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Wärmeverbrauch Mietwohnung – Berechnung

AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Az.: 7 C 1995/20 – Urteil vom 23.12.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 358,55 € festgesetzt.

Tatbestand

Mit der Klage wird rückständige Miete aus einem Wohnraummietverhältnis geltend gemacht.

Die Klägerin vermietete an die Beklagte ab dem 01.04.2014 eine Wohnung in der …. Für den Monat Mai 2019 bezahlte die Beklagte 255,14 € Miete zu wenig. Die Klägerin rechnet mit einem Guthaben von 57,79 € (Gutschrift für Betriebskosten Garage) und einer Überzahlung im September 2019 in Höhe von 11,06 € gegen, sodass 186,29 € weiterhin offenstehend sind. Für den Monat Juli 2019 zahlte die Beklagte 133,20 € Miete zu wenig. Ferner verlangt die Klägerin eine Zahlung von 34,06 € als Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2018 sowie Ersatz von Kosten für am 18.03. und 21.04.2020 erfolgte Mahnschreiben in Höhe von je 2,50 € ersetzt. Hieraus ergibt sich der Klagebetrag von 358,55 €.

Die Beklagte verteidigt sich damit, dass sie mit nachfolgenden Positionen aufgerechnet hat:

Abzug nach § 12 Heizkostenverordnung

In dem von der Beklagten bewohnten Mehrparteienhaus wird eine zentrale Heiz- und Warmwasserversorgungsanlage betrieben. Die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge wird nicht mit einem Wärmemengenzähler gemessen, weil ein solches Gerät nicht vorhanden ist. Die Klägerin berechnet die Heiz- und Warmwasserkosten verbrauchsabhängig nach den in § 9 Heizkostenverordnung vorgesehenen Formeln. Die Beklagte nimmt daher für das Jahr 2017 nach § 12 Abs. 1 Heizkostenverordnung eine 15-prozentige Kürzung von den Heizkosten und den Warmwasserkosten vor. Diese berechnet sie wie folgt:

Heizkosten 1.060,66 €

Warmwasserkosten   305,39 €

Gesamt: 1.366,05 €

hiervon 15 %: 204,90 €

Einen weiteren Abzug nimmt sie für das Jahr 2018 vor, den sie wie folgt berechnet:

Heizkosten 632,30 €

Warmwasserkosten   255,74 €

Gesamt: 888,04 €

hiervon 15 %: 133,20 €

Für die Abrechnung betreffend das Jahr 2019 behält sich die Beklagte einen weiteren Abzug vor.

Überhöhter Einheitspreis für das Wasser

Wärmeverbrauch Mietwohnung – Berechnung
(Symbolfoto: Von Africa Studio /Shutterstock.com)

Die Beklagte nimmt einen weiteren Abzug von 110,01 € für die in der Abrechnung für 2017 berechneten Wasserkosten vor. Sie erkennt an, dass die addierten Werte aus den Wasserzählern regelmäßig nicht den Ablesewerten des Hauptzählers entsprechen. Hieraus dürfe allerdings nur eine Abweichung von 10 bis 20 % an die Mieterpartei weitergegeben werden. Bei einer Kappungsgrenze von 120 % beträgt der fiktive Einheitspreis nicht 6,69 €, sondern 5,18 €, woraus sich der Abzug von 110,01 € ergibt. Die Klägerin hat daraufhin im laufenden Verfahren eine Neuberechnung vorgenommen und der Beklagten 40,45 € gutgeschrieben. Der weitere Betrag von 69,56 € wird von der Beklagtenseite nunmehr nicht weiter verfolgt.

Guthaben Heizstrom Heizkostenabrechnung 2018

Die Beklagte hält eine Berechnung des Heizstroms mit 25 % der Energiekosten für zu hoch angesetzt. Sie beruft sich darauf, dass lediglich 5 % angesetzt werden können. 5 % betragen lediglich 265,82 € der berechneten Kosten, woraus sich ein weiteres Guthaben von 121,17 € ergibt.

