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Begriff der Wohnfläche bei der Betriebskostenabrechnung

LG Berlin – Az.: 63 S 66/10

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06.11.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg  -. 19 C 580/08 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Nachzahlung aus den Betriebskostenabrechnungen für 2006 in Höhe von 303,41 EUR und für 2007 in Höhe 1.145,23 EUR sowie ursprünglich Zahlung der Nebenkostenvorschüsse für 2008.

Der Beklagte wendet sich gegen den Abrechnungsmaßstab und beanstandet in Bezug auf die Betriebskosten, dass für den Neubauteil der Wohnungsanlage nur die Wohnräume, nicht aber so genannte Hobbyräume zur Umlage herangezogen werden.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Hobbyflächen seien nicht zu berücksichtigen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser die Abweisung der Klage erstrebt.

Nachdem die Parteien in II. Instanz den Rechtsstreit in Höhe von 2.702,60 EUR nebst anteiligen Zinsen (Nebenkostenvorschüsse 2008) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beantragt der Beklagte nunmehr, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird anstelle des Tatbestands auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung führt in der Sache zum Erfolg, so dass die Klage abzuweisen ist.

Der Klägerin stehen Nachzahlungsansprüche aus den Betriebskostenabrechnungen für 2006 und 2007 nicht zu.

Allerdings ist die Zusammenfassung von Alt-und Neubauteil als Wirtschaftseinheit im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens der Klägerin nicht zu beanstanden, weil Gründe, die dagegen sprechen, nicht ersichtlich sind (BGH v. 14.07.2010 – VIII ZR 290/09, GE 2010, 1415; BGH v. 20.10.2010 – VIII ZR 73/10, GE 2010, 1682).

Allerdings ist der Einwand des Beklagten bezüglich der zugrunde zu legenden Fläche mit Schreiben vom 26.03.2009 unter Beifügung des Schreibens vom 28.12.2007, in welchem der Einwand betreffend die Abrechnung 2006 enthalten war, geltend gemacht worden und damit für beide streitgegenständlichen Abrechnungen nicht gemäß § 556 Abs. 3 BGB präkludiert.

Der Einwand ist auch begründet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist davon auszugehen, dass der Begriff der Wohnfläche auslegungsbedürftig ist, weil er keinen feststehenden Inhalt hat, und, da eine verbindliche Regelung zur Berechnung von Flächen bei frei finanziertem Wohnraum fehlt, zur Auslegung des Begriffs der Wohnfläche grundsätzlich auch die für den preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen herangezogen werden können, falls nicht die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen haben oder ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender ist (BGH v. 24.03. 2004 – VIII ZR 44/03, NJW 2004, 2230, BGH  v. 23. 05. 2007 – VIII ZR 231/06, NJW 2007, 2624). Demnach bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Begriff der „Wohnfläche“ im Wohnraummietrecht auch bei frei finanziertem Wohnraum anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen ist (BGH v. 23.05.2007 – VIII ZR 231/06, GE 2007, 1047; BGH v. 16.12.2009 – VIII ZR 39/09, GE 2010, 336).

Hieraus folgt, dass – mangels anderweitiger Vereinbarungen, für deren Vorliegen hier keine Anhaltspunkte erkennbar sind – alle Räume, die vom Zuschnitt zum Wohnen geeignet sind, auch wenn sie die baurechtlichen Anforderungen an Aufenthaltsräume nicht erfüllen sollten, als Wohnfläche anzurechnen sind. Hieran ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil in den Mietverträgen etwa die diesbezüglichen Räume als „Hobbyraum“ bezeichnet sind (vgl. BGH v. 20.02.2008 – VIII ZR 27/0, GE 2008, 662 ).

Soweit die Klägerin angibt, die im Kellergeschoss gelegenen, zu Mieterwohnungen gehörenden Räume würden lediglich zu engen Kellerschächten führen und bei den im Dachgeschoss gelegenen Räumen seien lediglich kleine „schießschartenartige“ Dachfenster vorhanden, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis, denn nach dem unstreitigen Parteivortrag werden die Räume von den jeweiligen Mietern tatsächlich  entweder als Bad, Flur, Zimmer oder Abstellraum genutzt, was ihre Geeignetheit als Wohnräume erkennen lässt, ohne dass es auf den Ausstattungszustand bei Mietvertragsabschluss ankäme.

Wenn sie sonach bei der Umlage der Betriebskosten zu berücksichtigen sind, führt dies zu einer zu berücksichtigenden Gesamtfläche von 1.627,61 m² statt der von der Klägerin zugrunde gelegten von 960,94 m².

Daraus folgt für 2006 bei Gesamtkosten von 34.763,85 EUR ein tatsächlicher durchschnittlicher Betriebskostenanteil von 1,78 EUR/m² und Monat und für 2007 bei Gesamtkosten von 35.814,79 EUR ein solcher von 1,83 EUR/m“ und Monat. Für die Wohnfläche der Wohnung des Beklagten von 81,57 m² ergibt sich daraus ein angefallener jährlicher Betriebskostenanteil in Höhe von 1742,33 EUR für 2006 und in Höhe von 1791,27 EUR für 2007. Angesichts der übersteigenden Vorschussleistungen des Beklagten verbleiben Nachzahlungsansprüche nicht.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit bezüglich der Nebenkostenvorschüsse für 2008 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, nachdem mit Schreiben vom 31.03.2009 über die Nebenkosten für 2008 abgerechnet worden ist, hat der Beklagte die Kosten gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nach billigen Ermessen und unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu tragen, weil  – angesichts von lediglich materiell zu korrigierenden, aber formell wirksamen Abrechnungen – laufende Vorschüsse für 2008 geschuldet waren (BGH v. 29.03.2006 – VIII ZR 191/05, GE 2006, 844).

Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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