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Vorgetäuschter Eigenbedarf des Vermieters – Schadensersatzanspruch Mieter

AG Bonn – Az.: 203 C 66/19 – Urteil vom 17.01.2020

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.275,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen nach Auffassung der Klägerin vorgetäuschten Eigenbedarfs durch die Beklagte.

Die jetzige Klägerin mietete am 23.07.1977 die hier streitgegenständliche Wohnung in der W-straße # in C von der Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten an. Die Beklagte erwarb das Eigentum an dem Objekt im Juni 2015. Die Klägerin zahlte zuletzt einen Mietzins in Höhe von 504,45 EUR zuzüglich Schönheitsreparaturenaufschlag und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 142,31 EUR.

Mit Schreiben vom 02.09.2015 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung dieses Mietverhältnisses zum 31.05.2016. Das Kündigungsschreiben ging der Beklagten und ihrem Ehemann, der die Wohnung mit ihr bewohnte, am 02.09.2015 zu. Begründet wurde die Kündigung mit Eigenbedarf, wobei die Klägerin unter näherer Darlegung ihrer Lebensumstände anführte, dass nunmehr ihr Lebensgefährte, der Zeuge T in die Wohnung der Klägerin und ihres Ehemannes einziehen solle. Die Klägerin räumte die Wohnung nicht, woraufhin die Beklagte die Klägerin gerichtlich in Anspruch nahm. Die Klägerin wurde in dem Verfahren Amtsgericht Bonn, 203 C 161/16 mit Urteil vom 23.11.2016 zur Räumung verurteilt. In dem Urteil erklärte das Gericht, dass es von einem Eigenbedarf der Beklagten zugunsten ihres Lebensgefährten, des Zeugen T ausgehe. Das Gericht führte hierzu unter anderem aus:

„Der Zeuge T hat im Rahmen seiner Vernehmung bekundet, dass er seit zwei Jahren im Haushalt der Klägerin lebe. Er hat ausführlich geschildert, dass er die von den Beklagten innegehaltene Wohnung beziehen wolle, da er dort genügend Raum für sein eigenes Mobiliar habe. Seine Möbel seien derzeit eingelagert. Ferner habe er in der streitgegenständlichen Wohnung auch ein eigenes Schlafzimmer. Dieses sei für ihn aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes erforderlich. Er hat eingehend erläutert, dass er für die Haltung der Hunde eine Erdgeschosswohnung mit Gartenzugang benötige. Das Gericht folgt der insoweit nachvollziehbaren und plausiblen Darstellung. Der Zeuge T hat seinen ernsthaften Nutzungswillen bekundet.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes des Vorprozesses wird auf die beigezogene Akte 203 C 161/16 Bezug genommen.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 20.11.2016 legte die Klägerin gegen dieses Urteil Berufung ein. Nachdem die zuständige Berufungskammer des Landgerichts Bonn mit Beschluss vom 27.01.2017 (6 S 183/16) darauf hingewiesen hatte, das eine Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 ZPO beabsichtigt ist, nahm die Klägerin ihre Berufung mit Schriftsatz vom 15.02.2017 zurück. Gemäß der Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 22.03.2017 (Bl. 127 – 129 d.BA) erstattete die Klägerin an die Beklagte Kosten in Höhe von 1.467,40 EUR und 794,92 EUR.

Die Klägerin räumte daraufhin die streitgegenständliche Wohnung am 09.05.2017 und bezog eine neue Wohnung in der F-straße # in C, die ebenfalls über 4 Zimmer, jedoch – im Gegensatz zu der Wohnung in der W-straße – über keinen Garten verfügt. Für ihre jetzige Wohnung schuldet die Klägerin eine Nettomiete in Höhe von 725,00 EUR.

Der Lebensgefährte der Beklagten bezog die von der Klägerin geräumte Wohnung nie und wohnt auch noch zum jetzigen Zeitpunkt bei der Beklagten. Die Beklagte verfügt noch über eine weitere Wohnung im Erdgeschoss des Hauses, die bis 2015 durch die Zeugen T2 bewohnt wurde. Mit Schreiben vom 02.09.2015 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis mit den Eheleuten T2 zum 31.05.2016. Auch diese Kündigung wurde auf Eigenbedarf gestützt, wobei nach der Erklärung der Beklagten nunmehr ihre erwachsene Tochter diese Wohnung beziehen solle. Das Amtsgericht führte hierzu im Vorrechtsstreit aus:

