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WEG-Wohneinheit – Käuferinteresse auf Nichterklärung der Abnahme

OLG Köln – Az.: I-17 U 44/16 – Urteil vom 11.07.2018

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. April 2016 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 7 O 217/15 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise folgendermaßen abgeändert:

Es wird festgestellt, dass eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft A 34, B, durch die Klägerin bzw. mit Wirkung für die Klägerin bis zum 16. Mai 2018 nicht erfolgt ist.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des (gesamten) vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit notariellem „Kaufvertrag“ vom 22. Juni 2011 erwarb die Klägerin von der Beklagten einen Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz Gemarkung C der Wohnungseigentumsanlage „D“ in B.

Der als „Kaufvertrag“ bezeichnete Bauträgervertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:

„6.2 Abnahme Gemeinschaftseigentum

6.2.1

Der Käufer verpflichtet sich gegenüber dem Verkäufer, das gemeinschaftliche Eigentum zusammen mit den übrigen Käufern abzunehmen. Die Abnahme erfolgt ausschließlich durch ein schriftliches, von den Vertragsparteien und den übrigen Käufern zu unterschreibendes Abnahmeprotokoll (förmliche Abnahme). In ihm sind alle noch ausstehenden Leistungen und etwaige Mängel aufzunehmen. Können sich die Vertragsparteien über das Vorliegen von Mängeln oder noch ausstehende Leistungen nicht einigen, ist dies zu vermerken.

 

6.2.2.

Auf Seiten der Käufer wird die Abnahmeerklärung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen, der ausschließlich von den Käufern anlässlich ihrer ersten Eigentümerversammlung bestimmt und beauftragt wird und der jeden einzelnen Käufer bis auf Widerruf nur in technischer Hinsicht vertritt, vorbereitet.

Der Bausachverständige stellt fest, ob das Gemeinschaftseigentum in technischer Hinsicht im Wesentlichen fertiggestellt und damit in technischer Hinsicht abnahmereif ist. Sofern der Bausachverständige in seinem Protokoll die technische Abnahmereife festgestellt hat, teilt dies der Verkäufer den Käufern unter Beifügung des Protokolls schriftlich mit und forderte diese zur rechtsgeschäftlichen Erklärung der Abnahme durch Unterzeichnung und Rücksendung des Protokolls an den Verkäufer auf.

6.2.3.

Gibt der Käufer keine diesbezügliche ausdrückliche Erklärung zur Abnahme insbesondere durch Unterzeichnung und Rücksendung des Protokolls an den Verkäufer ab, gilt das Gemeinschaftseigentum – bis auf die im Protokoll verzeichneten Mängel, Ansprüche und Rechte – durch ihn als beanstandungslos abgenommen, wenn der Käufer in der vorgenannten Mitteilung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und der Käufer nicht binnen einer Frist von 30 Tagen nach Zugang des Protokolls ausdrücklich widerspricht.

8. Besitzübergang (wirtschaftlicher Eigentumsübergang)

8.1.

Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr des Kaufgegenstandes sowie der Verkehrssicherungspflicht gehen – vorbehaltlich nachstehender Regelung – mit dem Tage der Übergabe auf den Käufer über.

Die Übergabe erfolgt, wenn die Abnahme anlässlich Bezugsfertigkeit durchgeführt ist und der Käufer alle zu diesem Zeitpunkt fälligen Zahlungen geleistet hat oder Zug um Zug gegen Übergabe leistet, insbesondere die Bezugsfertigkeitsrate.“

Auf die zur Akte gereichte Kopie des Vertrages (13 – 48 GA) wird ergänzend Bezug genommen.

