Skip to content
Menü

Eigenbedarfskündigung einer Vermieter-GbR – teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft

AG Hamburg – Az.: 316 S 78/17 – Urteil vom 25.03.2019

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 31.08.2017, Az. 44 C 395/14, abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, die von ihnen angemietete Wohnung S.. B.str. …, … H., belegen im Hochparterre, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC, 1 Keller, 1 Terrasse, 1 Garten und 1 Garage im Souterrain geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Der Beklagten zu 2) wird eine Räumungsfrist bis zum 30.09.2019 gewährt.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 24.075,86 € festgesetzt.

Gründe

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird zunächst Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 31.08.2017.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Räumung einer Wohnung wegen Eigenbedarfs.

Die Beklagten sind seit dem 18.05.2001 Mieter einer 139,5 qm großen Dreizimmerwohnung in der S.. B.str. … im Hochparterre mit Garten. Die Klägerin hat das Haus am 07.08.2013 erworben und ist in das Mietverhältnis auf Vermieterseite eingetreten. Die von den Beklagten zu leistende monatliche Nettokaltmiete beträgt € 2.070,73, die Gesamtmiete € 2.440,72. Der Beklagte zu 1) wurde am 09.08.1927 geboren, die Beklagte zu 2) am 25.03.1944. Das Ehepaar lebt seit 1974 in H1.

Mit Schreiben vom 30.9.2013 erklärte die Klägerin die Kündigung wegen Eigenbedarfs mit einer Kündigungsfrist zum 30.09.2014. In dem Kündigungsschreiben erklärte sie, dass ihre beiden einzigen Gesellschafter, die Eheleute G., die Wohnung im Hochparterre selber nutzen wollten. Sie seien seit 2008 verheiratet und hätten zwei Kinder im Vorschulalter sowie zwei erwachsene Kinder aus der ersten Ehe von Frau G.. Die Familie wohne seit längerer Zeit in einer Mietwohnung in der S.str.. Die Gesellschafter beabsichtigten nunmehr, aus der nur gemieteten Wohnung erstmalig in die eigenen vier Wände zu ziehen. Die streitgegenständliche Wohnung solle zudem mit der Souterrainwohnung mit einer Größe von 62 qm verbunden werden Dort sollten Schlafzimmer, Haushaltsräume, Spielzimmer und ähnliche Räumlichkeiten entstehen. Zudem solle ein direkter und für die übrigen Bewohner des Hauses unzugänglicher Zugang zu den Räumlichkeiten im Souterrain geschaffen werden. Wegen der genauen Begründung wird auf das als Anlage K 2, Bl. 27 d.A. vorgelegte Kündigungsschreiben Bezug genommen.

Die Beklagten widersprachen der Kündigung mit Schreiben vom 30.7.2014 und beriefen sich auf eine unzumutbare Härte. Auf die Anlage K 11, Bl. 53 d.A. wird verwiesen.

Zwischen den Parteien besteht zudem ein Mietvertrag über eine Garage im Haus S.. B.str. … vom 22.05.2001, in dem nur der Beklagte zu 1) als Mieter angegeben ist. Die Klägerin nahm den Beklagten zu 1) nach einer Kündigung vom 04.02.2014 in dem Verfahren 40a C 267/14 auf Räumung der Garage in Anspruch, weil sie der Meinung war, dass es sich um zwei getrennte Mietverhältnisse handele. In diesem Verfahren wurde der Beklagte zu 1) mit Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 06.08.2015 zur Räumung der Garage verurteilt. Dieses Urteil wurde vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 13.05.2016 abgeändert (Az. 311 S 83/15) und die Klage abgewiesen. Es liege ein einheitlicher Mietvertrag vor.

Die Kläger wiederholten am 28.11.2014 die Kündigung wegen Eigenbedarfs unter Einbeziehung der Garage. Hiergegen erklärten die Beklagten mit Schreiben vom 30.9.2015 ebenfalls einen Widerspruch wegen des Vorliegens einer unzumutbaren Härte.

Im Souterrain des Hauses S.. B.str. … befindet sich neben einer derzeit leerstehenden Wohnung und der von den Beklagten angemieteten Garage auch ein Abstellraum, der von einer Mieterin aus dem 2. Obergeschoss, Frau R., mit angemietet ist.