„Soweit die Beklagten vortragen, dass die Nachbarwohnung im Erdgeschoss in der W-straße 1 durch Kündigung der Klägerin frei geworden sei, so folgt das Gericht den nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin, dass diese Wohnung von der Tochter bewohnt werden soll.“

Tatsächlich kam es nie zu einem Einzug der Tochter in die andere Erdgeschosswohnung. Stattdessen zogen dort zum 01.01.2017 die Zeugen C ein und wohnen auch heute noch dort. Die Wohnung der Klägerin wurde mit Mietvertrag vom 13.10.2017 an die Mieter S und E vermietet. Auch diese bewohnen die Wohnung derzeit noch.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe den Eigenbedarf nur vorgeschoben. Der Zeuge T habe nie beabsichtigt, in die Wohnung einzuziehen. Sie ist der Ansicht, ihr stünde deshalb Schadenersatz in Höhe von 42.245,61 EUR. Dieser Schadenersatz umfasse unter anderem die Kosten für den Umzug, die Ausgaben für die Neumöblierung der neuen Wohnung in Höhe von 12.214,13 EUR, die Mietdifferenz zwischen der neuen und alten Wohnung über einen Zeitraum von 4 Jahren in Höhe von 10.586,40 EUR, Ausgleich für zurückgelassene Gegenstände in Höhe von insgesamt 2.675,87 EUR sowie die Kosten des Ausgangsverfahrens. Zur genauen Höhe der einzelnen Positionen wird auf die Klageschrift vom 08.03.2019, Blatt 6 ff. d.A. verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 42.245,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Zeuge T habe aufgrund eines Sturzes Ende Mai 2017 nicht in die Wohnung einziehen können. Sie ist zudem der Ansicht, der Vortrag der Klägerin zur Schadenshöhe sei unsubstantiiert. Bezüglich der Mietdifferenz sei nicht berücksichtigt worden, dass sie selbst die Miete hätte erhöhen können. Bezüglich des Ausgleichs für zurückgelassene Gegenstände erhebt sie die Einrede der Verjährung. Wegen der weiteren Einwände zur Schadenshöhe wird auf die Klageerwiderung vom 22.05.2019 (Bl. 134 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klage ist der Beklagten am 24.04.2019 zugestellt worden. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T, L und L2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsprotokoll vom 27.09.2019 (Bl. 191-193 d.A.) sowie vom 29.11.2019 (Bl. 222-224 d.A.) sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Das Gericht ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gemäß § 322 ZPO gehindert, von der Entscheidung des Amtsgerichts im Vorverfahren abweichende Feststellungen zu treffen. Dass weder der Zeuge T noch die Zeugin K2 die wegen Eigenbedarfs gekündigten Wohnungen bezogen haben, sind nachträglich entstandene Tatsachen, die von der Präklusionswirkung ausgeschlossen sind. Wäre dies anders, könnte sich ein Mieter, der im Räumungsrechtsstreit unterliegt, grundsätzlich nie auf vorgetäuschten Eigenbedarf berufen.

Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs aus den §§ 280, 535 BGB. Realisiert der Vermieter den zur Grundlage der Kündigung gemachten Eigenbedarf nach dem Auszug des Mieters nicht, liegt auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Verdacht nahe, dass der Bedarf nur vorgeschoben gewesen ist. Der Vermieter ist daher gehalten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein sollte. An diese Darlegungen sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH VIII ZR 44/16).

Hier ist schon fraglich, ob der Vortrag der Beklagten diesen Voraussetzungen gerecht wird. Soweit die Beklagte vorträgt, dass der Zeuge T am 31.05. und erneut am 15.07.2017 gestürzt sei, kann das Gericht weder aufgrund des Vortrags der Beklagten, noch aufgrund der vorgelegten Atteste davon ausgehen, dass die Folgen dieses Sturzes den Zeugen an einem Wohnen in der streitgegenständlichen Wohnung gehindert hätten. Der Vortrag erklärt allenfalls, weshalb der Zeuge zu einer höchstpersönlichen Durchführung eines Umzugs nicht in der Lage war. Der Zeuge T ist durch den Sturz weder pflegebedürftig geworden noch in sonstiger Weise unfähig, einen eigenen Haushalt zu führen. Die Beklagte selbst trägt eine konkrete Diagnostik schon nicht vor und beschränkt sich auf die Erklärung, der Zeuge habe mehrere Arzttermine wahrgenommen und es habe die Möglichkeit einer Operation im Raum gestanden. Aus dem Arztbrief über die ambulante Behandlung des Zeugen T vom 18.08.2017 (Blatt 217 d. A.) ergibt sich jedoch, dass sich der Zeuge T dort wegen „seit längerer Zeit bestehenden linksseitigen Knieschmerzen“ vorgestellt hat. Ruheschmerzen gab er dort nicht an. Auch erklärte der Zeuge gegenüber den behandelnden Ärzten, dass er sich in seiner Lebensqualität nicht komplett eingeschränkt fühle. Eine Indikation für eine Operation wird dort ausdrücklich nicht gesehen.