Die erste WEG-Verwalterin, die E GmbH, bei der es sich um ein wirtschaftlich und rechtlich mit der Beklagten verbundenes Unternehmen handelt, beraumte mit Schreiben vom 21.06.2012 (49 GA) eine Eigentümerversammlung für den 9. Juli 2012 ein, in welcher – u. a. – der Beschluss über die Beauftragung eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums gefasst werden sollte. In einem informellen Treffen am 29. Juni 2012 wählten die dort anwesenden Käufer, von denen der Initiator die Kontaktdaten hatte und zu denen u. a. auch die Klägerin gehörte, Herrn Dipl.-Ing. F zum Sachverständigen für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Die WEG-Verwalterin hatte auf telefonische Nachfrage während dieser Versammlung erklärt, der Sachverständige könne auch auf der heutigen Zusammenkunft gewählt werden; die 1. Eigentümerversammlung müsse nicht abgewartet werden.

Mit Schreiben vom 03.07.2012 (50 f. GA) informierte die WEG-Verwalterin die Käufer über die Ergebnisse der Zusammenkunft und deren Hintergründe. Da die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß Kaufvertrag vor Übergabe des Sondereigentums erfolgen und daher auf Anfang August terminiert werden müsse, diversen zukünftigen Eigentümern der angekündigte Versammlungstermin am 9. Juli aber aufgrund der Ferienzeit unpassend erschienen sei, sei eine Verschiebung des Versammlungstermins nur bei vorheriger Entscheidung über die Auswahl des zu beauftragenden Sachverständigen möglich gewesen. Die am 29. Juni anwesenden Eigentümer hätten sich „mehrheitlich für den Sachverständigen F“ gemäß des Rundschreibens vom 28.06.12 entschieden. Weiter heißt es dann: „Sofern dies Ihrer Wahl entgegensteht, bitten wir Sie freundlich, uns dies schriftlich mitzuteilen.“ Weiter erfolgte eine Abfrage wegen eines „neuen Eigentümerversammlungstermins“ Anfang September 2012.

Mit Schreiben vom 11.07.12 (52 f. GA) erteilte die WEG-Verwalterin unter Hinweis auf Seiten 17 und 18 der jeweiligen Kaufverträge – gemeint waren wohl 16 bis 17, Nr. 6.2 – dem Sachverständigen F „im Namen der Eigentümergemeinschaft den Auftrag, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums entsprechend BGB durchzuführen“. Der Termin für die Abnahme sei auf den 2. und 3. August 2012 jeweils ab 10.00 Uhr festgelegt, worüber die Eigentümer von der Beklagten, an die auch die Rechnung des Sachverständigen gesendet werden sollte, vorab informiert worden seien.

Die Klägerin nahm das Sondereigentum am 20.08.2012 ab. Darüber wurde an diesem Tag ein Abnahme-/Übergabe-Protokoll erstellt (107 – 111 GA), in dem eine Vielzahl von Beanstandungen festgehalten wurden.

Mit Schreiben vom 21.08.2012 (54 GA) übersandte die Beklagte der Klägerin eine Kopie des Abnahmeprotokolls vom 03.08.2012 über die technische Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Sachverständigen F und forderte die Klägerin auf, dieses unterschrieben an die Beklagte zurückzusenden. Auf der ersten Seite heißt es: „Die Abnahme des Allgemeineigentums wurde mit dem heutigen Tage vollzogen. Die Beseitigung der Mängel gemäß Anlage 2 erfolgt bis zum: 30.09.2012“ (Datum handschriftlich eingetragen). Die Liste der „Restarbeiten/ Mängel“ umfasst 149 Positionen. Weiter ist als Datum des Gewährleistungsbeginns handschriftlich der 03.08.2012 eingetragen. Der Klägerin wurde in dem Schreiben erklärt, das Gemeinschaftseigentum gelte – bis auf die im Protokoll verzeichneten Mängel, Ansprüche und Rechte – als durch die Klägerin abgenommen, wenn das Abnahmeprotokoll nicht in einem Zeitraum von 30 Tagen (bis zum 21.09.2012) unterschrieben zurückgesandt werde, es sei denn, die Klägerin widerspreche der Abnahme ausdrücklich.

