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Eigentümergemeinschaft – Heizkostenverordnung zwingend anwendbar

LG Nürnberg-Fürth – Az.: 14 S 9871/12 WEG – Urteil vom 06.08.2014

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 15.11.2012, Az. 3 C 1300/11 WEG, aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

1.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 01.07.2011 zu dem Tagesordnungspunkt 5 (Entlastung des Verwalters) wird für ungültig erklärt.

2.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 01.07.2011 zu dem Tagesordnungspunk 2 (Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnungen 2010) wird hinsichtlich der Einzeljahresabrechnungen in der Position „Heizkosten“, Unterposition „Ihre Heizkosten“ (also ohne die Unterpositionen „Warmwasserkosten“ und „Kaltwasserkosten“) für ungültig erklärt.

3.

Im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen (Anfechtung Gesamtjahresabrechnung).

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 39 % und die Beklagten 61 %. Der Kläger trägt 39 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu 1) und 2). Im Übrigen haben die Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen der Kläger 44 %, die Beklagten 56 %. Der Kläger trägt 44 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 1). Im Übrigen hat die Streithelferin ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.480,67 €, für das Verfahren 1. Instanz auf 4.901,28 € festgesetzt.

Gründe

I.

Eigentümergemeinschaft – Heizkostenverordnung zwingend anwendbar
Symbolfoto: Von Jochen Netzker /Shutterstock.com

Der Kläger ist als Eigentümer (u.a.) der Wohnungen Nr. 9 und Nr. 75 in den Anwesen … Straße 1 bzw. … Straße 13 Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft … Straße 1 – 19, …. Die Beklagten sind die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer dieser WEG.

Durch Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 15.11.2012, Az. 3 C 1300/11 WEG, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, wurde die Klage des Berufungsführers auf Ungültigerklärung der Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 01.07.2011 zu dem Tagesordnungspunkt 5 (Entlastung des Verwalters) und dem Tagesordnungspunkt 2 (Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2010) als unbegründet abgewiesen.

Dabei hatte der Kläger die Anfechtung hinsichtlich des Beschlusses zu dem Tagesordnungspunkt 2 der Eigentümerversammlung vom 01.07.2011 zum einen auf die Position „Heizkosten“, die aus drei Unterpositionen, nämlich „Heizkosten“, „Warmwasserkosten“ und „Kaltwasserkosten“, besteht, und innerhalb dieser auf die Position „Heizkosten“ in Höhe von 57.690,11 € der Gesamtjahresabrechnung bzw. der korrespondierenden Beträge in den Einzeljahresabrechnungen beschränkt, zum anderen auf die Einzelposition „Einnahmen/Zinsen aus Forderungen“ von 420,61 €.

Gegen das ihm am 19.11.2012 zugestellte erstinstanzliche Urteil legte der Kläger mit Schriftsatz vom 19.12.2012, bei Gericht am selben Tage eingegangen, Berufung ein, wobei in der Folge die Klageabweisung hinsichtlich der in 1. Instanz angefochtenen Einzelposition „Einnahmen/Zinsen aus Forderungen“ der Jahresabrechnung 2010 nicht mehr weiterverfolgt wurde, weshalb die erstinstanzliche Entscheidung insoweit rechtskräftig wurde.

Im Übrigen verfolgte der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel unter Aufrechterhaltung und Vertiefung des ursprünglichen Klagevorbringens weiter. Zur Anfechtung des Beschlusses über die Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2010 in der Position „Heizkosten“, Unterposition „Heizkosten“, ist der Kläger weiterhin der Auffassung, eine Umlage der Heizkosten zu 50 % nach Verbrauch sei unzulässig, weil die in dem Anwesen installierten Heizkostenverteiler bezogen auf den Gesamtwärmeverbrauch lediglich eine Erfassungsrate von 10,923 % aufwiesen.

Der Kläger beantragt: Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 01.07.2011 zu TOP 2 (Jahresabrechnung 2010) in der Einzelposition „Heizkosten-Abrechnung“ sowie der Beschluss zu TOP 5 (Entlastung des Verwalters) werden aufgehoben.

Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2014 die Klage auf Ungültigerklärung des Beschlusses zu dem Tagesordnungspunkt 5 (Verwalterentlastung) anerkannt und beantragen im Übrigen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Auf das weitere Vorbringen der Parteien in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) …, auf dessen Ausführungen ebenfalls Bezug genommen wird.

