zwingend benötigt. Die Waschmaschine sowie auch das Bett und Bekleidung kann dementsprechend nicht gepfändet werden.
Welche Gegenstände dürfen grundsätzlich gepfändet werden?
Grundsätzlich muss gesagt werden, dass die Mietzahlung zu der Hauptverpflichtung des Mieters gehört, da er das Mietobjekt ja schlussendlich auch vertragsgemäß nutzen kann. Die vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts ist wiederum die Hauptvoraussetzung dafür, dass die Ansprüche des Vermieters überhaupt berechtigt sind. Die Ansprüche müssen zwingend berechtigt sein, damit ein Vermieter sein Vermieterpfandrecht in Anspruch nehmen kann. Aus dem Vermieterpfandrecht heraus darf der Vermieter
- Gegenstände, die sich im Eigentum des Mieters befinden
- Gegenstände, die von dem Mieter in das Mietobjekt mit eingebracht wurden
zur Begleichung der offenen Mietforderungen pfänden.
Auch das Vermieterpfandrecht unterliegt dem § 811 ZPO (Pfändungsschutz). Dementsprechend kennt das Vermieterpfandrecht im Hinblick auf das pfändbare Eigentum des Mieters auch ausdrücklich Grenzen.
Der § 811 ZPO besagt, dass ein Vermieter – neben den Gegenständen des alltäglichen Bedarfs des Eigentümers – auch anderweitige Gegenstände nicht aus dem Vermieterpfandrecht heraus pfänden darf. Beispiele hierfür sind
- Grundstücke oder auch Immobilien des Mieters
- das PKW des Mieters
- Gegenstände, die sich außerhalb des angemieteten Objekts befinden
- Gegenstände, die von dem Mieter selbst angemietet oder geleast wurden
- Gegenstände, die sich in einem fremden Besitz befinden
- Gegenstände, die von dem Mieter selbst nur ausgeliehen wurden
- Gegenstände, die sich im Besitz des Lebenspartners bzw. des Ehepartners von dem Mieter befinden
Gegenstände, die sich im Besitz des Lebenspartners bzw. des Ehepartners von dem Mieter befinden, sind nur solange unpfändbar, solange der Lebenspartner bzw. der Ehepartner des Mieters nicht in dem Mietvertrag aufgeführt ist. Grundsätzlich gilt das Vermieterpfandrecht nicht nur bei einem Wohnraummietvertragsverhältnis. Auch ein Gewerberaummietvertragsverhältnis begründet das Vermieterpfandrecht!
Darf der Vermieter einfach so pfänden?
Im Zusammenhang mit dem Vermieterpfandrecht muss gesagt werden, dass ein Vermieter grundsätzlich nicht aus Eigenmacht heraus die Wohnräumlichkeiten seines Mieters betreten darf. Zunächst erst einmal ist ein gerichtliches Urteil erforderlich, aus welchem heraus das Betreten der Wohnräumlichkeiten statthaft wird. Sollte ein Vermieter ohne ein entsprechendes Urteil die Wohnräumlichkeiten des Mieters betreten, so wird rechtlich betrachtet von „unerlaubter Selbsthilfe“ gesprochen. Der Mieter hat in einem derartigen Fall die Möglichkeit, gegen die „unerlaubte Selbsthilfe“ vorzugehen und das Mietvertragsverhältnis fristlos zu kündigen.
Ein Vermieter darf zur Wahrnehmung seines Vermieterpfandrechts von der Mietpartei eine sogenannte Bestandsliste mit dem pfändbaren Eigentum einfordern. Sollte ein Mieter von dieser Bestandsliste gewisse Gegenstände eigenmächtig entfernen, so besteht für den Vermieter das Recht, diese Gegenstände zur Pfändung einzufordern. Hat ein Mieter mit der ausdrücklichen Genehmigung des Vermieters Gegenstände von der Bestandsliste entfernt, so erlischt im Zusammenhang mit den entfernten Gegenständen auch das Pfandrecht des Vermieters.
