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Heizkostenverteilung nach Wohnfläche und Kürzung bei geringem Verbrauchswärmeanteil

Heizkosten: Streit um Abrechnung und Kürzungsrecht geklärt

In einem komplexen Fall, der vor dem Amtsgericht Flensburg verhandelt wurde (Az.: 62 C 73/17), ging es um die strittige Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung zwischen Mietern und Vermietern. Die Mieter, die Kläger in diesem Fall, bewohnten eine Dachgeschosswohnung und waren an die zentrale Heizungsanlage des Hauses angeschlossen. Sie hinterfragten die Abrechnungsmethode der Vermieter und machten ein Kürzungsrecht sowie ein Abrechnungsguthaben geltend. Der Knackpunkt des Rechtsstreits lag in der Frage, ob die Heizkosten verbrauchsabhängig oder nach der Wohnfläche abgerechnet werden sollten. Die Mieter argumentierten, dass aufgrund eines hohen Rohrwärmeverlusts eine verbrauchsabhängige Abrechnung nicht zulässig sei.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 62 C 73/17  >>>

Kürzungsrecht und Abrechnungsmethode im Fokus

Heizkostenverteilung nach Wohnfläche und Kürzung bei geringem Verbrauchswärmeanteil
Streit um Heizkostenabrechnung geklärt – Mieter gewinnen Recht auf Kürzung und Berechnung nach Wohnfläche. Sachverständigengutachten bestätigt hohe Rohrwärmeverluste. Verbrauchsabhängige Abrechnung als unzulässig erachtet. (Symbolfoto: Christian Horz /Shutterstock.com)

Die Mieter zahlten für das Jahr 2015 Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 2.832,00 €. Die Vermieter rechneten später ab und wiesen Gesamtkosten von 2.792,79 € aus. Die Mieter beanspruchten jedoch ein weitergehendes Guthaben von 760,94 €, das sich auf 721,73 € reduzierte, wenn die Heiz- und Warmwasserkosten nach der Wohnfläche verteilt und um 15% gekürzt würden. Die Vermieter zahlten lediglich einen Differenzbetrag von 39,21 € und bestanden darauf, dass kein hoher Rohrwärmeverlust vorliege.

Sachverständigengutachten klärt Sachlage

Das Gericht zog ein Sachverständigengutachten hinzu, um die strittigen Punkte zu klären. Das Gutachten bestätigte die Ansicht der Mieter, dass der erfasste Verbrauchswärmeanteil unter 14% liege. Dies sei aufgrund der ungedämmten Heizungsleitungen im Fußboden der Fall. Eine solche niedrige Erfassungsrate mache eine verbrauchsabhängige Abrechnung unzulässig.

Gerichtliche Entscheidung und Rechtsgrundlagen

Das Gericht gab den Mietern Recht und verurteilte die Vermieter zur Zahlung von 721,73 € nebst Zinsen. Als Rechtsgrundlage diente § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Die Mieter waren berechtigt, die Heiz- und Warmwasserkosten nach der Wohnfläche zu berechnen und um 15% zu kürzen, wie es § 12 Abs. 1 S. 1 der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) vorsieht. Die Ausnahmeregelung aus § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV kam nicht zur Anwendung, da die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren.

Nebenentscheidungen und Kosten

Die Nebenentscheidungen, wie die Kosten des Rechtsstreits und die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils, folgten den gesetzlichen Regelungen. Die Vermieter wurden als Gesamtschuldner zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

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Sie sind Mieter und haben Fragen zur Heizkostenverteilung in Ihrer Wohnung? Das Urteil des AG Flensburg (Az.: 62 C 73/17) zeigt, wie komplex diese Thematik sein kann. Ob es um die Verteilung der Heizkosten nach Wohnfläche geht oder um die Möglichkeit einer Kürzung bei geringem Verbrauchswärmeanteil – die rechtlichen Grundlagen sind nicht immer einfach zu durchschauen. Wir bieten Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation und beraten Sie anschließend umfassend zu Ihren Optionen. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung finden.

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Das vorliegende Urteil

AG Flensburg – Az.: 62 C 73/17 – Urteil vom 05.03.2019

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 721,73 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 721,73 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger machen bezogen auf die ihnen erteilte Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung 2015 ein Kürzungsrecht und ein Abrechnungsguthaben gegen die Beklagten geltend.

Die Beklagten sind – in Erbengemeinschaft – Vermieter der Kläger. Mietobjekt ist eine Dachgeschosswohnung in der S. in G. Die Wohnung ist an die zentrale Heizungsanlage im Haus angeschlossen.

Als Vorauszahlung auf die Betriebskosten zahlten die Kläger für das Jahr 2015 insgesamt 2.832,00 € an die Beklagten. Mit Schreiben vom 05.07.2016 rechneten die Beklagten gegenüber den Klägern über die Betriebskosten 2015 ab. Die Abrechnung weist Gesamtkosten in Höhe von 2.792,79 € aus. Gegenstand der Abrechnungen ist die separate Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten (Bl. 29 f. d. A.). Die Heizkosten werden danach zu 50% nach Fläche und zu 50% anhand der Werte der im Objekt vorhandenen Heizkostenverteiler abgerechnet. Die Umlage der Warmwasserkosten erfolgt entsprechend der Wohnfläche.

