LG Limburg – Az.: 1 O 303/17 – Urteil vom 27.04.2018
Die Beklagte wird verurteilt, das Gewerbeobjekt “ „,. im Erdgeschoss rechts in r, bestehend aus einem Ladenlokal, zwei Büroräumen, einer Toilette und einem Lagerraum bis zum 31.05.2018 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien zu je 50%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 € abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 7.000,00 € leistet.
Tatbestand
Die Beklagte ist Mieterin des im Klageantrag näher bezeichneten Gewerbeobjekts, das sie als Verkaufsstelle für Backwaren nutzt. Den Mietvertrag schloss die Beklagte 2007 mit den damaligen Eigentümern des Objekts. Die Monatskaltmiete beträgt 650,00 €. Die Klägerin erwarb das Eigentum an dem Grundstück samt aufstehendem Gebäude und trat in den Mietvertrag als neue Vermieterin ein. Das Objekt befindet sich in einem Gebäude, in dem die Klägerin mit ihrer Familie selbst wohnt. Der Mietvertrag enthält in § 2 Nr. 3 (Bl. 14 d. A.) die folgende Regelung:
„Der Mietvertrag wird auf die Dauer von 3 Jahren geschlossen und endet am 31.05.2010; er verlängert sich jeweils um 1 Jahr(e), falls er nicht von einem Vertragsteil mit einer Frist von 3 Monaten zu seinem Ablauftermin gekündigt wird.“ Hinter dieser Bestimmung findet sich eine handschriftlich eingefügte Fußnote. Unten auf der betreffenden Seite heißt es in der handschriftlichen Fußnote: „Sollte das Objekt nach den 3 Jahren, aus welchen Gründen auch immer, zur Neuvermietung angeboten werden, hat der jetzige Mieter ein Optionsrecht.“
Der Bevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 18.09.2017 auf es zu unterlassen, das Grundstück bzw. Gebäude der Klägerin, ihre Person oder ihre Familienangehörigen zu filmen bzw. zu fotografieren. Es wurde ihr auch untersagt, Tonaufzeichnungen der Klägerin oder ihrer Familie anzufertigen (Anlage zur Klageschrift, Bl. 32 d. A.). Dem ging voraus, dass die Beklagte ohne Erlaubnis Gespräche und Äußerungen aufgenommen und Fotos und Filmaufnahmen von Haus und Hof, der Klägerin selbst und ihrer Familie fertigte. Dies tat sie auch in der Folgezeit trotz des Unterlassungsanspruchs. Die Beklagte hielt sich dann in der Folge trotz des Hausverbotes vom 18.09.2017 wiederholt auf dem Grundstück der Klägerin auf, obwohl dies nicht zur angemieteten Fläche gehörte.
Mit Schreiben vom 19.09.2017 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 31 d. A.) machte der Bevollmächtigte der Klägerin ein Besichtigungsrecht der Mieträume geltend. Er bat um Benennung dreier Alternativtermine. Mit Schreiben vom 26.09., eingegangen am 29.09. (ein Freitag) nach Büroschluss bei ihrem Bevollmächtigten, wurde ein einziger Besichtigungstermin (04.10.) genannt und eine Besichtigung durch den Sohn der Klägerin nicht akzeptiert (Anlage zur Klageschrift, Bl. 22 d. A.). Wegen des Wochenendes und des Feiertags war dies kurzfristig nicht mehr möglich. Die vom klägerischen Bevollmächtigten vorgeschlagenen drei Terminvorschläge im Schreiben vom 02.10.2017 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 35 d. A.) wurden bis zu der auf den 05.10.2017 gesetzten Frist nicht bestätigt.