Die Klägerin verweigerte die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ausdrücklich mit Schreiben vom 10.09.2012 (68 GA). Sie wies darauf hin, dass der Sachverständige nicht gemäß Nr. 6.2.2 durch die Käufer „auf der ersten Eigentümerversammlung bestimmt“ worden sei. Außerdem habe sie keine Vollmacht erteilt, die den Sachverständigen zur Vertretung jedes einzelnen Käufers in technischer Hinsicht berechtige. Schließlich sei das Gemeinschaftseigentum in technischer Hinsicht angesichts der 149 aufgelisteten Mängel nicht im Wesentlichen fertig gestellt und nicht „abnahmebereit“.

Darauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 11.09.2012 (69 f. GA). Die Eigentümer hätten sich bereits vor der ersten Eigentümerversammlung auf den Sachverständigen verständigt. Dieser habe im Protokoll festgestellt, dass das Objekt „abnahmefähig“ sei.

In einem Schreiben vom 1. April 2014 (71 f. GA) an die WEG-Verwalterin nahm die Beklagte zur Frage des Beginns der Gewährleistungsfrist Stellung und verwies auf die Feststellung der Abnahmereife durch den Sachverständigen F. „Persönliche Bewertungen“ derjenigen Erwerber, die die Abnahme nicht ausdrücklich erklärt oder für die die Abnahmefiktion mangels fristgerechter Erklärung gelte, seien „nur dann rechtlich relevant, wenn sie sich mit zutreffenden rechtlichen Argumenten gegen die Feststellung des Sachverständigen F bzgl. dessen Abnahmereife insgesamt wenden“ würden. Dies sei „ausnahmslos nicht der Fall“.

Die Klägerin, die dieses Schreiben Mitte Mai 2014 von der WEG-Verwalterin zur Kenntnisnahme erhalten hatte, stellte mit Schreiben vom 13. Juni 2014 (73 f. GA) ausdrücklich klar, dass sie die rechtliche Abnahme ausdrücklich abgelehnt habe; folglich habe „die Gewährleistungsfrist noch nicht zu laufen begonnen“. Sie verlangte von der Beklagten eine dahingehende Klarstellung gegenüber der WEG-Verwalterin und sämtlichen Käufern und zukünftigen Eigentümern. Wenn sie nicht bis Ende September 2014 auf Abgabe der rechtlichen Abnahmeerklärung verklagt werde, behalte sie sich eine Klage vor. Die Angelegenheit sei „so wichtig, dass sie gerichtlich geklärt werden sollte“. Liege keine wirksame Abnahme vor, müsse die Beklagte ihre Rückstellungen für die Gewährleistung massiv erhöhen; auch müsse geklärt werden, inwieweit die Rückstellungen insolvenzfest gemacht werden könnten.

Die Beklagte vertrat in dem Antwortschreiben vom 23. Juni 2014 (75 f. GA) die Ansicht, dass die Klägerin keine rechtlich beachtenswerten Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen F vorgebracht habe.

Die Klägerin äußerte im Schreiben vom 16. Juli 2014 (77 GA) die Vermutung, dass die Beklagte davon ausgehe, die Klägerin habe wirksam die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklärt; dem widerspreche sie. Die Klägerin gab noch einmal ausdrücklich an, dass sie die Abnahme nicht erklärt habe und erbat bis Mitte September 2014 eine entsprechende Erklärung der Beklagten, was diese mit Schreiben vom 23. Juli 2014 (78 GA) ablehnte, weil die Argumente ausgetauscht seien.

Die WEG hat mit Schriftsatz vom 7. September 2017 gegen die Beklagte auf der Grundlage eines am 28. Juni 2017 von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Architekt G aus B eingeholten Privatgutachtens ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO eingeleitet, welches beim Landgericht Köln – 7 OH 25/17 – anhängig ist. Nach einer Beanstandung durch das Gericht hat die WEG den Antrag mit Schriftsatz vom 12. März 2018 (238 – 281 GA) konkretisiert.

