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WEG – Anspruch auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen gegen wen?

Einsicht in Verwaltungsunterlagen nach Wohnungseigentumsreform: Missverstandene Passivlegitimation führt zur Klageabweisung

Der Fall dreht sich um eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Wohnungseigentümern, repräsentiert durch einen Kläger, und der Verwalterin der vorgenannten Liegenschaft. Im Zentrum des häuslichen Streits steht das Recht auf Einsicht in vorgeblich von der Beklagten verwahrten Verwaltungsunterlagen. Ungeachtet der Frage, ob dem Kläger prinzipiell ein Recht auf Einsicht in die anspruchsgemachten Unterlagen zugestünde und welche dies im Detail seien, wurde die Klage vom Amtsgericht Offenbach aufgrund mangelnder Passivlegitimation seitens der Beklagten abgewiesen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 310 C 16/19 >>>

Hintergründe und Verlauf des Rechtsstreits

Bei dem Kläger handelt es sich um einen der Wohnungserbbauberechtigten der betroffenen Eigentümergemeinschaft. Die Beklagte ist Verwalterin des besagten Grundeigentums und gemäß Kläger im Besitz aller Verwaltungsunterlagen. Der Kläger hat ein Recht auf Einsicht in diese Dokumente eingefordert und vertrat die Ansicht, die Beklagte könne die verlangten Dokumente einfach zugänglich machen. Zudem sollte das Beisein eines Rechtsanwalts sowie zweier weiterer Eigentümer zur Prüfung der Dokumente ermöglicht werden. Die Beklagte plädierte derweil, dass sie nach der Wohnungseigentumsreform zum 01.12.2020 nicht mehr passivlegitimiert ist und die Klage daher abgelehnt werden sollte.

Rolle der Wohnungseigentumsreform und Auswirkung auf den Rechtsfall

Anstoßpunkt der gesetzlichen Missinterpretation war das Inkrafttreten der Wohnungseigentumsreform zum 01.12.2020, durch die Ansprüche auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen nicht mehr gegen die Hausverwaltung, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer respektive, in diesem Fall, die Erbbauberechtigtengemeinschaft, gerichtet werden müssen. Der Kläger hat gegen die Beklagte also keinen Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, da die Beklagte seit der Wohnungseigentumsreform nicht mehr passivlegitimiert ist.

Auswirkung auf den Entscheid über die Kosten

Die Bezifferung der Kosten wurde gemäß § 91 I 1 ZPO getroffen. Weitere Legitimation im Fall einer möglichen vorläufigen Vollstreckung wird durch die §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO gegeben.

Streitwertfestsetzung und Schlussfolgerungen des Falles

Gegeben die Größe des umstrittenen Grundeigentums und der daraus resultierende Aufwand hinsichtlich der Einsichtnahme in das geforderte Schrifttum, wurde der Streitwert auf 3.000,00 Euro festgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit wurde besonders die Bedeutung der Wohnungseigentumsreform und der daraus resultierenden Passivlegitimation ersichtlich und verdeutlicht, wie sich Gesetzesänderungen direkt auf laufende Prozesse und Rechtsverhältnisse auswirken können.


Das vorliegende Urteil

AG Offenbach – Az.: 310 C 16/19 – Urteil vom 18.12.2020

In der Wohnungseigentumssache hat das Amtsgericht Offenbach am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2020 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kästen des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist einer der Wohnungserbbauberechtigten der Erbbauberechtigtengemeinschaft ### und ### in Dietzenbach. Die Beklagte ist Verwalterin der Liegenschaft.

Mit der Klage begehrt der Kläger Einsicht in die in den Klageanträgen näher bezeichneten Verwaltungsunterlagen und behauptet, dass sich diese sämtlich im Besitz der Beklagten befänden, bzw. diese die Unterlagen jedenfalls „durch einfachen Mausklick“ herstellen könne.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. dem Kläger an einem Werktag, bevorzugt einem Dienstag, Einsicht in die nachfolgend bezeichneten Unterlagen der Erbbauberechtigtengemeinschaft ### Dietzenbach, in den Räumen der Verwaltung, ### Dietzenbach, während der normalen Büroarbeitszeiten 9-12 Uhr und 13-17 Uhr, zu gewähren und dafür vorzulegen:

a) eine Auflistung sämtlicher Konten, sowie sämtlicher Gesamtjournale und Teiljournale für die Abrechnung 2017 zu der Jahresabrechnung 2017 in Form der üblichen Prinzipien ordnungsgemäßer Buchhaltung, nicht aufgesplittert nach Häusern,

b) die vollständigen Buchhaltungsunterlagen zu den Jahresabrechnungen der Jahre 2012, 2015 und 2017, insbesondere:

– sämtliche Gesamtjournale und Teiljournale zu den Jahresabrechnungen 2012, 2015, 2017

– sämtliche Sammelbuchungsprotokolle („Sammler“) der ### für die Sammelüberweisungen von dem WEG-Konto-Nr. ### 2017 (hilfsweise: eigene Aufstellungen durch die Beklagte) der Kalenderjahre 2012, 2015 und 2017;

2. die Anfertigung von genau zu bezeichneten Kopien auf einem eigenen mitgebrachten Kopiergerät während der Zeit der Prüfung zu ermöglichen;

3. ferner die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, sowie 2 weiterer Eigentümer für die Prüfung zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nach dem Inkrafttreten der WEG-Reform zum 01.12.2020 nicht mehr passivlegitimiert und die Klage bereits deshalb abzuweisen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsprotokolle vom 09.09.2019, Bl. 49 der Akte, 07.10.2019, Bl. 83 ff. der Akte, 12.08.2020, Bl. 148 ff. der Akte und 04.12.2020, Bl. 324 f. der Akte verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ### und ###. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 07.10.2019, Bl. 83 ff. der Akte sowie 12.08.2020, Bl. 149 ff. der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, denn die Beklagte ist nicht (mehr) passivlegitimiert.

Nach dem Inkrafttreten der WEG-Reform zum 01.12.2020 sind Ansprüche auf Einsicht in die Verwalterunterlagen nicht mehr gegen den Verwalter selbst, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bzw. hier, die Erbbauberechtigtengemeinschaft, zu richten. Dies ergibt sich aus § 18 IV WEG, wo es heißt: Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Anspruchsverpflichtet ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 18 Rn. 151). Mangels Bestehen einer entsprechenden Übergangsvorschrift ist die Passivlegitimation der Beklagten so zum 01.12.2020 weggefallen. Ob dem Kläger zuvor ein Anspruch auf Einsicht in die Verwalterunterlagen – und gegebenenfalls in welche – zustand, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 I 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 3 ZPO. Angesichts der Größe der Liegenschaft und dem damit verbundenen Aufwand bei der Einsicht in die Unterlagen (vgl. MÜKoBGB/Engelhardt WEG § 43 Rn. 45-61, beck-online) war der Streitwert auf 3.000,00 Euro festzusetzen (so auch AG Offenbach am Main, Az. 310 C 42/19).

 

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