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 01.07.2011 zu dem Tagesordnungspunkt 5 (Entlastung des Verwalters) ist aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2014 erklärten Anerkenntnisses der Beklagten für ungültig zu erklären. Der Beschluss zu dem Tagesordnungspunkt 2 (Genehmigung der Gesamtjahres- und Einzelabrechnungen 2010) ist hinsichtlich der Position „Heizkosten“ im Unterpunkt „Ihre Heizkosten“ der Jahreseinzelabrechnungen für ungültig zu erklären, da die Umlage der Heizkosten auf die jeweiligen Sondereigentümer zu 50 % nach Verbrauch und zu 50 % nach Wohnfläche in dieser Wohnanlage nicht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG entspricht. Lediglich hinsichtlich der Anfechtung der Gesamtjahresabrechnung 2010 in der Position Heizkosten ist die Berufung ohne Erfolg.

1.

Die Heizkostenabrechnung einer Wohnungseigentumsgemeinschaft entspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG, wenn sie im Einklang mit den Bestimmungen der Heizkostenverordnung steht. Gemäß § 3 Satz 1 HeizkV sind die Vorschriften der Heizkostenverordnung unmittelbar auf Wohnungseigentum anwendbar, und zwar auch dann, wenn durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer von den Vorgaben der HeizkV abweichende Bestimmungen über die Verteilung der Kosten der Versorgung mit Wärme und Warmwasser getroffen wurden. Denn die Vorschriften der Heizkostenverordnung gehen abweichenden Regelungen der Wohnungseigentümer vor (BGH, 17.02.2012, V ZR 251/10, NJW 2012, 1434).

Da die Heizkostenverordnung andererseits kein bestimmtes Abrechnungssystem vorsieht, sondern nur einen Rahmen für die verbindlich vorgeschriebene Abrechnung nach Verbrauch, obliegt es der Wohnungseigentümergemeinschaft diesen Rahmen durch Vereinbarung oder Beschluss ausfüllen (BGH, a.a.O.).

Die von der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Basis der Heizkostenverordnung getroffene Auswahlentscheidung zwischen den verschiedenen in der Verordnung vorgesehenen Umlagemaßstäben, muss, da die Auswahl sich unmittelbar auf die Jahreseinzelabrechnungen für die Wohnungseigentümer auswirkt, allerdings den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.

2.

Vorliegend hat die Eigentümergemeinschaft von der ihr zustehenden Regelungskompetenz dahingehend Gebrauch gemacht, dass durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 16.07.2008 die Verteilung der Heizkosten zu 50 % nach Verbrauch und zu 50 % nach Nutzfläche erfolgen soll.

Indes führt die Anwendung dieses durchaus grundsätzlich der Heizkostenverordnung entsprechenden Umlagemaßstabs zu einer nicht mehr hinnehmbaren Verteilungsungerechtigkeit bei den Heizkosten, die letztlich gegen das wohnungseigentumsrechtliche Rücksichtnahmegebot in so gravierendem Maße verstößt, dass die in der Einzeljahresabrechnung vorgenommene Verteilung der Heizkosten des Jahres 2010 – obwohl mit der in der Wohnungseigentümergemeinschaft geltenden Beschlusslage konform – nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

2.1.

Die streitgegenständliche Wohnanlage wird von der Heizzentrale im Haus … Straße 9 aus mit Wärme versorgt. Es handelt sich um ein Einrohrheizsystem, das die Wohnanlage über zwei getrennte Heizkreise versorgt. Beide Heizkreisläufe verfügen über eigenständige Regelungen nach der Außentemperatur. Zur Erfassung des Wärmeverbrauchs werden mit Funk ausgestattete elektronische Heizkostenverteiler mit Zweifühlermessbetrieb eingesetzt. Die Ringleitungen des Einrohrheizsystems sind ungedämmt auf der Rohdecke verlegt.

