Zustimmung zum Mieterwechsel
AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 7 C 285/18 – Urteil vom 25.02.2019
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien gemäß Mietvertrag vom 13.10.2016 bestehende Wohnungsmietverhältnis über die Wohnung (…) Berlin, 5. OG links, bestehend aus 6 Zimmern, Küche, Toilette, Dusche, Bad und Diele unbefristet ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, folgender Änderung des Mietverhältnisses über die in Ziffer 1) näher bezeichnete Wohnung zuzustimmen:
Die Kläger*innen zu 4., 5. und zu 6. scheiden mit Wirkung zum 01.07.2018 aus dem Mietverhältnis aus und an ihrer Stelle treten Frau B. (für die Klägerin zu 4.), Frau L. (für den Kläger zu 5.) und Herr D. (für die Klägerin zu 6.) zum 01.07.2018 in das Mietverhältnis ein.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 13.10.2016 mieteten die Kläger, die im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Wohnung von der Beklagten. Die Kläger waren zu diesem Zeitpunkt Studenten im Alter zwischen 19 und 21 Jahren. In § 1b des Mietvertrages wurde vereinbart, dass das Mietverhältnis am 16.10.2016 beginnt und am 15.10.2018 endet und eine Verlängerung entfällt. Ergänzend zu dieser Regelung wurde in der Anlage 1 zum Mietvertrag angeführt: „Eine Verlängerung des Mietverhältnisses entfällt gemäß § 575 BGB aus folgendem Grund: Nach Ablauf der Befristung wird der Grundriss der Wohnung grundlegend geändert.“
Mit Schreiben vom 18.12.2017 beantragten die Kläger den mit dem Klageantrag zu 2) begehrten Mieterwechsel zum 01.01.2018. Die von der Beklagten beauftragte Hausverwaltung verweigerte die Zustimmung unter Hinweis auf die Befristung des Mietverhältnisses.
Die Kläger sind der Auffassung, dass der Grund für die Befristung in der Anlage 1 zum Mietvertrag nicht hinreichend konkret und die Befristung daher unwirksam ist. Sie seien Mietglieder einer Wohngemeinschaft. Als solche stehe ihnen ein Anspruch auf Entlassung und Neuaufnahme von Mietern zu.
Die Kläger beantragen, wie erkannt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Mietvertrag sei mit den Klägern als Einzelpersonen abgeschlossen worden und nicht mit einer Wohngemeinschaft. Die Befristung sei wirksam.
Sie trägt vor, bei der Wohnungsbesichtigung vor Abschluss des Mietvertrages habe sie den Klägern erklärt, dass die über zwei Etagen reichende, mit einer Innentreppe verbundene Wohnung künftig in zwei Wohnungen geteilt werde, dass umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt werden müssten, um eine tragende Decke anstelle der Galerie einzuziehen, die in einer bewohnten Wohnung nicht durchführbar seien und dass die Wohnung danach mit dem bisherigen Zuschnitt nicht mehr existieren werde. Aus diesem Grund sei im Einverständnis mit den Klägern die Befristung vereinbart worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kläger sind aktivlegitimiert.
Selbst wenn – aus den noch auszuführenden Gründen – vorliegend auf Mieterseite eine Wohngemeinschaft vorliegt, ist nicht die Wohngemeinschaft als solche Mieterin geworden, sondern die einzelnen Mieter / Kläger.
Die Rechtsbeziehungen einer Wohngemeinschaft im Innenverhältnis bestimmen sich in der Regel nach den §§ 705ff. BGB, da die Wohngemeinschaft nach überwiegender Auffassung eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts darstellt (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl., 2017, § 540 Rn. 19, beck-online). Allein aus dieser Beurteilung des Innenverhältnisses lässt sich jedoch noch nicht ableiten, ob diese Personenvereinigung im Außenverhältnis zum Vermieter eine Einheit oder eine Mehrheit von Mietern bildet, wer also auf Mieterseite Partei des Mietvertrags wird: die WG als Außen-GbR oder ihre Mitglieder gemeinschaftlich, die nach innen eine Innen-GbR bilden. Ob also auf Mieterseite eine Außen-GbR ist, oder ob die einzelnen Mitglieder der Wohngemeinschaft Mieter werden, ist durch Auslegung zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB (vgl. Dr. Jörn Jacobs, Haftung der (studentischen) Wohngemeinschaft nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR, NZM 2008, 111, beck-online). Danach ist vorliegend davon auszugehen, dass die einzelnen Mitglieder der WG Mieter geworden sind, denn im Rubrum in Verbindung mit § 25 des Mietvertrages sind die einzelnen Kläger als Mieter bzw. Vertragspartner aufgeführt und alle Mieter haben jeweils unterschrieben.
Die Kläger sind daher gemeinsam klagebefugt.
Der Feststellungsantrag ist zulässig, denn die Kläger haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass der Mietvertrag unbefristet ist.
Die Feststellungsklage ist auch begründet.
Nach § 575 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden und er dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt.
Vorliegend hat die Beklagte den Grund für die Befristung nicht hinreichend konkret mitgeteilt, weshalb das Mietverhältnis nach § 575 Abs. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.
