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Voraussetzungen einer Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch

Streit um Räumung von Apartment: Berufungsgericht gibt teilweise Beklagter recht

In einem Rechtsstreit um die Räumung eines 1-Zimmer-Apartments haben die Parteien vor Gericht gestritten. Die Klägerin betreibt ein Studentenwohnheim und vermietete eines der Apartments an die Beklagte. Nach dem Verkauf des Anwesens wollte die Klägerin das Mietverhältnis beenden, was die Beklagte jedoch ablehnte. Das Amtsgericht gab der Klägerin in erster Instanz Recht und verurteilte die Beklagte zur Räumung des Apartments. Im Berufungsverfahren entschied das Gericht jedoch, dass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung der Klägerin beendet wurde und die Beklagte somit nicht zur Räumung verpflichtet ist. Das Gericht stellte jedoch auch klar, dass der Kündigungsschutz nach § 573 BGB greift und die Vorschrift des § 549 BGB nicht einschlägig ist. Der Ausschluss des Mieterschutzes nach § 549 Abs. 3 BGB setzt voraus, dass die Vermietung nach einem „sozialen Rotationsprinzip“ erfolgt, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war.

LG Heidelberg – Az.: 5 S 16/22 – Urteil vom 13.10.2022

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 01.03.2022 – 21 C 177/21 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, im Hausanwesen …

a) das von ihr in die Tür des im Kellergeschoss zur Hofseite orientierten Club- und Videoraums (13,7 qm) eingebrachte Schloss zu entfernen und das alte Schloss wiedereinzusetzen;

b) den in den Club- und Videoraum eingebrachten Glastisch, die Kleiderstange, mehrere Umzugskartons sowie das in dem Gang vor dem Raum abgestellte Kopfteil eines Doppelbettes, den 80-cm-Bettrost und den Fernseher auszuräumen;

c) die auf der Nordterrasse aufgestellten Pflanzenkübel mit Pflanzen, einen weißen nicht wetterfesten Schaukelstuhl, einen Bistrotisch aus poliertem Stahl, Plastiksäcke, Gartengeräte, Plastikeimer, einen schwarzen Kunstlederkorpus, einen Beistelltisch aus braun angestrichenem Holz, ein hölzernes Innenraumregal mit Metallbeschlägen sowie die von ihr in Plastikeimern auf der Südterrasse aufgestellten Pflanzen zu entfernen.

2. Im Übrigen (hinsichtlich der Räumung des Apartments) wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.

IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 2.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Räumung eines 1-Zimmer-Apartments nebst Nebenflächen.

Die Klägerin betrieb als Hauptmieterin des Gesamtanwesens … eine Bildungs- und Beherbergungseinrichtung für (insbesondere ausländische) Studenten. In dem Anwesen befinden sich neben Studentenzimmern und Veranstaltungsräumen auch zwei möblierte 1-Zimmer-Apartments für die Unterbringung von Dozenten. Mit „Zwischenmietvertrag“ vom 16.04.2020 vermietete die Klägerin eines dieser Apartments an die Beklagte unter. Die Pauschalmiete betrug 700,- € monatlich. Der Vertrag enthält u.a. folgende Klausel:

„Das Mietverhältnis beginnt am 01.07.2020 und wird befristet bis zum 30.09.2020 geschlossen, mit Option auf Verlängerung bis zum Verkauf des Hauses (4 Wochen Kündigungsfrist).“

Nach Mietbeginn brachte die Beklagte mehrere Gegenstände in und vor dem Video- und Clubraum im Kellergeschoss des Anwesens (insoweit zumindest mit mündlicher Gestattung der Klägerin) sowie auf zwei Terrassen ein und tauschte das Schloss des Video- und Clubraums aus.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.04.2021 verkauften die bisherigen Eigentümer das Anwesen und verpflichteten sich gegenüber dem Käufer, etwaige Mietverhältnisse zum 31.05.2021 zu beenden. Am 27.04.2021 erklärte die Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer, gegenüber der Beklagten die Kündigung des „Zwischenmietvertrages“ zum 31.05.2021. Die Beklagte widersprach der Kündigung.