Die Klägerin hat in der ersten Instanz behauptet, es handele sich bei dem Haus in der S.. B.str. um den einzigen Grundbesitz der Klägerin und ihrer Gesellschafter, in denen das Wohnen in den eigenen Wänden für die Gesellschafter und ihre Kinder in Frage komme. Es existiere kein weiteres Immobilieneigentum. Die Gesellschafter der Klägerin würden derzeit mit ihren beiden kleinen Töchtern eine im 2. OG belegene Mietwohnung in der S.str. bewohnen. Das Haus in der S.. B.str. solle auf lange Sicht als Familienhaus genutzt werden mit den erwachsenen Kindern der Frau G. aus erster Ehe sowie der Mutter des Herrn G.. Die streitgegenständliche Wohnung sei aufgrund verschiedener Merkmale (Lage, wenige Treppen) für die Gesellschafter der Klägerin ideal. Die derzeitige Wohnung in der S.str. habe auch keinen Gartenzugang und keinen eigenen Parkplatz. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung habe eine konkrete Raumplanung für ihre künftige Wohnung vorgelegen und diese sei auch baurechtlich genehmigungsfähig.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen angemietete Wohnung in der S.. B.str. …, … H., belegen im Hochparterre, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC, 1 Keller, 1 Terrasse, 1 Garten und 1 Garage, geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen,

hilfsweise zu beschließen, dass das Mietverhältnis der Parteien über die Wohnung S.. B.str. …, belegen im Hochparterre, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad, Flur, 1 Keller, 1 Terrasse, 1 Garten sowie einer Garage, zu den bisherigen Bedingungen auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird.

Die Beklagten haben vorgetragen, die Kündigung sei bereits formell unwirksam, da die Kündigung keine ausreichenden Angaben zu der Umsetzbarkeit des geplanten Bauvorhabens enthalte. So fehle es an der Angabe, wie welches Zimmer genutzt werden solle. Zudem ergebe sich aus einer von der Klägerin vorgelegten Skizze, dass in die Planung des Souterrains bereits zum Zeitpunkt der ersten Kündigung die Garage in die Nutzung des Souterrains in die Umbaupläne einbezogen worden sei, ohne dass dies im Kündigungsschreiben Erwähnung gefunden habe. Weiter sei für die von der Klägerin geplante Baumaßnahme eine Zweckentfremdungsgenehmigung notwendig, da nach § 9 Abs. 2 Ziff. 5 des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes (HmbWoSchG) das Leerstehenlassen von Wohnraum von mehr als 4 Monate eine Zweckentfremdung darstelle und die geplanten Baumaßnahmen über diesen Zeitraum hinausgingen. Diese Zweckentfremdungsgenehmigung müsse auch bereits bei Ausspruch der Kündigung vorliegen.

Weiter haben die Beklagten erstinstanzlich den geltend gemachten Eigenbedarf und die baurechtliche Zulässigkeit des geplanten Umbaus bestritten. Auch ergebe sich aus der Planung, dass das gesamte Souterrain künftig ausschließlich von der Klägerin genutzt werden solle. Diese Planung sei aber aufgrund des fortbestehenden Mietverhältnisses über den Abstellraum der Mieterin aus dem 2. Obergeschoss nicht umsetzbar.

Die Beendigung des Mietverhältnisses stelle für die Beklagten eine nicht hinzunehmende persönliche Härte dar, die auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses erforderlich mache. Der Beklagte zu 1) leide unter einer koronaren Herzerkrankung. Im Übrigen würde ein Umzug zu psychischen Belastungen führen, die wiederum zu einer deutlichen Verschlechterung der Herzerkrankung führen würden. Auch seien die Beklagten im Stadtteil fest verwurzelt, wobei insbesondere auch das hohe Alter des Beklagten zu 1) zu berücksichtigen sei.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D. und S.. Zudem wurden die Gesellschafter persönlich zu ihrem Nutzungswillen angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2017 (Bl. 457 ff. d.A.).

Mit Urteil vom 31.8.2017 hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Die Kündigungen seien beide unwirksam, da keine Zweckentfremdungsgenehmigung vorgelegen habe. Im Hinblick auf die behaupteten geplanten Umbaumaßnahmen sei ein Leerstehen im Sinne von § 9 Nr. 5 HmbWoSchG gegeben, da die Umbauarbeiten mehr als vier Monate dauern würden (13 Wochen für Umbau Treppenhaus und 19 Wochen für Arbeiten in der Wohnung). Es ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Verordnung, dass ein Leerstand aufgrund eines Umbaus nicht von § 9 erfasst werde. Auch durch Umbaumaßnahmen werde der Bevölkerung Wohnraum entzogen. Auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 S. 1 der Verordnung könne sich die Klägerin nicht berufen, da diese nur eingreife, wenn während der Umbaumaßnahmen erkennbar werde, dass der Leerstand mehr als 4 Monate dauere. Die Genehmigung habe auch bereits bei Ausspruch der Kündigung vorliegen müssen.

Gegen das ihr am 5.9.2017 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 28.9.2017 eingelegten und am 1.11.2017 begründeten Berufung.

Die Klägerin trägt vor, die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, wonach zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung eine Zweckentfremdungsgenehmigung vorliegen müsse, sei unzutreffend. Es liege insoweit ein Rechtsanwendungsfehler des Amtsgerichts vor, der rechtserheblich im Sinne von § 520 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO sei. Ohne die fehlerhafte Rechtsauffassung hätte das Amtsgericht den Eigennutzungswunsch der Klägerin annehmen müssen. Zudem hätte der von den Beklagten behauptete Härtegrund weiter aufgeklärt werden müssen.

Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg (Az. 44 C 395/14) vom 31.08.2017 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen angemietete Wohnung S.. B.str. …, … H., belegen im Hochparterre, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC, 1 Keller, 1 Terrasse, 1 Garten und 1 Garage im Souterrain, geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

1. die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg – Mitte, Geschäftszeichen 44 C 395/14 wird zurückgewiesen;

2. hilfsweise, die Revision wird hinsichtlich der Frage, ob das Vorliegen einer erforderlichen Zweckentfremdungsgenehmigung Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung darstellt, zugelassen;

3. weitergehend hilfsweise, das Mietverhältnis der Parteien wird aufgrund des sozialen Widerspruchs der Beklagten auf unbestimmte Zeit fortgesetzt mit der Maßgabe, dass das Kündigungsrecht der Klägerin gemäß § 573 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 BGB auf Lebzeiten des Beklagten zu Ziff. 1 ausgeschlossen ist.

Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortag. Eine Zweckentfremdungsgenehmigung habe mieterschützenden Charakter und müsse deshalb bei Ausspruch der Kündigung vorliegen. Die beabsichtigte Nutzung müsse zu diesem Zeitpunkt zulässig sein, da es sich sonst um eine unzulässige Vorratskündigung handele. Insoweit bestünden die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Verwertungskündigung. Dass es sich um eine unzulässige Vorratskündigung gehandelt habe, zeige sich auch daran, dass zwischen dem Ausspruch der ersten Kündigung und der Erteilung der Baugenehmigung fast vier Jahre gelegen hätten. Der Bauantrag sei von der Klägerin erst 2014 gestellt und dann noch erheblich geändert worden, da die erste Planung wohl so nicht realisierbar gewesen sei. Nach der Aussage des Zeugen D. habe ein ernsthafter und realisierbarer Umgestaltungsplan erst im August 2015 und somit nach den beiden Kündigungen vorgelegen. Auch sei die Planung der Klägerin aufgrund des an die Mieterin R. vermieteten Abstellraums nicht umsetzbar.

Der Beklagte zu 1) ist im Januar 2019 verstorben.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 05.03.2019 haben die Beklagten vorgetragen, aufgrund des Todes des Beklagten zu 1) habe sich der Gesundheitszustand der Beklagten zu 2) drastisch verschlechtert. Die Beklagte zu 2) müsse sich nun in fachärztliche Behandlung eines Psychiaters begeben. Sie sei so erheblich erkrankt, dass eine Beendigung des Mietverhältnisses auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen würde. Im Übrigen habe die Beklagte zu 2) in Erfahrung gebracht, dass die Gesellschafter der Klägerin in Verhandlungen wegen des Ankaufs eines anderen Hauses stünden. Es werde daher die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I. G. und N. T.- F.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2019 (Bl. 728 ff. d.A.).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die angefochtene Entscheidung sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch gem. §§ 546 Abs. 2, 985 BGB auf Räumung der streitgegenständlichen Mietwohnung. Das Mietverhältnis ist durch die Kündigung vom 28.11.2014 wirksam beendet worden.

1. Der geltend gemachte Eigenbedarf scheitert nicht daran, dass die Klägerin eine Vermieter-GbR ist. Zwar ist der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB seinem Wortlaut nach auf natürliche Personen zugeschnitten. Um eine solche handelt es sich bei einer (Außen-) GbR nicht, so dass die Regelung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht direkt anwendbar ist (BGH, Urteil vom 27.06.2007, Az. VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845; vgl. auch MüKoBGB/Häublein, 7. Aufl., § 573 Rn. 67). Die GbR als teilrechtsfähige (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB jedoch auf den Eigenbedarf ihrer Gesellschafter oder deren Angehörigen berufen (BGH, Urteil vom 15.03.2017, Az. VIII ZR 92/16; BGH, Urteil vom 14.12.2016, Az. VIII ZR 232/15, insb. Rn. 15 f.).

2. Die Kündigungserklärung vom 28.11.2014 ist formell wirksam. Sie enthält insbesondere ausreichende Angaben zu der Umsetzbarkeit des geplanten Bauvorhabens.

Gem. § 573 Abs. 3 S. 1 BGB setzt die formelle Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben werden. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drs. 6/1549, 6 f. [zu § 564a Abs. 1 S. 2 BGB a.F.]). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (BGH, Urteil vom 15.03.2017, Az. VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474; BGH, Urteil vom 23.09.2015, Az. VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368; BGH, Urteil vom 30.04.2014, Az. VIII ZR 284/13, NJW 2014, 2102; BGH, Urteil vom 06.07.2011, Az. VIII ZR 317/10, BeckRS 2011, 20823; BGH, Urteil vom 17. 3. 2010, Az. VIII ZR 70/09, NJW-RR 2010, 809).

