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Eigenbedarfskündigung bei Falschangabe des Vornamens der Mieterin

AG Mannheim, Az.: 18 C 5139/17, Urteil vom 12.04.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die in dem Schulgebäude in gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad, 1 WC sowie einem Flur sofort zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Den Beklagten wird von Amts wegen eine Räumungsfrist bis 31.12.2018 bewilligt.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Scheinbeklagten … Diese fallen der Klägerin zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung aus Ziffer 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 4000 abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit geleistet hat. Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit geleistet hat.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Räumung einer Hausmeisterwohnung in einem Schulgebäude zu betrieblichen Zwecken.

Die Klägerin betreibt in dem Gebäude ein Privatgymnasium mit Realschule, … Gymnasium. Der Beklagte Z. 1 war bei der Klägerin als Hausmeister beschäftigt. Der Beklagte Z. 1 hat sich mittlerweile zur Ruhe gesetzt und befindet sich seit Ende Oktober 2016 im Ruhestand. Die Ehefrau des Beklagten Frau … bewohnt die im vierten Obergeschoss des Gebäudes gelegene Hausmeisterwohnung. Der Beklagte Z. 1 und dessen Ehefrau zogen im Jahr 1982 in die Hausmeisterwohnung ein.

Mit Kündigungsschreiben vom 28.10.2016 gerichtet an Eheleute … sprach die Klägerin die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.6.2017 aus. Die Klägerin führte hierbei aus, die seitens der Beklagten genutzte Wohnung im vierten Obergeschoss des Schulgebäudes umzugestalten und dem direkten Schulzweck zuordnen zu wollen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Anl. der Akten verwiesen.

Mit Schreiben vom 7.8.2017 legitimierte sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten und teilte mit, dass die Kündigung nicht akzeptiert werde.

Die Klägerin hat zunächst mit Klagschriftsatz vom 28.9.2017 Bl. 1 der Akten) Klage gegenüber dem Beklagten Z. 1 sowie gegenüber Frau … erhoben. Bei Letzterer handelt es sich um die Tochter des Beklagten Z. 1 und Frau … Diese lebt mittlerweile unter anderer Anschrift.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, eine Rubrumsberichtigung sei ohne weiteres möglich, da erkennbar die Ehefrau des Beklagten Z. 1 verklagt werden sollte. Der Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung sei vorliegend lediglich mit dem Beklagten Z. 1 zustande gekommen. Selbst wenn der Mietvertrag mit beiden Eheleuten zustande gekommen wäre, sei das Kündigungsschreiben ausdrücklich an die Eheleute adressiert worden. Die Kündigung sei auch in formeller Hinsicht ausreichend begründet. Es liege insbesondere der Kündigungsgrund des Betriebsbedarfs vor. Es sei beabsichtigt, die von den Beklagten genutzten Räumlichkeiten im vierten Obergeschoss des Schulgebäudes als Klassenzimmer umzugestalten und diese Räumlichkeiten sodann dem direkten Schulzweck zuzuordnen. Hierdurch könnten monatliche Mietforderungen eingespart werden und wieder alle Klassenzimmer und Unterrichtsräume in das Schulgebäude in … zusammengeführt werden. Soweit der Beklagte Z. 1 geltend mache, er leide an Demenz sei ein Verbleib des Beklagten in dem Schulgebäude undenkbar. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass zum Erreichen der Wohnräumlichkeiten, eine Durchquerung des Schulgebäudes erforderlich sei. Der Beklagte Z. 1 verfüge noch über einen Generalsschlüssel. Er habe insoweit Zugang zu den Fachräumen wie Chemie und Physik und damit auch Zugang zu gefährlichen Substanzen. Zum Schutz der Schüler sei ein Umzug unumgänglich. Sofern sich der Gesundheitszustand weiter verschlechtern sollte, stelle der Beklagte Z. 1 eine erhebliche Gefahr für die Schüler und den Schulbetrieb dar, da es gegebenenfalls zu unkontrollierten, sicherlich ungewollten Personenübergriffen und im schlimmsten Fall gegebenenfalls auch erhebliche Gefahren für Leib und Leben der Schüler kommen könne.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten werden verurteilt, die in dem Schulgebäude in … im vierten Obergeschoss gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem WC sowie einem Flur sofort zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen Klagabweisung.