Das grundsätzliche Problem derartiger Einrohrheizsystemen in Kombination mit elektronischen Heizkostenverteilern ist, dass die ungedämmt auf der Rohdecke verlegten Ringleitungen (solange die Heizungsumwälzpumpe läuft) ständig von Wärme durchflossen sind. Auf diese Weise erfolgt eine – vom jeweiligen Nutzer nicht beeinflussbare und über die Heizkostenverteiler nicht messbare – Grunderwärmung der „günstig“ im Heizkreislauf liegenden Wohnungen. Dies hat zur Folge, dass Nutzer, deren Wohnung an einer „günstigen“ Stelle im Ringleitungssystem liegt, ihre Wohnung allein oder ganz überwiegend durch die nicht über die Heizkostenverteiler erfasste, vom Rohrleitungssystem abgegebene Wärme beheizen können, wohingegen diejenigen Nutzer, deren Wohnung sich an einer „ungünstigen“ Stelle der Ringleitung befindet, ihre Wohnung überwiegend über die mit Heizkostenverteilern versehenen Heizkörper beheizen müssen. Trotz Erfassung des Verbrauchs durch technisch einwandfrei funktionierende Heizkostenverteiler kommt es deshalb regelmäßig allein durch die Bauart des Heizungssystems zu Verzerrungen bei der verbrauchsabhängigen Erfassung des Wärmeverbrauchs und der nachfolgenden Verteilung der Heizkosten auf Basis allein des an den Heizkörpern gemessenen Verbrauchs zwischen den verschiedenen Wohnungen einer Liegenschaft: Ein Teil der Nutzer profitiert von der Wärme, die über die Rohrleitungen abgegeben wird, die übrigen Nutzer tragen diese Kosten mit.

2.2.

So liegt der Fall auch hier.

Ausweislich den Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) … wird in der streitgegenständlichen Wohnanlage nur ein Bruchteil der abgegebenen Heizungswärme durch die Heizkostenverteiler erfasst, während der Rest keinem Verbraucher zugeordnet werden kann und ersichtlich in erheblichem Umfang einzelnen Wohnungen über die Ringleitungen der Einrohrheizung zufließt. Die einzelnen Wohnungen werden also über zwei Wärmequellen beheizt, nämlich zum einen die vom jeweiligen Nutzer unbeeinflussbare Grunderwärmung durch Wärmeabgabe der Ringleitung und zum anderen durch die regelbare Verbrauchswärme durch Benutzen der Heizkörper. Dies bedeutet für die Wohnungseigentümergemeinschaft, dass in den Einzeljahresabrechnungen zwar 50 % der Heizkosten nach erfasstem Verbrauch jeder Wohnung zugeordnet wurden, die Aufteilung jedoch auf einer nicht repräsentativen Erhebung der Verbrauchsdaten basiert.

Genau für diesen Fall sieht § 7 Abs. S. 3 HeizkV vor, dass die Verbrauchserfassung statt über die Heizkostenverteiler nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann. Gemeint sind damit die von dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) entwickelten Verfahren, die im Beiblatt zur Richtlinie VDI 2077 „Verbrauchskostenabrechnung für die technische Gebäudeausrüstung, Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe“ vom März 2009 – beschrieben sind. Dadurch kann der nicht erfasste Verbrauch bestimmt und als erfasster Verbrauch berücksichtigt werden.

Der Anwendungsbereich der VDI 2077 ist dabei dann eröffnet, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

Verbrauchswärmeanteil – Heizwärme Soll: > 0,34

Anteil der Niedrigverbraucher Soll: < 15 %

Standardabweichung: Soll: < 0,85

Der Verbrauchswärmeanteil (die Erfassungsrate) gibt Aufschluss darüber, ob es in einer Liegenschaft nicht erfasste Heizwärme in einer relevanten Größenordnung gibt. Wichtig sind die in den Nutzeinheiten ermittelten Verbrauchswerte, die von den Heizkostenverteilern erfasst werden. Diese werden mit der im gesamten Gebäude verbrauchten Heizwärme verglichen. Liegt die Erfassungsrate unter 34 % des Gesamtverbrauchs ist von einem relevanten Rohrwärmeproblem in der Anlage auszugehen.

Niedrigverbraucher sind Verbraucher, deren Verbrauchseinheiten pro m2 weniger als 15 % vom errechneten Mittelwert der Einheiten pro m2 aller Nutzer betragen, d.h. Verbraucher, die entweder keinen oder – verglichen mit den übrigen Nutzern – nur sehr wenig erfassten Wärmeverbrauch zeigen. Beträgt der Anteil dieser Niedrigverbraucher mehr als 15 %, ist dies ein Hinweis auf eine durch erhebliche Rohrwärmeverluste bedingte Verteilungsungerechtigkeit.

