Skip to content
Menü

Ungültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft

AG Achim, Az.: 10 C 347/17, Urteil vom 03.05.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern ich die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe lassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Ungültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Wege der Anfechtungsklage.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … und … in … A.. Das Grundstück … ist mit einem Wohnhaus mit 4 Wohneinheiten nebst Garagengebäude und das Grundstück … ist mit einem Wohnhaus mit 2 Wohneinheiten nebst Garagengebäude bebaut. Eigentümer der Wohnungen in dem Wohnhaus … sind der Kläger und die Beklagten zu 1) bis 4), wobei die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) Miteigentümer einer Wohneinheit sind. Eigentümer der Wohnungen in dem Wohnhaus T. … sind die Beklagte zu 5) und 6). Die Firma … GmbH hat die Häuser errichtet bzw. umgebaut.

Die Gemeinschaftsordnung für das Objekt … und.., die als Anlage II der Teilungserklärung vom 05.02.2010 zur Nummer 24 der Urkundenrolle für 2010 des Notars … beigefügt ist, bestimmt unter § 1 Nummer 2, dass wegen der unterschiedlichen Bauherstellung und zur Erzielung weitgehender Kostengerechtigkeit eine wirtschaftliche Trennung der Gemeinschaft in 2 Untergemeinschaften mit der Bezeichnung UG1 für das Wohnhaus T. und mit der Bezeichnung UG2 für das Wohnhaus T.. Weiter ist unter § 6 Ziffer 4 der Gemeinschaftsordnung zur Kosten- und Lasteintragung folgendes vereinbart: „Es wird zwischen den in § 1 Ziffer 2 dieser Urkunde dargestellten 2 UG’s wirtschaftliche Trennung vereinbart. Soweit gemeinschaftliche Kosten eindeutig einer der UG’s zugeordnet werden können, sind diese von den Wohnungseigentümern der jeweils betroffenen UG nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. (…)“ Zum Stimmrecht ist unter § 9 Ziffer 4 folgendes geregelt: „Soweit über kostenauslösende Maßnahmen zu entscheiden ist, die nur eine bestimmte UG betreffen (Instandhaltung, Instandsetzung, Verkehrssicherung, bauliche Veränderungen, Versicherungswesen, Instandhaltungsrücklage, Sonderumlagen), und die daraus resultierenden Kosten nach den Regelungen dieser (Gemeinschaftsordnung) ausschließlich von den Wohnungseigentümern dieser UG zu tragen sind, (…). Sind jeweils nur die Eigentümer dieser UG stimmberechtigt.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klage (Bl. 10 ff d.A.) Bezug genommen.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 20.06.2017 zu den Tagesordnungspunkten 5, 6 und 7 der Eigentümerversammlung gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßen. Gegenstand des Tagesordnungspunktes 5, 6 und 7 ist die Verfolgung von Mängelansprüchen gegenüber dem Bauträger. Hierzu sind folgende Beschlüsse ergangen:

„Beschluss-Nr. 21:

Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt alle gemeinschaftsbezogenen Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber dem Bauträger Firma … GmbH wegen aller Mängel, die am Gemeinschaftseigentum bestehen, und wegen aller damit in Verbindung stehender Mängel am Sondereigentum selber geltend zu machen. Es verblieben alle Rechte wegen Mängeln, die ausschließlich das Sondereigentum eines einzelnen Wohnungseigentümers betreffen und nicht im Gemeinschaftseigentum stehen, bei dem Wohnungseigentümer.

Der Verwalter wird von der Wohnungseigentümergemeinschaft bevollmächtigt, die Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit außergerichtlich und gerichtlich umfassend zu vertreten. Er ist berechtigt einen von ihm auszuwählenden Rechtsanwalt sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich namens der Wohnungseigentümergemeinschaft zu beauftragen. Der Anwalt soll auch alle etwaigen weiteren Ansprüche gegenüber dem Bauträger überprüfen.

Zur Finanzierung des außergerichtlichen und gegebenenfalls gerichtlichen Vorgehens der Wohnungseigentümergemeinschaft wird eine Sonderumlage in Höhe von EUR 5.000,00 erhoben, die von jedem Wohnungseigentümer entsprechend den mit Eigentumsanteilen zu zahlen ist. (…)

Beschluss-Nr. 22:

Der Verwalter wird von der Wohnungseigentümergemeinschaft bevollmächtigt einen Fachanwalt für Baurecht zu beauftragen, der die Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Bauträger, der Firma … hinsichtlich der Geltendmachung von Mängel- und Gewährleistungsansprüchen aus den Bauherstellung Verträgen zu überprüfen. Der Anwalt soll auch alle etwaigen weiteren Ansprüche gegenüber dem Bauträger überprüfen.