In dem Kündigungsschreiben hat die Klägerin angegeben, dass die streitgegenständliche Wohnung mit der Souterrainwohnung verbunden und ein direkter und für die übrigen Bewohner des Hauses unzugänglicher Zugang zu den Räumlichkeiten im Souterrain geschaffen werden solle. Weitergehende Ausführungen zu den beabsichtigten Baumaßnahmen waren nicht erforderlich. Die Kündigungserklärung ist ohne weitere Angaben nachvollziehbar und ihr sind vernünftige Gründe für den geltend gemachten Eigenbedarf zu entnehmen. Eine Erläuterung, wie welches Zimmer genutzt werden soll, ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2015, Az. VIII ZR 297/14, a. a. O.; Staudinger/Christian Rolfs (2018) BGB § 573 Rn. 210). Offen bleiben kann auch, ob es für die Wirksamkeit der ersten Kündigung vom 30.9.2013 schädlich ist, dass die Garage in die Umbaupläne einbezogen war, ohne dass dies im Kündigungsschreiben Erwähnung gefunden hat, da jedenfalls die zweite Kündigung vom 28.11.2014 wirksam war.

3. Die Eigenbedarfskündigung vom 28.11.2014 ist auch materiell wirksam. Vorauszusetzen ist hierfür nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, dass der Vermieter die Räume als Wohnung unter anderem für sich benötigt. Das bedeutet, dass der Vermieter die ernsthafte Absicht haben muss, die Wohnung zu nutzen (Nutzungswille), wofür der Vermieter die Beweislast trägt, und diese Absicht auf vernünftigen Erwägungen beruht (Nutzungsinteresse) (Schmidt-Futterer/Blank, 13. Aufl. 2017, § 573 BGB Rn. 42). Das Gericht darf lediglich überprüfen, ob der Vermieter tatsächlich die ernsthafte Absicht hat, die Wohnung selbst zu nutzen, ob der Nutzungswille von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragen ist, ob durch die Inanspruchnahme der gekündigten Wohnung der Bedarf des Vermieters tatsächlich gedeckt wird, ob der Bedarf des Vermieters durch eine andere frei stehende oder frei werdende Wohnung gedeckt werden kann und ob der Wohnbedarf weit überhöht ist (BGH, Urteil vom 04.03.2015, Az. VIII ZR 166/14, NJW 2015, 1590). Daraus folgt, dass die Prüfung des Eigenbedarfs faktisch auf eine Missbrauchskontrolle beschränkt ist (Schmidt-Futterer/Blank, a. a. O., § 573 BGB, Rn. 42). Insbesondere aus Art. 14 GG ergibt sich, dass die Gerichte die Entscheidung des Eigentümers grundsätzlich respektieren müssen und ihm keine fremden Vorstellungen über angemessenes Wohnen und seine angemessene Lebensplanung aufdrängen dürfen (BVerfG, Beschluss vom 18.01.1988, Az. 1 BvR 787/87; BVerfG, Urteil vom 14.02.1989, Az. 1 BvR 308/88; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2001, Az. 1 BvR 1185/01). Im Allgemeinen darf das Gericht nicht überprüfen, ob es zur Nutzungsabsicht des Vermieters bessere oder sinnvollere Alternativen gibt, es sei denn, die Nutzungsabsicht des Eigentümers beruht auf unrealistischen Vorstellungen und die Nutzungswünsche des Eigentümers können durch die Kündigung überhaupt nicht befriedigt werden (BVerfG, Urteil vom 14.02.1989, Az. 1 BvR 308/88; Schmidt-Futterer/Blank, a. a. O.,§ 573 BGB Rn 68).

Auch das Besitzrecht des Mieters an der Wohnung steht unter dem Schutz des Grundgesetzes, Art. 14 GG (BVerfG, Beschluss vom 26.05.1993, Az. 1 BvR 208/93). Der grundrechtlich geschützten Besitzposition des Mieters ist dadurch Rechnung zu tragen, dass das Gericht den Einwänden des Mieters in einer Weise nachgeht, die der Bedeutung und Tragweite seines Bestandsinteresses gerecht wird, mithin das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen sorgfältig nachprüft (BVerfG, Beschluss vom 26.05.1993, Az. 1 BvR 208/93; Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Auflage 2017, § 573 BGB Rn. 38).

Der von der Klägerin angegebene Wunsch, dass ihre Gesellschafter mit ihren Kindern nach den geplanten Umbaumaßnahmen in die streitgegenständliche Wohnung einziehen wollen, beruht unter Zugrundelegung der genannten Maßstäbe auf nachvollziehbaren, in dem genannten Sinne vernünftigen Erwägungen. So hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass die bisherige Wohnung in der S.str. weder über einen eigenen Gartenzugang noch über einen eigenen Parkplatz verfügte und die Gesellschafter bislang zur Miete gewohnt haben und nunmehr eigenes Eigentum beziehen wollen. Auch sei die Anbindung der neuen Wohnung ideal für die Familie.

