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WEG – Verwaltervertragsklausel über die Vergabe von Kleinaufträgen

AG Stade –  Az.: 64 C 632/13 – Urteil vom 16.01.2014

1. Der Beschluss zu TOP 10 der Versammlung der Eigentümergemeinschaft WEG … vom 25.06.2013, der da lautet:

„Es wird beschlossen, die Sanierung der Balkone … (die Balkone an der Straßenseite) zu beauftragen. Es soll noch von der Firma … ein Kostenvoranschlag eingeholt werden. Es wird ein Holzbelag (witterungsbeständiges Holz) aus Kostengründen akzeptiert, sofern die jetzigen Höhen eingehalten werden können. Herr … wird darüber hinaus auch einen Kostenvoranschlag einer regionalen Firma einholen. Die Vergabe erfolgt in Abstimmung mit dem Beirat. Die Finanzierung erfolgt aus der Rücklage“.

wird für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner 1/8 sowie die Beklagten als Gesamtschuldner 7/8.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweiligen Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Der Streitwert wird auf bis zu 4.000,00 € festgesetzt, wobei auf den Klagantrag zu 1) bis zu 3.500,00 €, auf den Klagantrag zu 2) bis zu 500,00 € entfallen.

Tatbestand

Die Parteien sind sämtlichst Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft … in Stade. Verwalter ist Herr … .

Im Verwaltervertrag, welcher zwischen Herrn … und der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen worden war, ist u. a. unter Ziffer 4 a) vorgesehen, dass der Verwalter Aufträge vergeben kann, wenn die Kosten zur Durchführung der Maßnahmen den Betrag von 1.000,00 € nicht übersteigen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Verwaltervertrages wird auf Anlage 5 (Bl. 69 ff. d. A.) verwiesen.

Am 25.06.2013 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt.

Zu dieser Eigentümerversammlung hatte der Verwalter zuvor mit einem Schreiben eingeladen, welchem die Tagesordnung der Versammlung in Form eines Protokollentwurfes beigefügt war. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage K 3 (Bl. 49 ff. d. A.) verwiesen.

Des Weiteren war der Einladung eine Vollmacht zum Ankreuzen für die zur Abstimmung stehenden Tagesordnungspunkte beigefügt. Diese Vollmacht enthielt keine Ankreuzmöglichkeit bzgl. TOP 10.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vollmachtsformulars wird auf Anlage K 4 (Bl. 56 d. A.) verwiesen.

Die Versammlung selbst fand am 25.06.2013 ohne die Kläger statt, welche zuvor die Vollmacht (s. Anlage K 4) ausgefüllt hatten und sich vom Verwalter vertreten ließen.

In der Versammlung vom 25.06.2013 wurde unter TOP 10 folgender Beschluss gefasst:

„Es wird beschlossen, die Sanierung der Balkone … (die Balkone an der Straßenseite) zu beauftragen. Es soll noch von der Firma … ein Kostenvoranschlag eingeholt werden. Es wird ein Holzbelag (witterungsbeständiges Holz) aus Kostengründen akzeptiert, sofern die jetzigen Höhen eingehalten werden können. Herr … wird darüber hinaus auch einen Kostenvoranschlag einer regionalen Firma einholen. Die Vergabe erfolgt in Abstimmung mit dem Beirat. Die Finanzierung erfolgt aus der Rücklage“.

Dem vorausgegangen war laut Versammlungsprotokoll folgender Hinweis:

„Die Abdichtung der Balkone … ist sanierungsbedürftig. Ein Foto ist als Anlage beigefügt. Ebenfalls ist ein Kostenvoranschlag der Fa. … als Anlage beigefügt; es ist von Gesamtkosten (inkl. Gerüst, Abbruch, Dachdecker- und Malerarbeiten) von ca. 6.900 € auszugehen.“

Darüber hinaus befand sich u. a. unter TOP 11.2 folgender Passus:

„Die Treppenhausfenster werden versiegelt. Herr … wird den Auftrag erteilen“.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten die Versammlung betreffend wird auf das Versammlungsprotokoll vom 25.6.2013 (K 1, Bl. 5 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Versiegelung wurde im Anschluss in Auftrag gegeben. Die Kosten beliefen sich auf 107,00 € brutto.

