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WEG: Nachvollziehbarkeit einer Jahresabrechnung

AG Ratzeburg, Az.: 11 C 6/16,Urteil vom 12.04.2017

Der Beschluss der Eigentümerversammlung der … auf der Eigentümerversammlung vom 28.07.2016 unter TOP 3 über die Genehmigung der Gesamtabrechnung 2014 und der Einzelabrechnung 2014 vom 11.07.2016 wird für ungültig erklärt.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwesenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

WEG: Nachvollziehbarkeit einer Jahresabrechnung
Foto: Ocus Focus/Bigstock

Die als Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft miteinander verbundenen Parteien streiten – erneut – über die Gültigkeit des Beschlusses über eine Jahresabrechnung und eine Einzelabrechnung.

Die Parteien sind als Mitglieder der … miteinander verbunden. Auf die Teilungserklärung des Notars … vom 06.07.1992 (Anlage K 4) wird Bezug genommen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hielt am 28.07.2016 eine Eigentümerversammlung ab. Unter TOP 3 wurde ein Beschluss nachfolgenden Inhalts gefasst:

„TOP 3

Diskussion und Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamtabrechnung und über die Einzelabrechnungen 2014

Frau … erläutert, dass die korrigierte Abrechnung vom 08.01.2016 durch Herrn … zu Recht angefochten wurde. Herr … und Frau … berichten, dass die Abrechnungen nun ausschließlich durch Frau … bearbeitet werden und entschuldigen sich bei der Gemeinschaft für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Frau … hat sich in alle Abrechnungen eingearbeitet, einschließlich in die letzte Abrechnung von Herrn … Frau … stellt nun die aktuelle und korrigierte Abrechnung vom 11.07.2016 für das Jahr 2014 vor, die alle Eigentümer mit der Einladung erhalten haben. Herr … hat bereits im Vorfeld einige Punkte schriftlich bei der Verwaltung angezweifelt. Die Punkte wurden nun auf der Versammlung intensiv besprochen und erläutert. Es handelt sich hierbei überwiegend um Darstellungen bzw. Verständnisfragen.

Bei einer weiteren Anfechtung der Verwaltungsabrechnung wird das Gericht entscheiden.

Beschluss

Die vorgelegten Gesamt- und Einzelabrechnungen 2014 werden genehmigt. Die Abrechnungsergebnisse werden sofort fällig gestellt. Die Eigentümer gewähren einander Zahlungsaufschub bis zum 01.10.2016. Bei Eigentümern, die am Lastschriftverfahren teilnehmen, werden die Abrechnungsfehlbeträge zum 01.10.2016 eingezogen bzw. Guthaben zu diesem Zeitpunkt mit dem Hausgeld verrechnet.

…………………

Herr … verkündet, dass der Beschluss mehrheitlich gefasst wurde.

Der Versammlungsleiter schließt die Versammlung um 18:40 Uhr und steht den Eigentümern anschließend für Einzelgespräche zur Verfügung.“

Die Jahresabrechnung und Einzelabrechnung für das Jahr 2014 waren bereits in der Vergangenheit Gegenstand von gerichtlichen Verfahren vor dem AG Ratzeburg, zuletzt des Verfahrens 11 C 3/15, in dem es um die Jahresrechnung und Einzelabrechnung vom 16.06.2015 ging. Auf die Akte dieses Verfahrens wird Bezug genommen.

Die in dem Beschluss vom 28.07.2016 zugrundegelegten Jahres- und Einzelabrechnungen tragen das Datum vom 11.07.2016.

 

Die Jahresabrechnung vom 11.07.2016 enthält nach der Rubrik „Anfangsbestand per 1.1.2014“ die Rubriken „Eingänge“, „Summe Eingaben“, „Ausgänge“, „Summe Ausgaben“, „Übergänge“ und schließlich „Endbestand per 31.12.2014“.

Unter der Rubrik „Ausgänge, Ausgaben Abrechnungszeitraum“ finden sich in der Gesamtabrechnung die Posten „Instandhaltungsrückstellung 5.000,- €, Zinserträge Instandhaltungsrückstellung 74,39 €“.

In der Einzelabrechnung für die Wohnung des Klägers vom 11.07.2016 findet sich die Position „Beitrag zu Rückstellungen Period. Instandhaltung 5.000,- : 1064,00 X 76,00 Taus. 357,14“.

Für die weiteren Einzelheiten der Jahres- und Einzelabrechnung vom 17.06.2016 wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Der Kläger ist der Auffassung, die Abrechnungen seien unter anderem deshalb aufzuheben, weil die Beiträge zur Instandhaltungsrücklage – wie bereits in anderen, vorhergehenden, dann später aufgehobenen Abrechnungen – immer noch unter Kosten aufgeführt werden.

Der Kläger beantragt, wie erkannt zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Instandhaltungsrücklage sei in der Abrechnung vom 17.06.2016 ordnungsgemäß abgerechnet worden. Aus der Abrechnung ergäben sich nicht nur die Soll-Zuführung zur Rücklage, sondern auch die tatsächlichen Zuführungen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere die zahlreichen weiteren Streitpunkte der Parteien zur Jahresabrechnung und Einzelabrechnung 2014 sowie zur Nichtöffentlichkeit der am 28.07.2016 durchgeführten Eigentümerversammlung, wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere binnen der Fristen des § 46 I 2 WEG eingelegt und begründet. Sie hat auch in der Sache erfolgt.