Daraufhin hat die Klägerin Klage auf Räumung und Herausgabe des Apartments, auf Rücktausch des Schlosses in der Tür des Video- und Clubraums sowie Entfernung der dort und auf den Terrassen eingebrachten Gegenstände erhoben.

Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, die Beklagte könne sich nicht auf den Wohnungsmieterschutz berufen. Zum einen stelle das Anwesen ein Studentenwohnheim i.S.d. § 549 Abs. 3 BGB dar; sie betreue dort ausländische Studenten u.a. durch In-House-Kurse und Unterkunft, wobei die Zimmervergabe nach einem Rotationsprinzip erfolge. Zum anderen sei der Mietvertrag nur vorübergehend gedacht gewesen; die Beklagte habe von dem Apartment aus auf Wohnungs- und Informationssuche für ihr geplantes Jura-Studium gehen wollen. Bei Mietvertragsschluss sei klar gewesen, dass eine Befristung maximal bis zum Verkauf des Objekts gelte.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Ihre Absicht sei gewesen, die Wohnung als langfristigen Lebensmittelpunkt zu nutzen. Die Befristungsklausel sei nur „pro forma“ aufgenommen worden. Den Club- und Videoraum habe sie anstelle des ihr vertraglich zugesicherten Kellerraums von der Klägerin als Lagerraum zugewiesen bekommen. Die Nutzung der Terrassen sei ihr unentgeltlich gestattet worden. Zur Kündigungserklärung hat sie die Einzelvertretungsberechtigung des handelnden Geschäftsführers bestritten.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin D, die für die Klägerin die Vertragsverhandlungen mit der Beklagten geführt hatte. Mit Urteil vom 01.03.2022, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Räumungsklage in vollem Umfang stattgegeben und der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2022 gewährt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung sei wirksam. Der Kündigungsschutz für Wohnungsmieter (§ 573 BGB) sei hier zwar nicht durch § 549 Abs. 3 BGB ausgeschlossen; es handele sich nicht um ein Studentenwohnheim im Sinne dieser Vorschrift, da der Vermietung der Räume kein Konzept mit Rotationsprinzip zugrunde liege. Der Kündigungsschutz entfalle aber nach § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil eine Vermietung zu vorübergehendem Gebrauch vorliege. Die Auslegung des Mietvertrags ergebe, dass nur ein temporärer Gebrauch gewollt gewesen sei. Das von der Beklagten behauptete längerfristige Interesse finde keinen Anhalt im schriftlichen Vertrag. Abweichendes habe die Beklagte nicht bewiesen. Die Zeugin habe vielmehr den Klägervortrag glaubhaft bestätigt, wonach sie darauf hingewiesen habe, dass wegen der Verkaufsabsicht nur eine kurzfristige Vermietung möglich sei. Die Kündigung sei auch formwirksam erklärt worden, da der handelnde Geschäftsführer laut Handelsregister einzelvertretungsbefugt sei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Heidelberg vom 01.03.2022 – 21 C 177/21 – abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Während des Berufungsverfahrens hat die Kammer mit Beschluss vom 07.06.2022 eine Verlängerung der vom Amtsgericht gewährten Räumungsfrist abgelehnt und dies auf mangelnde Bemühungen um Ersatzwohnraum gestützt. Mit weiterem Beschluss vom 05.08.2022 hat sie die Zwangsvollstreckung aus dem amtsgerichtlichen Urteil ohne Sicherheitsleistung insoweit einstweilen eingestellt, als die Räumung des Apartments betroffen war, weil die Berufung (die die Beklagte in der Zwischenzeit begründet hatte) insoweit erfolgversprechend sei, da die bisherigen Feststellungen für einen vorübergehenden Gebrauch nicht ausreichen dürften.