Die Kläger beanspruchten von den Beklagten außergerichtlich und zuletzt unter Fristsetzung auf den 02.12.2016 ein weitergehendes Guthaben in Höhe von 760,94 €. Ein Guthaben in Höhe von 721,73 € errechnet sich, wenn die Heiz- und Warmwasserkosten anteilig nach der Wohnfläche verteilten werden und bei einer Kürzung der so ermittelten Kosten um 15%.

Die Beklagten zahlten an die Kläger lediglich einen Differenzbetrag in Höhe von 39,21 €.

Die Kläger behaupten, der in der Abrechnungseinheit erfasste Verbrauchswärmeanteil habe etwa 14% des Gesamtverbrauches an Heizenergie betragen. Die Heizenergie sei ansonsten ohne Erfassung über die nicht freiliegenden, überwiegend ungedämmten Leitungen abgegeben worden. Die Kläger sind der Auffassung, dass damit die Voraussetzungen für eine verbrauchsabhängige Abrechnung im Sinne der HeizkostenV nicht vorliegen würden, die Heizkosten deshalb anhand der Fläche zu berechnen seien und ihnen insgesamt dann das Kürzungsrecht aus § 12 HeizkostenV zustehe.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 721,73 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, dass ein hoher Rohrwärmeverlust in dem Objekt vorliege und sind im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher für sich auch kein Kürzungsrecht nach der HeizkostenV begründe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 15.05.2018 (Bl. 148 d. A.) und das Sachverständigengutachten vom 26.10.2018 (Bl. 164 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt (Bl. 220 und 235 d.A.). Das Gericht hat mit Beschluss vom 07.02.2019 das schriftliche Verfahren angeordnet (Bl. 237 d. A.).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch in Höhe von 721,73 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

Die Beklagten sind der Klägerin gemäß § 556 Abs. 3 S. 1 BGB zur Abrechnung über die Betriebskosten unter Berücksichtigung der zu treuen Händen geleisteten Vorauszahlungen verpflichtet. Nach der Abrechnung haben die Beklagten hier 721,73 €, durch eine Vorausleistung der Kläger, zu viel und ohne Rechtsgrund erlangt. Die Kläger sind nämlich gemäß § 556a Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV berechtigt, die Heiz- und Warmwasserkosten anhand einer Verteilung nach Wohnfläche zu berechnen und die Kosten um 15% zu kürzen.

Das Kürzungsrecht aus § 12 Abs. 1 S. 1 HeizkostenV ergibt sich, soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist grundsätzlich aber auch dann gegeben, wenn der Vermieter zwar formal verbrauchsabhängig abrechnet, diese Art der Abrechnung aber aufgrund eines hohen Rohrwärmeverlustes unzulässig ist und die Kriterien für eine Abrechnung nach § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV nicht gegeben sind (MüKoBGB/Schmid/Zehelein, 7. Aufl. 2016, BetrKV § 12 Rn. 2; AG Lichtenberg, Urteil vom 08.12.2014, Aktenzeichen: 13 C 76/14, beck-online). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Das Sachverständigengutachten bestätigt das rechnerische Ergebnis der Kläger, wonach der erfasste Verbrauchswärmeanteil hier unter 14% liege. Die Kläger sind nach Einschätzung des Sachverständigen zutreffend davon ausgegangen, dass die Basisempfindlichkeit der im Objekt verwendeten Heizkostenverteiler so eingestellt gewesen seien, dass eine erfasste Verbrauchseinheit etwa der Wärmeabgabe von einer kWh entsprochen habe. Der Sachverständige hat die Heizungsanlage in Augenschein genommen und dazu von dem Ableseunternehmen (Techem) die dazugehörigen Daten erhalten und ausgewertet. Seine Ausführungen sind plausibel. Insbesondere kann das Gericht nachvollziehen, dass der Wärmeverlust auf die im Fußboden ungedämmt verlaufende Heizungsleitungen zurückzuführen sei. Der Sachverständige macht diese technische Konfiguration der Anlage für die Defizite bei der Verbrauchserfassung verantwortlich. Andere Funktionsmängel hat er nicht festgestellt.

Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist die Abrechnung unzulässig. Eine Abrechnung, die weniger als 14% des Wärmeverbrauchs anhand der zur Verbrauchsermittlung eingesetzten Geräte verteilt, ist keine verbrauchsabhängige Abrechnung.

Der Verbrauchsanteil fällt dafür zu gering aus (vgl. LG Dresden, Urteil vom 06.02.2009, Aktenzeichen: 4 S 91/08, juris; LG Leipzig, Beschluss vom 07.10.2013, Aktenzeichen: 02 S 66/13, beck-online). Es müssen nicht erst einstellige Erfassungsraten erreicht werden. Dies ergibt sich vor dem Hintergrund, dass eine Erfassungsrate von unter 43% aus technischer Sicht schon nicht mehr plausibel sei, wie der Sachverständige in seinem Gutachten ausführt.

Die Beklagten können sich nicht auf die Ausnahmeregelung aus § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV berufen. Diese Regelung gilt nicht für versteckt liegende ungedämmte Rohrleitungen (BGH, Urteil vom 15.03.2017, Aktenzeichen: VIII ZR 5/16, juris). Zum anderen haben die Beklagten nicht entsprechend der Vorschrift auf Grundlage der VDI-Richtlinie 2077 abgerechnet. Schließlich wären die weiteren Kriterien aus der Richtlinie nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens vorliegend auch gar nicht erfüllt.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 und 709 ZPO.

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