Die Klägerin hat die Feststellung beantragt,

1. dass eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft A 34, B, durch die Klägerin bzw. mit Wirkung für die Klägerin nicht erfolgt ist,

2. dass die rechtlichen Wirkungen des Besitzübergangs gemäß Ziffer 8 unter Ziffer 8.1 des Kaufvertrages zwischen den Parteien vom 22.06.2011, Urkunde des Notars Dr. H, Nr. 622 für 2011 K, („Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr“) hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der WEG A 34, B, nicht auf die Klägerin übergegangen sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei unzulässig. Der Klage fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Gegenstand der negativen Feststellungsklage sei kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Weil die Klägerin in ihrem Schreiben vom 13. Juni 2012 die Abnahme ohne Berechtigung endgültig verweigert habe, sei sie rechtlich so zu behandeln, als habe sie die Abnahme erklärt.

Das Landgericht hat mit am 29. April 2016 verkündeten Urteil (147 – 153 GA) die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1.) als unzulässig und hinsichtlich des Antrags zu 2.) als – jedenfalls – unbegründet zurückgewiesen. Den Feststellungsanträgen fehle das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsverhältnis. Die Klägerin begehre die gerichtliche Klärung einer abstrakten Rechtsfrage, ohne ein konkretes Rechtsschutzziel zu benennen. Außerdem habe sie kein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung dargelegt. Der Besitz am Gemeinschaftseigentum sei zudem auf die Klägerin übergegangen.

Mit ihrer am 2. Juni eingegangenen und – nach entsprechender Verlängerung – am 2. August begründeten Berufung gegen das am 2. Mai 2016 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsposition und mit den Anträgen wie in I. Instanz gegen die Rechtsansichten des Landgerichts, während die Beklagte das Urteil verteidigt und Zurückweisung der Berufung beantragt. Auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien (176 – 183 und 197 – 199 bzw. 188 – 193, 215 – 217 GA) wird Bezug genommen. Der Senat hat mit Beschluss vom 26. März 2018 (219 – 223 GA) Hinweise erteilt, zu denen die Parteien Stellung genommen haben (233 – 237, 282 – 290 GA

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat teilweise, nämlich hinsichtlich des Klageantrags zu 1.) Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung gemäß § 256 ZPO, dass sie das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft A 34, B, nicht abgenommen hat und auch keine Abnahme mit Wirkung ihr gegenüber erfolgt ist. Zur Klarstellung hat der Senat den Tenor dahin ergänzt, dass dies – selbstverständlich – nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gelten kann.

a)

Eine sogenannte „negative“ Feststellungsklage, dass ein Werk nicht abgenommen ist, ist – grundsätzlich – ebenso zulässig wie eine entsprechende „positive“ Feststellungsklage, dass das Werk abgenommen ist.

Bei der „Abnahme“ im Sinne von § 640 Abs. 1 BGB (a.F.) handelt es sich grundsätzlich um ein der Feststellung gemäß § 256 ZPO zugängliches „Rechtsverhältnis“ (vgl. BGHZ 132, 96 ff. = BauR 1996, 386 ff. = juris Rn 5; OLG Hamm, BauR 1984, 92, 93; Siegburg, ZfBR 2000, 507, 511; Genius, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 640 BGB Rn 5;), so dass eine entsprechende – „positive“ – Feststellungsklage zulässig ist (ausdrücklich BGHZ, aaO; BeckOK-BGB/Voit, Stand 01.05.2018, § 640 BGB Rn 27 aE; Genius, aaO; Pastor in Werner/Pastor: Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn 426; Sacher in Kniffka/Koeble: Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 14. Teil Rn 1 ff.; Leitzke, BauR 2009, 146, 149). Kann man aber auf die Feststellung des „Bestehens“ des Rechtsverhältnisses (hier der Abnahme) klagen, so gilt dies ebenfalls für das „Nichtbestehen“, wie sich aus § 256 ZPO unmittelbar ergibt.

b)

Das rechtliche Interesse der Klägerin liegt im gegebenen Fall vor.

