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WEG – Verwalterbestellung eines engen Verwandten des Mehrheitseigentümers

AG Hannover – Az.: 483 C 12045/13 – Urteil vom 06.05.2014

Die Beschlüsse der WEG-Versammlung vom 07.10.2013 zu TOP 3, 4 und 5 werden für ungültig erklärt.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin bildet mit übrigen Miteigentümern und Beklagten die WEG …straße … in Hannover. Von den insgesamt 14 Eigentumseinheiten gehören 13 Eigentume der Beklagten.

Die Beklagte hatte seit 2010 die Verwaltung übernommen. Vorher war Verwalterin die Firma … GmbH Immobilienverwaltung, die in der Eigentümerversammlung vom 26.01.2010 mit der Stimmenmehrheit der Beklagten mit sofortiger Wirkung abberufen worden war. In der Folgezeit kam es zu Kontroversen zwischen den Parteien, insbesondere zur Frage Verwaltervergütung.

Mit Schreiben vom 25.08.2013 (Bl. 38 d.A.) lud die Beklagte zur Eigentümerversammlung am 07.10.2013 ein. Vorausgegangen war das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 28.08.2013 (Bl. 25 d.A.). Nach weiterer Korrespondenz und Telefonaten wurde mit Schreiben vom 16.09.2013 (Bl. 43 d.A.) erneut zur einer Versammlung, nun am 07.10.2013 eingeladen.

Ausweislich Versammlungsprotokoll (Bl.45 f. d.A.) legte die Beklagte ihr Verwalteramt ab sofort nieder. Zuvor waren zu TOP 3, 4 und 5 folgende Beschlüsse gefasst worden:

„TOP 3:

Vorschlag für neuen Hausverwalter und dessen Bestellung

Beschlussfassung

Frau B beruft sich auf 3 Bewerbungen/Angebote von Herrn N, die Frau G-M zum Zeitpunkt der Versammlung nicht vorlagen. Frau B legte die Bewerbung von Herrn A W vor, der für 850 Wohneinheiten tätig ist und Brutto € 23,21 pro Wohneinheit und Monat verlangt sowie € 297,50 für die Durchführung von außerordentlichen Eigentümerversammlungen. Des Weiteren legt sie ein Muster eines Verwaltervertrages von A B vor ohne Preisangaben. Zuletzt überreichte sie ein Muster eines Verwaltervertrages der Projekt, ebenfalls ohne Preisangaben.

Frau G-M händigt Frau B ein Angebotsübersichtsblatt Mit 6 Anbietern und deren Preisangaben aus, wovon jeder der Anbieter auch für die verstrittene WEG …str. … arbeiten würde. Der teuerste Anbieter darin war der …verein Hannover mit Brutto € 29,75 pro Monat, das günstigste Angebot stammt von Frau B mit Brutto € 21,95 pro Monat. Hierzu wurde das Angebot von Frau B vorgelegt und diskutiert. Wie Frau G-M weiter dazu ausführt, hätten einige von ihr kontaktierten Anbieter von Hausverwaltungen gänzlich Abstand davon genommen, für eine verstrittene WEG tätig zu werden. Andere wiederum verlangten einen sehr hohen Preis und wollten sich als Verwalter den Umgang mit verstrittenen Eigentümern bezahlen lassen. Nach einer kurzen Diskussion über die Vor- und Nachteile und den negativen Erfahrungen von Frau G-M und Frau B mit sehr großen Verwaltungen und andererseits den sehr positiven Erfahrungen mit Frau B, die für Frau G-M seit Jahren schon die Mieterverwaltung erledigt, schlug Frau G-M ihre Tochter Frau B vor und ließ darüber abstimmen.

Abstimmergebnis: 1 Nein-Stimme

13 Ja-Stimmen

Beschluss und Verkündung der Verwalterbestellung: Frau B ist mit Wirkung vom 08.10.2013 für 5 Jahre als neue Verwalterin bestellt.

TOP 4:

Abschluss eines Verwaltervertrages

Beschlussfassung

Der von der Verwalterfirma S ohne Widerspruch des Herrn N seit vielen Jahren verwendete Verwaltervertrag soll, um Streit zu vermeiden, weiterhin Verwendung finden. Lediglich der Name des neuen Verwalters und die neue Verwaltergebühr wurden abgeändert und sollen in dieser Form angenommen werden. Darüber wurde abgestimmt.

Abstimmergebnis: 1 Nein-Stimme

13 Ja-Stimmen

Beschluss und Verkündung: Der vorgelegte Verwaltervertrag wird angenommen und hat für die nächsten 5 Jahre Gültigkeit.