Die Zeugen I. G. und N. T.- F. haben das Bestehen des von der Klägerin geltend gemachten Eigenbedarfs glaubhaft bestätigt.

So hat die Zeugin I. G. ausgesagt, ihr Sohn und seine Frau, die Gesellschafter der Klägerin, hätten das Haus von vornherein gekauft, weil sie dort mit der Familie hätten einziehen wollen. Sie wollten dort mit ihren beiden gemeinsamen Töchtern einziehen. Auch die beiden erwachsenen Kinder der Gesellschafterin G. seien häufig da und würden dort dann wohnen. Ihr Sohn habe ihr auch angeboten, dass sie dort mit einziehen könne. Die beiden hätten nach wie vor den Plan, dort einzuziehen. Zuletzt hätten sie Weihnachten darüber gesprochen. Sie selbst wisse noch nicht genau, ob sie da einziehen wolle. Dies sei immer Thema gewesen.

Die Aussage der Zeugin G. war in sich schlüssig, widerspruchsfrei und lebendig. So räumte sie auch ein, dass sie zwar ursprünglich davon begeistert gewesen sei, in das Haus mit einzuziehen. Inzwischen sei sie sich aber nicht mehr sicher, ob sie mit ihrem Sohn in einem Haus zusammen wohnen wolle.

Der Zeuge N. T.- F., der Sohn der Gesellschafterin G., bestätigte ebenfalls den Wunsch seiner Mutter und seines Stiefvaters, nach den Umbauarbeiten in das Haus einzuziehen. Er erklärte, dass diese ihm nach dem Kauf des Hauses gesagt hätten, dass sie dort einziehen wollten. Dies sei immer wieder Thema gewesen. Er wohne zwar inzwischen nicht mehr in H., aber wenn er noch in H. wohnen würde, wäre es sicherlich auch so gewesen, dass er mit in das Haus eingezogen wäre. Er habe auch ca. ein halbes Jahr in dem Haus gewohnt in einer Wohnung im ersten Stock.

Auch die Aussage des Zeugen T.- F. war widerspruchsfrei und authentisch. So gestand der Zeuge auch Wissenslücken ein, so zu der Frage, ob er genau wisse, was in dem Haus umgebaut werden solle. Baupläne habe er nie gesehen. Er habe auch nichts davon mitbekommen, dass auch die Zeugin I. G. in das Haus dort eventuell mit einziehe. Dies habe sie ihm nur gerade draußen auf dem Gang erzählt. Auch schilderte er, dass er zunächst in der Kellerwohnung gewohnt habe, dann aber in den 1. Stock gezogen sei, weil es im Keller kein Internet gegeben habe.

4. Die Kündigungen sind auch nicht deswegen unwirksam, weil es an der erforderlichen Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit der Nutzungsabsicht fehlt.

a) Die erforderliche Ernsthaftigkeit des Nutzungs-/Überlassungswillens fehlt dann, wenn sich der Vermieter bei Ausspruch der Kündigung noch nicht sicher ist, ob er seine Nutzungsabsicht auch verwirklichen kann (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 573 BGB, Rn. 63). In diesem Fall ist die Kündigung unwirksam und vertragswidrig (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az. VIII ZR 243/16, NJW 2015, 3368). Ein durchsetzungsfähiger Eigennutzungswunsch muss nicht nur vernünftig und nachvollziehbar sein, sondern er muss auch ernsthaft verfolgt werden (BVerfG Kammerbeschluss vom 25.10.1990, Az. 1 BvR 953/90, Rn. 15). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für den Mieter der Verlust der Wohnung im Allgemeinen nicht nur mit hohen finanziellen Aufwendungen, sondern auch mit vielfältigen Unannehmlichkeiten anderer Art verbunden ist. Dies rechtfertigt es, an die Prüfungspflicht des Vermieters höchste Anforderungen zu stellen (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 573 BGB, Rn. 63).

Der Vermieter darf eine Eigenbedarfskündigung daher erst aussprechen, wenn seine Planung hinsichtlich erforderlicher Umbaumaßnahmen so weit gediehen ist, dass beurteilt werden kann, ob der Vermieter die geplante Nutzung auch realisieren kann. Eine vollständige, in alle Einzelheiten gehende Planung muss bei Ausspruch der Eigenbedarfskündigung dabei aber ebenso wenig vorliegen wie eine etwaige Baugenehmigung. Entscheidend ist alleine, ob die Vorstellungen, die derjenige, der den Eigenbedarf anmelden kann, hinsichtlich des Raumbedarfs hat, verwirklicht werden können und ob diese Vorstellungen unrealistisch sind (OLG Frankfurt, RE vom 25.06.1992, Az. 20 REMiet 7/91, Rn. 24; LG Hamburg, Urteil vom 25.06.2009, Az. 333 S 67/08, Rn. 16). Die Pläne müssen lediglich so konkret sein, dass beurteilt werden kann, ob die Verwirklichung des Plans eine Kündigung rechtfertigt (LG München I, Urteil vom 27.11.1991, Az. 14 S 10092/91, WuM 1992, 612; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 573 BGB Rn. 63). Dies muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden (OLG Frankfurt, RE vom 25.06.1992, Az. 20 REMiet 7/91, WuM 1992, 383, Rn. 24).

