Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- WEG-Verwaltung: Schwerwiegende Pflichten und Haftung bei Nachlässigkeit
- Der Fall vor Gericht
- Eigentümergemeinschaft: Ungültige Entlastung von Beirat und Verwaltung bei fehlerhafter Jahresabrechnung
- Fehlerhafte Jahresabrechnung blockiert rechtmäßige Entlastung
- Prüfpflichten des Beirats noch nicht erfüllt
- Mögliche Ansprüche gegen Vorverwaltung bleiben offen
- Keine voreilige Entlastung bei unklarer Sachlage
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame Entlastung der WEG-Verwaltung erfüllt sein?
- Welche rechtlichen Folgen hat eine erteilte Entlastung für die Eigentümergemeinschaft?
- Ab wann kann die Jahresabrechnung als korrekt und vollständig gelten?
- Welche Prüfpflichten hat der Verwaltungsbeirat bei der Jahresabrechnung?
- Wie können Eigentümer gegen eine vorschnell erteilte Entlastung vorgehen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Hamburg
- Datum: 26.06.2024
- Aktenzeichen: 318 S 51/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren zur Anfechtung von Beschlüssen einer Wohnungseigentümerversammlung
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Klägerin argumentiert, dass die Beschlüsse der Eigentümerversammlung wegen fehlerhafter Bestimmung von Zeit und Ort ungültig und die Entlastungen nicht ordnungsgemäß seien.
- Beklagte: Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese verteidigt die Beschlüsse und hält die Entlastungen für ordnungsgemäß.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin, Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft, wendet sich gegen die Entlastung des Verwaltungsbeirats und der Verwaltung auf einer Eigentümerversammlung. Sie bemängelt die Entlastung, obwohl die Buchprüfungen für den Zeitraum fehlerhaft dargestellt wurden und eine ordnungsgemäße Prüfung noch aussteht.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Entlastung des Verwaltungsbeirats und der Vorverwaltung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, obwohl die Abrechnung für ein Geschäftsjahr fehlerhaft war und die Versammlung unter fragwürdigen Umständen stattfand.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Hamburg erklärt die Beschlüsse TOP 2c und TOP 2d der Eigentümerversammlung für ungültig.
- Begründung: Die Entscheidung basiert auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die besagt, dass eine Entlastung unwirksam ist, wenn Ansprüche gegen die Verwaltung oder den Beirat bestehen könnten, besonders bei fehlerhaften Abrechnungen.
- Folgen: Die Beklagte muss die Kosten beider Instanzen tragen. Das Urteil verhindert eine voreilige Entlastung der Verwaltung und des Beirats, bis die finanzielle Prüfung korrekt abgeschlossen ist. Eine Revision wurde nicht zugelassen; das Urteil ist somit rechtskräftig.
WEG-Verwaltung: Schwerwiegende Pflichten und Haftung bei Nachlässigkeit
Die WEG-Verwaltung spielt eine zentrale Rolle in der Verwaltung von Eigentümergemeinschaften, die im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt sind. Die Verwalterpflichten umfassen nicht nur die Sorge um die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern auch die ordnungsgemäße Durchführung von Eigentümerversammlungen und die Verwaltungskosten. Bei Nachlässigkeit des Verwalters können Eigentümer schnell in eine Situation geraten, in der ihnen Schadensersatzansprüche zustehen. Eine transparente Verwaltung ist entscheidend, da sie erheblichen Einfluss auf den Immobilienwert und die Rechte der Eigentümer haben kann.
Wenn Konflikte innerhalb der Eigentümergemeinschaft entstehen, benötigen viele Eigentümer rechtliche Unterstützung, um ihre Ansprüche durchzusetzen oder eine Verwalterwechsel herbeizuführen. Rechtsstreitigkeiten über die Haftung des Verwalters und die Einhaltung der Verwaltervergütung sind häufige Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Im Folgenden wird ein bemerkenswerter Fall vorgestellt, der die komplexen Aspekte der WEG-Rechtslage und mögliche Ansprüche gegen die WEG-Verwaltung näher beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Eigentümergemeinschaft: Ungültige Entlastung von Beirat und Verwaltung bei fehlerhafter Jahresabrechnung
Das Landgericht Hamburg hat in einem Berufungsverfahren die Entlastungsbeschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft für unwirksam erklärt. Die beklagte Gemeinschaft hatte in ihrer Versammlung vom 8. Dezember 2022 sowohl dem Verwaltungsbeirat als auch der ausgeschiedenen Hausverwaltung Entlastung für das Jahr 2021 erteilt, obwohl die zugehörige Jahresabrechnung mehrere Fehler aufwies.