Am 27.09.2017 kam es um 11.30 Uhr auf dem Hof des Objekts zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Sohn der Klägerin und dem Sohn der Beklagten, deren Hergang im Einzelnen streitig ist. Der Sohn der Beklagten schlug fünf Mal mit der Faust in Richtung Kopf und Oberkörper des Sohnes der Klägerin ein und trat ihn mindestens einmal mit dem beschuhten Fuß in die Hüfte, als er bereits auf dem Boden lag. Die Beklagte selbst half nicht, sondern filmte stattdessen noch den Vorfall. Der Sohn der Klägerin erlitt Schürfwunden am Knie, Prellungen an Unterarm und Jochbein verbunden mit Klopf- und Druckschmerz, eine Splitterverletzung an der rechten Handfläche und Taubheitsgefühl und Sehstörungen (vgl. die ärztliche Bescheinigung in der Anlage zur Klageschrift, Bl. 36 d. A.).
Schließlich beschädigte der Sohn der Beklagten, der sich regelmäßig zur Unterstützung seiner Mutter im Mietobjekt und auf dem Grundstück aufhält, am 27.09.2017 um 12.09 Uhr die am Haus der Klägerin angebrachte Überwachungskamera mit einem Besenstiel (vgl. die Bilder auf S. 7 der Klageschrift). Diese wurde für ca. 260,00 € ersetzt.
Die Bevollmächtigte der Beklagten äußerte in einer Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Limburg a. d. Lahn gegen den Sohn der Klägerin vom 26.09.2017 wegen behaupteter Beleidigungen, Morddrohungen und Nötigung u.a.: “ will vermutlich den nunmehr ansprechenden Laden anderweitig teuer vermieten. hatte das vormals als Blumenladen betriebene Objekt von deutschen Vermietern vor zehn Jahren gemietet. […] Der auf Kosten von Frau ansprechend verwandelte ehemalige Blumenladen in einen schönen Gastraum , animiert offensichtlich die türkische Familie , das Mietverhältnis über die Räumlichkeiten beenden zu wollen. Das ist aufgrund der ursprünglich mit deutschen Vermietern geschlossenen Mietvertrags erschwert […]. Das ist den türkischen Vermietern sehr bewusst und so erklären sich offensichtlich die widerwärtigen Beschimpfungen, Bedrohungen und Schikanen […]. Türken, die sich derartig benehmen, haben in Deutschland nichts zu suchen. Es besteht ein öffentliches Interesse, solchen widerwärtigen Unverschämtheiten Paroli zu bieten. Es kann nicht sein, dass man sich als Deutscher in seinem Heimatland Deutschland von Türken, die hier nichts als Gäste sind, sich aber benehmen wie sie das anscheinend in ihrer Heimat gelernt haben, derart beschimpfen lassen muss. […] Man kann fast dankbar dafür sein, dass 94 Abgeordnete der AfD in den Bundestag einziehen. Auch wenn man kein Anhänger der AfD ist. kann man hoffen, dass diese Partei dafür sorgen wird, dass Deutsche in ihrem eigenen Heimatland davor bewahrt werden, dass solche widerwärtigen Türken ungestraft ihr Unwesen treiben.. Jeder in solch massiver Form straffällige Ausländer müsste des Landes verwiesen werden. Mit seinen eigenen Straftäter muss jedes Land alleine fertig werden. Deutschland braucht keine unverschämten Leute, für deren Abwanderung die Türkei sicherlich dankbar ist. […] Mit seiner missratenen Bevölkerung muss jedes Land alleine fertig werden. Nicht nur Müll kann man nicht in Nachbars Garten werfen.“ Weiter wird auf den außergerichtlichen Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 26.09.2017 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 22 d. A.) verwiesen. Im Schriftsatz vom 02.03.2018 (Bl. 75 d. A.) heißt es weiter: „Ich muss annehmen, dass das Gericht diese widerlichen Ergüsse noch nicht zur Kenntnis genommen hat, die sich ein Mann erlaubt, der aus einem für solche Landsleute zu bedauernden Land stammt, in dem in seiner Schicht Frauen, wie dieser Schmutz nahelegt, offenbar als nicht achtenswerte niedere Wesen gelten.“