Die Klägerin hat die Abnahme mehrfach, nämlich mit den Schreiben vom 10. September 2012 (68 GA) sowie vom 13. Juni (73 f. GA) und 16. Juli 2014 (77 GA) abgelehnt, indem sie ausdrücklich mitgeteilt hatte, die Abnahme nicht zu erklären bzw. nicht erklärt zu haben. Die Beklagte hat die Rechtsauffassung vertreten, am 3. August 2012 habe „Abrechnungsreife“ bestanden und mangels rechtlich beachtlicher Erklärungen habe die Gewährleistungsfrist für das Gemeinschaftseigentum an diesem Tag, spätestens nach Ablauf von 30 Tagen danach begonnen (u.a. Schreiben vom 1. April 2014, 71 f. GA). Damit hat sie zumindest den Eindruck zu erwecken versucht, eine Abnahme sei erfolgt. Im hiesigen Rechtsstreit hat die Beklagte vorgetragen, die Klägerin sei aufgrund ihres Schreibens vom 13. Juni 2014 „rechtlich so zu behandeln, als habe sie die Abnahme erklärt“ (140 GA); mit der darin erklärten endgültigen Verweigerung der Abnahme beginne die Verjährung der Gewährleistungsansprüche.

Außerdem hat die Klägerin die Beklagte in dem Schreiben vom 13. Juni 2014 ausdrücklich aufgefordert, sie „auf Abgabe der rechtsgeschäftlichen Abnahmeerklärung“ bis Ende September 2014 zu verklagen, wenn sie nicht erkläre, dass die „rechtliche Abnahme“ noch nicht erfolgt sei. Eine „isolierte“ Klage auf Abnahme ist nach ganz herrschender Meinung zulässig (BGH, NJW 1981, 1448 f. = juris Rn 28; BGHZ 132, 96 ff. = juris Rn 5 mwN; Palandt/ Sprau, 77. Aufl., § 640 BGB Rn 11; MK-BGB/Busche, 7. Aufl. 2018, § 640 BGB Rn 49; Voit, aaO; Erman/Schwenker/Rodemann, 15. Aufl., § 640 BGB Rn 17; Derleder, NZBau 2004, 237, 241; Kniffka in Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 4. Teil Rn 3). Die Beklagte hat weder auf Abnahme geklagt noch die geforderte Erklärung abgegeben.

Das Feststellungsinteresse ist im Hinblick auf den Beginn des Laufs der Verjährung (vgl. Leitzke, aaO) und die weiteren erheblichen Rechtsfolgen, die an eine Abnahme geknüpft sind (vgl. Siegburg, aaO) zu bejahen. Die Abnahme des Sondereigentums und eine eventuelle Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch andere Wohnungseigentümer führen nicht zu einer – konkludenten – Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Klägerin, soweit es sich nicht um die Teile des Gemeinschaftseigentums handelt, die ausschließlich im Bereich der Wohnung (Sondereigentum) liegen oder der Klägerin zur alleinigen Nutzung zugewiesen sind (vgl. Staudinger/Bub 2005, § 21 WEG Rn 243 mwN). Auch eine stillschweigende Abnahme durch schlüssiges Verhalten kommt angesichts der ausdrücklichen Verweigerung der Klägerin nicht in Betracht kommen (Bub, aaO).

Insbesondere der Gesichtspunkt der Verjährung ist für die Klägerin von großem Interesse, nachdem sie bereits im August 2012 die Abnahme des Sondereigentums erklärt und das Gemeinschaftseigentum mit dem Einzug (ihres Sohnes) zumindest faktisch in Benutzung genommen hat. Die Beklagte hat sowohl vorgerichtlich als auch im hiesigen Prozess die Ansicht vertreten, die Verjährung der Gewährleistungsansprüche nach § 634 BGB (aF) habe bereits im August begonnen. Nach den gesetzlichen Vorschriften beginnt die Verjährung „mit der Abnahme“ (§ 634a Abs. 2 BGB). Damit könnten Gewährleistungsansprüche inzwischen verjährt sein. In derartigen Fällen besteht ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Abnahme (vgl. auch Sacher in Kompendium, aaO Rn 8 mit dem Beispielsfall 1).

c)

