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Bürgschaftserklärung eines Dritten für Mietschulden – Wirksamkeit

AG Weinheim, Az.: 1 C 413/16, Urteil vom 02.08.2018

Für die Bemessung der Höchstgrenze der Sicherheiten nach § 551 Abs. 1 BGB ist eine zusätzlich gestellte Sicherheit nicht zu berücksichtigen, soweit diese gewährt wurde, um den Vermieter überhaupt zum Mietvertragsschluss zu bewegen.

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Weinheim aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2018 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreites.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, eine Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Feststellung, dass eine Bürgschaftserklärung unwirksam sei, hilfsweise, dass die Beklagte aus der Bürgschaftserklärung keine Ansprüche herleiten kann.

Bürgschaftserklärung eines Dritten für Mietschulden - Wirksamkeit
Foto: Kittisak Jirasittichai/Bigstock

Ani 29. Juli 2013 schlossen die Beklagte und Frau …. …., die Tochter der Klägerin Ziff. 2, einen Mietvertrag über die Einzimmerwohnung im Anwesen …….. …., gelegen im Souterrain (Blatt 5 ff der Akten). Unter dem gleichen Datum unterzeichneten die Kläger die Bürgschaftserklärung Blatt 10 der Akten, die als Anlage 1 zum Mietvertrag genommen worden ist. Mit dieser Bürgschaftserklärung übernahmen die Kläger die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis zwischen der Beklagten und Frau …..

Die Tochter der Klägerin Ziff. 2 war laut Mietvertrag verpflichtet, eine Mietsicherheit in Höhe von 580,00 Euro, entsprechend zwei Nettomieten zu zahlen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Mietverhältnis zwischen der Beklagten und der Tochter der Klägerin zwischenzeitlich beendet ist. Die Beklagte macht in einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Weinheim (Aktenzeichen 2 C 479115) unter anderem Schadenersatzansprüche wegen Verschlechterung der Mietsache geltend.

Die Kläger tragen vor, bei den Vertragsgesprächen über den Abschluss des Mietvertrages zwischen der Beklagten und der Tochter der Klägerin Ziff. 2 habe die Beklagte darauf bestanden, dass sie für jeden Ausfall umfassend abgesichert werde. Der Beklagten habe dabei nicht genügt, dass die Klägerin erklärt habe, sie betreue das Konto ihrer Tochter, so dass ein Ausfall nicht eintreten werde. Die Beklagte habe ausdrücklich eine Bürgschaft gewünscht. Daraufhin sei die Bürgschaft unterzeichnet worden.

Die Bürgschaft sei unwirksam, da sie über den Höchstbetrag von § 551 Abs. 1: BGB hinausgehe. Hilfsweise sei sie jedenfalls unwirksam, soweit sie einen Betrag von 290,00 Euro übersteige.

Für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sei, dass die Bürgschaftserklärung wirksam sei, sei festzustellen, dass aus dem beendeten Mietverhältnis aus der Bürgschaft keine Ansprüche herleiten könne.

Die Kläger beantragen:

1. Es wird festgestellt, dass die Erklärung der Kläger vom 29.07.2013, mit der sie sich der Beklagten für deren Forderungen gegen …. aus dem Wohnraummietverhältnis vom 29.07.2013 über die…. …. verbürgten, unwirksam ist.

Hilfsweise:

– Es wird festgestellt, dass die Erklärung der Kläger vom 29.07.2013, mit der sie sich der Beklagten für deren Forderungen gegen …. aus dem Wohnraummietverhältnis vom 29.07.2013 über die Souterrainwohnung im …….. verbürgten, ungültig Ist, soweit sie den Betrag von Euro 290,00 übersteigt.

– Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus der Erklärung der Kläger vom 29.07.2013, mit der sie sich der Beklagten für deren Forderung gegen …. aus dem Wohnraummietverhältnis vom 29.072013 über die Souterrainwohnung im …….. verbürgten, keinen Anspruch gegen sie herleiten kann.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Nebenforderung in Höhe von Euro 413,64 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 16.11.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Die Beklagte hält den zweiten Hilfsantrag für unzulässig, da nichtsachdienliche Klageänderung.