Vor diesem Hintergrund ist bereits unter Zugrundelegung des Beklagtenvortrags fraglich, ob überhaupt substantiiert und plausibel dargelegt ist, weshalb die Wohnung nicht bezogen werden konnte. Strengen Anforderungen, wie sie der Bundesgerichtshof erlangt, genügt der Vortrag wohl kaum. Hinzu kommt, dass gerade unter Berücksichtigung von Kniebeschwerden, die übrigens ausweislich des Attestes bereits seit längerer Zeit bestehen und damit wohl auch zum Kündigungszeitpunkt schon vorlagen, zu erwarten gewesen wäre, dass der Zeuge T einen Umzug alsbald umsetzt, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme dritter Personen. Denn die Wohnung, die der Zeuge zur Zeit bewohnt, befindet sich im ersten Obergeschoss, während die streitgegenständliche Wohnung, wegen der der Eigenbedarf geltend gemacht wurde, sich im Erdgeschoss befindet. Auch und gerade unter Zugrundelegung einer Knieverletzung des Zeugen, die erhebliche Beschwerden verursacht, wäre anzunehmen gewesen, dass der Zeuge T die Wohnung eher beschleunigt bezieht. Dass er zu einer Durchführung des Umzugs selbst nicht in der Lage ist, steht einem solchen Umzug nicht entgegen. Der Zeuge hätte sich ohne Probleme der Hilfe Dritter bedienen können. Dies wäre jedenfalls zu erwarten gewesen, wenn der Zeuge ernsthaft den Bezug der Wohnung beabsichtigt hätte.

Selbst wenn man aber unterstellt, dass der Vortrag der Beklagten einen plausiblen Verhinderungsgrund darstellen würde, so ist das Gericht jedenfalls aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war.

Diese Überzeugung beruht zum einen auf der Aussage der Zeugin L die angegeben hat, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Zeugen sei ihr nicht aufgefallen und dieser habe, abgesehen von einer Bandage, seine sonstigen Tätigkeiten als Hausmeister weiterhin ohne Einschränkungen ausgeübt. Zum anderen aber folgt diese Überzeugung auch aus der Aussage des Zeugen T selbst. Der Zeuge hat nämlich angegeben, dass die Knieprobleme bereits seit 2014 und damit auch zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorlagen. Dass das Knie im Juli 2017 durch einen Sturz heraussprang, sorgte allenfalls für kurzfristige Schmerzen, nicht aber für eine generelle Änderung des Zustandes des Knies, was sich auch daran zeigt, dass der Zeuge selbst nach eigener Auskunft zeitnah wieder seine üblichen Tätigkeiten ausführte, wenn auch mit Bandage. Einen Grund, den Einzug zu verschieben, kann hierin nicht erkannt werden. Dass der genaue Umfang der Verletzung und etwaige Heilmaßnahmen noch unklar sind, konnte den Einzug ebenfalls nicht hindern. All diese Unklarheiten bestanden bereits seit 2014 und bestehen auch heute noch, da der Zeuge T offenbar eine Operation nicht wünscht. Einen Grund, die Nutzung der Erdgeschosswohnung zurückzustellen, kann das Gericht hierin nicht sehen. Letztlich hat auch der Zeuge T selbst eingeräumt, dass ein solcher Grund nicht vorlag. Der Zeuge hat wörtlich bekundet, dass er selbst nicht weiß, warum er nicht spätestens im September 2019 in die streitgegenständliche Wohnung eingezogen ist. Er erklärte wörtlich: „Da fragen Sie mich was“. Viel deutlicher kann der Nachweis, dass tatsächlich überhaupt kein Nutzungswille vorlag, nicht mehr geführt werden.