Die Kammer hat die Parteien angehört und die Zeugin D erneut vernommen. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.09.2022 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist im wesentlichen Punkt (hinsichtlich der Räumung des Apartments) begründet, im Übrigen unbegründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des von der Beklagten bewohnten Apartments aus § 546 Abs. 1 BGB, da das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht wirksam beendet wurde, insbesondere nicht durch die Kündigung der Klägerin vom 27.04.2021.

a) Das Mietverhältnis endete nicht aufgrund Befristung. Zwar sollte der Mietvertrag ursprünglich bis zum 30.09.2020 befristet sein. Unabhängig von der Frage, ob diese Befristung nach § 575 Abs. 1 und 4 BGB wirksam war, hat sich das Mietverhältnis aber jedenfalls auf unbestimmte Zeit verlängert. Denn die Beklagte hat von der ausdrücklichen Verlängerungs-„Option“ Gebrauch gemacht und den Mietgebrauch – insoweit einvernehmlich – über den 30.09.2020 hinaus fortgesetzt (vgl. auch § 545 S. 1 BGB).

b) Das Mietverhältnis wurde auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.04.2021 beendet. Die Kündigung ist unwirksam.

Nach § 573 BGB setzt die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter voraus, dass er ein berechtigtes Interesse an der Vertragsbeendigung hat und diese im Kündigungsschreiben angibt. An der Angabe eines hinreichenden berechtigten Interesses (§ 573 Abs. 2 BGB) fehlt es hier. Entgegen der Ansicht der Klägerin findet die Mieterschutzvorschrift des § 573 BGB Anwendung. Der in § 549 BGB geregelte Ausschluss des Kündigungsschutzes greift nicht ein. Weder handelt es sich bei dem Apartment um Wohnraum in einem Studentenwohnheim i.S.d. § 549 Abs. 3 BGB, noch liegt eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch i.S.d. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor.

aa) Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem vermieteten Apartment um keinen Wohnraum in einem Studentenwohnheim i.S.d. § 549 Abs. 3 BGB handelt. Der Ausschluss des Mieterschutzes nach § 549 Abs. 3 BGB setzt voraus, dass die Vermietung nach einem „sozialen Rotationsprinzip“ erfolgt, dem ein die Gleichbehandlung aller Bewerber wahrendes Konzept zugrunde liegt, welches sich mit hinreichender Deutlichkeit aus Rechtsnormen, entsprechender Selbstbindung oder jedenfalls konstanter tatsächlicher Übung ergibt (BGH NJW 2012, 2881). Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die ausweislich der Gesetzesbegründung zu der Vorgängervorschrift (§ 564b Abs. 7 BGB a.F.) den Trägern von Studenten- und Jugendwohnheimen das Festhalten am „Rotationsprinzip“ ermöglichen, dadurch möglichst viele Mieter der begünstigten Personengruppe in den Genuss eines der begrenzten Wohnheimplätze bringen und auf diese Weise Gleichbehandlung gewährleisten soll (BT-Drs. 9/2079, S. 11). An der Übung einer solchen die Rotation ermöglichenden Belegungskonzepts nach abstrakt-generellen Kriterien fehlt es hier zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses mit der Klägerin, wie das Amtsgericht zu Recht feststellt. Ein entsprechendes Konzept ist von der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen worden. Aus dem Vortrag der Klägerin, ihr Konzept sei auf die Betreuung von Gaststudenten, vorwiegend aus den USA, ausgerichtet, ergibt sich noch kein auf abstrakt-generelle Kriterien gestütztes und den Grundsatz der Gleichbehandlung wahrendes Fluktuationskonzept, zumal davon offensichtlich Ausnahmen gemacht wurden, wie die Vermietung an die Beklagte zeigt. Auch fehlt es an der tatsächlichen Übung eines sozialen Rotationsprinzips. Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass sie eine Rotation anhand abstrakt-genereller Kriterien vornimmt und die Mietverhältnisse zugunsten einer gleichmäßigen Berücksichtigung aller Studenten nach einer gewissen Zeit beendet. Die Tatsache, dass es tatsächlich zu einem häufigen Bewohnerwechsel kam, deutet nicht zwingend auf das Vorliegen eines „sozialen Rotationsprinzips“ hin, da der häufige Mieterwechsel ebenso aus Gründen, die aus der Sphäre der Mieter stammen, herrühren kann (vgl. BGH a.a.O.; Schmidt- Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, BGB § 549 Rn. 67). Jedenfalls aber erfolgte die konkrete Vermietung an die Beklagte nicht im Rahmen eines solchen Rotationsprinzips. Denn die beabsichtigte kurzfristige Vermietung an die Beklagte war hier nicht Ausdruck eines abstrakt-generellen Kriterien folgenden „sozialen Rotationsprinzips“; sie sollte nicht der gleichmäßigen Berücksichtigung aller Studenten dienen, sondern die Zeit bis zum Verkauf des Hauses überbrücken.