Der Beschluss der am 28.07.2016 abgehaltenen Eigentümerversammlung unter TOP 3 – welcher den Bestimmtheitsanforderungen an einen Abrechnungen genehmigenden Beschluss erfüllt – war nach § 46 I 1 WEG für unwirksam zu erklären, da die Abrechnung vom 17.06.2016 nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht.

Die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gem. § 28 III WEG eine Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben zu erstellen. Dazu hat die Verwaltung eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen enthält. Sie muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein (BGH NJW 2010, 2127, 2128; 2012, 1434, 1436). Diesen Anforderungen genügt eine Abrechnung nur, wenn sie, anders als der Wirtschaftsplan, nicht die geschuldeten Zahlungen und die vorgesehenen Ausgaben, sondern die tatsächlichen Einnahmen und Kosten ausweist (BGH NJW 2010, 2127, 2128 mwN). Den Anforderungen an eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenabrechnung, die für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich ist, genügt eine Abrechnung, wenn alle in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich erzielten Einnahmen und erfolgten Ausgaben eingestellt werden. Die Darstellung der tatsächlichen Geldflüsse ermöglicht durch einen Abgleich mit den Gesamtkontoständen ohne Weiteres die Überprüfung der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung (BGH NJW 2012, 1434, 1436). Nach diesen Maßstäben sind tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage in der Jahresgesamt- und -einzelabrechung weder als Auslage, noch als Kosten zu buchen (BGH NJW 2010, 2127).

In der Gesamtabrechnung für das Jahr 2014 vom 11.07.2016 finden sind die Positionen „Instandhaltungsrückstellung“ und „Zinsen Instandhaltungsrückstellung“ entgegen dieser Vorgabe der Rechtsprechung unter der Rubrik „Ausgaben“. Es mag zutreffen, dass – wie von der Beklagten ausgeführt – durch eine Gesamtschau der Einzelabrechnung, der Gesamtjahresabrechnung und der Kontenstände gleichwohl die zu erbringende und erbrachte Instandhaltungsrücklage zu ersehen gewesen wäre. Darauf kommt es nach dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung postulierten und vom Gericht geteilten Maßstab indessen nicht an. Vielmehr muss dem Leser allein der Abrechnung die Höhe der gebildeten Rücklagen erkennbar sein ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung. Dies war zur Überzeugung des Gerichts hier bereits deshalb nicht der Fall, weil die Instandhaltungsrücklage unter Ausgaben dargestellt wurde.

Da die Gesamtjahresabrechnung vom 11.07.2016 aufzuheben war, gilt dies auch für die Einzelabrechnung vom gleichen Tage, da diese ihre Grundlage in der Jahresabrechnung findet.

Auf die zahlreichen anderen Streitpunkte der Parteien musste nicht weiter eingegangen werden, da bereits nach dem geschilderten Aufhebungsgrund in Form der Darstellung der Instandhaltungsrücklage der Beschluss der am 28.07.2016 abgehaltenen Eigentümerversammlung unter TOP 3 für ungültig zu erklären war.

Da sich das erkennende Gericht bereits zum wiederholten Male mit der Gesamtjahres- und Einzelabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft … für das Jahr 2014 befasst, erlaubt es sich folgende zwei Hinweise:

Zum einen mangelte es bislang bei den Gesamtjahresabrechnungen und Einzelabrechnungen jeweils daran, dass diese für alle Wohnungseigentümer verständlich waren. Dies wurde auf der Eigentümerversammlung vom 28.07.2016 auch durchaus als Problem erkannt, denn in dem hier angefochtenen Beschluss heißt es: „Es handelt sich hierbei überwiegend um Darstellungen und Verständnisfragen“. Es reicht aber nicht aus, über diese Fragen auf der Eigentümerversammlung zu diskutieren. Vielmehr müssen die Abrechnungen nach den dargestellten Anforderungen der Rechtsprechung für alle Wohnungseigentümer ohne Hinzuziehung fachlichen Sachverstandes verständlich sein. Wenn aber Klägervertreter und Beklagtenvertreter im Rahmen dieses Verfahrens etwa über mehrere Schriftsätze diskutieren müssen, ob es plausibel ist, dass eine Identität des Wertes der Heiz- und Wasserkosten in de Gesamtabrechnung und der Einzelabrechnung vorliegt, wird deutlich, dass dieser Punkt für einen durchschnittlichen Wohnungseigentümer entgegen den Vorgaben der Rechtsprechung nicht ohne Hinzuziehung eines Experten verständlich ist. Gegebenenfalls sind in der Abrechnung neben dem Zahlenwerk schriftliche Erläuterungen vorzunehmen.

Zum anderen gibt das Gericht beiden Seiten zu Bedenken, ob zur Vermeidung weiterer Befassungen des Gerichts samt dem damit einhergehenden finanziellen und zeitlichen Aufwand für die Parteien vor der Erstellung der nächsten Abrechnung ein Konsens aller Wohnungseigentümer bei der Erstellung der Abrechnung geboten sein könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit – welche sich hier allein auf die Kosten bezieht – auf auf den §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

 

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