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Gewerberaummiete – ordentliche Kündigung eines Vertrags mit einer Wohnungsgenossenschaft

LG Berlin –  Az.: 32 O 59/14 –  Beschluss vom 24.09.2014

In dem Rechtsstreit wird der Antrag des Beklagten zu 1) vom 25. März 2014 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Das Verteidigungsvorbringen des Beklagten zu 1) bietet nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Durch die von der Klägerin am 19.06.2013 ausgesprochene Kündigung ist das Mietverhältnis beendet worden und der Beklagte zu 1) ist zur Räumung des Gewerberaumes und Herausgabe gem. § 985 und § 546 Abs.1 BGB an die Klägerin verpflichtet.

1. Eine ordentliche Kündigung des vorliegenden Mietverhältnisses seitens der Vermieterin war nicht durch den zugrundeliegenden Nutzungsvertrag ausgeschlossen.

a) Grundsätzlich gilt es, zwischen dem mietrechtlichen Nutzungsvertrag und dem genossenschaftlichem Mitgliedschaftsverhältnis, das auf der genossenschaftlichen Satzung fußt, zu unterscheiden und zu trennen. Ob die Satzung der Voreigentümerin, der Gewerbe- und Verwaltungsgenossenschaft … eG, überhaupt Bestandteil des hiesigen Nutzungsvertrages geworden ist, und folglich gem. § 566 BGB auf die Klägerin als Erwerberin des Erbbaurechts übergegangen ist, kann dahinstehen.

Denn weder die Satzung noch der Nutzungsvertrag selbst schließen die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung durch den Vermieter aus. Vielmehr ist in 3.3 des § 3 Nutzungsvertrag lediglich die außerordentliche Kündigung geregelt, die aufgrund des in der Klammer stehenden beispielhaften Kündigungsgrundes „Zahlungsrückstand“, der nur von dem Mieter verursacht werden kann, darauf schließen lässt, dass hiervon auch die fristlose Kündigung durch den Vermieter erfasst ist. Sodann ist in jenem § 3 des Nutzungsvertrages die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung durch den Mieter geregelt. Das Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung zur vermieterseitigen ordentlichen Kündigung hat hingegen gerade nicht zur Folge, dass diese per se ausgeschlossen ist. Vielmehr greifen in diesem Fall die gesetzlichen, mietrechtlichen Vorschriften. Diese ermöglichen in § 580 a Abs. 2 BGB für Gewerberäume eine ordentliche Kündigung. Die einzuhaltende Kündigungsfrist hat die Klägerin hierbei gewahrt.

b) Ebenso schweigt die Satzung der Genossenschaft zu der Möglichkeit der ordentlichen Kündbarkeit durch den Vermieter. Richtig ist sicherlich, dass es der genossenschaftliche Förderungszweck etlicher Wohnungsgenossenschaften vorsieht, im Rahmen eines Dauernutzungsverhältnisses die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung durch die Genossenschaft einzuschränken bzw. auszuschließen; dies betrifft jedoch die Wohnraummiete und nicht eine wie hier vorliegend Gewerberaummiete. So enthält der hiesige Nutzungsvertrag genau wie die Satzung gerade nicht eine im Rahmen von genossenschaftlichen Wohnnutzungsverträgen sonst übliche Klausel, die besagt, dass die Genossenschaft das Nutzungsverhältnis von sich aus nicht auflösen wird und darf. Eine solche „Unkündbarkeit“, auf die sich der Beklagte zu stützen versucht, hätte von ihm und der Genossenschaft privatautonom im Nutzungsvertrag vereinbart werden können. Da eine Regelung dazu aber fehlt, vermag sich der Beklagte zu 1) auch nicht mit Erfolg auf eine Unkündbarkeit berufen.

Mithin war die Klägerin berechtigt, entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 580 a Abs. 2 BGB, das Mietverhältnis, in dessen Rechte und Pflichten sie gem. § 566 BGB durch Erwerb des Erbbaurechts eingetreten ist, mit dem Beklagten zu 1), ordentlich zu kündigen.

2. Letztlich können jedoch die unter Ziffer 1 erfolgten Ausführungen dahingestellt bleiben; denn ein Kündigungsschutz des Beklagten zu 1) gälte nur während der Dauer der genossenschaftlichen Mitgliedschaft. Vorliegend ist jedoch die Mitgliedschaft des Beklagten zu 1), wenn auch ohne dessen Verschulden, vor Ausspruch der Kündigung durch die Klägerin erloschen. Nach § 101 Genossenschaftsgesetz wird eine Genossenschaft aufgelöst, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dies war bei der Gewerbe- und Verwaltungsgenossenschaft … eG durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 07.03.2003 der Fall. Das genossenschaftliche Mitgliedschaftsverhältnis des Beklagten ist damit beendet worden. Gemäß § 566 BGB gehen sämtliche Rechte und Pflichten eines vermieteten Objekts auf den Erwerber über, dies jedoch nur dem Umfang, der im Zeitpunkt des Übergangs noch besteht. Daraus ergibt sich, dass nach Beendigung der Genossenschaftsbeziehungen die im Vertrag womöglich einbezogenen Kündigungsbeschränkungen nicht mehr wirksam waren. Der Beklagte zu 1) war nach Auflösung der Genossenschaft auch nicht mehr schutzbedürftig. Der Übergang der in der Satzung enthaltenen Kündigungsbeschränkung trotz Auflösung der Genossenschaft auf die hiesige Klägerin als Rechtsnachfolgerin hätte zur Folge, dass eine ordentliche Kündigung des Nutzungsverhältnisses für immer, unabhängig vom Bestehen der genossenschaftlichen Mitgliedschaft, ausgeschlossen wäre und der Vermieterin nur die außerordentliche Kündigung bei erheblicher Vertragsverletzung bliebe. Dies entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 566 BGB, der den Eintritt des Rechtsnachfolgers in die Rechtstellung des Voreigentümers nur insoweit gebieten kann, soweit die von der Voreigentümerin und der durch die Satzung festgelegten Zwecke überhaupt noch erreicht werden können. Durch Auflösung der Genossenschaft wird dagegen deren Satzung sowie deren Inhalt obsolet. Mit Auflösung der Genossenschaft und Erlöschen der Mitgliedschaft kann auf diese auch kein Kündigungsschutz mehr gestützt werden. Dies gilt erst recht, sofern ein Kündigungsverbot seitens des Vermieters nicht einmal im Nutzungsvertrag niedergeschrieben ist. So ist auch ein Vertrauen und damit einhergehende Schutzbedürftigkeit des ehemaligen Genossenschaftsmitgliedes nicht mehr gegeben, sobald seine genossenschaftliche Mitgliedschaft endet, weil die Genossenschaft selbst aufgelöst wird.

Die Klägerin war mithin jedenfalls berechtigt, das Gewerberaummietverhältnis nach der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB infolge der Auflösung der Genossenschaft zu beenden. Die Kündigungsfrist wurde hierbei eingehalten.

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