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit anwaltlichem Schreiben vom 06.10.2017 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 15 d. A.) fristlos. Vorsorglich kündigte sie das Mietverhältnis ordentlich zum 31.05.2018 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 37 d. A.). Ihr Bevollmächtigter gab das Schreiben persönlich am 06.10.2017 um 10.50 Uhr im Ladenlokal ab. Eine Räumung ist bislang nicht erfolgt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Bevollmächtigte der Beklagten habe sie in ihrer Ehre und ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, beleidigt und ihre offenkundige Missachtung wiedergegeben, die sie gegen die Klägerin und ihre Familie hege. Es sei ferner offenkundig, dass die Beklagte die Besichtigung verweigere.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Gewerbeobjekt “ „, im Erdgeschoss rechts in , bestehend aus einem Ladenlokal, zwei Büroräumen, einer Toilette und einem Lagerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, hilfsweise, das Gewerbeobjekt “ im Erdgeschoss rechts in , bestehend aus einem Ladenlokal, zwei Büroräumen, einer Toilette und einem Lagerraum bis zum 31.05.2018 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 729,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.10.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, das Mietverhältnis sei durch wiederholte Morddrohungen gegenüber ihr und ihrer Angestellten und unflätige verbale Beleidigungen des Sohnes der Klägerin gestört (vgl. Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 57 d. A.). Ihre Angestellte habe bereits erwogen, ihre Beschäftigung aufzugeben, da sie Angst vor dem Sohn der Klägerin habe. Dessen Drohungen seien ernst zu nehmen, denn wohl einer seiner Brüder sitze eine Gefängnisstrafe wegen ähnlicher Aktionen ab. Die Klägerin veranlasse ihren Sohn laufend zu schikanösen, den Betrieb behindernden und übel beeinträchtigenden Handlungen. Die Klägerin wolle sich durch anderweitig erreichbaren höheren Mietzins bereichern. Die Kündigung stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar.Bzgl. der Tätlichkeit trägt sie vor, an diesem Tag habe eine Firma sie beliefern wollen, was der Sohn der Klägerin nicht zugelassen habe. Er habe den Fahrer verbal bedroht, ihr Sohn sei hinzugekommen, um zu helfen. Daraufhin habe der Sohn der Klägerin ihn angepackt und es sei in eine Schlägerei ausgeartet. Auch ihr Sohn sei verletzt worden und sei zwei Tage krankgeschrieben worden. Am selben Tag habe der Sohn der Klägerin sie auf dem Hof absichtlich an die Schulter geschubst und sie wie folgt beleidigt: „Hast du dir wehgetan, du Hurentochter?“ Das Optionsrecht sei unbegrenzt für jeden Zeitpunkt nach den ersten drei Jahren vereinbart worden.Die Kammer hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Videoaufnahme in der Anlage zur Replik vom 08.01.2018.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Der Hilfsantrag stellt eine nach § 257 ZPO zulässige Klage auf künftige Räumung dar.
Die Klage hat allerdings nur mit dem Hilfsantrag zu 1) Erfolg. Ein Anspruch auf sofortige Räumung aufgrund der ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung besteht nicht. Der zwischen den Parteien bestehende Gewerberaummietvertrag ist nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 06.10.2017 beendet worden. Es fehlt an einem ausreichenden Kündigungsgrund.
Ein solcher Kündigungsgrund besteht nicht nach §§ 569 Abs. 2, 578 Abs. 2 BGB. Die Klägerin ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Beklagte den Hausfrieden nachhaltig gestört hat, so dass es ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar war, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzusetzen. Dies ist nicht hinreichend dargetan. Die Kammer ist zwar nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Hausfrieden gestört ist. Sie ist aber nicht davon überzeugt, dass es sich um eine nachhaltige Störung des Hausfriedens handelt, die unter Abwägung aller Belange zur Kündigung führen muss.
Zutreffend und zwischen den Parteien an sich unstreitig ist, dass der Klägerin grundsätzlich ein Besichtigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass die Beklagte auf die Anforderung der Klägerin im Schreiben ihres Bevollmächtigten aber nur einen Besichtigungstermin vorgeschlagen hat und dem Sohn der Klägerin den Zutritt verweigert hat, folgt aus Sicht der Kammer aber nicht zwangsweise eine nachhaltige Verweigerung des Besichtigungsrechts. Dies trägt zudem nicht unmittelbar zur Störung des Hausfriedens bei.