Die Beklagten wenden ein, die Kündigung sei bereits aus formellen Gründen unwirksam. Das Mietverhältnis sei zwischen beiden Eheleuten begründet gewesen. Die Kündigung sei jedoch nicht an Frau J. adressiert gewesen. Zudem weise die Kündigung keine ausreichende Begründung auf. Die nach Vortrag der Klägerin beabsichtigte Verwendung, stehe am ehesten einer Verwertungskündigung gleich. Bei einer beabsichtigten gewerblichen Nutzung müsse der Vermieter im Kündigungsschreiben angeben, ob er das Objekt selbst als Gewerberaum nutzen oder ob er es als Geschäftsraum vermieten will. Bei der Eigennutzung müssten hierbei die hierfür maßgeblichen Gründe angegeben werden. Außerdem sei darzulegen, welche persönlichen oder wirtschaftlichen Nachteile beim Fortbestand des Mietverhältnisses einträten. Insbesondere hinsichtlich der Angaben zum Nachteil enthielte das Kündigungsschreiben keine ausreichende Begründung.

Zudem leide der Beklagte Z. 1 an einer Demenz. Diese sei im Juni 2016 festgestellt worden und unterliege einer stetigen Verschlechterung trotz medikamentöser Behandlung. Aufgrund der Erkrankung bestehe eine zeitliche Desorientierung, eine reduzierte Merk-und Urteilsfähigkeit sowie ausgeprägte mnestische Störungen und eine Antriebsschwäche. Erfahrungsgemäß sei bei Demenzkranken, die keine neuen Lerninhalte mehr aufnehmen könnten eine Veränderung der äußeren Umgebung mit einer Verstärkung von Desorientierung und Verhaltensauffälligkeiten verbunden. In der langjährig vertrauten Umgebung, komme der Erkrankte mit Unterstützung trotz der kognitiven Einbußen häufig noch einigermaßen zurecht. Ein Ortswechsel würde die Lebensqualität des Beklagten Z. 1 ganz erheblich beeinträchtigten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Parteierklärungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen … Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 6.3.2018 (Bl. 145 ff. der Akten) verwiesen.

Mit Beschluss vom 17.1.2018 hat das Gericht das Passivrubrum hinsichtlich der Beklagten Z. 2 auf die Ehefrau des Beklagten Frau berichtigt (Bl. 62 der Akten).

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage erwies sich der Sache nach als begründet.

Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten ein Räumungsanspruch gemäß § 546 Abs. 1 BGB zu, da das Mietverhältnis über die von ihnen bewohnte Hausmeisterwohnung aufgrund Kündigung vom 28.10.2016 zum 30.7.2017 beendet wurde.

1) Das Kündigungsschreiben begegnet keinen formellen Bedenken, soweit dieses an die Eheleute … unter der streitgegenständlichen Anschrift adressiert war. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob das Mietverhältnis lediglich mit dem Beklagten Z. 1 oder zusätzlich auch mit der Beklagten Z. 2 zustande gekommen ist. Zutreffend muss ein Kündigungsschreiben, sofern mehrere Mieter vorhanden sind, an alle Mieter adressiert sein. Sofern tatsächlich lediglich der Beklagte Z. 1 Mieter des Mietverhältnisses geworden sein sollte, wäre es unschädlich, dass das Kündigungsschreiben an beide Ehepartner adressiert ist (Schmidt- Futterer/Blank § 542 Rn. 32). Sollten tatsächlich beide Eheleute Mieter des streitgegenständlichen Mietverhältnisses sein, so wäre es unerheblich, dass hinsichtlich der Beklagten Z. 2 ein falscher Vorname aufgeführt ist. Insoweit ist zu sehen, dass es sich um eine offenbare Falschbezeichnung handelt. Ist es ausreichend, wenn eine Kündigung lediglich an Eheleute adressiert ist, so erscheint auch eine Falschbezeichnung hinsichtlich des Vornamens einen formellen Mangel des Kündigungsschreibens nicht zu begründen (Schmidt-Futterer/Blank § 542 Rn. 28).