Die Klägerin hat im laufenden Verfahren mitgeteilt, dass die Stromrechnungen nicht auf einer Ablesung des Versorgers, sondern auf einer Schätzung beruhen. Der Stromversorger EnBW habe am 03.02.2020 die Stromrechnungen korrigiert. Die Heizkostenabrechnungen 2017 und 2018 würden auf der Basis der Korrektur allerdings nicht berichtigt, sondern die Gutschriften des Versorgers in die Heizkostenabrechnung 2019 eingestellt werden. Der Betrag belaufe sich für 2017 auf 274,82 € und für 2018 auf 546,21 €.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagten ein Kürzungsrecht nach § 12 Heizkostenverordnung wegen der nicht eingebauten Wärmezähler nicht zustehe. Ein solches Kürzungsrecht bestehe nur, wenn entgegen der Vorschriften der Heizkostenverordnung verbrauchsunabhängig abgerechnet werde. Die Klägerin habe verbrauchsabhängig abgerechnet. Daher dürfe ein Abzug nicht vorgenommen werden. Im Übrigen betreffe das Kürzungsrecht nur den Prozentsatz der Heizkosten, die der Vermieter verbrauchsabhängig hätte abrechnen müssen. Der Teil der Energiekosten, die der Vermieter mietvertraglich verbrauchsunabhängig abrechnen dürfe, könnte nicht gekürzt werden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 358,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Abzug nach § 12 Heizkostenverordnung gerechtfertigt sei, und zwar sowohl aus den Heizkosten als auch aus den Warmwasserkosten.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat das vereinfachte Verfahren nach § 495a ZPO angeordnet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf Nachentrichtung der Miete für die Monate Mai und September 2019, auf Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung für 2018 und auf Ersatz der Mahnkosten ist durch die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen.

1. Überhöhte Wasserkosten

Die Parteien sind sich mittlerweile einig, dass die Klägerin der Beklagten in der Heizkostenabrechnung 2018 46,54 € zu viel berechnet hat. Mit diesem Betrag hat die Beklagte wirksam die Aufrechnung erklärt.

2. Abzug nach § 12 Heizkostenverordnung

Die von der Beklagten für die Jahre 2017 und 2018 berechneten Kürzungen der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung sind nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Heizkostenverordnung berechtigt.

Die Klägerin hat entgegen § 9 Abs. 2 Satz 1 Heizkostenverordnung die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge nicht mit einem Wärmemengenzähler gemessen, weil ein solches Gerät nicht vorhanden ist. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 Heizkostenverordnung sind bei verbundenen Anlagen die einheitlich entstandenen Kosten des Betriebs aufzuteilen, wobei die Anteile an den einheitlich entstandenen Kosten bei eigenständiger gewerblicher Wärmelieferung nach den Anteilen am Wärmeverbrauch zu bestimmen sind. Kann die Wärmemenge nur mit einem unzumutbar hohen Aufwand gemessen werden, kann sie rechnerisch in Abhängigkeit vom Volumen des verbrauchten Wassers und der mittleren Temperatur des Warmwassers berechnet werden, § 9 Abs. 2 Satz 2 Heizkostenverordnung. Eine solche Abrechnung hat die Klägerin vorgenommen, ohne vorzutragen, dass der Einbau eines Wärmemengenzählers mit einem unzumutbar hohen Aufwand verbunden wäre.

Ob der Mieter in einem solchen Fall gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 Heizkostenverordnung berechtigt ist, den auf ihn entfallenden Anteil um 15 % zu kürzen, ist in der Rechtsprechung umstritten. Auf die Übersicht des Landgerichts Heidelberg in seinem Urteil vom 28.05.2020 (Az. 5 S 42/19) wird Bezug genommen. Die Gerichte, die eine Kürzungsmöglichkeit ablehnen, berufen sich im Wesentlichen darauf, dass das Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Heizkostenverordnung nur entstehen kann, wenn entgegen den Vorschriften der Heizkostenverordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werde. Von einem Verbrauch abhängig sei die Abrechnung aber auch dann, wenn sie nach den Formeln des § 9 Heizkostenverordnung abgerechnet werde.