Grundsätzlich ist ebenso unstreitig, dass die Beklagte Ton- und Filmaufnahmen der Klägerin und ihrer Familienangehörigen angefertigt hat, obwohl ihr dies untersagt worden ist. Allerdings ist substantiiert nur zu einem einzigen Vorfall, nämlich der körperlichen Auseinandersetzung der beiden Söhne der Parteien, vorgetragen worden. Im Übrigen handelt es sich um pauschalen Vortrag, der deshalb einer Bewertung nicht zugänglich ist. Weiter fällt angesichts der mit der Klageschrift vorgelegten Lichtbilder der Auseinandersetzung auch die Klägerin ihrerseits eine Kamera installiert hat, die zumindest einen Großteil, wenn nicht den ganzen Hof filmt und damit auch die Beklagte.
In einem unmittelbaren Zusammenhang hierzu und zu der körperlichen Auseinandersetzung steht die Zerstörung der Videokamera durch den Sohn der Beklagten. Es handelt sich insoweit um eine strafbare Sachbeschädigung i.S.d. § 303 Abs. 1 StGB. Zwar kann der Hausfrieden auch dadurch gestört werden, dass der Mieter es pflichtwidrig unterlässt, auf Angehörige einzuwirken (vgl. Häublein, in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016, § 569 Rn. 20 m.w.N.), hier ist jedoch in der Regel zunächst eine Abmahnung erforderlich. Auch die körperliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Söhnen ist bei der Abwägung grundsätzlich zu berücksichtigen. Wie sich aus dem in Augenschein genommenen Video ergeben hat, handelt es sich insoweit zumindest um eine vorsätzliche Körperverletzung i.S.d. § 223 Abs. 1 StGB durch den Sohn der Beklagten zulasten des Sohnes der Klägerin, möglicherweise angesichts des Tritts mit dem Schuh auch um eine gefährliche Körperverletzung i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, was mangels hinreichenden Vortrags nicht beurteilt werden kann. Eine Notwehr- oder Nothilfelage lag hingegen nicht vor. Der Fahrer des Transporters befand sich auf der Ladefläche, eine Auseinandersetzung gleich welcher Art zwischen ihm und dem Sohn der Klägerin fand in diesem Moment nicht statt. Vielmehr verfolgte der Sohn der Beklagten den Sohn der Klägerin, brachte ihn zu Fall und schlug und trat hiernach auf den am Boden Liegenden ein. Das war jedoch zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben oder Sachgüter irgendeiner Art in diesem Moment nicht erforderlich. Die Kammer kann nicht beurteilen, ob es im Vorfeld zu einer verbalen oder sonstigen Auseinandersetzung oder einer Provokation zwischen den beiden Söhnen oder mit dem Fahrer der LKW gekommen ist. Das Video zeigt offenbar nur einen Ausschnitt der Auseinandersetzung. Wenn es sich hierbei auch um einen schwerwiegenden Vorfall gehandelt hat, so handelt es sich doch nach dem hier bekannten Sachstand um einen Einzelfall. Weitere körperliche Auseinandersetzungen, ob nun zwischen den Parteien selbst oder ihren Angehörigen, sind nicht vorgetragen oder belegt. Insoweit ist der Vortrag der Klägerseite zu pauschal. Die beiden Vorfälle ereigneten sich zudem am selben Tag.