Die Bestandsliste im Zusammenhang mit dem pfändbaren Eigentum des Mieters ist ein wichtiges Instrument für den Vermieter, da der Vermieter zur Ausübung des Vermieterpfandrechts in der Beweislast liegt. Der Vermieter muss dabei nachweisen, dass die vorhandenen Gegenstände pfändbar sind. Ein Mieter hingegen liegt in der Beweislast, dass die in seinem Eigentum befindlichen Gegenstände nicht pfändbar sind.
Die Möglichkeiten des Vermieters
Es ist zwar korrekt, dass ein Vermieter die Wohnräumlichkeiten des Mieters nicht so ohne einen Gerichtsbeschluss betreten darf, allerdings gibt es für den Vermieter auch die Möglichkeit der gerichtlichen Pfändung. Im Zuge einer gerichtlichen Pfändung dürfen sämtliche Gegenstände, die sich im Besitz des Mieters befinden, mit Ausnahme der Gegenstände des alltäglichen Bedarfs auch gepfändet werden. Beachtet werden muss allerdings, dass der Vermieter die gepfändeten Gegenstände nicht einfach veräußern darf. Vielmehr müssen diese Gegenstände im Rahmen des öffentlichen Versteigerungsprozesses von dem Vermieter angeboten werden. Mit dem Erlös aus diesem Prozedere kann der Vermieter seine eigenen Forderungen sowie auch die anfallenden Gerichtsgebühren befriedigen.
Sofern der Erlös aus der öffentlichen Versteigerung die offenen Forderungen übersteigt, steht der Vermieter in der Verpflichtung, den Differenzbetrag an den Mieter abzuführen.
Für Mieter ist auch das Wissen wichtig, dass ein Vermieter, der sein Vermieterpfandrecht anwendet, nicht parallel zu dem Vermieterpfandrecht eine Räumungsklage anstreben kann. Dementsprechend hat der Mieter auch weiterhin das Nutzungsrecht an dem Mietobjekt, bis die offenen Forderungen durch das Vermieterpfandrecht befriedigt wurden. Es gibt überdies auch Fallsituationen, in denen das Vermieterpfandrecht erlischt.
Beispiele hierfür sind
- die pfändbaren Gegenstände befinden sich nicht mehr auf dem Grundstück des Mietobjekts, falls der Vermieter von der Entfernung Kenntnis hatte (gegen die unrechtmäßige Entfernung kann der Vermieter binnen eines Monats Widerspruch einlegen)
- der Vermieter stimmt der Entfernung von pfändbaren Gegenständen zu
- der Mieter entfernt die pfändbaren Gegenstände im Rahmen von gewöhnlichen Lebensverhältnissen oder aufgrund eines Geschäftsbetriebes heraus
- das Mietobjekt wurde von einem neuen Mieter übernommen, sodass Anwartschaften aufgehoben werden
Im Zusammenhang mit der Entfernung von pfändbaren Gegenständen aus dem Mietobjekt, ohne dass der Vermieter als Inhaber von offenen Forderungen davon Kenntnis erlangt, sei an dieser Stelle für säumige Mieter ein Wort der Warnung ausgesprochen: Gem. § 289 StGB (Strafgesetzbuch) ist der sogenannte Pfandverkehr ein Straftatbestand, welcher strafrechtlich verfolgt werden kann.
In der gängigen Praxis wird das Vermieterpfandrecht seitens der Vermieter nur sehr selten auch real in die Tat umgesetzt. Dies liegt daran, dass die praktische Durchsetzung an durchaus schwierige Hürden geknüpft ist. Die wichtigste Hürde stellt hierbei die Beweislast dar. Aber auch der Umstand, dass säumige Mieter in der Regel nur sehr selten über wirklich wertvolles pfändbares Eigentum verfügen, erschwert die praktische Umsetzung des Vermieterpfandrechts immens. Aus diesem Grund vertrauen die meisten Vermieter auch eher auf eine Mietkaution, welche etwaig offen bleibende Forderungen der Vermieter als Sicherheitsleistung abdeckt. Dennoch ist das Wissen dahingehend, dass es ein derartiges Vermieterpfandrecht überhaupt gibt, sowohl für Vermieter als auch Mieter gleichermaßen interessant. Wenn Sie weitergehende Fragen zu dieser Thematik haben, so können Sie sich gern an uns als etablierte Rechtsanwaltskanzlei wenden.