Skip to content
Menü

Umfang Ankündigungspflicht des Vermieters für Modernisierungsmaßnahme

LG Berlin – Az.: 65 S 56/12 – Urteil vom 19.02.2014

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 19.12.2011 – 213 C 167/11 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger sowie von ihm beauftragten Planern und Handwerkern nach Vorankündigung von mindestens einer Woche Zutritt zu der von ihnen innegehaltenen Wohnung … 16, … Berlin, Vorderhaus, Hochparterre rechts, werktäglich zwischen 9.00 Uhr und 18.00 Uhr durch Öffnen der Wohnungstür und sämtlichen Zimmertüren zu gewähren, um

a) Aufmaßarbeiten, Tischlerarbeiten und Anstricharbeiten an sämtlichen Fenstern der Wohnung zu dulden;

2) durch einen vom Kläger beauftragten Architekten ein Aufmaß der Wohnung vornehmen zu lassen;

3) eine bautechnische Überprüfung und fachgerechte Überarbeitung der schadhaften Türlagerung und Türzarge zu dulden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 91,5 Prozent und die Beklagten 8,5 Prozent zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.

II.

Die Berufung ist gemäß §§ 511 ff. ZPO statthaft, rechtzeitig eingelegt und im verfolgten Umfang auch begründet worden, so dass sie insoweit zulässig ist.

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich, sie rechtfertigt eine andere Entscheidung §§ 513, 529,546 ZPO.

Der Kläger hat derzeit keinen Anspruch auf Duldung des vorgesehenen Anschlusses der Wohnung an die Fernheizung mit der dafür erforderlichen Zutrittsgewährung für Vorarbeiten in Form der erforderlichen Aufmaßerstellung und Planung.

Ein Anspruch gemäß der hier nach Art. 229 § 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB noch Anwendung findenden Regelung in § 554 Abs. 2 BGB besteht nicht.

Der Anspruch ist zwar nicht wegen des Vergleichs im Jahr 1992 ausgeschlossen. Eine Vereinbarung dazu, dass die Beklagten die Gasetagenheizung unbeschränkt fort nutzen und der Vermieter auf mögliche Modernisierungen gänzlich verzichten würde, ergibt sich nicht.

Die Kammer folgt den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil nach eigener rechtlicher Prüfung.

Die Maßnahme ist wegen der langen Betriebsdauer der Therme auch nicht unzumutbar für die Beklagten; erhebliche und noch nicht abgewohnte Investitionen sind nicht ersichtlich.

Die Ankündigungsschreiben des Klägers vom 29.12.2010 und vom 15.12.2011 begründen aber deshalb keine Duldungspflicht für die Beklagten, weil der Klägerin die mit ihnen zu erwartende Mieterhöhung nicht ausreichend angegeben hat. Beide Ankündigungsschreiben enthalten keine Angaben zu den voraussichtlich mit dem Anschluss an die Fernheizung für die Beklagten anfallenden Heizkosten, die als Teil der Miete an den Kläger zu zahlen sein wird. Gemäß § 554 Abs. 3 BGB muss die Ankündigung dem Mieter nicht nur Kenntnis darüber vermitteln, in welcher Weise die Wohnung durch diese Maßnahmen verändert wird und wie sich diese Maßnahmen künftig auf den Mietgebrauch einschließlich etwaiger Verwendungen des Mieters, sondern auch darüber, wie sich die Maßnahmen auf die zu zahlende Miete auswirken. Nur so ist dem Mieter eine sachgerechte Beurteilung der sich daraus ergebenden Lage möglich, insbesondere hinsichtlich seiner Duldungspflicht, der für ihn zu treffenden Maßnahmen und der gegebenenfalls zu ziehenden vertragsrechtlichen Konsequenzen (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2011 – VIII ZR 242/10, u. a. unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 14/4553, S. 37, zit. nach juris). Die vom Gesetzgeber der Mietrechtsreform 2001 bewusst herbeigeführte sprachliche Vereinheitlichung durch die konsequente Verwendung des Begriffs der „Miete“ in den Mietrechtsvorschriften (vgl. BT-Ds. 14/4553, S. 40), aber auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Begriff der „Miete“ in § 536 Abs. 1 BGB (vgl. nur BGH Urt. v. 6.4.2005 – XII ZR 225/03, in NJW 2005, 1713; Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 347/04, in NJW 2005, 2773) sowie die sich insoweit ausdrücklich auf eine sprachliche Klarstellung beschränkende Regelung des § 555c Abs. 12 Nr. 3 BGB (vgl. BT-Ds. 17/10485, S. 21) ergeben im Zusammenhang, dass das in § 554 Abs. 3 BGB mit „Miete“ bezeichnete Entgelt des auch die an den Vermieter zu leistenden Zahlungen für Betriebskosten erfassen, unabhängig davon, ob sie als Vorschüsse oder als Pauschale geleistet werden. Wenn durch eine Modernisierungsmaßnahme neue Betriebskosten anfallen, hat der Vermieter daher in der Ankündigung diese in ihrer voraussichtlichen Höhe zu benennen.

