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Vorenthaltung Mietsache – Nutzungsentschädigung

LG Berlin – Az.: 18 S 381/16 – Urteil vom 17.01.2018

Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 8. November 2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 225 C 6/16 – teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.968,37 € nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 3.401,46 € seit dem 01.01.2016 sowie auf 566,91 € seit dem 07.01.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der Marktmiete in Anspruch. Die Beklagten wurden mit inzwischen rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 225 C 121/14 – vom 24. Februar 2015 auf Grund ordentlicher Kündigung zum 30. Juli 2015 zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt, gaben diese jedoch erst im März 2016 an die Klägerin heraus. Im Zeitraum Juli 2015 bis einschließlich Januar 2016 zahlten die Beklagten weiterhin die Vertragsmiete in Höhe von 1.039,57 € bruttokalt monatlich. Die Klägerin verlangt die monatliche Differenz zur Marktmiete, die sie mit 566,91 € beziffert.

Das Amtsgericht hat die Marktmiete auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2015 ermittelt und mit 7,11 €/m² nettokalt angesetzt. Es hat der Klägerin auf dieser Grundlage Differenzbeträge von 342,06 € je Monat zugesprochen und die weiter gehende Klage abgewiesen.

Beide Parteien haben Berufung gegen das am 8. November 2016 verkündete Urteil eingelegt. Die Klägerin verfolgt ihren ursprünglichen Klageantrag in vollem Umfang weiter, die Beklagten begehren weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen, §§ 313a, 540 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

II.

1.

Die Berufungen sind zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

2.

Die Berufung der Klägerin ist bis auf einen Teil der Verzugszinsen begründet, die Berufung der Beklagten hat nur wegen eines Teils der Verzugszinsen Erfolg.

a)

Der Klägerin steht gemäß § 546a Abs. 1 2. Alt. BGB Anspruch auf Zahlung der mit 566,91 € monatlich bezifferten Differenzbeträge zur Marktmiete in voller Höhe zu, sodass die Beklagten für den Zeitraum von Juli 2015 bis Januar 2016 antragsgemäß zur Zahlung von 3.968,37 € (7 x 566,91 €) zu verurteilen sind.

Der Anspruch auf Zahlung der ortsüblichen Miete entsteht mit der Vorenthaltung der Mietsache. Auf ein Verschulden des Mieters an der Verzögerung der Räumung kommt es dabei nicht an, sondern nur darauf, dass das Mietverhältnis beendet und der Vermieter mit einer auch nur befristeten Fortsetzung nicht einverstanden ist. Die Entstehung des Anspruchs hängt insbesondere auch nicht davon ab, dass der Vermieter den Mieter auffordert, die gegenüber der Vertragsmiete erhöhte Nutzungsentschädigung zu zahlen; vielmehr ist eine solche Zahlungsaufforderung lediglich Fälligkeitsvoraussetzung für den Zahlungsanspruch (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, MietR, 13. Aufl. 2017, § 546a Rn. 71, zitiert nach beck-online).

Die ortsübliche Miete im Sinne des § 546a Abs. 1 BGB bemisst sich nicht nach dem Maßstab der „ortsüblichen Vergleichsmiete“, der bei Mieterhöhungen nach §§ 558 ff. BGB anwendbar ist, sondern nach der bei Neuabschluss eines Mietvertrages erzielbaren Marktmiete (vgl. BGH – VIII ZR 17/16 -, Urt. v. 18.01.2017, GE 2017, 221 f., zitiert nach juris). Wie die Kammer mit Beschluss vom 24. Oktober 2017 ausgeführt hat, kann die Marktmiete vor dem Hintergrund des angespannten Berliner Mietmarktes und mit Blick auf die Vorschriften über die „Mietpreisbremse“ an Hand einer Schätzung auf Grundlage des Berliner Mietspiegels ermittelt werden. Dabei hält die Kammer es für angemessen, die nach dem hier anwendbaren Berliner Mietspiegel 2015 ermittelte „ortsübliche Vergleichsmiete“ unter Berücksichtigung des § 556d Abs. 1 BGB um 10 % zu erhöhen.