TOP 5:

Vergütung des neuen Verwalters

Beschlussfassung

Wie sich aus TOP 3 entnehmen lässt, legte Frau B neben ihrer Eignung auch noch das günstigste Angebot vor und liegt im Preis nur unwesentlich höher als die Gebühr, die die Fa. S ohne Widerspruch von Herrn N bis einschließlich 2009 in Höhe von 224,91 verlangte. Die Vergütung für den neuen Verwalter beträgt pro Jahr 263,40 pro Wohnung.

Abstimmergebnis: 1 Nein-Stimme

13 Ja-Stimmen

Beschluss und Verkündung: Die jährliche Verwaltergebühr beträgt pro Wohnung € 263,40.

Die Klägerin wendet sich gegen die Bestellung der Tochter der Beklagten Frau B als neue Hausverwalterin sowie die Folgebeschlüsse über den Abschluss Verwaltervertrages und die Verwaltervergütung und begründet dies im Wesentlichen damit, der neuen Verwalterin fehle die erforderliche Kompetenz. Zwar sei sie Kauffrau, jedoch im Gegensatz zu den ebenfalls vorgeschlagenen Verwaltern unerfahren im Bereich der WEG-Verwaltung. Die Bestellung beruhe allein auf der Majorisierung ihrer Mutter, die ihre Tochter als „Strohfrau“ eingesetzt habe. Auch sei zu beachten, dass die Bestellung auf 5 Jahre ohne fristgemäße Kündigungsmöglichkeit erfolgt sei. Das Angebot der Tochter der Beklagten sei nicht das günstigste Angebot gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten klägerischen Vortrag Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie sieht keine Rechtswidrigkeit der Beschlüsse aufgrund ihres Stimmengewichts und begründet die Bestellung ihrer Tochter damit, dass so die Verwaltervergütung dieser und ihrem kleinen Sohn zufließe und sie ein besonderes Vertrauen zu ihrer Tochter habe. Auch habe ihre Tochter ausreichend Erfahrungen im Bereich der Immobilienverwaltung. Sie verweist darauf, dass es sich um keine umfangreiche und schwierige Verwaltung handele, da die Gemeinschaft nur aus zwei Eigentümern bestünde. Eine Interessenkollision sei nicht gegeben. Vielmehr werde von der neuen Verwalterin jedwede Verwaltertätigkeit neutral, sachlich und freundlich abgewickelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Beklagtenvortrag Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gem. §§ 43 Nr. 4, 46 Abs. 1 WEG zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

Die mit TOP 3 erfolgte Bestellung der Frau B als neue Hausverwalterin mit Wirkung vom 08.10.2013 für 5 Jahre widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 3 WEG. Deshalb waren auch die darauf fußenden Beschlüsse zu TOP 4 und 5 ordnungswidrig.

Ein Beschluss über die Bestellung eines Verwalters verstößt gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der gegen die Wahl dieses Verwalters spricht. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Gauben eine Zusammenarbeit mit dem zu bestellenden Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von Anfang an nicht zu erwarten ist (BGH Urteil vom 09.03.2012 – AZ.: V ZR 170/11). Solche Umstände liegen hier in der erforderlichen Gesamtschau vor.

Zwar stellt es für sich keinen wichtigen Grund dar, wenn der Verwalter bisher nur Erfahrungen mit der Verwaltung eigener Immobilien hatte (a.a.O.). Aber unabhängig von der gerügten WEG-Sachkunde von Frau B bestehen erhebliche Zweifel an der erforderlichen Neutralität der neu gewählten Verwalterin aufgrund ihrer engen verwandtschaftlichen Verbindung als Tochter mit der majorisierenden Eigentümerin, der Beklagten. Entsprechend ist auch zu würdigen, dass die Beklagte in der Klageerwiderung vortragen lässt, dass sie mit ihrer Tochter ein besonderes Vertrauensverhältnis verbindet. Dies liegt auf der Hand. Allerdings besteht auf der anderen Seite im Verhältnis zum Kläger als Miteigentümer gerade kein solches besonderes Vertrauensverhältnis. Vielmehr müssen angesichts dieser erheblichen Nähebeziehung – auch ohne der vom Kläger geschilderten Vorgeschichte mit der Beklagten als Verwalterin – erhebliche Zweifel an der erforderlichen Neutralität der neuen Verwalterin aufkommen. Eine solche Neutralität ist ein erforderliches Element des Vertrauensverhältnis, dass nicht nur von einzelnen Eigentümern entwickelt werden muss, sondern grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern. Diese nachvollziehbaren und für das Gericht überzeugenden Zweifel des Klägers an der Neutralität der neuen Hausverwaltung werden auch dadurch untermauert, dass nicht etwa als eine Art Probezeit ein verkürzter Bestellungszeitraum beschlossen wurde, sondern der maximale von 5 Jahren.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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