Fehlerhafte Jahresabrechnung blockiert rechtmäßige Entlastung
Die Eigentümerin einer von 14 Wohneinheiten hatte gegen die Beschlüsse geklagt, nachdem die Abstimmung über die Jahresabrechnung 2021 auf der Versammlung zurückgestellt werden musste. Die neue Verwaltung hatte kurz vor der Versammlung festgestellt, dass die Abrechnung „in mehreren Punkten falsch“ war. Trotz dieser bekannten Mängel beschlossen die Eigentümer mit zehn Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen die Entlastung von Beirat und Vorverwaltung.
Prüfpflichten des Beirats noch nicht erfüllt
Das Landgericht betonte in seiner Entscheidung, dass dem Verwaltungsbeirat keine Entlastung erteilt werden durfte, solange die von ihm zu prüfende Abrechnung nicht korrekt erstellt war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs widerspricht die Entlastung des Beirats den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die geprüfte Abrechnung fehlerhaft ist und geändert werden muss. Der Beirat müsse auch die korrigierte Fassung der Jahresabrechnung 2021 noch ordnungsgemäß prüfen.
Mögliche Ansprüche gegen Vorverwaltung bleiben offen
Auch die Entlastung der ausgeschiedenen Hausverwaltung erfolgte nach Ansicht des Gerichts zu früh. Zwar hatte die Vorverwaltung die fehlerhafte Abrechnung nicht selbst erstellt, war aber im gesamten Abrechnungszeitraum 2021 allein verantwortlich. Erst nach Vorlage einer korrekten Abrechnung lasse sich beurteilen, ob die bereitgestellten Informationen für eine ordnungsgemäße Abrechnung ausreichten oder sich nicht belegbare Fehlbeträge ergäben. Das Gericht sah keinen vernünftigen Grund, auf mögliche Ansprüche gegen die Vorverwaltung zu verzichten, zumal diese ihre Tätigkeit bereits beendet hatte.
Keine voreilige Entlastung bei unklarer Sachlage
Das Landgericht Hamburg stellte klar, dass eine Entlastung erst erteilt werden darf, wenn die wirtschaftliche Situation des betreffenden Geschäftsjahres vollständig geklärt ist. Die Wohnungseigentümer müssen zuvor anhand einer korrekten Jahresabrechnung prüfen können, ob Ansprüche gegen Beirat oder Verwaltung bestehen. Mit seiner Entscheidung hob das Gericht das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg auf und erklärte die Entlastungsbeschlüsse für ungültig.
Die Schlüsselerkenntnisse
Eine Entlastung von Verwaltungsbeirat und Verwaltung darf nicht erteilt werden, solange die Jahresabrechnung Fehler aufweist und korrigiert werden muss – auch wenn die zu entlastende Verwaltung die fehlerhafte Abrechnung nicht selbst erstellt hat. Erst nach Vorlage einer korrekten Abrechnung kann beurteilt werden, ob mögliche Ansprüche gegen die frühere Verwaltung bestehen. Das Urteil stärkt den Schutz der Eigentümergemeinschaft vor vorschnellem Verzicht auf Ersatzansprüche.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer sollten Sie einer Entlastung von Beirat oder Verwaltung erst zustimmen, wenn eine fehlerfreie Jahresabrechnung vorliegt – selbst wenn die alte Verwaltung die Abrechnung gar nicht erstellt hat. Sie können auf einer Korrektur fehlerhafter Abrechnungen bestehen und die Entlastung bis dahin verweigern. Falls sich später herausstellt, dass Gelder fehlen oder Belege unvollständig sind, bleiben Ihre Ansprüche gegen die frühere Verwaltung nur ohne Entlastung erhalten. Sie haben das Recht, jeden Entlastungsbeschluss anzufechten, der trotz fehlerhafter Abrechnung gefasst wurde.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame Entlastung der WEG-Verwaltung erfüllt sein?
Eine wirksame Entlastung der WEG-Verwaltung erfordert einen ordnungsgemäßen Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung. Dabei müssen mehrere formelle und materielle Voraussetzungen erfüllt sein.