2) Das Kündigungsschreiben genügt darüberhinausgehend auch der Begründungspflicht des §§ 573 Abs. 3 BGB. Durch die Angabe der Gründe im Kündigungsschreiben, soll der Mieter zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition erlangen können (Schmidt-Futterer/blank § 573 Rn. 216). Dabei kann die Mitteilung von Umständen entbehrlich sein, die dem Mieter bereits zuvor mündlich mitgeteilt wurden oder sonst bekannt sind (BGH vom 6.7.2011 VIII ZR 317/10). Es genügt in formeller Hinsicht, dass der Vermieter den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (Kerntatsachen). Tatsachen, die nur der näheren Erläuterung, Ergänzung, Ausfüllung sowie dem Beweis des geltend gemachten Kündigungsgrundes dienen können insoweit als Ergänzungstatsachen nachträglich noch ausgeführt werden (Schmidt- Futterer/Blank § 573 Rn. 218; BGH vom 10.5.2017 VIII ZR 292/15 Rn. 20). Vorliegend stützt die Klägerin ihr berechtigtes Interesse nicht auf eins der Regelbeispiele des §§ 573 Abs. 2 Nr. 1-3 BGB, sondern auf ein berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 BGB. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Beklagten kein Regelbeispiel des §§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor. Vielmehr begehrt die Klägerin die Räumlichkeiten zu Betriebszwecken und nicht zur besseren wirtschaftlichen Verwertung. Dies ergibt sich auch in formeller Hinsicht bereits aus dem Kündigungsschreiben, aus dem ersichtlich ist, dass nicht auf wirtschaftliche Aspekte abgestellt wird, sondern lediglich auf funktionelle, wonach die Räumlichkeiten dem direkten Schulzweck zuzuordnen sind. Dies wird seitens der Klägerin mit der Umgestaltung des pädagogischen Konzepts begründet. Zudem wird aufgeführt, dass aufgrund dieser Umgestaltung des pädagogischen Konzeptes es notwendig ist, Schülern Unterrichtsräume zur Verfügung zu stellen, die innerhalb des Schulgebäudes liegen. Damit sind in formeller Hinsicht ausreichend Kerntatsachen dargetan, die in formeller Hinsicht genügen, um den Kündigungsgrund von anderen Gründen abzugrenzen. Die Anforderungen in formeller Hinsicht wären überspannt, wollte man der Klägerin abverlangen, bereits diesbezüglich konkretere Ausführungen hinsichtlich des Konzeptes der Talentförderung und kleiner Gruppenräume zu machen. Hinzu kommt, dass es zumindest lebensnah erscheint, dass dem Beklagten Z. 1 als Hausmeister ein neues pädagogisches Konzept, vorliegend das der Talentförderung, bekannt gewesen sein dürfte.

3) Der Klägerin steht ein berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 S.1 BGB an der Beendigung des Mietverhältnisses zu. Im Ergebnis kommt dem betrieblichen Interesse der Klägerin ein gleichwertiges Gewicht an der Erlangung der Wohnräume zu wie in den in § 573 Abs. 2 BGB genannten Regelbeispielen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung fest, dass die Klägerin einen tatsächlichen Betriebsbedarf hinsichtlich der Räumlichkeiten der Beklagten hat und auch eine entsprechende Nutzungsabsicht. Dies ergab sich aus den insoweit in sich schlüssigen Ausführungen des Zeugen … Dieser schilderte, dass er im Rahmen der Restrukturierungsmaßnahme bei der Klägerin mit der Planung und Durchführung dieser Maßnahmen beauftragt ist. Dabei führte der Zeuge aus, dass im Hinblick auf das Talentfördererprogramm mit einem Schülerzuwachs gerechnet werde. Im Hinblick auf dieses Talentförderprogramm sei beabsichtigt, zusätzliche Räume zu schaffen. Die Einvernahme des Zeugen ließ erkennen, dass die tatsächlich konkrete Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten letztendlich von dem Umfang der Zunahme des Schülerwachstums abhänge. Wenn die Wohnung der Beklagten zu Schulzwecken zur Verfügung stünde, könnte ein Stockwerk der Fremdanmietung aufgegeben werden und insoweit die Hälfte dieser Kosten eingespart werden. Sofern tatsächlich die Schülerzahlen weiter anstiegen über ein gewisses Maß, sei jedoch auch denkbar, dass das andere Stockwerk in dem benachbarten Gebäude zur Anmietung weiter benötigt werde und nicht aufgegeben werden könne. Für diesen Fall könnten jedoch dann seitens der Klägerin mehr Schüler aufgenommen werden, da zusätzliche Räume zur Verfügung stünden. Für die Fremdanmietung fielen jährlich Kosten in Höhe von Euro 50.000 an. Zusätzlich zum finanziellen Aspekt, bringe es jedoch auch Vorteile die Schüler im Hauptgebäude unterzubringen. Hierbei seien Aspekte der Aufsichtspflicht, die seitens der Klägerin zu gewährleisten sei, zu berücksichtigen. Die jüngeren Schüler könnten nicht in den fremd angemieteten Räumlichkeiten unterrichtet werden bzw. der Aufwand sei hinsichtlich der Aufsichtspflicht höher. Für das Gericht ergaben sich keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der gemachten Angaben. Zu sehen ist hierbei auch, dass sich die Ausführungen hinsichtlich der Aufsichtspflicht und dem erhöhten Aufwand bei Betreiben von Räumlichkeiten in unterschiedlichen Gebäuden ohne weiteres aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergibt.