Es besteht zwischen sämtlichen konkret vorgetragenen Ereignissen ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang. Substantiiert vorgetragen wird letztlich nur zu einem Zeitraum von ca. zwei Wochen. Es kann sein, dass sich die Auseinandersetzung bereits längere Zeit um Mietzahlungen oder Nebenkostenabrechnungen zutrug, das ergibt sich zwar ansatzweise aus den in der Anlage zur Klageschrift vorgelegten Schriftstücken, jedoch nicht mit der notwendigen Klarheit, die eine Berücksichtigung bei der vorzunehmenden Abwägung ermöglichen würde. Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen einzelnen Fall einer Sachbeschädigung, einen einzelnen Fall einer Ton-/Bildaufnahme und einen einzelnen Fall einer Tätlichkeit handelt, die sich alle am selben Tag und im sachlichen Zusammenhang ereignet haben, ist der Nachweis einer nachhaltigen, d. h. über einen längeren Zeitraum bestehenden erheblichen Beeinträchtigung des Hausfriedens und eines schweren Verstoßes gegen das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme (vgl. Häublein, in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016, § 569 Rn. 21) nicht geführt. Die Beklagte persönlich hat lediglich die Ton-/Bildaufnahme gefertigt. Sie wäre zwar verpflichtet gewesen, auf ihren Sohn einzuwirken und ihn von der Tätlichkeit sowie der Sachbeschädigung abzuhalten. Dass hier jedoch eine deutlich ausgesprochen Abmahnung keine Abhilfe versprochen hätte, ist nicht dargelegt. Vereinzelte Störungen genügen nicht. Dem Mieter ist in solchen Fällen vielmehr grundsätzlich die Möglichkeit zu geben, auf den Dritten einzuwirken. Insoweit konnte eine Beweisaufnahme zu den behaupteten Beleidigungen durch den Sohn der Klägerin unterbleiben.
Hinsichtlich des Verhaltens der Bevollmächtigten der Beklagten ist ein Zusammenhang zum Hausfrieden bereits nicht erkennbar.
Ein außerordentliches Kündigungsrecht ergibt sich weiterhin nicht aus § 543 Abs. 1 BGB. Eine einmalige Verhinderung des Besichtigungsrechts berechtigt auch hier nicht zur fristlosen Kündigung (vgl. Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 543 BGB, Rn. 210). Für eine dauerhafte Verweigerung ist wie erörtert nicht substantiiert vorgetragen worden. Hinsichtlich der Sachbeschädigung, der Ton-/Bildaufnahmen sowie der Tätlichkeit gilt das oben Gesagte.
Was die ehrverletzenden, beleidigenden und fremdenfeindlichen Äußerungen der Bevollmächtigten der Beklagten betrifft, so ist es zwar so, dass Straftaten gleich welcher Art von Stellvertretern und sonstigen Beauftragten eines Mieters grundsätzlich eine Vertragsverletzung darstellen, auch hier sind jedoch die Umstände des Einzelfalls zu würdigen (vgl. Blank, a.a.O., § 543 BGB, Rn. 187). Es war hier zu berücksichtigen, dass die Ausfälle der Bevollmächtigten in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu der mietrechtlichen Auseinandersetzung stehen, innerhalb eines kurzen Zeitraums erfolgten und eine Abmahnung der Beklagten im Hinblick auf dieses Verhalten nicht erfolgt ist. Bei Vertragsverletzungen ist eine Abmahnung aber grundsätzlich nötig, § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB. Zudem ist weder dargelegt, dass die Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg versprochen hätte, noch dass die sofortige Kündigung insgesamt aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB). Die Beklagte muss sich zwar nach Auffassung der Vorsitzenden das Verhalten ihrer Bevollmächtigten, das der Rechtsverteidigung der Beklagten nicht zuträglich war, zurechnen lassen, ihr ist aber nicht die Gelegenheit gegeben worden, sich hiervon zu distanzieren und auf ihre Bevollmächtigte mäßigend einzuwirken. Dass derlei Äußerungen von der Beklagten persönlich getätigt worden sind, ist wiederum nicht dargelegt. Darüber hinaus kann mangels hinreichenden Vortrags nicht beurteilt werden, ob die von der Bevollmächtigten der Beklagten getätigten Angaben in der Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft der Wahrheit entsprechen oder ob es sich vielmehr um Falschbeschuldigungen und üble Nachrede handelt. Es kann deshalb dahinstehen, dass es sich bei den Äußerungen der Bevollmächtigten der Beklagten (z.B. „Nicht nur Müll kann man nicht in Nachbars Garten werfen“) nach Auffassung der Vorsitzenden zweifellos um eine schwere Beleidigung i.S.d. § 185 StGB handelt, die auch nicht mehr von § 193 StGB gedeckt ist und mit der Stellung der Bevollmächtigten als Organ der Rechtspflege völlig unvereinbar ist. Für die Vorsitzende ist dabei unverständlich, inwiefern die Nationalität der Klägerin und ihrer Familie (die dem Gericht im Übrigen nicht bekannt ist) an der Frage der Strafbarkeit wechselseitiger Beleidigungen, der Auslegung des Mietvertrags oder der übrigen rechtlichen Fragestellungen in irgendeiner Form eine Rolle spielen sollte. Vor dem Gesetz sind bekanntlich alle Menschen gleich.