Im Übrigen trägt die Beklagte vor, entgegen dem Vorbringen der Kläger sei die Bürgschaft nicht von der Beklagten verlangt worden sondern unaufgefordert von der Klägerin angeboten. Zunächst habe sich die Klägerin für die Anmietung der Wohnung interessiert und auf ein Inserat gemeldet. Erst bei der Besichtigung der Wohnung habe die Klägerin ihre Tochter mitgebracht und erstmalig geäußert, dass die Wohnung für ihre Tochter …. angemietet werden solle. Aufgrund des bei der Tochter wohl vorliegenden Krankheitsbildes und der fehlenden Erwerbstätigkeit, habe die Klägerin von sich aus angeboten, eine Bürgschaft zu übernehmen.

Die Bürgschaftserklärung vom 29.07.2013 sei daher wirksam, es liege kein Verstoß gegen § 551 BGB vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger hilfsweise die Feststellung begehren, dass die Beklagte aus der Bürgschaftserklärung vom 29.0.7.2013 keinen Anspruch gegen die Kläger herleiten kann, im Übrigen ist sie zulässig, jedoch unbegründet.

Den Klägern steht ein Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der am 29.0.7,2013 unstreitig abgegebenen Bürgschaftserklärung, vorgelegt Blatt 10 der Akten, nicht zu, denn die Bürgschaftserklärung ist nicht gemäß § 551 Abs. 4 BGB unwirksam. Weitere mögliche Gründe für eine Unwirksamkeit sind weder seitens der Kläger vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

Nach § 551 Abs. 4 BGB ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift darf die vom Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten zu leistende Sicherheit höchstens das Dreifache der auf 1 Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen.

Diese Vorschrift führt. zur Unwirksamkeit einer Bürgschaftserklärung dann, wenn der Vermieter vom Mieter eine doppelte Sicherheit verlangt, nämlich einerseits Barkaution und darüber hinaus eine. Bürgschaft. Hat der Vermieter den Abschluss eines Mietvertrages über Wohnraum davon abhängig gemacht, dass der Mieter neben einer Barkaution zusätzlich eine Bürgschaft für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis stellt, so kann der Mieter verlangen, dass der Bürge über den Betrag von drei Monatsmieten hinaus nicht in Anspruch genommen wird; der Bürge kann dieses Recht des Hauptschuldners einredeweise geltend machen (vgl. BGH., Urteil vom 20.04.1989, Aktenzeichen IX ZR 2121.88). Dieser Fall ist vorliegend nicht gegeben, da ausweislich des Mietertrages von der Mieterin lediglich zwei Monatsmieten als Mietsicherheit verlangt werden. Der Mietvertrag sieht nicht vor, dass zusätzlich seitens der Mieterin eine Bürgschaft beigeschafft werden muss.

Der Bundesgerichtshof hat weiterhin, die Bürgschaft eines Dritten, die. dieser unaufgefordert für ein Mietverhältnis abgibt, für wirksam angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1990, Aktenzeichen IX ZR 16/90). Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus, dass der Vermieter über den Rahmen von § 550 b Abs. 1 BGB (a.F.) hinaus keine zusätzliche ‚Sicherheit Von seinem Mietern fordern darf. Verbürgt sich dagegen: ein Dritter unaufgefordert unter der Bedingung des Abschlusses eines Mietvertrages gegenüber dem Vermieter, ohne dass dadurch erkennbar der Mieter belastet wird, ist die Annahme einer solchen Bürgschaft durch den Vermieter wirksam und die Bürgschaft selbst nicht nach § 550 b Abs. 3 BGB (jetzt § 551 Abs. 4 BGB) zu beanstanden.