Formelle Voraussetzungen
Die Entlastung muss als eigenständiger Tagesordnungspunkt in der Einladung zur Eigentümerversammlung aufgeführt sein. Der Verwalter darf bei der Abstimmung über seine eigene Entlastung nicht mitstimmen – auch dann nicht, wenn er selbst Wohnungseigentümer ist oder Stimmrechtsvollmachten besitzt.
Materielle Voraussetzungen
Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter eine vollständige Rechenschaftslegung vorlegen. Diese umfasst:
- Einen korrekten Vermögensbericht nach § 28 Abs. 4 WEG
- Die ordnungsgemäße Jahresabrechnung
- Eine transparente Dokumentation aller Verwaltungshandlungen
- Nachweise über Ein- und Ausgaben
Ausschlussgründe
Eine Entlastung ist nicht wirksam, wenn:
- Noch Ansprüche aus dem Entlastungszeitraum bestehen
- Die Jahresabrechnung nicht ordnungsgemäß erstellt wurde
- Unrechtmäßige Ausgaben von Gemeinschaftskonten vorliegen
- Der Verwalter die eigene Entlastung vor Vorlage der Jahresabrechnung verlangt
Rechtliche Wirkung
Die erteilte Entlastung wirkt als negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 Abs. 2 BGB. Sie bezieht sich ausschließlich auf bekannte oder bei sorgfältiger Prüfung erkennbare Sachverhalte. Strafbare Handlungen und Ansprüche einzelner Eigentümer aus dem Sondereigentum sind von der Entlastung nicht erfasst.
Welche rechtlichen Folgen hat eine erteilte Entlastung für die Eigentümergemeinschaft?
Eine erteilte Entlastung stellt ein negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 Abs. 2 BGB dar und hat weitreichende rechtliche Konsequenzen für die Eigentümergemeinschaft.
Verzicht auf Ersatzansprüche
Mit der Entlastung verzichtet die Eigentümergemeinschaft auf sämtliche Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter für das betreffende Wirtschaftsjahr, sofern diese bei sorgfältiger Prüfung der Verwaltungsunterlagen erkennbar waren. Dies gilt auch für Fehler, die dem Verwaltungsbeirat trotz vorhandener Unterlagen nicht aufgefallen sind.
Grenzen der Entlastung
Die Entlastung erstreckt sich nicht auf:
- Strafbares Verhalten des Verwalters
- Ansprüche einzelner Eigentümer aus dem Sondereigentum
- Ersatzansprüche für einen zukünftigen Zeitraum
Kenntniszurechnung
Die Eigentümergemeinschaft muss sich die Kenntnisse des Verwaltungsbeirats über die Handlungen der Hausverwaltung zurechnen lassen. Wenn der Verwaltungsbeirat beispielsweise eine fehlerhafte Handlung des Verwalters hätte erkennen können, kann die Gemeinschaft nach erteilter Entlastung keine Ansprüche mehr geltend machen.
Beschlusswirkung
Der Entlastungsbeschluss wirkt nur für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Einzelne Eigentümer können weiterhin Schadensersatzansprüche aus ihrem Sondereigentum geltend machen, auch wenn eine Entlastung erteilt wurde. Die Entlastung verhindert zudem eine spätere Abberufung des Verwalters aus Gründen, die von der Entlastung umfasst sind.
Ab wann kann die Jahresabrechnung als korrekt und vollständig gelten?
Eine Jahresabrechnung gilt als korrekt und vollständig, wenn sie dem Abflussprinzip folgt und alle gesetzlich vorgeschriebenen formalen sowie inhaltlichen Anforderungen erfüllt.
Formale Voraussetzungen
Die Jahresabrechnung muss folgende Basisangaben enthalten:
- Den Ersteller der Abrechnung
- Das Datum der Erstellung
- Den Abrechnungszeitraum
- Das abzurechnende Bezugsobjekt
Inhaltliche Anforderungen
Die Abrechnung muss eine geordnete und übersichtliche Aufstellung aller Einnahmen und Ausgaben des Wirtschaftsjahres beinhalten. Dabei müssen die Kontostände der Gemeinschaftskonten sowohl zu Beginn als auch am Ende des Abrechnungszeitraums ausgewiesen werden.
Prüfkriterien für die Richtigkeit
Die Jahresabrechnung ist rechnerisch korrekt, wenn der Saldo zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Saldo der Anfangs- und Endkontostände übereinstimmt. Die Darstellung muss so verständlich sein, dass ein nicht fachkundiger Wohnungseigentümer sie ohne Hinzuziehung eines Buchprüfers oder Sachverständigen nachvollziehen kann.