Aufgrund der Vielzahl der von dem Privatsachverständigen G festgestellten Mängel, die teilweise die Gefahr von Wassereintritten an bestimmten Anschlüssen, Verklebungen, Abdichtungen usw. zur Folge haben könnten, und der behaupteten Brandschutzmängel hat die Klägerin zumindest glaubhaft gemacht, dass wesentliche Mängel des Gemeinschaftseigentums vorliegen können. Die Beklagte ist den konkret vorgetragenen Mängeln nicht mit Substanz entgegen getreten. Eine Bindung der Klägerin an die Feststellungen des Sachverständigen F besteht nicht, weil die Klägerin bereits in dem informellen Treffen eines (größeren) Teils der zukünftigen Wohnungseigentümer (10 von 38) am 29. Juni 2012 – durch ihren ebenfalls anwesenden Ehemann – Bedenken gegen die damalige Auswahl des Sachverständigen geäußert und in der Folgezeit dessen „Vertretung“ konkludent widerrufen hat. Im Übrigen hat in einem Gewährleistungsprozess der WEG ein vom Landgericht bestellter Sachverständiger Mängel in Höhe eines Kostenaufwandes von über 30.000 EUR festgestellt, auch wenn dieser Rechtsstreit – 7 O 487/14 LG Köln – noch beim Landgericht anhängig und noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

2.

Hinsichtlich des Klageantrags zu 2.) ist die Berufung der Klägerin unbegründet. Die Regelung in Nr. 8.1 des Vertrages betrifft ersichtlich – vorrangig – das Sondereigentum. Die Klägerin hat – gemeinsam mit den übrigen Wohnungseigentümern – auch die tatsächliche Sachherrschaft über das Gemeinschaftseigentum erlangt und übt diese seit vielen Jahren aus. Der wirtschaftliche Eigentumsübergang ist lange vollzogen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin das Gemeinschaftseigentum auch nur teilweise nicht benutzt. Die Übergabe – auch des Gemeinschaftseigentums – ist unabhängig von der rechtsgeschäftlichen Abnahme erfolgt. Die Klägerin wurde quasi „gezwungen“, mit Einzug in ihre Wohnung bzw. der Überlassung an ihren Sohn auch die von ihr als mangelhaft angesehenen, der Gemeinschaftsbindung unterfallenden Sachen (Leitungen, Außenfensterbänke, Treppenhaus, Fenster, Außenschränke, Dachterrasse und Balkone, Dächer einschließlich Begrünung, Schonsteine, Haustüren und -tore, Tiefgarage, Außenfassade, Rolläden usw.) in Gebrauch zu nehmen. Damit hat sie – unabhängig von den vertraglichen Bestimmungen – diese Sachen tatsächlich in Besitz genommen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und in Anwendung von § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG auch für den Rechtsstreit in I. Instanz wird auf (bis zu) 10.000 EUR festgesetzt. Zur Begründung kann auf den Beschluss vom 26. März 2018 (219 ff. GA) unter I. Bezug genommen werden.

Berichtigungsbeschluss vom 10. September 2018

1. Das Urteil des 17. Zivilsenats des OLG Köln vom 11. Juli 2018 – 17 U 44/16 – wird gemäß § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass es auf Seite 7 in Absatz 4 Zeile 4 bei dem Datum des Schreibens der Klägerin „13. Juni 2014“ – und nicht: 2012 – und auf Seite 9 Absatz 3 Zeile 5 „Abnahmereife“ – und nicht: „Abrechnungsreife“ – heißen muss.

2. Darüber hinausgehende Anträge der Beklagten auf „Tatbestandsberichtigung“ werden zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beklagte hat gegen das ihr am 17. Juli 2018 zugestellte (332 GA) Urteil des Senats mit einem am 31. Juli 2018 – vorab – per Fax eingegangenem Schriftsatz einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes gestellt. Wegen der Einzelheiten nebst Begründung wird auf Bl. 342 – 345 GA Bezug genommen. Die Klägerin hat zu dem Antrag Stellung genommen (352 GA). Ein Antrag auf mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei gestellt.

II.

1.

Der Antrag ist hinsichtlich der Punkte Nr. 1 und 5 insoweit begründet, als es sich um offenbare Unrichtigkeiten im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO handelt. Dies hat der Senat mit der Beschlussformel unter 1. berichtigt.