Im vorliegenden Fall, indem die freiwillige Gestellung zwischen den Parteien unstreitig ist, ist ansonsten zu berücksichtigen, dass § 551 Abs. 1 BGB dem Interesse des Mieters vor zu hoher Belastung dient, bei gleichzeitiger Anerkennung des grundsätzlichen Sicherungsbedürfnisses des. Vermieters. Insbesondere soll damit Erschwerungen für den Abschluss eines Mietvertrages entgegengewirkt werden, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser Schutzzweck nicht betroffen, wenn Eltern für ihre Kinder – anstelle einer Anmietung im eigenen Namen – von steh aus dem Vermieter eine Bürgschaft ‚für den Fall eines Vertragsschlusses zusagen; in ehern Selchen Fall steht die gesetzliche Begrenzung der Mietsicherheit einer wirksamen Übernahme einer Bürgschaft durch die Eitern nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2013, Aktenzeichen VIII ZR 379/12).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, denen sich das Gericht nach einer eigenen Prüfung anschließt, ist von einer Wirksamkeit einer Bürgschaftserklärung eines Dritten, der eine Mietbürgschaft zusätzlich zur mietvertraglich vereinbarten Kaution von zwei Monatsmieten abgibt, auszugehen, sofern eine Vereinbarung der Bürgschaft in einer gesonderten. Bürgschaftsurkunde vorliegt. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der Bürge die Stellung der Bürgschaft von sich aus angeboten oder ob der Vermieter sie gefordert hat.

So wie der Bundesgerichtshof die Bürgschaft als zusätzliche Sicherheit für wirksam ansieht, die bei Zahlungsverzug eine Kündigung wegen des Zahlungsverzugs vermeiden soll, so muss diese Wirksamkeit auch gelten, wenn der Bürge die Bürgschaft anbietet, um den Vermieter dazu zu bewegen, überhaupt einen Mietvertrag mit dem Mieter abzuschließen. Andernfalls würde der durch die Begrenzung der Kaution beabsichtigte gesetzliche Schutz des Mieters in sein Gegenteil verkehrt, weil der Vermieter ohne die zusätzliche Sicherheit den Mietvertrag nicht abschließen würde und der Mieter die. Wohnung nicht bekommen könnte (vgl. Amtsgericht Saarbrücken, Urteil vom 28.05.2015, Aktenzeichen 120 C 51/15 (05); Amtsgericht Köpenick, Urteil Köpenick, Urteil vom 26.02.2013, Aktenzeichen 14 C 262/12).

Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass eine über die mietvertraglich vereinbarte Kaution hinaus vereinbarte Mietbürgschaft wirksam ist, sofern es keine Verpflichtung des Mieters aus dem Mietvertrag darstellt, die Bürgschaft beizubringen, sondern diese in einer gesonderten Bürgschaftsurkunde zwischen dem Vermieter und dem Bürgen vereinbart wird. Es kommt dann auch nicht darauf an, ob der Bürge die Bürgschaft von sich aus angeboten hat oder die Vermieterin sie verlangt hat.

Damit ist der Hauptantrag der Kläger als unbegründet abzuweisen.

Gleiches gilt für den ersten Hilfsantrag, wonach die Feststellung der Unwirksamkeit der Bürgschaftserklärung begehrt wird, soweit diese über einen Betrag von 290,00 Euro hinausgeht. Aus dem oben dargelegten, ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Begrenzung der Mietsicherheit nach § 551 Abs. 1 BGB nicht gilt.

Da mithin die Anträge aus dem Schriftsatz vom 07.11.2016 abgewiesen sind, tritt die Bedingung für den im Schriftsatz vom 25.04.2017 angekündigten und letztlich auch gestellten weiteren hilfsweisen Feststellungsantrag ein. Insoweit ist die Klage jedoch als Unbegründet abzuweisen, da die Feststellung ein Drittverhältnis betrifft, nämlich den Anspruch der Beklagten gegen die Tochter der Klägerin. Insoweit ist kein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis betroffen. Soweit man das Rechtschutzbedürfnis nicht anhand der Drittbetroffenheit scheitern lässt, fehlt jedenfalls das Rechtschutzbedürfnis, denn der Feststellungsantrag läuft darauf hinaus, festzustellen, dass der Gläubiger nicht berechtigt ist, den Bürgen in Anspruch Zu nehmen. Einem solchen Antrag fehlt das Rechtschutzbedürfnis, da alleine aus der Gefahr etwaiger Inanspruchnahme im Wege der Bürgschaft hergeleitete Interesse der Kläger regelmäßig nicht ausreicht, das rechtliche Interesse an der Feststellung eines zwischen der Beklagten und einem Dritten bestehenden Rechtsverhältnis zu bejahen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13.04.1993, Aktenzeichen 17 U 73/92).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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