Zweifel an einem Nutzungswillen des Zeugen können im Übrigen auch aus dem Vorgehen der Klägerin in Bezug auf die andere Erdgeschosswohnung hergeleitet werden. Auch die dortige Eigenbedarfskündigung ist nämlich vorgetäuscht gewesen. Die Beklagte berief sich im Kündigungsrechtsstreit ausdrücklich auch darauf, dass die Nachbarwohnung im Erdgeschoss für den Zeugen T nicht geeignet sei, da diese Wohnung von ihrer Tochter bewohnt werden solle. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht jedoch fest, dass ein Eigenbedarf zugunsten der Tochter tatsächlich nicht bestand, jedenfalls nicht zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung. Die Zeugin L hat dazu ausgesagt, dass sie sich erst im Sommer 2016, kurz nach dem Abitur zu einem Einzug in die Wohnung im Erdgeschoss entschlossen hat. Die Kündigung durch die Beklagte erfolgte aber mit Schreiben vom 02.09.2015 und damit zu einem Zeitpunkt, als ein Eigenbedarf zugunsten der Tochter nicht vorlag. Vor diesem Hintergrund war die Kündigung unwirksam, ohne dass es darauf ankäme, ob der Eigenbedarf zugunsten der Tochter dann jedenfalls im Sommer 2016 entstand.

Der Höhe nach besteht der Schadensersatzanspruch jedoch nur im tenorierten Umfang.

Zunächst einmal steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der Mietdifferenz zu. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Mietzins für die neue Wohnung zu ersetzen ist, wenn die geschuldete Miete in der neuen Wohnung höher ist als die dem schadensersatzpflichtigen Vermieter zuvor geschuldete Miete. Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hat durch Vorlage des Mietvertrages ausreichend belegt, dass sie nunmehr eine Nettomiete von 725,00 EUR schuldet. Das Gericht geht insoweit auch von einer Vergleichbarkeit der Wohnungen aus, da sich dem Mietvertrag jedenfalls entnehmen lässt, dass es sich bei der neuen Wohnung ebenfalls um eine Vierzimmer-Wohnung handelt. Eine vollständige Vergleichbarkeit kann und darf nicht gefordert werden. Soweit die neue Wohnung tatsächlich einige Quadratmeter größer sein sollte als die alte, hindert dies eine Vergleichbarkeit nicht, zumal die Klägerin bezüglich der neuen Wohnung den durchaus schwerwiegenden Nachteil hinnehmen muss, über keinen Garten zu verfügen.

Soweit die Beklagte einwendet, sie sei selbst zu einer Mieterhöhung berechtigt gewesen, bleibt der entsprechende Vortrag unsubstantiiert. Die Beklagte trägt nicht vor, zu welchem Zeitpunkt sie die Miete auf welchen Betrag hätte erhöhen können. Der Anspruch der Klägerin besteht jedoch insoweit nur in Höhe des 3,5fachen Wert des einjährigen Bezugs, § 9 ZPO. In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten, wie lange ein Mieter den Differenzschaden geltend machen kann. Dabei ist es aus Sicht des Gerichtes wenig hilfreich, auf den Fall abzustellen, zu dem der Vermieter das Mietverhältnis durch eine Kündigung hätte beenden können. Denn hierfür ist nicht nur die Kündigungsfrist maßgeblich, sondern auch das Bestehen eines Kündigungsgrundes. Vorzugswürdig dagegen ist es, gemäß § 9 ZPO aus Gründen der Rechtsicherheit eine pauschale Festlegung des ausgleichspflichtigen Zeitraumes auf 3 ½ Jahre vorzunehmen (vgl. jüngst AG Coesfeld, WM 12/2019, 712). Diese Auffassung hat auch der Bundesgerichtshof nicht beanstandet (BGH NJW 2010, 1068). Es besteht damit ein Schaden der Klägerin in Höhe von 9.263,10 EUR.