Der Befristungsgrund ist dem Mieter bei Mietvertragsabschluss schriftlich mitzuteilen. Da durch eine Befristung eines Wohnraummietverhältnisses wesentliche Mieterrechte ausgehöhlt werden, sind an den Inhalt der schriftlichen Mitteilung hohe Anforderungen zu stellen (Schmidt/Futterer/Blank, Mietrecht 13. Aufl. 2017, § 575 BGB Rn. 21, beck-online). Der Befristungsgrund ist so genau zu umschreiben, dass er von anderen Befristungsgründen abgegrenzt werden kann (Schmidt/Futterer/Blank, a.a.O., Rn. 23).
Die geplanten Baumaßnahmen können eine Befristung nur rechtfertigen, wenn sie so umfassend sind, dass dadurch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses „erheblich erschwert“ würde. Diese Tatbestandsvoraussetzung kann der Mieter nur überprüfen, wenn ihm konkrete Informationen vorliegen. Es ist deshalb sachgerecht, wenn an den Inhalt der Information im wesentlichen dieselben Anforderungen gestellt werden, wie an eine Modernisierungsankündigung (Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Aufl. 2017, BGB § 575 Rn. 24-29; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., Rn. 25; AG Pankow-Weißensee, Urteil vom 24. März 2015 – 9 C 307/14 –, Rn. 30, juris). Zumindest muss der Vermieter die Kerntatsache erläutern (BeckOGK/Hoffmann, 1.10.2018, BGB § 575 Rn. 25).
Die vorliegende Mitteilung, dass eine wesentliche Grundrissänderung erfolgen soll, ist nicht ausreichend, denn anhand dieser Information kann der Mieter nicht prüfen, ob die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden. Eine solche rein schlagwortartige Angabe genügt nicht. Vielmehr muss der Vermieter nähere Angaben über die Art der Baumaßnahmen sowie darüber machen, inwieweit sie sich auf die Räume des Mieters erstrecken (vgl. Emmerich/Sonnenschein in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 575 Zeitmietvertrag, Rn. 20 – beck-online).
Offen bleiben kann, ob weitergehende Informationen mündlich erteilt wurden, wie es die Beklagte behauptet. Die Mitteilung hat nach § 575 Abs. 1 BGB schriftlich zu erfolgen, so dass § 126 BGB gilt und eine mündliche Mitteilung des Vermieters nicht genügt. Vielmehr ist das Befristungsinteresse in vollem Umfang schriftlich mitzuteilen. Es reicht nicht, wenn der Vermieter schriftlich nur schlagwortartig mitteilt, was er beabsichtigt, und dem Mieter die Einzelheiten mündlich erläutert (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O. § 575 Rn. 19).
Auch der Klageantrag zu 2) ist zulässig und begründet. Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Auswechslung von Mietern zu.
Ergibt sich – wie vorliegend – aus den Umständen des Vertragsschlusses, dass der Vermieter bei Vertragsschluss wusste, dass er nicht einen Vertrag mit einer Wohngemeinschaft geschlossen hat, besteht bei Mietereigenschaft aller Mitglieder ein Anspruch der Wohngemeinschaft gegen den Vermieter, einer Auswechselung von Mietern zuzustimmen, d.h. der Entlassung eines ausscheidenden Mitglieds und der Aufnahme eines neuen Mitglieds (vgl. LG Berlin, Urteil vom 11. Januar 2017 – 65 S 375/16 –, Rn. 7, juris, m.w.N.). Bei einem Mietvertrag mit einer studentischen Wohngemeinschaft ist im Gegensatz zu einer Vermietung an eine Person oder an eine Lebensgemeinschaft von vornherein die Möglichkeit des Wechsels der Vertragspartner als vereinbart anzusehen, da für den Vermieter einer studentischen Wohngemeinschaft bei Vertragsabschluss ohne weiteres offensichtlich ist, dass die einzelnen Mieter nur zeitlich begrenzt und jeweils unterschiedlich an der Wohnung interessiert sind und dass deshalb bei Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags die wirtschaftliche Notwendigkeit des Austauschs der Wohngemeinschaftsmitglieder besteht (Hannemann, Mietrecht, Teil A. Wohnraummiete 4. Abschnitt. Parteien des Wohnraummietverhältnisses § 11 Mietvertragsparteien und Rechtsnachfolge Rn. 230 – 242, beck-online).
Vorliegend wurde die Wohnung durch die von der Beklagten beauftragten Maklerin als „WG-geeignet“ beworben. Im Internet-Expose´ wird ausgeführt: „Die Wohnung wird an Studenten vermietet, die eine Wohngemeinschaft gründen möchten“. Alle Kläger waren bei Vertragsabschluss Studenten und zwischen 19 und 21 Jahre alt. Da Auskünfte über ihre persönlichen Verhältnisse eingeholt worden waren kannte die Hausverwaltung das Alter und wusste sie, dass es sich durchweg um Studenten mit geringem Einkommen handelte. Aus diesem Grund wurden zusätzlich zur vereinbarten Kaution Bankbürgschaften der Eltern verlangt. Die Äußerungen der Maklerin und die Kenntnis der Hausverwaltung muss sich die Beklagte nach § 164 Abs. 1 und 3 BGB zurechnen lassen.
Dass in der Person der Vorgeschlagenen ein wichtiger Grund vorliegt oder sonst der Beklagten der Eintritt der Vorgeschlagenen in den Vertrag nicht zugemutet werden kann, ist nicht dargetan.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.