b) Nach diesen Maßstäben hat bei Ausspruch der Kündigung vom 28.11.2014 bereits eine ernsthafte und konkrete Planung der Umbaumaßnahmen vorgelegen. In dem Kündigungsschreiben hat die Klägerin angegeben, dass die streitgegenständliche Wohnung mit der Souterrainwohnung verbunden und ein direkter und für die übrigen Bewohner des Hauses unzugänglicher Zugang zu den Räumlichkeiten im Souterrain geschaffen werden solle. Nach den als Anlage K 27 (Bl. 433 ff. d.A.) vorgelegten Plänen war eine Verbindung von Erdgeschoss und Souterrain durch Einbau einer Treppe ebenso unproblematisch möglich wie die Schaffung eines Zugangs zu den Räumlichkeiten im Souterrain, der für die übrigen Bewohner des Hauses nicht zugänglich sein würde. Auch der von der Klägerin im Kündigungsschreiben geschilderte Raumbedarf war hierdurch zu decken. Dies war für die Beklagten aufgrund ihrer Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten auch ohne Weiteres erkennbar. Unerheblich ist, ob der Bauantrag von der Klägerin erst 2014 gestellt und dann noch erheblich geändert wurde. Wie sich aus der Anlage K 27 ergibt, bezog sich der Bauantrag nicht nur auf die für die Wirksamkeit der Kündigung alleine relevante Verbindung des Souterrains mit der streitgegenständlichen Wohnung, sondern auf den Umbau und die Sanierung des gesamten Gebäudes.

c) Die Planung der Klägerin ist auch in dem Fall umsetzbar, dass die Klägerin mit der Mieterin R. keine Einigung hinsichtlich des an diese mitvermieteten Abstellraums erzielen kann. Zwar wurde in den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Plänen der Abstellraum überplant, so dass dieser durch den beabsichtigten Umbau wegfallen würde. Die Pläne könnten aber dahingehend geändert werden, dass der Wohnungseingangsbereich nach hinten verlegt und ein interner Flur errichtet wird, so dass der Abstellraum der Zeugin R. weiterhin außerhalb der Wohnung der Klägerin liegen würde. Auch hierbei würde es sich um lediglich geringfügige Abweichungen von der Planung handeln, die der Kündigung vom 28.11.2014 zugrunde lag. Dies gilt auch dann, wenn hierdurch die Lage der geplanten Treppe etwas verändert werden müsste.

5. Es kann auch offen bleiben, ob im Falle des öffentlich-rechtlichen Erfordernisses einer Zweckentfremdungsgenehmigung diese grundsätzlich bereits bei Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorliegen muss, wie dies bei Verwertungskündigungen gem. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB für erforderlich gehalten wird (vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2003, Az. 25 C 10350/03; AG Hamburg, Urteil vom 29.08.2013, Az. 44 C 20/13; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., BGB § 573 Rn. 153).

Für die von der Klägerin beabsichtigten Umbaumaßnahmen fehlt es nämlich bereits an dem öffentlich – rechtlichen Erfordernis einer Zweckentfremdungsgenehmigung.

Der von der Klägerin beabsichtigte Umbau ist von dem in § 9 HmbWoSchG verankerten Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum nicht erfasst, da der Wohnraum nach Abschluss der Umbauarbeiten auch wieder als Wohnraum genutzt werden wird. Auch wenn durch die Umbauarbeiten die Wohnungen mehr als vier Monate unbewohnbar sein sollten, handelt es sich nicht um ein Leerstehenlassen von Wohnraum im Sinne von § 9 Abs. 2 Ziff. 5 HmbWoSchG, da der Wohnraum hierdurch nicht zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken verwendet wird. Dies ergibt sich aus der als Anlage K 29 vorgelegten Fachanweisung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt zur Durchführung des HmbWoSchG, dort Ziffer 9.2.2.5. Danach liegt ein Leerstehenlassen nur dann vor, wenn der Wohnraum nach dem erkennbaren Willen der Verfügungsberechtigten nicht Wohnzwecken zugeführt wird. Hieraus ergibt sich, dass hiervon solche Baumaßnahmen nicht erfasst sind, die zwar dazu führen, dass der Wohnraum für den Zeitraum der Maßnahmen nicht bewohnbar ist, die letztlich aber nur der Instandhaltung und Modernisierung von Wohnraum dienen.

