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Wohnungseigentümerversammlung im Freien in Corona-Zeiten

AG Wedding – Az.: 9 C 214/20 – Urteil vom 13.07.2020

1. Die einstweilige Verfügung gem. des Beschlusses des Amtsgerichts Wedding vom 4. Juni   2020 wird aufgehoben.

2. Der Antrag der Antragstellerin vom 3. Juni 2020 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180,- € abwenden, sofern nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft (Im Folgenden: WEG). Die WEG besteht aus 36 Eigentümern. Der Miteigentümer … ist der Verwalter der WEG.

Der Verwalter berief eine Eigentümerversammlung für den 2. April 2020 ein. Diese wurde wegen der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie aufgehoben. Der Verwalter beabsichtigte daraufhin, eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren herbeizuführen. Während 34 Miteigentümer dem Umlaufverfahren und den Beschlussanträgen zustimmten, erfolgte dies durch 2 Eigentümer, u.a. die Antragstellerin, nicht. Der Verwalter berief daraufhin eine Versammlung für den 9. Juni 2020 um 16.30 Uhr auf dem Spielplatz auf dem Grundstück der WEG, also unter freiem Himmel, ein.

Die Antragstellerin meint, durch die Wahl des Versammlungsorts sei der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung verletzt worden. Der Ort sei für jedermann zugänglich, es könne jeder zuhören.

Die Antragstellerin behauptet, bei der Versammlung sei eine Nachbarin vom Nachbargrundstück anwesend gewesen. Das Mithören sei auch von einem benachbarten Parkplatz, der auch von Nichtmitgliedern der WEG genutzt werde, möglich gewesen. Nachbarn hätten die Durchführung der Versammlung wahrgenommen.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, die auf den 9. Juni 2020 für 16.30 Uhr anberaumte Eigentümerversammlung abzuhalten.

Das Gericht hat mit dem Beschluss vom 4. Juni 2020 die einstweilige Verfügung mit diesem Inhalt erlassen.

Die Antragsgegner haben gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt.

Die Antragsteller stellt den Antrag, die einstweilige Verfügung gem. des Beschlusses vom 4. Juni 2020 zu bestätigen.

Die Antragsgegner stellen die Anträge, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf deren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragsgegner meinen, der Ort der Versammlung sei gezielt gewählt worden, um eine Ansteckung mit dem Covid-19-Virus zu vermeiden. Es sei nicht so, dass die Versammlung öffentlich erfolgen sollte bzw. würde. Der Spielplatz sei nicht zur Nutzung für die Öffentlichkeit gedacht, er sei durch hohe Bäume blickdicht gegenüber Beobachtern. Ein Belauschen durch Dritte vom öffentlichen Straßenland und von umliegenden Grundstücken aus sei nicht möglich.

Der Verwalter habe darüber hinaus beabsichtigt, als Versammlungsleiter darauf zu achten, dass sich nur Versammlungsteilnehmer auf dem Spielplatz oder in dessen Nähe aufhalten.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe

Wohnungseigentümerversammlung im Freien in Corona-Zeiten
(Symbolfoto: Von Budimir Jevtic/Shutterstock.com)

Der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung war mangels des Bestehens eines Verfügungsanspruchs unbegründet.

Die Durchführung der Versammlung der WEG auf dem Spielplatz der WEG-Anlage widersprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, insbesondere stellt sie auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung dar. Einerseits entsprach sie gerade und insbesondere den im streitgegenständlichen Zeitraum April bis Juni 2020 bestehenden Gefahren durch das Covid-19-Virus und den deshalb – zum Zeitpunkt der Einladung wieder gelockerten – Einschränkungen durch gesetzliche Regelungen. Es ist gerichtsbekannt, dass durch die Vermeidung von größeren Ansammlungen in geschlossenen Räumen die Ansteckungsgefahr deutlich reduziert wird. Andererseits entsprach sie auch wegen der im Umlaufverfahren ersichtlichen Bereitschaft einer überwiegenden Mehrheit von 34 der 36 Mitgliedern der WEG, den beabsichtigen Beschlussanträgen ohne Erörterung in einer Versammlung zuzustimmen, ordnungsgemäßer Verwaltung. Ohne die Durchführung der Versammlung auf diese Weise wäre eine deutlich spätere Durchführung und die Anmietung eines Raums dafür erforderlich gewesen.

Auch die Antragstellerin hat der Durchführung der Versammlung vor dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht widersprochen.

Angesichts der von den Antragsgegnern vorgetragenen Umstände ist es nachvollziehbar, dass ein Schutz vor der Wahrnehmung der Gespräche durch Dritte weitgehend ausgeschlossen war. Soweit die Antragstellerin vorträgt, es seien entsprechende Wahrnehmungen erfolgt, ist dies mangels konkreter Angaben, insbesondere zu Personen, unerheblich. Ohnehin war den Anwesenden durch das vorherige Umlaufverfahren der Inhalt der Beschlussanträge bekannt.

Der Verwalter hat das ihm zustehende Ermessen bei der Wahl des Versammlungsorts angemessen ausgeübt.

Die einstweilige Verfügung war deshalb aufzuheben und der Antrag auf ihren Anlass zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 sowie 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

 

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