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Aufrechnung mit offenstehenden Mietforderungen gegenüber Mietkaution

AG Charlottenburg, Az.: 205 C 172/18, Urteil vom 08.11.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagten nach Beendigung eines Mietvertrages auf Rückzahlung der Kaution in Anspruch.

Die Kläger schlossen mit den Rechtsvorgängern der Beklagten am 02.03.1998 einen schriftlichen Mietvertrag über die 3,5 Zimmerwohnung im Hause …, … Berlin.

Nach § 22 des Mietvertrags erbrachten die Kläger eine Sicherheitsleistung in Höhe von 6.627 DM auf einem Mietkautionskonto der … kasse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Mietvertrages verwiesen (Bl. 5ff.).

Die Miete betrug bis zum 31.12.2016 1.277,86 € nettokalt zuzüglich Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 180 € und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 230 €. Im Zusammenhang mit der Betriebskostenabrechnung für 2015 vom 07.11.2016 erklärte die für die Beklagten tätige Hausverwaltung eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlung um 42,00 € auf 272,00 € ab dem 01.01.2017.

Die Kläger zahlten in den Monaten Januar bis April 2017 (weiterhin) monatlich 1.687,86 € an die Beklagten. In den Monaten Mai und Juni 2017 leisteten sie keine Mietzahlungen.

Mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 20.03.2017 erklärten die Kläger die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 20.04.2017 und vorsorglich die fristgemäße Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Zur Begründung verwies die Betreuerin auf die gesundheitliche Situation der Kläger, die eine weitere Nutzung der Wohnung durch die Kläger nicht mehr erlaubte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Kündigungsschreibens vom 20.03.2017 sowie die das ärztliche Attest vom 13.03.2017 für den Kläger zu 2. verwiesen (Bl. 13f.).

Die Beklagten bestätigten durch Schreiben ihrer Hausverwaltung vom 27.03.2017, auf dessen Kopie wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 15ff.), die Beendigung des Mietverhältnisses zum 30.06.2017. Die Wohnungsübergabe erfolgte am 24.04.2017. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Wohnungsübergabeprotokolls verwiesen (Bl. 37).

Mit Schreiben vom 10.11.2017 und 27.02.2018 wurden die Beklagten zur Auszahlung der Kaution aufgefordert.

Die Kaution belief sich einschließlich Zinsen am 28.05.2018 auf 3.569,79 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den entsprechenden Kontoauszug verwiesen (Bl. 19).

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26.03.2018 erklärten die Beklagten gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch die Aufrechnung mit Mietzahlungsansprüchen für die Monate Januar 2017 bis Juni 2017. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie dieses Schriftsatzes verwiesen (Bl. 20f.).

Aufrechnung mit offenstehenden Mietforderungen gegenüber Mietkaution
Symbolfoto: JoPanuwatD/Bigstock

Die Kläger machen geltend, das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 20.03.2017 zum 20.04.2017 beendet worden. Da der Kläger zu 2. bereits seit Dezember 2016 in einer Pflegeeinrichtung habe betreut werden müssen und die Klägerin zu 1. seit Anfang Januar 2017 körperlich und geistig nicht mehr in der Lage gewesen sei, in der streitgegenständlichen Wohnung wohnen zu bleiben, seien sie zu einer außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB zum 20.04.2017 berechtigt gewesen. Aufgrund ihres Gesundheitszustands hätten sie einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis gehabt. Außerdem sei gegenüber den Beklagten ein Nachmieter benannt worden, nämlich das Ehepaar …. Insoweit beziehen sich die Kläger auf eine E-Mail vom 11.04.2017 (Bl. 22). Angesichts der damaligen Wohnungssituation sei im Übrigen eine Neuvermietung der Wohnung zu den gleichen Bedingungen sofort möglich gewesen. Die Miete habe für Januar bis April 2017 nur 1.687,86 € betragen, denn es sei keine Zustimmung zu einer Mieterhöhung erteilt worden.

Die Kläger beantragen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 3.569,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten machen geltend, den Klägern habe kein Recht zur fristlosen Kündigung zugestanden. Es fehle bereits an einer Pflichtverletzung auf Seiten der Vermieter. Angesichts der seit der Mietrechtsreform 2001 auf 3 Monate festgelegten Kündigungsfrist für die Mieter sei das Einhalten dieser Kündigungsfrist nicht unzumutbar. Im Übrigen hätte die Kündigung seitens der Kläger früher ausgesprochen werden können und müssen, da bereits ab Anfang Januar 2017 die Nutzungsänderung eingetreten sei. Ferner sei die Wohnung stark verschmutzt und verwohnt zurückgegeben worden und in diesem Zustand unvermietbar gewesen. Sie habe erst nach Instandsetzung für rund 50.000 € weitervermietet werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den Vortrag in der Klageerwiderung vom 27.09.2018 verwiesen. Die bei der Wohnungsrückgabe anwesende Betreuerin habe daher auf die Rückzahlung der Kaution verzichtet. Es habe auch keine Pflicht zur Übernahme von Nachmietern bestanden. Die vorgelegte E-Mail sei unbekannt und werde bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die übrigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von 3.569,79 € nach § 812 Abs. 1 BGB i.V.m. § 22 des Mietvertrages, denn der Rückzahlungsanspruch ist bereits durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung gem. § 389 BGB erloschen.

Den Beklagten stand aus dem Mietvertrag für die Monate Januar bis Juni 2017 nach § 535 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete in Höhe von monatlich 42,00 € für die Monate Januar bis April und in Höhe von jeweils 1.729,86 € für die Monate Mai und Juni 2017 zu.