Aus der in § 13 Abs. 3 HmbWoSchG geregelten Genehmigungsfiktion ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach § 13 Abs. 2 HmbWoSchG hat der Verfügungsberechtigte unverzüglich anzuzeigen, wenn Wohnraum ab Beginn des Leerstehenlassens von Wohnraum nicht innerhalb von vier Monaten zu Wohnzwecken genutzt wird. Nach § 13 Abs. 3 HmbWoSchG gilt die Genehmigung zum Leerstehenlassen für die Dauer des durch die baulichen Maßnahmen bedingten Leerstehenlassens als erteilt, wenn der Verfügungsberechtigte das Leerstehenlassen und die damit verbundene konkrete Absicht von Um- oder Neubaumaßnahmen anzeigt und die zuständige Behörde nicht innerhalb von acht Wochen widerspricht. Vielmehr lässt sich auch dieser Regelung entnehmen, dass das Genehmigungserfordernis dann nicht greift, wenn der Zeitraum des Leerstehenlassens denjenigen nicht übersteigt, der für die Um- oder Neubaumaßnahmen benötigt wird, und der Wohnraum nach Abschluss der Maßnahmen auch unmittelbar wieder als Wohnraum genutzt wird.

Dass ein ausschließlich durch Baumaßnahmen bedingter Leerstand von Wohnraum, bei dem die Räume anschließend wieder als Wohnraum genutzt werden sollen, nicht unter § 9 HmbWoSchG fällt, ergibt sich auch aus dem Zweck des Gesetzes. Nach § 9 Abs. 1 HmbWoSchG soll durch die Regelungen zur Zweckentfremdung der Gefahr begegnet werden, dass die Bevölkerung nicht ausreichend mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgt ist. Diese Gefahr entsteht aber nicht durch Baumaßnahmen, die gerade der Instandhaltung und Modernisierung von Wohnraum und damit dessen Erhaltung dienen. Die Beschleunigung von Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen an Wohnräumen und deren Erschwerung durch ein behördliches Genehmigungserfordernis ist nicht Zweck des Gesetzes.

6. Die Beklagten können auch nicht gem. § 574a BGB verlangen, dass das Mietverhältnis fortgesetzt wird.

a) Nach § 574 BGB kann der Mieter einer Kündigung widersprechen, wenn eine Beendigung für den Mieter eine Härte bedeutet, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. In diesem Fall kann der Mieter nach § 574a BGB verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., BGB § 574 Rn. 27). Da der Beklagte zu 1) im Januar 2019 verstorben ist, ist lediglich auf die Beklagte zu 2) abzustellen. Eine besondere Härte im Sinne von § 574 BGB, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erfordern würde, liegt in der Person der Beklagten zu 2) jedoch nicht vor.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Härte“ im Sinne von § 574 BGB erfasst alle Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art, die infolge der Vertragsbeendigung auftreten können. Hierzu können Eingriffe in die beruflichen Verhältnisse ebenso zählen wie die Verwurzelung eines Mieters in höherem Lebensalter in einem bestimmten Wohnviertel, das Fehlen von angemessenem Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen, eine schwere Krankheit oder körperliche bzw. geistige Behinderung. Der Eintritt der Nachteile muss nicht mit absoluter Sicherheit feststehen; es genügt vielmehr, wenn die Nachteile mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Nicht ausreichend ist hingegen die lediglich theoretische Möglichkeit des Eintritts von Nachteilen (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2004, Az. VIII ZR 246/03, juris; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 574 Rn. 20). Die mit einem Umzug unvermeidlichen Unannehmlichkeiten stellen keine Härtegründe dar (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2013, Az. VIII ZR 57/13, juris). Soweit ein Mieter einen schwerwiegenden Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit geltend macht, besteht die verfassungsrechtliche Pflicht zu einer besonders sorgfältigen Nachprüfung seines Parteivorbringens (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.2.1993, Az. 2 BvR 2077/92, Rz. 23, juris).

Die Beklagten haben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu der Beklagten zu 2) lediglich vorgetragen, dass diese im Stadtteil verwurzelt sei. Dieser Umstand ist für sich alleine aber noch nicht geeignet, eine Härte im Sinne von § 574 BGB zu begründen. Zwar sind in vielen Fällen Mieter in hohem Alter nach langer Wohndauer in einem Wohnviertel in besonderem Maße verwurzelt, was in Verbindung mit den alterstypischen Formen der Asthenie, mit Veränderungsphobien oder sonstigen Krankheiten häufig zur Räumungsunfähigkeit führen kann (vgl. Landgericht Hamburg, Urteil vom 26.04.1991, Az. 311 S 250/90; Schmidt/Futterer/Blank, a.a.O., § 574 BGB Rn. 41). Zu Krankheiten der 74- jährigen Beklagten zu 2), zu Asthenien oder Veränderungsphobien wurde bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aber nichts vorgetragen.

b) Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 05.03.2019 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO wieder zu eröffnen, da eine besondere Härte im Sinne von § 574 BGB in der Person der Beklagten zu 2) auch darin nicht hinreichend vorgetragen wurde. Zwar ist es für die Annahme einer Härte im Sinne von § 574 BGB nicht erforderlich, dass durch die Räumung der Wohnung eine Beeinträchtigung der Gesundheit mit Sicherheit eintritt. Es muss aber zumindest die ernsthafte Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung bestehen (BGH, Urteil vom 16.10.2013, Az. VIII ZR 57/13, NZM 2013, 824, Rn. 20). Dass eine solche Gefahr besteht, ergibt sich weder aus dem schriftsätzlichen Vortrag, noch aus dem vorgelegten Attest.