Ferner ersatzfähig sind alle unmittelbaren Umzugskosten (vgl. BGH NJW 2017, 2819). Diese sind hier zunächst in Höhe von 1.483,93 EUR nachgewiesen. Die entsprechende Summe berechnete die Firma O Umzüge GmbH der Klägerin (vgl. Blatt 48 d. A.). Dass diese Summe überhöht wäre, ist weder substantiiert vorgetragen, noch ersichtlich. Ferner sind dem Grunde nach auch Kosten für Eigenleistungen erstattungsfähig. Der entsprechende Vortrag der Klägerin ist jedoch unsubstantiiert. Es wird nicht vorgetragen, wer über welche Zeiträume hinweg konkret welche Arbeiten vorgenommen hat. Vor diesem Hintergrund muss das Gericht den Schaden gemäß § 287 ZPO schätzen, da offenkundig ist, dass solche Arbeiten geleistet wurden. Mangels substantiierten Vortrags kann hier nur die absolute Untergrenze des möglichen Aufwandes geschätzt werden. Diese liegt nach Auffassung des Gerichts bei 320,00 EUR, wobei unterstellt wird, dass zwei Personen zwei Tage jeweils 8 Stunden gearbeitet haben und ein Stundensatz von 10,00 EUR angemessen ist. Ferner ersatzfähig sind die Kosten von 34,20 EUR für die Ummeldung und in Höhe von 28,00 EUR für den Nachsendeauftrag. Diese beruhen unmittelbar kausal auf der Pflichtverletzung der Beklagten. Weiterhin ersatzfähig sind auch die Kosten der Wohnungssuche (vgl. BGH WUM 2017, 342). Dass solche Kosten angefallen sind, ist wiederum offenkundig. Jedoch ist der Beklagten darin Recht zu geben, dass der Vortrag der Klägerin insoweit wenig substantiiert ist. Auch hier wird nicht vorgetragen, welche Wohnungen wann konkret besichtigt wurden. Das Gericht schätzt den entsprechenden Schaden daher auf einen Minimalbetrag von 90,00 EUR, § 287 ZPO.

Auch die Kosten für noch nicht abgewohnte Investitionen durch bauliche Maßnahmen und von nicht mehr verwendbaren Einrichtungsgegenständen sind grundsätzlich ersatzfähige Schadenspositionen (vgl. zu ersterem OLG Karlsruhe, WUM 1976, 99 und zu letzterem AG Saarlouis, WuM 1995, 173). Entgegen der Auffassung der Klägerin hält das Gericht jedoch die Kosten für den Einbau des Bodens 26 Jahre vor Auszug, für die Erneuerung des Fliesenspiegels in der Küche 19 Jahre vor Auszug, für die Erneuerung des Fliesenspiegels in Badezimmer und Toilette 16 Jahre vor Auszug sowie für die Arbeiten bezüglich des Laminatbodens im Kinderzimmer 14 Jahre vor Auszug und die Kosten für das Fliesen des Bodens des Gartenhauses 9 Jahre vor Auszug für abgewohnt. Die von der Klägerin angenommene Nutzungsdauer von 40 Jahren ist unrealistisch.

Ersatzfähig sind insoweit nur die Kosten für den Ersatz des Parkettbodens nebst Sockelleisten im Schlafzimmer, für den insgesamt Kosten in Höhe von 876,27 EUR angefallen sind. Hier geht das Gericht von einer Nutzungsdauer von 20 Jahre aus, so dass 90 % der entsprechenden Kosten zu ersetzen sind, mithin 788,64 EUR. Auch die Kosten für die nicht mehr verwendbaren Einrichtungsgegenstände sind ersatzfähig. Fraglich ist dies allein bezüglich der Kosten des Fliegengitters und des Fliegengitterfensters für das Wohnzimmer. Hier fehlt es an jedem Vortrag dazu, weshalb diese Fliegengitter nicht mehr verwendbar sind. Bei den übrigen von der Klägerin genannten Gegenständen, etwa dem Sonnensegel, dem Gartentisch, dem Gartenhechsler, dem Gartenhaus und den Pflanzen handelt es sich offenkundig um Gegenstände, die in der neuen Wohnung schon mangels Garten nicht verwendet werden können. Bei den 1 – 3 Jahre alten Gegenständen sowie den Gartenpflanzen hält das Gericht den von der Klägerin vorgenommen 50 %igen Abzug für ausreichend, um der Nutzung gerecht zu werden. Insoweit besteht ein Anspruch in Höhe von 852,42 EUR. Bezüglich der 9 Jahre alten Gegenstände, also des Gartenhauses und der Umrandungssteine, hält das Gericht einen Abzug für 70 % für erforderlich. Insoweit sind hier insgesamt noch 688,00 EUR zu ersetzen. Kosten für Sperrmüll und Sondermüll sind nicht belegt. Insbesondere wird nicht einmal vorgetragen, wofür diese Kosten angefallen sein sollen. Sie waren daher nicht ersatzfähig.