Das erkennende Gericht hält diese Argumentation nicht für überzeugend. Es schließt sich vielmehr der Auffassung des Landgerichts Frankfurt an, das im Urteil vom 28. Oktober 2019 (Az. 2-11 S 38/19) in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellation ausführt:

Eine verbrauchsabhängige Abrechnung im Sinne der Heizkostenverordnung ist nur eine solche gem. § 9 Abs. 2 Heizkostenverordnung. Eine dahingehende Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Heizkostenverordnung, das Verbraucherverhalten der Nutzer nachhaltig zu beeinflussen, um damit auch Energiespareffekte zu erzielen. Es ist die Kernforderung der Heizkostenverordnung, den individuellen Energieverbrauch zu erfassen (BGH, Urteil vom 20.01.2016, VIII ZR 329/14, zitiert nach juris). Die Vermieter sollen somit durch die Heizkostenverordnung angehalten werden, Wärmemengenzähler einzubauen, um eine verbrauchsabhängige Abrechnung sicherzustellen. Wenn man demnach auch weiterhin eine rechnerische Ermittlung als „verbrauchsabhängige“ Ermittlung akzeptieren würde, könnten die Vermieter somit den eigentlichen Zweck der Heizkostenverordnung umgehen.

Es ist danach auch nicht ausreichend, wenn nur für Warmwasser oder nur für Heizung ein Zähler eingerichtet werde. Denn auch, wenn ein Posten gemessen wird, wird letztendlich der Verbrauch für beide Positionen rechnerisch ermittelt, wie auch die streitgegenständliche Abrechnung zeigt. Eine derartige rechnerische Ermittlung stellt keine verbrauchsabhängige Abrechnung im Sinne der Heizkostenverordnung dar, da nicht der tatsächliche Einzelverbrauch ermittelt wird, sondern eine pauschalierte Abrechnung erfolgt.

Nur wenn der Wärmeverbrauch nur mit unzumutbar hohem Aufwand gemessen werden kann, ist eine rechnerische Ermittlung nach § 9 Abs. 2 der Heizkostenverordnung zulässig. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend die Messung des Wärmeverbrauchs nur mit unzumutbarem Aufwand möglich wäre, sind nicht ersichtlich, zumal die Liegenschaft mittlerweile mit entsprechenden Messeinrichtungen ausgestattet wurde.

Das erkennende Gericht schließt sich der Auffassung und Begründung des Landgerichts Frankfurt an. Der Beklagten steht somit ein 15-prozentiges Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Heizkostenverordnung zu. Dieses umfasst die der Beklagten berechneten Heizkosten und die Warmwasserkosten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Heizkostenverordnung hat der Nutzer das Recht, „den auf ihn entfallenden Anteil“ der Kosten um 15 % zu kürzen. Die Kürzung ist damit von dem (gesamten) Kostenanteil zu berechnen, der nach der verordnungswidrigen Verteilung auf den Nutzer entfallen soll (BGH, Urteil vom 20.01.2016, Aktenzeichen VIII ZR 329/14). Das sind die ausgewiesenen Gesamtkosten für die Heizkosten und die Warmwasserkosten.

Die Beklagte kann damit mit 204,90 € aus der Heizkostenabrechnung 2017 und mit 133,20 € aus der Heizkostenabrechnung 2018 aufrechnen.

Rechnet man die drei genannten Positionen (40,45 €, 204,90 € und 133,20 €) zusammen, so übersteigt der Aufrechnungsbetrag den mit der Klage geltend gemachten Mietrückstand.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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