Hinsichtlich der Einzelheiten der den Kosten zugrunde liegenden Rechnung der Firma … Baugesellschaft vom 29.10.2013 wird auf Anlage 6 (Bl. 85, 86 d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beschlussfassung zu TOP 10 der Versammlung bereits formal mangelhaft sei, da es an einer ordnungsgemäßen Einladung fehle, da sich aus der der Einladung beigefügten Vollmacht nicht ergebe, dass zu TOP 10 eine Abstimmung erfolgen solle.

Auch entspreche der Beschluss zu TOP 10 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da es sowohl an einer Bestandsaufnahme bzgl. des Zustandes der straßenseitigen Balkone als auch an einem Sanierungskonzept fehle. Auch läge deshalb ein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Verwaltung vor, weil zuvor nicht mehrere Alternativ- bzw. Konkurrenzangebote eingeholt worden seien.

Gleiches gelte im Übrigen auch für TOP 11.2 des Versammlungsprotokolls.

Die Kläger beantragen,

1. der Beschluss zu TOP 10 der Versammlung der Eigentümergemeinschaft WEG … vom 25.06.2013, der da lautet:

„Es wird beschlossen, die Sanierung der Balkone … (die Balkone an der Straßenseite) zu beauftragen. Es soll noch von der Firma … ein Kostenvoranschlag eingeholt werden. Es wird ein Holzbelag (witterungsbeständiges Holz) aus Kostengründen akzeptiert, sofern die jetzigen Höhen eingehalten werden können. Herr … wird darüber hinaus auch einen Kostenvoranschlag einer regionalen Firma einholen. Die Vergabe erfolgt in Abstimmung mit dem Beirat. Die Finanzierung erfolgt aus der Rücklage“.

wird für ungültig erklärt.

2. Der Beschluss in TOP 11.2 der Versammlung der Eigentümergemeinschaft … vom 25.06.2013, der da lautet:

„Die Treppenhausfenster werden versiegelt. Herr … wird den Auftrag erteilen“.

wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Im Hinblick auf TOP 11.2 des Versammlungsprotokolls sind sie der Auffassung, dass es aufgrund der Regelung in Ziffer 4 a) des Verwaltervertrages keiner Entscheidung der Eigentümerversammlung bedürfe.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere fristgerechte Anfechtungsklage i. S. der §§ 43Nr. 1, Nr. 4, 46 WEG ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.

Die Klage ist begründet, soweit sich die Kläger gegen die Gültigkeit des Beschlusses über die Sanierung der Balkone, wie unter TOP 10 des Versammlungsprotokolls vom 25.06.2013 gefasst, wenden.

Formalen Bedenken begegnet dieser Beschluss allerdings nicht. Denn gemäß § 23 Abs. 2 WEG wurde diesbezüglich der Gegenstand bei der Einberufung korrekt bezeichnet. Ausreichend war insofern die Übersendung eines Protokollentwurfs, in dem unter TOP 10 die Beschlussfassung über die Sanierung der Balkone vorgesehen war. Unerheblich ist insofern, dass die beigefügte Vollmacht keine Abstimmungsmöglichkeit in dem vorgedruckten Formular vorsah, da sich ausweislich der Einladung der voraussichtliche Inhalt der Versammlung bzw. die abzustimmenden Punkte allein aus dem Protokollentwurf ergeben sollten.

Allerdings widerspricht der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung i. S. des § 21 Abs. 4 WEG.

Beschlüsse der Wohnungseigentümer über Reparaturen und Sanierungen des gemeinschaftlichen Eigentums müssen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Vor der Beschlussfassung über Sanierungsmaßnahmen ist stets eine Bestandsaufnahme über Umfang der Schäden und der möglichen Verursachung erforderlich (LG Düsseldorf, NZM 99, 871). Des weiteren ist der Verwalter im Rahmen seiner Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG verpflichtet, zunächst vor Durchführung entsprechender notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen Vergleichsangebote einzuholen (vgl. BayObLG, WEG 2008, 813 = NZM 2000, 512).