Zuletzt ersatzfähig sind die Kosten der Rechtsverteidigung, die die Klägerin für die Verteidigung gegen die unberechtigte Kündigung aufwenden musste. Soweit sich die Klägerin insoweit lediglich auf die Mitteilung der Rechtschutzversicherung zur Höhe dieser Kosten beruft, ist dies nicht ausreichend. Ersatzfähig sind insoweit daher nur die aktenkundigen Kosten. Diese umfassen zunächst die 615,34 EUR an außergerichtlichen Kosten, zu deren Zahlung die Klägerin im Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 23.11.2016 verurteilt wurde. Sie umfassen ferner die 312,97 EUR, die die Klägerin an die Anwälte der Beklagten deswegen bezahlen musste, weil sie mit dem Auszug in Verzug geriet. Ferner sind sämtliche Kosten des Vorverfahrens 203 C 161/16 erstattungsfähig. Dies sind zunächst die 1.467,40 EUR und die 794,92 EUR, zu deren Zahlung die Klägerin durch Kostenfestsetzungsbeschluss verpflichtet wurde. Ferner sind dies 368,00 EUR an Gerichtsgebühren für die zweite Instanz, die die Klägerin selbst verauslagt hat. Hinzu kommen die Kosten für die Eigenrechtsvertretung in Höhe von 1.373,26 EUR (Anwaltsgebühren für die erste Instanz, 1,6 Gebühr und 1,2 Gebühr nebst Pauschale und Mehrwertsteuer) sowie in Höhe von 794,92 EUR für die zweite Instanz. Insgesamt ergibt sich insoweit ein Schadensersatzanspruch von 5.726,81 EUR.

Weitere Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu.

Hinsichtlich der Gutachterkosten Pensl fehlt es an jedem Vortrag dazu, weshalb die Hinzuziehung eines Gutachters bei der Wohnungsübergabe notwendig gewesen sein soll. Weiter nicht ersatzfähig sind die Kosten für die Möbel, die die Klägerin für die neue Wohnung angeschafft hat. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass die Kosten für die Anschaffung neuer Einrichtungsgegenstände ersatzfähig sind. Hierzu muss aber zumindest vorgetragen werden, weshalb die Gegenstände, die sich zuvor in der alten Wohnung befunden haben, nicht weiter genutzt werden können. Darüber hinaus wären entsprechende Abzüge zu machen, da eine Erneuerung dieser Gegenstände möglicherweise auch in der jetzigen Wohnung angefallen wäre. Zudem erlangt die Klägerin durch das Eigentum an den gekauften Gegenständen einen Gegenwert, so dass der Schaden jedenfalls nicht in Höhe der jeweiligen Kaufpreise besteht. Obgleich die Beklagte mit der Klageerwiderung die Erforderlichkeit der entsprechenden Ausgaben bestritten und zu Recht bemängelt hat, dass es an einlassungsfähigem Sachverhaltsvortrag diesbezüglich fehlt, hat die Klägerin ihren Vortrag nicht mehr konkretisiert. Die entsprechenden Kosten in Höhe von 12.214,13 EUR sind daher nicht ersatzfähig.

Auch hinsichtlich des Arbeitsweges teilt das Gericht die Auffassung der Beklagten, dass es an substantiiertem Sachvortrag fehlt. Es wird schon nicht angegeben, wo sich die Arbeitsstelle befindet. Kosten für Malerarbeiten und Fliesenarbeiten in der neuen Wohnung sind ebenfalls nicht ersatzfähig. Die Beklagte hat sowohl deren Erforderlichkeit als auch den konkreten Stundenaufwand bestritten, ohne dass die Klägerin hierzu näheres erläutert hätte. Es wird nicht einmal vorgetragen, welche Art von Fliesen verlegt worden sind und weshalb hierfür eine Notwendigkeit bestand. Auch zu den Malerarbeiten findet sich letztlich nichts. Dieser pauschale Vortrag ist nicht ausreichend.

Hinsichtlich der Kosten für die Schönheitsreparaturen in Höhe von 4.800,00 EUR folgt das Gericht der Auffassung der Beklagten, dass insoweit kein Schaden der Klägerin vorliegt. Die Klägerin trägt nicht vor, welche Art von Schönheitsreparaturen sie in der neuen Mietwohnung gegebenenfalls mehr leisten muss als in der alten und welche Kosten hierfür anfallen sollen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.

Streitwert: 42.245,61 EUR.

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