Prüfung und Beschlussfassung
Der Verwaltungsbeirat muss die Jahresabrechnung vor der Beschlussfassung prüfen und mit einer Stellungnahme versehen. Die Abrechnung wird erst durch einen entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung rechtswirksam. Ein von diesem Abflussprinzip abweichender Beschluss wäre nichtig.
Welche Prüfpflichten hat der Verwaltungsbeirat bei der Jahresabrechnung?
Der Verwaltungsbeirat hat gemäß § 29 Abs. 2 WEG die gesetzliche Pflicht, die Jahresabrechnung vor der Beschlussfassung zu prüfen und mit einer Stellungnahme zu versehen.
Umfang der Prüfungspflicht
Die Prüfung erstreckt sich primär auf die rechnerische Richtigkeit der Abrechnung. Der Beirat kontrolliert dabei die korrekte Addition und Subtraktion der Zahlen sowie die richtige Anwendung der Umlageschlüssel.
Die Prüfung sollte am Geschäftssitz des Verwalters erfolgen und umfasst folgende Unterlagen:
- Belege, Rechnungen und Quittungen
- Kontoauszüge und Buchungsbelege
- Heizkostenabrechnungen
- Zugehörigen Schriftverkehr
- Buchhaltungsunterlagen wie Konten und Saldenaufstellungen
Praktische Durchführung
Die Prüfung sollte nach dem 4-Augen-Prinzip durch mindestens zwei Beiratsmitglieder erfolgen. Der Verwaltungsbeirat nimmt dabei die Prüfungsrechte stellvertretend für die übrigen Eigentümer wahr.
Rechtliche Einschränkungen
Seit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) bezieht sich die Prüfpflicht nicht mehr auf einzelne Rechnungslegungen und Kostenanschläge, sofern diese nicht Teil der Jahresabrechnung sind. Die Prüfung beschränkt sich auf wesentliche Verwaltungsmaßnahmen, wobei die Wesentlichkeit für jede Wohnungseigentümergemeinschaft individuell zu bestimmen ist.
Wie können Eigentümer gegen eine vorschnell erteilte Entlastung vorgehen?
Gegen eine vorschnell erteilte Entlastung können Eigentümer durch eine Anfechtungsklage vorgehen. Diese muss innerhalb einer strengen Frist von einem Monat nach der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.
Voraussetzungen für die Anfechtung
Die Anfechtung ist besonders dann erfolgversprechend, wenn zum Zeitpunkt der Entlastung mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter bestanden haben. Dies können beispielsweise fehlerhafte Jahresabrechnungen, unzureichend vorbereitete Beschlussvorlagen oder eigenmächtige Auftragsvergaben sein.
Formelle Anforderungen
Die Klage muss beim Amtsgericht am Ort der Immobilie eingereicht werden. Innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung muss eine ausführliche Begründung erfolgen, die alle Anfechtungsgründe darlegt. Der Kläger muss die gegen die Entlastung sprechenden Gründe konkret aufführen und beweisen.
Rechtliche Wirkung
Bei erfolgreicher Anfechtung wird der Entlastungsbeschluss so behandelt, als hätte er nie existiert. Dadurch bleiben mögliche Ansprüche gegen den Verwalter erhalten. Die Entlastung ist dann unwirksam, wenn sie gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt, etwa weil erkennbare Ansprüche gegen den Verwalter bestehen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Entlastung
Eine rechtliche Freistellung von der Haftung für die Geschäftsführung in einem bestimmten Zeitraum. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften bedeutet dies, dass die Eigentümer auf mögliche Schadenersatzansprüche gegen Verwaltung oder Beirat verzichten. Die Entlastung kann nur erteilt werden, wenn die wirtschaftliche Situation durch korrekte Abrechnungen transparent ist. Beispiel: Wenn ein Verwalter ordnungsgemäß abgerechnet hat und keine Pflichtverletzungen vorliegen, kann ihm die WEG Entlastung erteilen. Grundlage ist § 28 WEG in Verbindung mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
Verwaltungsbeirat
Ein von der Eigentümerversammlung gewähltes Gremium, das als Bindeglied zwischen Eigentümern und Verwaltung fungiert. Der Beirat unterstützt und überwacht die Verwaltung, prüft den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung. Seine Aufgaben sind in § 29 WEG geregelt. Er besteht meist aus drei Eigentümern. Beispiel: Der Beirat prüft die Jahresabrechnung auf Richtigkeit und gibt eine Empfehlung für die Eigentümerversammlung ab. Der Beirat haftet bei Pflichtverletzungen gegenüber der Gemeinschaft.