Zur Finanzierung der Beauftragung eines Fachanwaltes wird eine Sonderumlage in Höhe von EUR 2.000,00 erhoben, die von jedem Wohnungseigentümer entsprechend den mit Eigentumsanteilen zu zahlen ist. (…)

Beschluss-Nr. 23:

Der Verwalter wird von der Wohnungseigentümergemeinschaft bevollmächtigt ein Sachverständigenbüro zu beauftragen, die am Gemeinschaftseigentum bestehenden Mängel, und wegen aller damit in Verbindung stehenden Mängel am Sondereigentum, zu erfassen und einen entsprechenden Sanierungskonzept mit einer groben Kostenschätzung zu erstellen.

Insbesondere sollen folgende Fragen beantwortet werden:

– Ursache des Feuchtigkeitsschadens im Sondereigentum der Wohnung Nr…, Frau …

– Außentreppe zur Straße …, Zulässigkeit, Verkehrssicherheit, etc.

– fehlender Brandschutz im Bereich der an das Gebäude … angebauten Garagen

– abgesackter Kies in den Garagenwänden, Gabionen

– Durchfeuchtungen und daraus resultierende Schäden an der Gartenstützmauer

– Gegenläufiges Gefälle in den Regenrinnen

– Folgeschaden durch Wasserschaden Abstellraum Garage Eigentümerin Frau …

Zur Finanzierung der Beauftragung des Sachverständigenbüros wird eine Sonderumlage in Höhe von EUR 3.000,00 erhoben, die von jedem Wohnungseigentümer entsprechend den mit Eigentumsanteilen zu zahlen ist. (…)“

Sämtliche Beschlüsse wurden mit 5 Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme bei 0 Enthaltungen angenommen. Ein Beschlussantrag zur Anspruchsverfolgung des Klägers wurde von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klage (Bl. 25 ff d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger meint, die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 5 – 7 seien ungültig, da in diesen nicht danach differenziert werde, welche Maßnahme welche Einheit betreffe. Die beschlossenen Sonderumlagen hätten ebenfalls differenziert nach den jeweiligen Einheiten festgelegt werden müssen. Die Beschlüsse seien auch wegen der fehlerhaften Abstimmung ungültig, da auch hier eine Abstimmung nur durch die jeweils betroffenen Eigentümer der Untergemeinschaft hätte erfolgen dürfen. Alle Beschlüsse seien zu unbestimmt und nicht aus sich heraus verständlich. Die Vergemeinschaftung sei zu weitgehend und die Auswahl des Anwalts sei Sache der Gemeinschaft und nicht des Verwalters. Die Beauftragung eines Gutachters sei nicht erforderlich, da bereits ein Gutachten des Sachverständigen … vorliege.

Der Kläger beantragt, die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 20.06.2017 zu den Tagesordnungspunkten

5: Beschluss 21, Vergemeinschaftung der Mängelansprüche und Ermächtigung des Verwalters

6: Beschluss 22, Beauftragung eines Fachanwalts wegen der Ansprüche gegenüber … GmbH

7: Beschluss 23, Beauftragung eines Sachverständigenbüros mit der Erstellung eines Gutachtens über die Mängel am Gemeinschaftseigentum

für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Wohnungseigentümer berechtigt seien, Ansprüche der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Bauträger durch Mehrheitsbeschluss an sich zu ziehen, um so im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken.

Entscheidungsgründe

Die frist- und formgerecht eingereichte Anfechtungsklage ist nicht begründet.

Die vom Kläger angefochtenen Beschlüsse 21, 22 und 23 der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.06.2017 zu den Tagesordnungspunkten 5, 6 und 7 sind nicht ungültig.