bb) Ebensowenig greift der Ausschlusstatbestand des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB für die Vermietung nur zum vorübergehenden Gebrauch.

§ 549 Abs. 2 BGB schränkt den Schutz des Wohnungsmieters in Situationen ein, in denen zwar ein Wohnraummietverhältnis besteht, der „Normalfall“ der Vermietung von Wohnraum zu meist länger andauernder Nutzung als räumlicher Lebensmittelpunkt, an den die Schutzvorschriften teleologisch anknüpfen, aber nicht vorliegt (BeckOGK/H. Schmidt, Stand 1.7.2022, § 549 BGB Rn. 5). § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB trägt dabei der Sondersituation Rechnung, dass die angemieteten Räume nach der Zwecksetzung – etwa als Ferien- oder Monteurswohnung – nicht den Lebensmittelpunkt des Mieters bilden sollen und er daher nicht desselben Bestandsschutzes bedarf wie bei „normaler“ Wohnraummiete (vgl. LG Berlin ZMR 2022, 121; BeckOGK/H. Schmidt, 01.07.2022 BGB, § 549 Rn. 16; Staudinger/Artz, [2021] BGB § 549 Rn. 22). Nach diesem Normzweck des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB kann unter vorübergehendem Gebrauch nur ein kurzfristiger Gebrauch verstanden werden, dessen Entzug den Mieter nicht schwer treffen kann (OLG Hamm MDR 1986, 676). Wesentliches Abgrenzungskriterium ist, ob durch die Anmietung nur ein vorübergehender Wohnbedarf, der aus besonderem Anlass entsteht (etwa Urlaub, Um- oder Neubau der eigentlichen Wohnung), gedeckt werden soll oder ob ein allgemeiner Wohnbedarf – mangels anderweitiger Bleibe – lediglich kurzfristig und vorübergehend befriedigt werden kann. Nur im ersteren Fall liegt ein Mietverhältnis zu vorübergehendem Gebrauch vor (so zur identischen Vorgängernorm § 564b Abs. 7 Ziff. 1 BGB a.F.: OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 268 m.w.N.; vgl. auch OLG Hamm NJW 1981, 290; LG Berlin ZMR 2020, 397). Das Interesse allein des Vermieters an einer nur vorübergehenden Vermietung ist selbst dann nicht maßgeblich, wenn in den Mietvertrag ausdrücklich die Klausel aufgenommen worden ist, dass die Überlassung zu nur vorübergehendem Gebrauch erfolgt. Der einseitige Wunsch des Vermieters, ein Mietverhältnis kurz zu begrenzen, kann vielmehr nur in den Grenzen des § 575 BGB verwirklicht werden (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; LG Berlin ZMR 2022, 121; Staudinger/Artz, BGB [2021], § 549 Rn. 22).

