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Eigenbedarfskündigung – vorgetäuschter Eigenbedarf bei Drohung

Vorgebliche Eigenbedarfskündigung: Unlautere Absicht der Vermieterin führt zur Unwirksamkeit der Kündigung

Im Rahmen der Eigenbedarfskündigung, die von der Klägerin gegenüber der Beklagten ausgesprochen wurde, hat das Amtsgericht Görlitz mit dem Urteil vom 28.02.2023 (Az.: 9 C 255/22) die Kündigung für unwirksam erklärt. Die Klägerin forderte die Räumung der Wohnung durch die Beklagte, die sich gegen eine Mieterhöhung gewehrt hatte. Das Gericht sah in dem Fall ausreichend Indizien dafür, dass die Klägerin in unlauterer Weise versuchte, die Beklagte als Mieterin loszuwerden, ohne ein echtes Interesse an der Wohnung für den Eigenbedarf ihrer Tochter zu haben. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin auferlegt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 9 C 255/22 >>>

Unlautere Absicht hinter der Eigenbedarfskündigung

Die Klägerin hatte die Eigenbedarfskündigung gegen die Beklagte ausgesprochen, nachdem ein Streitgespräch zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin stattgefunden hatte. Die Beklagte hatte sich gegen eine Mieterhöhung gewehrt, und der Ehemann der Klägerin hatte in dem Gespräch Drohungen ausgesprochen. Diese Umstände ließen das Gericht zu dem Schluss kommen, dass die Eigenbedarfskündigung nicht auf einem legitimen Eigenbedarf beruhte, sondern dazu dienen sollte, die Beklagte loszuwerden.

Vorhandensein weiterer freier Mietwohnungen

Das Gericht stellte fest, dass im Wohnhaus der Klägerin weitere freie Mietwohnungen mit ähnlicher Ausstattung vorhanden waren, die den Eigenbedarf der Tochter der Klägerin ohne weiteres hätten befriedigen können. Dies belegte für das Gericht zusätzlich die unlautere Absicht der Klägerin, die Beklagte unter dem Vorwand des Eigenbedarfs loszuwerden.

Unsubstantiierte Einwände der Klägerin

Die Klägerin machte geltend, dass die Beklagte keine ordnungsgemäß prüfbaren Anlagen bezüglich der freien Wohnungen zur Vorlage gebracht hatte und bestritt, dass die Wohnungen vergleichbar seien. Das Gericht wies diesen Einwand als unsubstantiiert zurück. Da die Wohnungen von der Klägerin selbst angeboten wurden, waren sie ihr zweifellos bekannt, was den Schluss nahelegte, dass der Einwand nur vorgeschoben war.

Urteil und Folgen für die Parteien

Das Urteil stärkt die Position von Mietern, die sich gegen eine Eigenbedarfskündigung wehren müssen, wenn Indizien für eine unlautere Absicht der Vermieterin vorliegen. Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht Görlitz die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Beklagte bleibt in der Wohnung, und die Eigenbedarfskündigung ist unwirksam.


Das vorliegende Urteil

AG Görlitz – Az.: 9 C 255/22 – Urteil vom 28.02.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.595,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Räumung der an die Beklagten durch Mietvertrag vom 20.06.2000 vermieteten 73 qm großen Wohnung im Mehrfamilienwohnhaus … 1. OG rechts. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 21.09.2021, zugestellt am 24.09.2021, der Beklagten wegen Eigenbedarfs die ordentliche Kündigung zum Ablauf des 30.06.2022. Zwischen den Parteien ist seit 2015 ein Rechtsstreit über die Zustimmung zur Erhöhung der Miete anhängig, inzwischen in zweiter Instanz beim Landgericht Görlitz. Etwa eine Woche vor Erhalt der Eigenbedarfskündigung fand ein Telefongespräch zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin statt, in dem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mitteilte, dass die Kosten für die seiner Ansicht nach nicht verwertbaren eingeholten Gutachten zurückgefordert werden könnten, woraufhin der Ehemann der Klägerin sinngemäß ihn und alle auf der Beklagtenseite agierenden Personen als Dilettanten beschimpfte und sich dahingehend äußerte, dass die Mieterinnen schon sehen werden, was sie davon haben und dies in Kürze erfahren werden. Im Haus … stand zum Zeitpunkt der Kündigung eine Wohnung mit 73 qm Größe leer und wurde seitdem noch bis Juli 2022 durch die Klägerin zur Vermietung angeboten. Weitere Wohnungen im Haus mit 73 qm bzw. 65 qm wurden ab März 2022 bzw. ab Juli 2022 zur Vermietung angeboten.

Die Klägerin behauptet, die Wohnung der Beklagten solle nach dem Ende des Studiums im Sommer 2022 und Antritt einer Arbeitsstelle in G. von ihrer Tochter genutzt werden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung, gelegen in der … G., I, OG rechts, bestehend aus 2 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad, 1 Balkon, 1 Kellerraum mit der Bezeichnung … zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die ausgesprochene Eigenbedarfskündigung sei nur vorgeschoben und bestreitet den Eigenbedarf mit Nichtwissen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Räumung der Wohnung zu. Die wegen Eigenbedarfs ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

Nach den von der Beklagtenseite vorgetragenen Gesamtumständen, die von der Klägerseite nicht bestritten wurden, liegen ausreichend Indizien vor, die darauf schließen lassen, dass die Klägerin gar kein echtes Interesse an der Nutzung der Wohnung für den Eigenbedarf ihrer Tochter hat, sondern dass sie auf unlautere Weise versucht, unter dem Vorwand des Eigenbedarfes die Beklagte als Mieterin, die sich einer Mieterhöhung widersetzt, loszuwerden.

Die Äußerung des offenbar über den langen und teuren Mieterhöhungsprozess verärgerten Ehemanns der Klägerin gegenüber Prozessagent … nur etwa eine Woche vor Ausspruch der Kündigung lässt keine andere Deutung zu. Hinzu kommen die unstreitig im Wohnhaus der Klägerin noch vorhandenen weiteren freien Mietwohnungen mit ähnlicher Ausstattung, die ohne weiteres den Eigenbedarf der Tochter befriedigen könnten, was ebenfalls die unlautere Vorgehensweise belegt.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe keine ordnungsgemäß prüfbaren Anlagen hinsichtlich der freien Wohnungen zur Vorlage gebracht, und soweit sie bestreitet, dass die Wohnungen vergleichbar seien, ist dieser Einwand unsubstantiiert. Der Klägerin sind die unstreitig von ihr selbst angebotenen Wohnungen zweifellos bekannt. Es ist aus den vorgelegten Mietangeboten, die schön renovierte Wohnungen zeigen, nichts ersichtlich, was gegen eine Nutzung dieser Wohnungen durch die Tochter sprechen könnte. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, hierzu Konkretes vorzutragen, was nicht erfolgt ist.

Es bleibt daher nur die Feststellung, dass kein Eigenbedarf für die Wohnung der Beklagten besteht.

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