Die als Einheit zu sehenden angefochtenen Beschlüsse betreffen die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümer. Diese Beschlüsse entsprechen den formellen Erfordernissen des § 23 WEG. Insbesondere sind diese Beschlüsse ausreichend bestimmt. Der BGH hat mit Urteil vom 04.07.2014 – V ZR 183/13 entschieden, dass ein Beschluss hinreichend bestimmt ist, durch den die Gemeinschaft Ansprüche der Wohnungseigentümer an sich zieht, wenn er erkennen lässt, welche – tatsächlichen oder vermeintlichen – Ansprüche der Wohnungseigentümer vergemeinschaftet werden sollen. Beschlüsse seien nach ihrem Wortlaut und ihren Sinn auszulegen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstgelegene Bedeutung des Textes ergebe, weil Umstände außerhalb des Beschlusstextes nur herangezogen werden dürfen, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH a.a.O.). Diese eingeschränkte Auslegungsmöglichkeit von Beschlüssen ist dem Umstand geschuldet, dass Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft auch gegen nichtbeteiligte Sonderrechtsnachfolger wirken. Diese haben nur über die Einsichtnahme in die Protokolle der Eigentümerversammlung die Möglichkeit sich über den Sachstand zu informieren. In dem von dem BGH entschiedenen Fall ging es um eine zu beseitigende Betonfläche. In dem angefochtenen Beschluss hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, dass die Betonfläche auf eigene Kosten des Erbauers beseitigt werden soll. Der Erbauer musste zunächst noch ermittelt werden. Trotzdem hat der BGH diesen Beschluss als ausreichend bestimmt auch gegenüber dem Erbauer, einem Wohnungseigentümer der Gemeinschaft, erachtet, da sich aus den Eingangssätzen zu dem Tagesordnungspunkt Genaueres ergebe. Vorliegend meint der Kläger, der Beschluss 21 sei zu unbestimmt, da die Mängel nicht im einzelnen aufgelistet seien. Diese Auffassung des Klägers wird nicht geteilt. Mit der Bezeichnung „aller Mängel“ soll gerade sichergestellt sein, dass auch bislang unentdeckte und möglicherweise bei der Begutachtung festgestellte Mängel von dem Beschluss erfasst werden. Dementsprechend sind in dem Beschluss Nummer 23 einige Mängel mit der Einfügung „insbesondere“ aufgeführt. Aus der Gesamtheit aller 3 Beschlüsse und den einleitenden Sätzen ergibt sich damit auch für jeden Nachfolger, dass um Mängel gegen den Bauträger, der Firma … GmbH, aus der Errichtung und dem Umbau für das Objekt T. und. geht. Alle Beschlüsse sind ausreichend bestimmt.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die angefochtenen Beschlüsse gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßen. Zwar ist in der Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass die beiden Untergemeinschaften wirtschaftlich getrennt voneinander verwaltet werden sollen. Dies betrifft nach dem Wortlaut des § 9 Ziffer 4 der Gemeinschaftsordnung aber nur kostenauslösende Maßnahmen der Instandhaltung, der Instandsetzung, der Verkehrssicherung, der bauliche Veränderungen, des Versicherungswesens, der Instandhaltungsrücklage und der Sonderumlagen. Die Beklagten weisen zu Recht darauf hin, dass es bei den streitgegenständlichen Mängelansprüchen um Ansprüche zur erstmaligen Herstellung des ordnungsgemäßen Zustands der Gemeinschaftsanlage geht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft berühmt sich verschiedener Mängelbeseitigungsansprüche gegenüber dem Bauträger. Unstreitig sind alle Mitglieder der Gemeinschaft der Auffassung, dass die Gemeinschaftsanlage nicht ordnungsgemäß erstellt wurde. Dies war bereits Gegenstand verschiedener Auseinandersetzung und vorheriger Beschlüsse der Gemeinschaft. Es geht demnach bei den angefochtenen Beschlüssen auch bereits nach dem Wortlaut nicht um Maßnahmen der Instandhaltung und der Instandsetzung. Der BGH hat bereits mehrfach entschieden, dass die Wohnungseigentümer im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Veräußerer, die nicht ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind, durch Mehrheitsbeschluss auf die rechtswidrige Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen können (s. BGH, Urteil vom 06.03.2014 VII ZR 266/13 m.w.N.). Die entsprechenden Beschlüsse, insbesondere der Verschluss 21 sind daher im Rahmen des der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehenden Ermessensspielraums nicht zu beanstanden.

Genauso wenig ist erkennbar, dass die Übertragung des Auswahlrechts bezogen auf den zu beauftragenden Sachverständigen und den zu beauftragenden Fachanwalt sowie die Entscheidung, ein Sachverständigengutachten einzuholen, gegen Bestimmungen des Wohnungseigentumsrechts verstoßen. Insbesondere wegen der Entscheidung, ein Sachverständigengutachten einzuholen, kann sich der Kläger nicht auf einen Ermessensfehlgebrauch berufen, da das bereits vorhandene Gutachten nicht von der Gemeinschaft in Auftrag gegeben wurde und hauptsächlich das Sondereigentum des Klägers betrifft.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!