Bei einer starken Rohrwärmeabgabe gibt es zudem auffällig viele Nutzer, deren Verbrauch erheblich höher bzw. erheblich niedriger ist als der flächenbezogene Durchschnitt. Um dies zu erkennen, wird die Verbrauchsspreizung ermittelt. Dazu wird die Standardabweichung, die angibt, wie stark die Werte um den Mittelwert streuen, ermittelt. Ist die Standardabweichung größer oder gleich 0,85 ist ebenfalls der Anwendungsbereich der VDI 2077 eröffnet.

Vorliegend hat der Sachverständige … für die Heizungsanlage der Wohnungseigentumsgemeinschaft im Abrechnungsjahr 2010 folgende Werte ermittelt:

Verbrauchswärmeanteil – Heizwärme Ist: 0,1517

Anteil der Niedrigverbraucher Ist: 45 %

Standardabweichung: ist: 1,19

Dies bedeutet, dass alle drei Kriterien für die Anwendbarkeit der VDI 2077 gegeben sind. Lediglich wenig über 15 % der von der Heizungsanlage erzeugten Wärme wird überhaupt über die Heizkostenverteiler erfasst. Fast die Hälfte der Verbraucher sind Niedrigverbraucher. Die erfassten Werte weisen gegenüber dem Mittelwert eine unzulässig hohe Spreizung auf.

Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen zu zweifeln, die im Übrigen auch von den Beklagten nicht bestritten wird.

Danach ist davon auszugehen, dass für fast die Hälfte der Wohnungen in der Liegenschaft gar keiner oder nur ein weit unterdurchschnittlicher Verbrauch erfasst wird, was dazu führt, dass diese keine oder nahezu keine verbrauchsabhängigen Heizungskosten tragen müssen, obwohl sie über die in ihren Wohnungen abgegebene Rohrwärme sehr wohl mit Heizungswärme versorgt werden. Ausweislich der Anlage 3 zum Gutachten des Sachverständigen Eberhard Schmid zeigt sich zudem, dass 10 der insgesamt 100 Wohnungen der Wohnanlage (in der Anlage jeweils rot markiert) gegenüber den übrigen – bezogen auf den Flächenanteil – einen extrem erhöhten, mindestens 3-fachen, teilweise 5-fachen Verbrauch aufweisen und bezogen auf die Verbrauchseinheiten gegenüber zahlreichen Wohnungen, die keinerlei oder nahezu keinen Verbrauch aufweisen, um mehrere 100 % darüber liegende Verbrauchswerte (z.B. Wohnungen Nr. 85 und 91 je 6,00 Verbrauchseinheiten, Wohnung Nr. 70: 5.998,00 Verbrauchseinheiten).

Es ist offensichtlich, dass damit 10 % der Wohnungseigentümer die Hauptlast der verbrauchsabhängigen Heizungskosten zu tragen haben, während sich demgegenüber fast die Hälfte der Wohnungseigentümer aufgrund der günstigen Lage ihrer Wohnungen der Tragung verbrauchsabhängiger Kosten ganz oder weitestgehend entziehen können.

2.3.

Da in der streitgegenständlichen Wohnanlage die in der Einzeljahresabrechnung 2010 vorgenommene Verteilung der Heizkosten zu einer eklatanten Verteilungsungerechtigkeit führt, entspricht die Umlage der Heizkosten zu 50 % nach Verbrauch und zu 50 % nach Nutzfläche ohne die Anwendung der nach § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV i.V.m. einem der nach VDI 2077 möglichen Korrekturverfahren nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 4 WEG.

2.3.1.

§ 7 Abs. Abs. 1 S. 3 HeizkV räumt den Eigentümern hinsichtlich der Anwendung der „anerkannten Regeln der Technik“ zur Verteilung der Wärmekosten zwar ein Ermessen ein. Der Ermessensspielraum der Eigentümer ist durch das Gericht nur begrenzt überprüfbar.