Dies ist vorliegend nicht in ausreichendem Maße geschehen.

Es lag bei Beschlussfassung erst ein Angebot vor, zwei weitere sollten ersten eingeholt werden. Ein Wohnungseigentümer kann allerdings nicht verpflichtet werden, der Vergabe von Sanierungsarbeiten auf der Grundlage von Vergleichsangeboten zuzustimmen, die erst noch eingeholt werden müssen (s. Bay OBLG, NZM 1999, 767).

Darüber hinaus fehlt es auch an einer konkreten Bezeichnung im Beschluss, welche einzelnen Maßnahmen im Rahmen der Sanierung ergriffen werden sollen. Auch dies wäre im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung erforderlich gewesen, damit die einzelnen Eigentümer Art und Umfang bzw. voraussichtliche Kosten der Maßnahme abschätzen können, zumal, neben dem Kosteninteresse, auch ein Interesse der Eigentümer daran besteht, zu wissen, welche Art von Arbeiten ausgeführt werden, da auch diese zu tatsächlichen Beeinträchtigungen der einzelnen Eigentümer führen können.

Darüber hinaus durfte die letztendliche Auftragsvergabe nicht dem Verwaltungsbeirat übertragen werden, dessen Aufgaben und Befugnisse sich aus § 29 WEG ergeben. Denn Aufgaben und Befugnisse, die dem Verwalter in § 27 Abs. 1 – 3 WEG unentziehbar zugewiesen sind (vgl. § 27 Abs. 4 WEG), müssen beim Verwalter verbleiben. Hierzu gehört insbesondere auch das Treffen der erforderlichen Maßnahmen für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (s. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG, vgl. OLG Frankfurt, OLGZ 1988, 188).

Hier gilt vielmehr, dass die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG für die Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahme selbst zuständig sind und gem. § 21 Abs.3 WEG durch Mehrheitsbeschluss darüber entscheiden, weiche Arbeiten ausgeführt werden (vgl. Bay OBLG, NZM 2003, 31f.).

Der Verwalter ist dagegen gem. § 27 Abs. 1 Nr.2 WEG verpflichtet, die Wohnungseigentümer über erforderliche Maßnahmen zu unterrichten und einen entsprechenden Beschluss auszuführen.

Zur Gültigkeit des Beschlusses hätte es vorliegend vielmehr bedurft, dass zunächst eine Bestandsaufnahme präsentiert wird, ein darauf aufbauendes Sanierungskonzept und nach Einholung mehrerer vergleichbarer Alternativangebote ein Beschluss über die Vergabe gefasst wird.

Nicht zu bestanden ist dagegen TOP 11.2 des Versammlungsprotokolls.

Unabhängig davon, dass es vorliegend offensichtlich keine Beschlussfassung über die Versiegelung der Treppenhausfenster gegeben hat, sondern lediglich deklaratorisch festgestellt wurde, dass der Verwalter einen Auftrag über die Versiegelung der Treppenhausfenster erteilt, wäre ein solcher auch aufgrund Ziffer 4 a) des Verwaltervertrages nicht erforderlich gewesen. Unstreitig handelte es sich bei den diesbezüglich in Auftrag gegebenen Arbeiten um Arbeiten, die weit unter dem in Ziffer 4 a) des Verwaltervertrages genannten Betrages lagen. Auch ist diesbezüglich nicht zu beanstanden, dass dem Verwalter insofern im Verwaltervertrag das Recht eingeräumt wurde, derartige Kleinarbeiten bis zu einer Grenze von 1.000,00 € in Eigenregie und ohne vorherigen Eigentümerbeschluss in Auftrag zu geben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708Nr. 11, 709 S. 2,711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 49 a GKG.

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