Jahresabrechnung
Die jährliche Aufstellung aller Einnahmen und Ausgaben einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie zeigt die tatsächlichen Kosten im Vergleich zu den geleisteten Vorauszahlungen und errechnet Nachzahlungen oder Guthaben für jeden Eigentümer. Gesetzlich vorgeschrieben nach § 28 Abs. 3 WEG. Beispiel: Die Abrechnung enthält Positionen wie Heizkosten, Hausmeister, Versicherungen und wird nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel auf die Eigentümer umgelegt.
WEG-Verwaltung
Der bestellte Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft, der das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet und die Beschlüsse der Eigentümer ausführt. Die Pflichten sind in §§ 27, 28 WEG festgelegt und umfassen die kaufmännische, technische und organisatorische Verwaltung. Beispiel: Die Verwaltung schließt Wartungsverträge ab, erstellt Abrechnungen und beruft Eigentümerversammlungen ein. Sie haftet bei Pflichtverletzungen auf Schadensersatz.
Berufungsverfahren
Ein Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Gerichtsurteile, bei dem das nächsthöhere Gericht den Fall erneut überprüft. Im WEG-Recht ist nach § 72 GVG das Landgericht für Berufungen gegen Amtsgerichtsurteile zuständig. Die Berufung muss innerhalb eines Monats eingelegt werden. Beispiel: Ein Eigentümer verliert vor dem Amtsgericht und legt Berufung zum Landgericht ein, das den Fall neu verhandelt und anders entscheiden kann.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs. 2 WEG: Diese Vorschrift regelt die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in Wohnungseigentümergemeinschaften. Demnach sind die Eigentümer verpflichtet, nach Vorlage der Abrechnung zu entscheiden, ob diese genehmigt wird. Die Jahresabrechnung bietet eine Grundlage zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Gemeinschaft und der Tätigkeit des Verwalters. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin gegen die Entlastung der ehemaligen Verwaltung und des Beirats geklagt, da sie vermutete, dass der entsprechenden Jahresabrechnung Fehler unterlagen.
- § 23 WEG: Dieser Paragraph befasst sich mit der Einberufung und Durchführung von Eigentümerversammlungen. Er legt fest, dass jedem Eigentümer die Teilnahme an der Versammlung und die Möglichkeit zur Mitbestimmung gegeben sein muss. Im konkreten Fall stritt die Klägerin über die Frage der formellen Anforderungen an die Versammlungszeit und den Ort, was letztlich die Gültigkeit der Beschlüsse beeinflussen könnte.
- § 139 ZPO: Dieses Gesetz behandelt die Nichtigkeit von Prozessen, die aufgrund von Formfehlern nicht rechtsgültig sind. Wenn feststeht, dass eine Entscheidung von einem Formverstoß betroffen ist, kann dies zu ihrer Ungültigkeit führen. In diesem Fall hat das Gericht festgestellt, dass, auch wenn zur Ladung formelle Fehler vorlagen, diese die Ergebnisse der Abstimmungen nicht beeinflusst haben, da eine Mehrheit zustande kam.
- § 26 WEG: Dieser Paragraph regelt die Aufgaben und Rechte des Verwalters in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Verantwortungen umfassen sowohl die ordnungsgemäße Verwaltung als auch die Rechenschaft über die getätigten Geschäfte. Im Fall der Klägerin wird die Entlastung der nicht mehr aktiven Verwaltung und des Beirats angesprochen, was die Frage aufwirft, ob die damalige Verwaltungspflicht verletzt wurde und somit eine Entlastung nicht erbracht werden sollte.
- § 7 WEG: Dieser Paragraph betrifft die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander und die Voraussetzungen für rechtmäßige Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft. Er definiert die Spielräume für die Beschlussfassung und stellt sicher, dass alle Eigentümer angemessen informiert und beteiligt sind. Die Klägerin beruft sich auf ihr Recht, gegen die gefassten Beschlüsse vorzugehen, um sicherzustellen, dass die Interessen aller Eigentümer wahrgenommen werden, insbesondere wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt.
Das vorliegende Urteil
LG Hamburg – Az.: 318 S 51/23 – Urteil vom 26.06.2024
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