In Fällen allerdings, in denen die verbrauchsabhängige Umlage der Heizkosten ohne Anwendung eines nach § 7 Abs. S. 3 HeizkV an sich zulässigen Korrekturverfahrens zu einer Verteilung der Heizkosten führt, die keinen nachvollziehbaren Bezug zum tatsächlichen Verbrauchsverhalten mehr aufweist, und in denen daher das hinter der gesetzlich vorgeschriebenen Abrechnung nach Verbrauch stehende Ziel, den Verbraucher zu sparsamen und reflektiertem Umgang mit Ressourcen anzuhalten, verfehlt wird, ist nach allgemeiner Auffassung, die auch von der Kammer geteilt wird, von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl. LG Neubrandenburg, WuM 2013, 541; LG Dresden, WuM 2014, 30; Wall, jurisPR-MietR 22/2013 Anm. 3). Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist dann verpflichtet, im Rahmen der Verteilung der Heizkosten von einem der Korrekturverfahren nach der VDI 2077 Gebrauch zu machen. Gleiches gilt, wenn die verbrauchsabhängige Heizkostenverteilung innerhalb einer Eigentümergemeinschaft zu einem erheblichem Ungleichgewicht in der Kostentragungslast führt, die nicht mehr mit etwaigem Verbraucherverhalten zu begründen wäre und die eine Gruppe der Eigentümer derart offensichtlich und gravierend bevorzugt, dass den restlichen Eigentümern dies schlichtweg nicht mehr zuzumuten ist.

2.3.2.

Genauso verhält es sich hier. Die extrem niedrige Erfassungsrate der in das System eingespeisten Heizenergie über die Heizkostenverteiler zeigt für sich genommen schon, dass der größte Teil der Heizenergie als Rohrwärme – unerfasst – abgegeben wird und bedeutet gleichzeitig, dass die erfassten Einheiten – durch die Bauart der Heizungsanlage samt Rohrleitungssystem bedingt – kein repräsentatives Bild des Verbrauches an Heizenergie in den Wohnungen, widerspiegeln.

Berücksichtigt man dann noch, dass 45 % der Wohneinheiten gar keinen oder weniger als 15 % des rechnerischen Durchschnittsverbrauches an Heizenergie aufweisen, aber 10 der 100 Wohnungen mindestens das 3-fache bis sogar das mehr als 5-fache des errechneten Durchschnittsverbrauches zeigen, ist offensichtlich, dass eine Minderheit von 10 % der Wohnungseigentümer fast die Hälfte der übrigen Eigentümer „subventioniert“, mithin eine nicht mehr hinnehmbare Verteilungsungerechtigkeit vorliegt.

Dass eine derart ungerechte Verteilung nicht mehr dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 4 WEG entspricht, liegt auf der Hand, weshalb die Einzeljahresabrechnungen 2010 hinsichtlich der Verteilung der reinen Heizkosten für ungültig zu erklären sind.

2.3.3.

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass eine Änderung der Abrechnungsmodalitäten nach Ablauf des Abrechnungszeitraums unzulässig ist oder nicht mehr verlangt werden kann. Denn der Abrechnungsmaßstab ändert sich bei einer Abrechnung unter Anwendung eines der Korrekturverfahren nach der VDI 2077 nicht, lediglich die Methode de Verbrauchserfassung ist eine andere. Darüber können die Wohnungseigentümer aber auch nachträglich entscheiden (so mit zutreffender Begründung AG Gera, 28.02.2012, 7 C 1632/11, Juris; AG Berlin-Lichtenberg, ZMR 2012, 145).

2.3.4.

Soweit der Sachverständige in seinem Gutachten anmerkt, dass eine Anwendung der Korrekturverfahren nach der VDI 2077 wegen der fehlenden Vorerfassung des Verbrauchs der beiden getrennten Heizkreisläufe ausgeschlossen sein könnte, kommt es darauf im Ergebnis nicht an. Denn dann lägen belastbare Verbrauchswerte überhaupt nicht vor, die Abrechnung hätte ebenfalls nicht auf Basis der von den Heizkosten Verteilern ermittelten Verbrauchswerte erfolgen dürfen. Auch in diesem Fall wäre die Beschlussfassung über die Jahreseinzelabrechnungen insoweit für ungültig zu erklären. Ob die Heizkosten danach rein flächenbezogen abzurechnen wären (so z.B. AG Brühl, ZMR 2010, 883) oder eine Anwendung des § 9a HeizkV erfolgen kann (so z. B. AG Bonn, ZMR 2013, 384), ist vorliegend nicht zu entscheiden.