Nach diesen Maßstäben lag hier kein nur vorübergehender Gebrauch i.S.d. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor. Die Bezeichnung als „Zwischenmietvertrag“ ist dafür ebenso unerheblich wie das (zwar ausdrücklich in den Vertrag aufgenommene, aber) rein vermieterseitige Interesse an einer zeitlichen Beschränkung bis zum Verkauf des Anwesens. Insbesondere lag hier kein nach § 575 BGB zulässiger Befristungsgrund vor. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Beklagte mit der Anmietung – für die Klägerin bei Vertragsschluss erkennbar – nicht lediglich einen vorübergehenden Wohnbedarf decken, sondern ihren allgemeinen Wohnbedarf mangels anderweitiger Bleibe zumindest kurzfristig befriedigen wollte. Soweit die Klägerin behauptet hat, die Beklagte habe bei Anmietung angegeben, das Apartment lediglich als Ausgangspunkt für die weitere Wohnungs- und Studienplatzsuche nutzen zu wollen, käme danach zwar grundsätzlich eine bloße „Durchgangsstation“ i.S.d. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht. Jedoch hat sich dieser Vortrag, für den sich im schriftlichen Mietvertrag kein Anhaltspunkt findet, in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Zeugin Gleich hat vielmehr sowohl in ihrer erst- wie in der zweitinstanzlichen Vernehmung angegeben, die Beklagte habe ausdrücklich nachgefragt, ob nicht auch eine längerfristige Anmietung möglich sei. Das entspricht im Kern den Angaben der Beklagten in ihrer persönlichen Anhörung vor der Kammer, sie habe ihre vorherige Wohnung wegen einer Eigenbedarfskündigung räumen müssen und deshalb eigentlich eine längerfristige Bleibe gesucht. Soweit die Zeugin darüber hinaus angegeben hat, die Beklagte habe auch erwähnt, in Zukunft ein Jura-Studium aufnehmen zu wollen (was die Beklagte bestreitet), kann dies dahinstehen. Denn nach den weiteren Angaben der Zeugin sei darüber nicht näher gesprochen worden. Selbst wenn man von einer allgemeinen Absicht zur Studienaufnahme ausgehen würde, ergäbe sich daraus allein noch kein nur kurzfristiger und vorübergehender Wohnbedarf. Vielmehr war in der Vertragsgestaltung mit der Verlängerungsklausel von vornherein – zumindest für den Fall, dass sich der Verkauf wider Erwarten verzögern sollte – die Möglichkeit einer Verstetigung der Wohnsituation angelegt.

Soweit – von den vorgenannten Maßstäben abweichend – in der Literatur teilweise geringere Anforderungen an den vorübergehenden Gebrauch i.S.d. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB gestellt werden (vgl. Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 549 Rn. 33 f.; BeckOK-MietR/Bruns, Stand: 01.08.2022, § 549 Rn. 13 f.), steht dem schon entgegen, dass die in § 549 BGB normierten Ausnahmen vom Mieterschutz grundsätzlich eng auszulegen sind. Letztlich kann das aber dahinstehen, da auch nach diesen Auffassungen hier der Ausnahmetatbestand des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Ergebnis zu verneinen wäre. Soweit die genannten Literaturstimmen – unabhängig vom Vertragszweck und -anlass – ausschließlich auf die zeitliche Begrenzung der Mietdauer abstellen wollen, bleibt das auf Fallgestaltungen mit sehr kurzfristigen Vertragsdauern von drei bis maximal sechs Monaten beschränkt (Schmidt- Futterer/Lehmann-Richter a.a.O. Rn. 34; BeckOK-MietR/Bruns a.a.O. Rn. 13; vgl. auch LG Berlin ZMR 2020, 397: kein vorübergehender Gebrauch bei siebenmonatiger Nutzung einer Ferienwohnung). Hier war jedoch durch die Verlängerungsklausel von vornherein eine Mietdauer über drei Monate hinaus auf unbestimmte Zeit angelegt (zum nicht mehr vorübergehenden Gebrauch bei Kettenmietverträgen vgl. auch Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter a.a.O.; OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 268). Letztlich bestand das Mietverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung bereits seit fast zehn Monaten, ohne dass dies über den bei Mietvertragsschluss vorhersehbaren Zeitraum hinausgegangen wäre. Soweit daneben für den vorübergehenden Gebrauch maßgeblich auf die objektive Beschaffenheit der Mieträume abgestellt wird (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter a.a.O.: Hotelzimmer, Ferienwohnung in einem Erholungsgebiet nach § 10 BauNVO), bleibt dieses Abgrenzungskriterium letztlich unklar und berücksichtigt nicht das umfassende Wohnraumverständnis, das in den Mieterschutz grundsätzlich auch solche Räume einbezieht, die – wie hier – für dauerhaftes Wohnen eigentlich nicht vorgesehen und gegebenenfalls nur eingeschränkt geeignet sind (vgl. dazu auch Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter a.a.O. Rn. 6). Jedenfalls soll auch insoweit die bloß vermieterseitige Widmung zu Sonderzwecken nicht genügen (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter a.a.O. Rn. 34 a.E.).