Der nur hilfsweise gestellte Antrag auf Räumung zum 31.05.2018 hat jedoch Erfolg. Die ordentliche Kündigung zu diesem Datum ist wirksam. Das ordentliche Kündigungsrecht ergibt sich aus § 2 Nr. 3 des Mietvertrags. Danach war der Mietvertrag mit den ursprünglichen Eigentümern zunächst auf eine Dauer von drei Jahren geschlossen worden und endete am 31.05.2010. Danach sollte er sich um jeweils ein Jahr verlängern, sofern nicht zuvor binnen der Frist von drei Monaten zum Ablauftermin gekündigt würde.
Das von der Beklagten behauptete unbegrenzte Optionsrecht findet im Wortlaut der Vereinbarung und den sonstigen Umständen des Mietverhältnisses keinerlei Stütze. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind stets nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Nur der kundgegebene Wille kommt als Auslegungsgegenstand in Betracht (vgl. Busche, in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2015, § 133 Rn. 9). Bei der Auslegung einer Willenserklärung gem. § 133 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Zur Ermittlung des wirklichen Willens sind auch die außerhalb der Erklärung liegenden Umstände, die der Aufhellung oder Aufdeckung des Parteiwillens dienen können, zu berücksichtigen (BGH, NJW 1984, 721). Zu berücksichtigen sind dabei auch die Verkehrssitte und die Vereinbarkeit mit Treu und Glauben (vgl. Busche, in: MüKo, BGB, 7. Aufl. 2015, § 157 Rn. 3). Widersprüche bei der Auslegung, die den Sinn des Vertrags in Frage stellen, sind zu vermeiden (vgl. Busche, a.a.O., Rn. 6).
Diese Auslegungsgrundsätze ergeben hier jedenfalls kein unbegrenztes Optionsrecht der Beklagten. Der Wortlaut dieses „Optionsrechts“ ist bereits derart offen, dass sich sein Sinn nicht erschließt. Es bleibt völlig unklar, worin dieses Optionsrecht bestehen soll. Unter Hinzuziehung des letzten Absatzes von § 2 Nr. 3 des Mietvertrags ergibt sich, dass voraussichtlich eine Verlängerung des Mietvertrags gemeint sein soll. Da dieser Absatz jedoch nicht ausgefüllt ist, bleibt schon unklar, wie lange diese Verlängerung gelten soll. Sicherlich aber soll das Optionsrecht nicht unbegrenzt gelten, sondern gemäß Wortlaut nur einmal „nach den 3 Jahren“, d.h. nach Ablauf der zunächst bestimmten Vertragslaufzeit von drei Jahren. Allenfalls auf diese Weise macht das Optionsrecht noch Sinn, denn danach sollte sich der Vertrag automatisch jeweils um ein Jahr verlängern. Diese ersten drei Jahre Vertragsdauer sind aber längst abgelaufen, nämlich bereits zum 31.05.2013. Ein unbegrenztes Verlängerungsrecht der Beklagten als Mieterin stellt sich dagegen als völlig lebensfremd dar und widerspricht nicht nur dem Sinn und Zweck eines Mietvertrages, sondern auch der allgemeinen Verkehrssitte. Es handelt sich insoweit um eine Behauptung ins Blaue hinein. Sie findet im Wortlaut der Regelung sowie im Gesamtzusammenhang derselben keinerlei Grundlage. Eine solche Auslegung stünde im Widerspruch zu fundamentalen Interessen des Vermieters. Dieser könnte das Mietverhältnis nicht mehr ordentlich, sondern nur noch außerordentlich unter ganz besonderen Umständen (insb. schwere Vertragsverletzungen trotz Abmahnung) kündigen. Warum sich ein Vermieter hierauf hätte einlassen