Vorliegend war bei der Beurteilung, ob der Klägerin ein berechtigtes Interesse im Sinne des §§ 573 Abs. 1 S. 1 BGB zusteht eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei waren auf Vermieterseite der Schutz des Eigentumsrechts nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG zu berücksichtigen. Vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie des Vermieters ist dabei nicht nur dessen Wunsch erfasst, die Wohnung zu privaten Zwecken zu nutzen, sondern auch dessen Absicht, sie für eine wirtschaftliche Betätigung zu verwenden (BGH vom 29.3.2017 Az. VIII ZR 45/16). Dies ist vorliegend nach obigen Ausführungen der Fall. Dabei besteht ein betriebliches Nutzungsinteresse bereits aufgrund der im Kündigungsschreiben aufgeführten organisatorischen Gründe der Zusammenführung und Konzentration der Klassenzimmer im Hauptgebäude. Dabei mag es sein, dass die Klägerin als Privatvermieter, der jedoch im Rahmen des Schulzweckes öffentliche Aufgaben wahrnimmt, wirtschaftlichen Interessen unterliegt und sie später im Rahmen des Prozesses auch auf die wirtschaftlichen Vorteile, nämlich die Einsparung von Fremdmieten bzw. die Aufnahme von mehreren Schülern und damit höhere Einnahmen abhebt. Diese ergänzenden Tatsachen, die von der Interessenlage an eine Verwertungskündigung heranreichen, vermögen im Ergebnis jedoch das berechtigte Interesse an einer größeren Fläche von Schulräumen im Hauptgebäude zur Wahrnehmung des öffentlichen Schulauftrages nicht zu beseitigen

Auf Mieterseite ist das ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Besitzrecht des Mieters zu berücksichtigen. Bei der Abwägung sind dabei als Belange des Mieters nur die unabhängig von seiner konkreten Situation bestehenden Belange in die Abwägung einzustellen, also das generell bestehende Interesse, die Wohnung und damit den Lebensmittelpunkt nicht zu verlieren und nicht mit den Kosten und anderen erheblichen Unzuträglichkeiten belastet zu werden, die ein Wohnungswechsel in der Regel mit sich bringt. Nicht hingegen in die Abwägung, ob ein berechtigtes Interesse der Vermieterseite gegeben ist oder nicht, einzustellen, sind hingegen die individuellen Aspekte des Mieters. Diese sind nur auf Widerspruch des Mieters im Rahmen der Härteregelung des §§ 574 BGB zu beachten (BGH vom 29.3.2017 VIII ZR 45/16; BGH vom 10.5.2017 VIII ZR 292/15). Insoweit ist vorliegend zu sehen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Wohnung um eine Hausmeisterwohnung handelt. Zwar liegt ein schriftlicher Mietvertrag nicht vor, unbestritten wurde die Wohnung an den Beklagten Z. 1 jedoch im Zusammenhang mit dessen Hausmeistertätigkeit überlassen. Auch von der Lage der Wohnung her, die ein Durchqueren des Schulhauses erfordert, war für die Beklagten deshalb von Anfang an ersichtlich, dass ihre Mietdauer im Zusammenhang mit der Beschäftigung des Beklagten Z. 1 als Hausmeister steht. Damit war bereits bei Einzug der Beklagten vom Sinn und Zweck der zur Verfügung gestellten Wohnung für diese absehbar, dass nach Beendigung der Tätigkeit des Beklagten Z. 1 sie ihren Lebensmittelpunkt verlegen müssen und durch einen Umzug entsprechende Kosten und Unzuträglichkeiten entstehen werden. Dies folgt abstrakt unabhängig von der persönlichen Lage der Beklagten allein aufgrund der Art der Wohnung als in einem Schulgebäude gelegenen Hausmeisterwohnung.