cc) Da damit kein Ausnahmetatbestand nach § 549 BGB vorlag, bedurfte die Klägerin nach § 573 BGB zur ordentlichen Kündigung eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses. Dafür kann zwar grundsätzlich die Verkaufsabsicht des Eigentümers genügen. Erforderlich wären dazu jedoch nach § 573 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB konkrete Angaben im Kündigungsschreiben über den Mindererlös im Falle vermieteten Verkaufs (LG Stuttgart BeckRS 1994, 10839 Rn. 9; Schmidt-Futterer/Blank/Börstinghaus, 15. Aufl., § 573 BGB Rn. 263 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

c) Die Berufung auf die Unwirksamkeit der Befristungsklausel ist der Beklagten auch nicht wegen Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) verwehrt. Zwar hat die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrags unmissverständlich klargemacht, dass eine Vermietung unter keinen Umständen über den Verkauf hinaus erfolgen sollte. Darauf hat sich die Beklagte in Kenntnis der wirtschaftlichen Beweggründe der Klägerin ausdrücklich eingelassen. Ihr dazu in der Berufungsverhandlung geäußerter Einwand, nach ihrem Verständnis erfordere der Verkauf die Eintragung im Grundbuch, liegt ersichtlich neben der Sache, zumal diese Eintragung mittlerweile erfolgt ist. Jedoch stellt sich das bloße Ausnutzen der Unwirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung noch nicht als Rechtsmissbrauch dar. Das gilt umso mehr, wenn diese formale Unwirksamkeit – wie hier – gerade dem Schutz des Wohnungsmieters zu dienen bestimmt ist.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Beklagte durch ihr absprachewidriges Verhalten die Klägerseite in eine prekäre Situation gegenüber dem Erwerber bringt. Indes ist die Vermieterseite nicht rechtlos gestellt: Unter den Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist der Vermieter zu einer Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, falls die Vermietung eine wirtschaftliche Verwertung des Anwesens verhindert.

2. Die weitergehende Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Beklagte zum Rücktausch des Türschlosses des Video- und Clubraums sowie zur Entfernung der dort und auf den Terrassen eingebrachten Gegenstände verurteilt.

a) Die Räumung des Video- und Clubraums einschließlich der Herausgabe im ursprünglichen Zustand, also mit dem vorherigen Türschloss, kann die Klägerin aus § 604 Abs. 1 BGB verlangen, den Rückbau des ursprünglichen Türschlosses zudem auch aus §§ 280, 249 BGB i.V.m. mit dem insoweit bestehenden Leihverhältnis.