sollen, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Das würde das Eigentumsrecht des Vermieters maßgeblich einschränken, was in keinem Verhältnis zu den von der Beklagten getätigten Investitionen stünde. Sie betreibt eine Backstube, für die zwar zweifellos Investitionen erforderlich waren und ggf. sind, die jedoch nicht derart umfangreich sind, dass die früheren Vermieter sich bereit erklärt hätten, ein gleichsam unkündbares Mietverhältnis einzugehen. Unter solchen Bedingungen ließe sich das Grundstück zudem nur sehr schlecht veräußern. Zudem dürften sich die von der Beklagten getätigten Investitionen zu Beginn des Mietverhältnisses nach nunmehr acht Jahren amortisiert haben. Dass sie hierüber hinaus wesentliche Investitionen tätigen musste, die einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung gerechtfertigt hätten, ist nicht dargetan. Aus Sicht der Kammer ergibt die Auslegung von § 2 Nr. 3 des Mietvertrags im Gegenteil, dass ein solches Mietverhältnis von unbestimmter Dauer gerade nicht gewollt war, sondern ein ordentliches Kündigungsrecht bestehen sollte. Könnte das Optionsrecht, was auch immer sein Inhalt sein sollte, jederzeit nach Abschluss des Mietvertrags „gezogen“ werden, so könnte der Eigentümer kaum noch planen und wäre in der Nutzung seines Eigentums außerordentlich eingeschränkt. Aus den vorgenannten Gründen musste die Vernehmung der von Beklagtenseite angebotenen Zeugen unterbleiben.
In der Ausübung dieses Kündigungsrechts liegt keine unzulässige Rechtsausübung i.S.d. § 242 BGB. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks samt Gebäude. Sie kann hierüber frei verfügen. Selbst wenn sie das Gewerbeobjekt nunmehr zu einer höheren Miete anderweitig vermieten wollte, so stünde ihr dies als Eigentümerin frei. Das ist weder unüblich, noch anrüchig.
Ein Schriftsatznachlass war hierzu nicht mehr zu gewähren. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Die Kammer hat an ihrer in der Verfügung vom 12.12.2017 geäußerten Rechtsauffassung festgehalten. Hinweise wurden nicht erteilt.
Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Wie bereits ausgeführt, war die außerordentliche Kündigung ungerechtfertigt. Die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt des Ausspruches der ordentlichen Kündigung zudem nicht in Verzug, so dass es an einem Rechtsgrund für die Erstattung mangelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Unterliegen der Parteien.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO. Die Sicherheitsleistung war hier in bestimmter Höhe anzugeben, wobei die Kammer in etwa eine sechsfache Monatskaltmiete zzgl. der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten angesetzt hat. Denn bei der Höhe der Sicherheitsleistung sind neben den Verfahrenskosten auch etwaige Verzögerungsschäden aufgrund der verzögerten Räumung zu berücksichtigen (vgl. hierzu KG, Beschluss vom 04.05.2010 – 6 U 174/09, NJW-RR 2010, 1020). Bei der Höhe der Sicherheitsleistung, die von Klägerseite gestellt werden kann, hat die Kammer im Schätzwege mögliche Umzugskosten der Beklagten sowie einen Einnahmenausfall berücksichtigt, was im Ergebnis zu einer Sicherheitsleistung in gleicher Höhe geführt hat.