Wägt man diese Interessen gegeneinander ab, so ist gerade vor dem Hintergrund, dass die Klägerin wenn auch als Privatperson die Räumlichkeiten letztendlich einem öffentlichen Zweck zuführen möchte und die Wohnung von der Lage und Verknüpfung mit einer Tätigkeit den Bewohnern nur in Zusammenhang mit der Tätigkeit zur Verfügung gestellt wurde, dem Vermieterinteresse der Vorrang einzuräumen.

4) Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses gemäß § 574ff. BGB aufgrund des behaupteten Gesundheitszustandes des Beklagten Ziffer 1 kam vorliegend nicht in Betracht, da es an einem rechtzeitigen Widerspruch fehlt. Die Beklagten, die insoweit für die Erhebung eines Widerspruchs darlegungs- und beweisbelastet wären, haben diesbezüglich nichts vorgetragen. Im Klagerwiderungsschriftsatz haben sie lediglich eingewandt, ein etwaiger Räumungsanspruch sei nicht durchsetzbar. Hieraus ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagten von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Auch aus der vorgelegten Anlage, dem Schreiben des Mietervereins vom 25.7.2018 geht nicht hervor, dass Widerspruch erhoben wird. Vielmehr wird lediglich der Sache nach der Kündigungsgrund bestritten und sich darauf berufen, dass bisher Ersatzwohnraum nicht gefunden werden konnte.

5) Den Beklagten war von Amts wegen gemäß § 721 Abs. 1 ZPO eine Räumungsfrist bis 31.12.2018 zu bewilligen. Dabei war einerseits das Zurückerlangungsinteresse der Klägerin und andererseits das Interesse der Beklagtenseite gegeneinander abzuwägen.

Zu sehen war vorliegend, dass zwar das pädagogische Konzept die Rückerlangung der Räumlichkeiten und Zuführung dieser zum Schulzweck notwendig macht, dass jedoch andererseits derzeit auch ohne weiteres der Schulbetrieb so aufrechterhalten werden kann. Soweit die Klägerin aufgrund der behaupteten Erkrankung des Beklagten Ziffer 1 potentielle Übergriffe oder Gefahren befürchtet, hat die Beklagte Ziffer 2 im Rahmen der mündlichen Anhörung dargelegt, dass ihr Mann derzeit jedenfalls keinerlei aggressive Verhaltensweisen an den Tag legt. Andererseits ist den Beklagten nunmehr Zeit einzuräumen, intensiv nach für sie geeignetem Wohnraum zu suchen, der auch unter Berücksichtigung der Erkrankung des Beklagten Ziffer 1, die aufgrund des ärztlichen Attestes des … dokumentiert ist, geeignet ist, die durch den Umzug bedingten Beeinträchtigungen möglichst gering zu halten (z.B. Wohnungssuche innerhalb der näheren Umgebung des derzeitigen Wohnumfeldes; ggfs. Berücksichtigung etwaiger späterer Mobilitätseinschränkungen). Dabei ist davon auszugehen, dass der familiär eingebundene Beklagte Ziffer 1 in organisatorischen Fragen Unterstützung durch die Beklagte Ziffer2 und ggfs. seinen Kindern erhält, so dass eine etwaige krankheitsbedingte Antriebsschwäche bei der Wohnungssuche durch das soziale Umfeld aufgefangen werden kann. Insoweit erscheint der gewährte Zeitraum zur Wohnungssuche ausreichend, um geeigneten Ersatzwohnraum zu finden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit den Grundsätzen der Kosten bei einer Scheinbeklagten. Die Voraussetzungen einer Scheinbeklagten lagen hinsichtlich Frau … vor.

Diese wird aus dem Rechtsstreit entlassen. Der Klägerin werden die durch die an Frau … erfolgte Zustellung entstandenen Kosten auferlegt (OLG Köln 24.10.2013 AZ 5 U 17/13).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 7, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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