Die ortsübliche Miete für die streitgegenständliche Wohnung betrug danach im Klagezeitraum unter Berücksichtigung der in der Bruttokaltmiete enthaltenden Betriebskosten von 0,84 €/m² mindestens 1.708,36 € (173,79 m² x [8,99 €/m² + 0,84 €/m²]) bruttokalt monatlich; die von den Beklagten geleisteten Zahlungen von 1.039,57 € monatlich bleiben dahinter um mehr als 566,91 € zurück.

Die „ortsübliche Vergleichsmiete“ für die Wohnung beträgt nach dem Mietspiegel 2015 unter Heranziehung der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung mindestens 8,17 €/m² (6,18 €/m² + 20 % x [8,50 €/m² – 6,18 €/m²] + 0,63 €/m² + 0,34 €/m² + 0,56 €/m²). Die bis 1918 bezugsfertig gewordene Wohnung verfügt über Sammelheizung, Bad und Innen-WC, fällt mithin in das Mietspiegelfeld L 1 mit einem Mittelwert von 6,18 €/m² und einem oberen Spannengrenze von 8,50 €/m².

Die Merkmalgruppen 1 und 2 weisen aus den Gründen des Beschlusses vom 24. Oktober 2017 eine positive Bewertung auf; wie dort dargelegt, kommt es nicht darauf an, dass die hochwertige Ausstattung, wie etwa das Cerankochfeld, zum Teil nicht von der Klägerin, sondern von den Beklagten in die Wohnung eingebracht wurde.

Die Merkmalgruppe 3 weist wegen des vorhandenen Abstellraums ebenfalls eine positive Bewertung auf. Das möglicherweise ursprünglich vorhandene Negativmerkmal „Be- und Entwässerungsinstallation überwiegend auf Putz“ wurde von den Beklagten anlässlich des Umbaus von Küche und Bad beseitigt, lag mithin im Zeitraum ab Juli 2015 nicht mehr vor. Auch das Negativmerkmal „Elektroinstallation überwiegend sichtbar auf Putz“ liegt nicht vor, denn bei den Leitungen auf den von den Beklagten vorgelegten Bildern handelt es sich nicht um Elektroleitungen, sondern um Telefon- und Antennenkabel.

Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass Merkmalgruppen 4 und 5 negativ zu bewerten seien, wäre die Klage in voller Höhe begründet, da zu Gunsten der Klägerin die Sondermerkmale „Von der Badewanne getrennte Dusche in der Wohnung“, „Modernes Bad“ und „hochwertiges Parkett“ zu berücksichtigen sind.

Die von den Beklagten eingewandten Mängel ändern daran nichts. Zu berücksichtigen sind, wie im Beschluss vom 24. Oktober 2017 ausgeführt, nur die abgetrockneten Wasserflecken und die lose liegenden Kabel, wobei beide Mängel durch die abgehängte Decke verdeckt sind und sich bei der täglichen Nutzung der Wohnung nicht störend auswirken. Die behaupteten Mängel rechtfertigen daher nicht die Annahme, dass sie bei Neuvermietung der Wohnung zu einem Abschlag gegenüber der ermittelten Marktmiete geführt hätten. Der bestrittene Vortrag, die Wohnung habe wegen der Wasserschäden einen muffigen Geruch aufgewiesen, ist gemäß §§ 529, 531 ZPO nicht zu berücksichtigen, denn im ersten Rechtszug war von noch feuchten Wasserflecken oder durch solche verursachte Geruchsbelästigungen nicht die Rede.

b)

Die Beklagten gerieten mit der Zahlung der erhöhten Nutzungsentschädigung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015 gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB erst im Anschluss an deren Fälligstellung, die mit Schreiben der Klägerin vom 3. November 2015 erfolgte, auf Grund der Mahnung vom 17. Dezember 2015 und dem Ablauf der zum 31. Dezember 2015 gesetzten Zahlungsfrist in Verzug, sodass der weiter gehende Zinsantrag zurückzuweisen ist. Verzug mit der Zahlung der erhöhten Nutzungsentschädigung für Januar 2016 trat sodann gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit deren Fälligkeit ein.

3.

Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; die Klägerin unterliegt nur mit einem Teil des Zinsantrages, sodass es billigem Ermessen entspricht, den Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Grundsätzliche, ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen sind nicht betroffen. Eine Revisionszulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.

 

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