2.3.5.

Um die Schlüssigkeit und Einheitlichkeit der Jahresabrechnung zu gewährleisten, hat sich die Ungültigerklärung der Einzeljahresabrechnungen 2010 hinsichtlich der Position „Heizkosten“, Unterposition „Ihre Heizkosten“ auf sämtliche Einzeljahresabrechnungen der Eigentümergemeinschaft für das Wirtschaftsjahr 2010 zu erstrecken. Nicht von der Ungültigerklärung betroffen sind die Unterpositionen „Warmwasserkosten“ und „Kaltwasserkosten“ der Heizkostenabrechnung, die der Kläger nicht angegriffen hat.

3.

Erfolglos ist die Berufung dagegen, soweit der Kläger auch weiterhin an der Anfechtung der Gesamtjahresabrechnung hinsichtlich der Position Heizkosten festhält.

Innerhalb der für die Anfechtungsklage gemäß § 46 Abs. S. 2 WEG geltenden Begründungsfrist – und auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreites – hat der Kläger keinerlei Einwendungen gegen die Richtigkeit der Gesamtjahresabrechnung insoweit vorgetragen, sodass es bei der erstinstanzlichen Klageabweisung zu verbleiben hat.

III.

1. Streitwertfestsetzung

1.1. Streitwert des Berufungsverfahrens:

Hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses zu dem Tagesordnungspunkt 2 (Verwalterentlastung) beträgt der Streitwert 1.000,00 € (vgl. BGH, 01.03,2011, V ZB 236/10, Juris),

hinsichtlich der Anfechtung der Position „Heizkosten“ der Gesamt- und Einzelabrechnungen 2010 (TOP 2) ist § 49a GKG anzuwenden:

Das Gesamtinteresse ist mit 20 % von 57.690,11 € = 11.538,02 € anzusetzen, das hälftige Gesamtinteresse beläuft sich daher auf 5.769,01 €.

Das einfache Klägerinteresse liegt bei 20% von 2.196,75 € (Whg. 9) + 1.283,92 € (Whg. 75) = 696,13 €,

das fünffache Klägerinteresse beläuft sich daher auf 3.480,67 €, sodass gemäß § 49a Abs. S. 2 GKG für die Anfechtung des Beschlusses zu dem Tagesordnungspunkt 2 als Streitwert das fünffache Klägerinteresse anzusetzen ist.

Daraus ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 4.480,67 €.

1.2. Streitwert für die 1. Instanz:

S.o. zzgl. Streitwert Klageantrag 2., der im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständlich war: 420,61 € = 4.901,28 €.

2. Kostenentscheidung 2. Instanz:

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97, 101 ZPO.

Der Streitwert 2. Instanz beläuft sich auf 4.480,67 € (s.o.).

Hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 5 (Verwalterentlastung) mit einem Teilstreitwert von 1.000,00 € ist die Berufung erfolgreich, hinsichtlich der Anfechtung des Beschlusses zu dem Tagesordnungspunkt 2 halten sich Obsiegen (bezüglich der Einzeljahresabrechnungen) und Unterliegen (Anfechtung der Jahresgesamtabrechnung in der Position Heizkosten) die Waage, sodass insoweit von einem hälftigen Obsiegen des Klägers auszugehen ist, mithin – bezogen auf den Teilstreitwert von 3.480,67 € – in Höhe von 1,740,34 €, insgesamt obsiegte der Kläger damit in Höhe von 2.740,34 €, dies entspricht der von den Beklagten zu tragenden Kostenquote von 61 %.

3. Kostenentscheidung 1. Instanz:

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 ZPO. Der Streitwert 1. Instanz beläuft sich auf 4.901,28 €. In 1. Instanz war zusätzlich die Position „Einnahmen/Zinsen aus Forderungen“ in Höhe von 420,61 € streitgegenständlich; das erstinstanzliche klageabweisende Urteil war in der Berufung nicht angegriffen, sodass der Kläger bezüglich dieses Teilstreitwertes unterlag, mithin obsiegte er in 1. Instanz bezogen auf den Gesamtstreitwert ebenfalls mit 2.740,34 €, dies entspricht einem klägerischen Obsiegen von 56%.

4.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 1 u. Nr. 10 ZPO.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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