Die Beklagten haben in diesem Schriftsatz vorgetragen, dass die Beklagte zu 2) mittlerweile Krankheitssymptome zeige, die auf eine Depression hindeuten könnten. In dem vorgelegten Attest heißt es, es sei vorstellbar, dass der aktuelle, ungeklärte Status der Wohnsituation in erheblicher Weise zu der Zustandsverschlechterung der Patientin beitrage. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass die Beklagte zu 2) krankheitsbedingt an der Räumung gehindert sei, sondern vielmehr, dass die ungeklärte Situation eine Belastung für sie darstellt. Eine ernsthafte Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung durch die Räumung selbst wird der Beklagten zu 2) nicht attestiert. Zudem ist auch das Vorliegen einer Depression nicht ausreichend, um von einer Räumungsunfähigkeit auszugehen.

7. Soweit die Beklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 05.03.2019 außerdem vortragen, die Gesellschafter der Klägerin würden über den Ankauf eines anderen Hauses in Verhandlung stehen, sind sie mit diesem Vortrag nach § 296a ZPO ausgeschlossen. Der Vortrag ist jedoch auch unerheblich, da sich hieraus nicht ergibt, dass den Gesellschaftern der Klägerin bereits anderweitiger gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung stünde. Zudem kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die auch verfassungsrechtlich keinen Bedenken begegnet, für die Ernsthaftigkeit des Nutzungswillens lediglich auf den Zeitpunkt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an (vgl. BGH, Urt. v. 09.11.2005 – VIII ZR 339/04, NJW 2006, 220; Urt. v. 27.06.2007 – VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845; BVerfG, Beschl. v. 18.04.2006 – 1 BvR 31/06, NZM 2006, 459). Auf eine Änderung des Willens im Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Räumung kommt es hingegen nicht an, da der Mieter nicht dazu verleitet werden soll, die Räumung der Wohnung mit allen Mitteln zu verzögern und sich gegen einen für ihn eigentlich aussichtslosen Räumungsprozess langwierig zu verteidigen, in der Hoffnung, der Wille falle bis zum Auszug noch weg. Es kann allenfalls rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Vermieter trotz des nachträglichen Wegfalls des Nutzungswillens den aus der Vertragsbeendigung folgenden Räumungsanspruch weiter verfolgt (Blank in: Schmidt-Futterer, a.a.O., § 573 Rn. 73). Eine derartige Rechtsmissbräuchlichkeit ergibt sich auch aus dem Vortrag im Schriftsatz vom 05.03.2019 jedoch nicht.

8. Der Beklagten zu 2) war im Hinblick auf die gerichtsbekannt angespannte Lage auf dem Hamburger Wohnungsmarkt eine Räumungsfrist zu gewähren gem. § 721 Abs. 1 ZPO. Bei der Bemessung der Räumungsfrist wurde auch der Umstand berücksichtigt, dass die Beklagte zu 1) aufgrund des Verlustes ihres Ehemannes noch stark belastet ist und ihr ausreichend Zeit gewährt werden soll, um sich auf die neue Lebenssituation einzustellen.

9. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Grundsätzliche Bedeutung kann einer Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (BGH, Beschluss vom 01.10.2002, Az.XI ZR 71/02, ZIP 2002, 2148). Voraussetzung ist dabei aber nicht allein, dass eine klärungsbedürftige Frage dieser Art überhaupt besteht, sie muss auch entscheidungserheblich sein (BGH, Beschluss vom 07. Januar 2003, Az. X ZR 82/02, Rn. 5, NJW 2003, 1125; Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 543 Rn. 6a). Daran fehlt es, wenn ein anderer rechtlicher Gesichtspunkt – unabhängig von der Beantwortung der Zulassungsfrage – die Entscheidung trägt.

Die Frage, ob bereits bei Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung eine öffentlich – rechtlich erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung vorliegen muss, war nicht entscheidungserheblich, da für die von der Klägerin beabsichtigten Umbaumaßnahmen eine Zweckentfremdungsgenehmigung schon öffentlich-rechtlich nicht erforderlich ist, wie unter Ziffer II 5 ausgeführt wurde. Die entscheidungserhebliche Frage der Anwendung des § 9 HmbWoSchG auf das Umbauvorhaben der Klägerin hat wiederum keine grundsätzliche Bedeutung, sondern war anhand des hier vorliegenden Einzelfalls vorzunehmen. Somit liegt auch keine Abweichung von höchstrichterlicher oder anderer obergerichtlicher Rechtsprechung vor.

10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!