Insgesamt hat der Mietrückstand damit 3.627,72 € betragen, so dass er das Kautionsguthabens überstiegen hat.

Die Kläger haben in den Monaten Januar bis April 2017 jeweils 1.687,86 € als Miete gezahlt und damit die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen um monatlich 42,00 € ab Januar 2017 nicht berücksichtigt. Den Beklagten hat jedoch ein Anspruch auf Zahlung auch dieses monatlichen Differenzbetrags zugestanden, da die Betriebskostenvorauszahlung durch die Erklärung der Beklagten im Schreiben der für sie tätigen Hausverwaltung vom 07.11.2016 aufgrund des Abrechnungsergebnisses für das Jahr 2015 wirksam gem. § 560 Abs. 4 BGB um 42,00 € monatlich erhöht worden ist. Das Ergebnis der Betriebskostenabrechnung führte bei den kalten Betriebskosten zu einer Unterdeckung von 500,12 €, so dass die Anpassung mit Wirkung ab dem 01.01.2017 berechtigt war. Die Kläger sind dieser Erhöhung nicht wirksam entgegengetreten. Der Umstand, dass sie dieser Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung nicht zugestimmt haben, ist ohne Bedeutung, da die Wirksamkeit der Erhöhung von Betriebskostenvorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB nicht von einer Zustimmung der Mieter abhängt.

Die Beklagten haben ferner gegen die Kläger nach § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Mietzahlungen für die Monate Mai und Juni 2017, denn der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag ist durch die Kündigungserklärung der Kläger vom 20.03.2017 unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 S. 1 BGB erst mit Ablauf des 30.06.2017 wirksam beendet worden.

Die Kläger haben sich zwar auf eine außerordentliche Kündigung zum 20.04.2017 berufen, ihnen stand jedoch kein Grund für eine außerordentliche Kündigung zu. Der Umstand, dass sie aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage waren, in der streitgegenständlichen Wohnung zu leben, genügt nicht für eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB. Eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB kann nur auf Umstände gestützt werden, die in der Person oder im Risikobereich des Kündigungsgegners begründet sind. Deshalb kann ein Mieter nicht nach § 543 Abs. 1 BGB kündigen, weil er z.B. seinen Wohnsitz berufsbedingt verlegen will oder wegen einer schweren Erkrankung sein Geschäft in den gemieteten Gewerberäumen nicht weiter ausführen kann (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 543 Rn. 161 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier. Der die Wohnungsnutzung ausschließende Gesundheitszustand der Kläger ist ein ihrem eigenen Risikobereich zuzuordnender Umstand, der sich nicht durch Verkürzung der Kündigungsfrist zulasten der Beklagten auswirken kann. Soweit die Kläger hier auf Urteile des Landgerichts Hannover und des Landgerichts Duisburg aus den Jahren 1999 und 2000 abstellen, hält das Gericht diese Entscheidungen mit der Argumentation der Beklagtenvertreterin schon deshalb nicht für auf die heutige Situation anwendbar, weil die Kündigungsfrist für die Mieterseite seit der Mietrechtsreform 2001 durchgehend auf 3 Monate begrenzt wurde. Diese Kündigungsfrist stellt regelmäßig keine Überforderung der Mieter dar, auch nicht in Situationen wie der vorliegenden. Das Gericht sieht sich im Übrigen in seiner Argumentation durch den Rechtsgedanken bestätigt, der in § 537 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommt.

Die Kläger hätten möglicherweise in dieser Situation nach § 242 BGB einen Anspruch auf Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages bei Benennung eines Nachmieters gehabt, sie haben jedoch nicht substantiiert dargelegt, den Beklagten ein entsprechendes Angebot unterbreitet zu haben. Zwar hat die Betreuerin in der Kündigungserklärung vom 20.03.2017 auf eine Vertragsaufhebung nach Treu und Glauben verwiesen, sie hat aber darin keinen Nachmieter benannt oder auch nur angekündigt. Ein berechtigtes Interesse daran, hier eine Vertragsaufhebung ohne Nachmietergestellung zu verlangen, besteht nach Auffassung des Gerichts aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Regelmäßig hat der Mieter keinen Anspruch auf Abkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O., Nach § 542 BGB Rn. 14 m.w.N.). Eine Benennung von Nachmietern durch die Kläger ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern eingereichten E-Mail der Eheleute …, denn es ist weder dargelegt worden noch aus dem Schriftstück ersichtlich, dass die Kläger dieses Ehepaar gegenüber den Beklagten als mögliche Nachmieter benannt hätten. Offenbar haben sich die Eheleute … aus eigenem Antrieb für die Wohnung interessiert. Ein Angebot der Kläger auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags im Hinblick auf die Benennung von Nachmietern ergibt sich daraus jedoch nicht. Ob die Wohnung überhaupt in einem sofort weiter zu vermietenden Zustand war, was die Beklagten bestreiten, kann danach hier offen bleiben.

Da das Mietverhältnis danach nicht per Ende April 2017 durch die Erklärung vom 20.03.2017 beendet wurde, stand den Beklagten für die Monate Mai und Juni 2017 ein Mietzahlungsanspruch in Höhe von monatlich 1.729,86 € zu. Der Mietrückstand für die Monate Januar bis Juni 2017 hat damit das Kautionsguthaben betragsmäßig überstiegen, so dass das Kautionsguthaben vollständig durch die Aufrechnungserklärung erloschen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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