Die Nutzung dieses Lagerraums ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht von dem – fortgeltenden – Mietvertrag mitumfasst. Im schriftlichen Mietvertrag findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin über das Apartment hinaus auch einen Keller- oder sonstigen Lagerraum vertraglich schuldet. Ebensowenig hat die Beklagte eine entsprechende mündliche Zusatzabrede beweisen können. Sie hat diese Behauptung zwar in ihrer mündlichen Anhörung vor der Berufungskammer wiederholt. Die Zeugin D konnte das jedoch nicht bestätigen, sondern hat vielmehr verneint, dass bei Vertragsschluss über einen zusätzlichen Lagerraum gesprochen worden sei. Insoweit steht zum mündlich Besprochenen Aussage gegen Aussage, ohne dass Anhaltspunkte erkennbar wären, weshalb nur der Beklagten, nicht aber der Zeugin Glauben zu schenken sein sollte. Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin im Berufungstermin hat er den Video- und Clubraum der Beklagten beim Einzug lediglich als kurzfristige Unterstellmöglichkeit angeboten (neben dort gelagerten Gegenständen der Klägerin, also nicht zur alleinigen Nutzung). Danach kann insoweit lediglich von einem unentgeltlichen Leihverhältnis ausgegangen werden, so dass die Klägerin diesen Raum jederzeit zurückverlangen kann, § 604 Abs. 3 BGB, jedenfalls aber wegen des eigenmächtigen Schlossaustauschs insoweit zur Kündigung nach § 605 Nr. 2 BGB berechtigt war, die sie mit der Klage konkludent erklärt hat.

b) Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Entfernung der auf der Nord- und Südterrasse eingebrachten Gegenstände aus § 541 BGB sowie aus §§ 280, 249 BGB i.V.m. dem Mietvertrag.

Zwar umfasste der Mietvertrag ausweislich der vorangegangenen Wohnungsanzeige der Klägerin (AS I 127) auch die „Gartennutzung“; das schließt bei verständiger Würdigung grundsätzlich die (Mit-)Benutzung der Terrassen ein, so dass diese im Ausgangspunkt unter den Mietvertrag fallen. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Flächen der Beklagten zur alleinigen Nutzung überlassen wären und sie diese nach ihren Vorstellungen gestalten, insbesondere möblieren und zur Lagerung von Gegenständen nutzen durfte. Zumindest hat die Beklagte Abweichendes nicht bewiesen. Die von ihr insoweit benannte Zeugin D hat vielmehr das oben ausgeführte eingeschränkte Verständnis der „Gartennutzung“ bestätigt.

Die Klägerin kann daher aus § 541 BGB die Unterlassung der vertragswidrigen Möblierung der Terrasse und zudem auch aus §§ 280, 249 BGB die Entfernung der dort abgestellten Gegenstände verlangen. Eine Abmahnung nach § 541 BGB war hier ausnahmsweise entbehrlich, nachdem die Beklagte jedenfalls im hiesigen Prozess eine Entfernung der Gegenstände ernsthaft und endgültig verweigert hat (vgl. dazu Schmidt-Futterer/Flatow, Mietrecht, 15. Aufl., § 541 BGB Rn. 8 m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Bei der Kostenquote hat die Kammer berücksichtigt, dass es sich bei dem Video- und Clubraum sowie den Terrassen – auch nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung – um nicht unerhebliche Nebenflächen handelt.

4. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision bestand nicht, § 543 ZPO. Der Fall betrifft die Anwendung gefestigter Rechtsprechung (insbesondere zum vorübergehenden Gebrauch i.S.d. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB) auf einen Einzelfall.

5. Der Streitwert der Jahresmiete von 8.400,- € (§ 41 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GKG) umfasst – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht nur den Räumungsanspruch hinsichtlich des Apartments, sondern auch hinsichtlich der weiteren Flächen, nachdem die Frage, ob diese Flächen vom Mietvertrag mitumfasst sind, gerade Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits ist. Ob hinsichtlich des Rücktauschs des Türschlosses ein (geringfügiger) eigenständiger Streitwert anzunehmen ist, kann dahinstehen, da dadurch jedenfalls kein Gebührensprung ausgelöst wird.

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