Auf Seite 7 war das – bereits auf Seite 6 erwähnte und bezeichnete (73 f. GA) – Schreiben der Klägerin vom 13. Juni 2014 gemeint. Eine Abnahme bereits im Juni 2012 kam angesichts der zeitlichen Zusammenhänge, wie sie sich aus der Tatbestandsschilderung ab Seite 4 eindeutig ergeben, ganz offensichtlich nicht in Betracht.

Dass der Senat mit dem Begriff „Abrechnungsreife“ auf Seite 9 die von der Beklagten wiederholt vorgetragene „Abnahmereife“ bezeichnen wollte, ergibt sich aus dem unmittelbar anschließenden Zitat des Schreibens der Beklagten vom 1. April 2014, 71f. GA. Dort hatte die Beklagte auf eine Anfrage der Verwalterin A GmbH vom 24. März 2014 ihre Auffassung vertreten, „dass eine uneingeschränkte Abnahmereife besteht“. Aus dem Gesamtzusammenhang dieses Absatzes, bei dem es immer nur um „Abnahme“ und an keiner Stelle um „Abrechnung“ ging, ergibt sich im Übrigen auch, dass es sich um ein offensichtliches Versehen handelte.

2.

Die weiteren Anträge (Nr. 2, 3. und 4.) sind jedenfalls unbegründet. Deshalb kann dahinstehen, dass sich die Anträge Nr. 3 und 4 auf Ausführungen des Senats innerhalb der Begründung der Entscheidung – und nicht auf den „eigentlichen“ Tatbestand unter I. des Urteils beziehen.

Soweit die Beklagte (Antrag Nr. 2.) die vollständige Streichung des 1. Absatzes von Seite 7 des Urteils beantragt, ist dies nicht begründet. Der Senat hat damit den – unstreitigen – Sachvortrag der Klägerin in deren Schriftsatz vom 4. Mai 2018 (233 ff., 235 GA) sinngemäß wiedergegeben. Der umfangreiche Schriftsatz der WEG in dem selbständigen Beweisverfahren 7 OH 25/17 LG Köln vom 12. März 2018 (238 – 281 GA) war dem Schriftsatz im hiesigen Rechtsstreit beigefügt, was in dem beanstandeten Absatz auch ausdrücklich angegeben ist. Der Schriftsatz vom 7. September 2017, mit dem die WEG das selbständige Beweisverfahren eingeleitet hatte, ist z.B. auf Seiten 1 und 27 (238 und 264 GA) genannt. Das Gutachten des Sachverständigen B mit 422 Fotos (vgl. 264 GA) ist zum Inhalt dieses Schriftsatzes gemacht worden, um die Beanstandungen („Hinweise“) „des Gerichts vom 22.01. 2018“ (238 GA) auszuräumen.

Damit ist auch der Antrag Nr. 3 der Beklagten zumindest unbegründet. Der Senat hat die von der Klägerin vorgetragenen Umstände aus dem selbständigen Beweisverfahren zur Stützung deren Vorbringens herangezogen, es lägen wesentliche Mängel des Gemeinschaftseigentums vor, und den Schluss gezogen, die Klägerin habe „glaubhaft gemacht“, dass derartige Mängel vorliegen „können“. Auch wenn die Klägerin die Vielzahl der Mängel „behauptet“ hat, hat sie der „Privatsachverständige“ B tatsächlich „festgestellt“. Dass es sich nicht um Feststellungen eines Gerichts handelt, ergibt sich bei verständiger Würdigung aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Senats.

Soweit die Beklagte schließlich die Streichung des letzten Satzes im 1. Absatz auf Seite 11 des Urteils beantragt hat, ergibt sich die dort wiedergegeben Tatsache aus dem Sachvortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 4. Mai 2018 auf Seite 4 (235 GA). Die Beklagte hat die Existenz dieses Verfahrens in ihrem Schriftsatz vom 9. Mai 2018 (Seite 7; 288 GA) bestätigt und darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren „noch läuft“.

 

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