Vorliegend werden dem Kläger nach dem vorgesehenen Anschluss an die Fernwärmeversorgung erstmals Betriebskosten in Form der Heizkosten für die Wohnung anfallen, die dieser gemäß §§ 2, 4,6 der HeizkostenV verbrauchsabhängig umzulegen verpflichtet ist. Die Beklagten müssen damit die Kosten der Beheizung im Rahmen der Mietzahlung an den Kläger leisten. Der Anfall der Heizkosten ist nach Anschluss der Wohnung an die Fernheizungsanlage nicht mehr allein vom Willen und dem Verbrauchsverhalten der Beklagten abhängig bzw. unmittelbar und vollständig steuerbar bzw. überprüfbar.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, dass es sich bei den Heizkosten um verbrauchsabhängige Kosten handelt, deren Höhe vor allem die Mieter bestimmen, er letztlich nicht vorhersehen kann. Der Vermieter ist insoweit – ebenso wie bei der Angabe der voraussichtlichen Modernisierungskosten und der daraus resultierenden Erhöhung der Nettokaltmiete – lediglich zur Angabe der voraussichtlichen Betriebskosten verpflichtet, die er aufgrund von Erfahrungswerten, Angaben des Wärmelieferanten bzw. dem rechnerisch ermittelbaren Wärmebedarf für die Wohnung ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln kann. Das gilt hier umso mehr, als ein Großteil der Wohnungen des Grundstücks bereits an die Fernheizung angeschlossen worden sind, so dass für den Kläger als Vermieter durchschnittliche Kosten durchaus zu ermitteln waren und sind.

Auf die weiteren Überlegungen, insbesondere zur (Primär-)Energieeinsparung durch die vorgesehene Veränderung der Wohnung im Vergleich zur vorhandenen Situation kommt es danach nicht mehr an.

B. Die Beklagten müssen deshalb auch nicht die Entfernung der Therme dulden, da dieses nur im Falle der Duldungspflicht für eine vom Vermieter zu schaffende Alternativbeheizungsmöglichkeit in Frage kommt.

C. Die Beklagten sind schließlich nicht zur Zahlung von 46,06 € verpflichtet.

Die an zwei Brandwänden des Grundstücks vorgenommene Wärmedämmung führte zu keiner Modernisierung der Wohnung der Beklagten im Sinne von § 554 Abs. 2 BGB, denn die Maßnahme hat weder den Komfort erhöht noch zu einer Energieeinsparung durch geringeren Heizungsaufwand für ihre Wohnung geführt. Die Wohnung der Beklagten liegt nicht in einem von den Brandwänden abgeschlossenen Gebäudeteil. Sie hat folglich keine räumliche Berührung mit diesen Wänden. Deren verbessertes Wärmedämmverhalten kann sich damit nicht auf die Wohnung der Beklagten auswirken. Solange die Wohnung der Beklagten nicht an die Fernheizung angeschlossen ist, partizipieren die Beklagten in ihrer Wohnung nicht von der Heizenergie-Einsparung in den an die wärmegedämmten Fassaden liegenden Wohnungen. Eine Gesamtheizenergieeinsparung der fernbeheizten Wohnungen wirkt sich für sie nicht aus.

Auf die Höhe der Modernisierungsumlage und die Frage, wie die Gerüstkosten auf die Instandsetzungskosten zu verteilen sind, kommt es damit nicht mehr an.

Die als Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO zulässige Klageerweiterung in Höhe von 414,54 EUR abzüglich bereits vom angefochtenen Urteil erfasster 45,06 EUR, die diesen monatlichen Erhöhungsbetrag für den folgenden Zeitraum bis einschließlich Mai 2012 erfasst, ist folglich nicht begründet. Die Beklagten schulden dem Kläger keine Mieterhöhung infolge der an den Giebelflächen vorgenommenen Fassadendämmungen.

Die weitere Klageerweiterung um 454,04 EUR hat der Kläger mit Zustimmung der Beklagten wirksam zurückgenommen.

Die Kostenentscheidungen fußen auf §§ 91Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Einen Grund zur Niederschlagung von Kosten, insbesondere der Kosten der Beweisaufnahme, welche die Einzelrichterin vor Rückübertragung auf die Kammer durchgeführt hat, liegt nicht vor. Die Beweisaufnahme beruhte nicht auf einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne von § 21 Abs. 1 S. 1 GKG.

Im übrigen beruhen die Nebenentscheidungen auf §§ 708Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Revisionsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich. Auf die Rückübertragung der Sache an die Kammer kann eine Revision nicht gestützt werden. Die Entscheidung in der Sache weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab. Eine – klarstellende – Fortentwicklung der Rechtsprechung ist angesichts der zwischenzeitlichen gesetzlichen Klarstellung nicht mehr geboten.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!