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Eigentümerversammlung – Teilnahme eines Rechtsanwalts als Begleitperson zulässig?

AG Hannover, Az.: 482 C 11327/16, Urteil vom 17.02.2017

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Hannover – Abt. 482 – auf die mündliche Verhandlung vom 31.01.2017 für Recht erkannt:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Tatbestand:

Eigentümerversammlung - Teilnahme eines Rechtsanwalts als Begleitperson zulässig?
Foto: snowing/Bigstock

Die Klägerin sowie die Beklagten bilden die oben angegebene Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Klägerin behauptet, dass sie an ausgeprägter Schwerhörigkeit leide, weshalb sie die Wortbeiträge in Eigentümerversammlungen nicht sicher verfolgen könne. Deshalb bat sie in der Eigentümerversammlung vom 11.10.2016, …………, die sie zur Eigentümerversammlung begleitet hatte, als Begleitperson an der Eigentümerversammlung teilnehmen zu lassen. Das hat die Mehrheit der Eigentümer abgelehnt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die gefassten Beschlüsse deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung widersprächen.

Zu TOP 3 und 4 seien andere Beschlüsse gefasst worden, als die Klägerin verstanden habe. Die Angabe im Beschluss zu TOP 4, dass „möglichst“ drei Angebote einzuholen sind, sei so entweder nicht beschlossen worden, andernfalls widerspräche es ordnungsgemäßer Verwaltung, weil es nicht bestimmt genug sei. Zu TOP 5 habe die Klägerin wegen ihrer Schwerhörigkeit nicht mitbekommen, ob der Beschluss tatsächlich einstimmig oder nur mit Mehrheit erfolgt sei.

Darüber hinaus seien die Beschlüsse auch deshalb für ungültig zu erklären, weil entgegen der Protokollierung zu TOP 1 keine Beschlussfähigkeit vorgelegen habe. Es seien nur fünf Miteigentümer anwesend gewesen, die 3.433/10.000 Miteigentumsanteile vertreten hätten. Vollmachten an die Verwalterin bestreitet die Klägerin, die erforderlichen schriftlichen Vollmachten hätten jedenfalls in der Eigentümerversammlung nicht vorgelegen.

Die Klägerin beantragt,

1) die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 11.10.2016 für ungültig zu erklären,

2) festzustellen, dass die Klägerin dazu berechtigt ist, auf Eigentümerversammlungen der Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft …., sowie auf weiteren Treffen der Eigentümer dieser Gemeinschaft, zu denen sie ebenfalls eingeladen ist, einen Beistand ihrer Wahl zum Ausgleich ihrer Schwerhörigkeit beizuziehen, solange diese Schwerhörigkeit anhält und soweit in der Person des Beistandes keine wichtigen Gründe bestehen, die seine Anwesenheit unzumutbar machen, und soweit diese Person sich zur Verschwiegenheit entsprechend der Verschwiegenheitsverpflichtung von Rechtsanwälten bereit erklärt. Die Klägerin teilt auf Aufforderung eines der Eigentümer oder der Verwaltung den vollständigen Namenund die Adresse des Beistandes mit,

3) dem Verwalter die Kosten des Verfahrens gem. § 49 Abs. 2 WEG aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie begründen dies damit, dass die Klägerin seit Jahren an Eigentümerversammlungen teilnehme und bisher nie erklärt habe, den Eigentümerversammlungen nicht folgen zu können. Die Schwerhörigkeit der Klägerin bestreiten die Beklagten mit Nichtwissen.

Deshalb habe die Teilnahme der Begleiterin der Klägerin an der Eigentümerversammlung vom 11.10.2016 auch abgelehnt werden dürfen.

Dies auch deshalb, weil die Beiziehung eines externen Begleiters nach der Teilungserklärung unzulässig sei.

Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung sei ebenfalls gegeben gewesen. Denn im Zeitpunkt der Eigentümerversammlung habe es sechs Vollmachten gegeben, so dass Beschlussfähigkeit gegeben gewesen sei.

Die Klägerin hat darauf die Erteilung von Vollmachten an die Verwalterin bestritten, in der Eigentümerversammlung hätten jedenfalls schriftliche Vollmachten nicht vorgelegen. Drei Vollmachten seien erst am 17.10.2016 und damit nach der Eigentümerversammlung bei der Verwalterin eingegangen, die Vollmacht ……………………sei nur als Fax erteilt worden und die Vollmacht Flebbe sei von deren Hausverwalter Herrn ……………..erteilt worden, dessen Vollmacht die Klägerin ebenfalls bestreitet. Mit Schriftsatz vom 05.01.2017 hat die Klägerin darüber hinaus gerügt, dass der Bevollmächtigte von Frau………………, die jetzt ……………..heiße, nicht zur Teilnahme berechtigt gewesen sei.

Die Beklagte hat darauf erwidert, dass lediglich die Vollmacht ……………….nach der Eigentümer-versammlung nochmal erteilt worden sei, weil die ursprünglich zur Eigentümerversammlung vorhanden gewesene Vollmacht nicht mehr aufgefunden werden konnte.

Die Vollmacht der Miteigentümerin ……………an deren Hausverwalter ……………datiere vom 19.06.2012.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schrift-sätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 11.10.2016 sind nicht gem. § 25 Abs. 3 WEG für ungültig zu erklären.

Denn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer haben mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten.

Erschienen waren die Miteigentümer Frau W., Herr B., Herr N., Herr G. mit 3.340/10.000 Miteigentumsanteilen. Hinzuzuzählen sind die 93 Miteigentumsanteile der Frau F., die zwar in der Eigentümerversammlung von ihrem Vater, der nach der Teilungserklärung nicht teilnahmeberechtigt war, vertreten wurde. Die Klägerin hat allerdings diese Tatsache erst im Schriftsatz vom 05.01.2017 und somit nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 46 WEG gerügt.

So dass selbst nach dem Vortrag der Klägerin 3.433/10.000 Miteigentumsanteile vertreten waren. Hinzukommen die Miteigentumsanteile der Miteigentümerinnen F-Bö und Bö. in Höhe von 3.226/10.000 Miteigentumsanteilen. Das ergibt bereits erschienene Miteigentumsanteile in Höhe von insgesamt 6.659/10.000, so dass Beschlussfähigkeit gegeben war.

Deshalb kann dahinstehen, ob die Miteigentümerin Fl. wirksam Vollmacht erteilt hat und ob die Vollmacht der Miteigentümerin Bö. zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung vorgelegen hat und lediglich danach nochmals erneut eingereicht wurde, was den Eingangsstempel 14.10.2016 erklären würde. Des Weiteren kommt es nicht auf die Wirksamkeit der Vollmacht der Miteigentümerin Bo. an, die lediglich als Fax erteilt worden war und deshalb die Schriftform nicht erfüllen dürfte. Schriftform aber ist nach § II 11 der Teilungserklärung für die Gültigkeit einer Vollmachtserteilung in der Eigentümerversammlung Voraussetzung.

Dass die Vollmachten der Miteigentümerinnen F-Bö. und Bö. vorgelegen haben, ergibt sich aus den zur Akte gereichten Kopien dieser Vollmachten, Bl. 39 und 40 d. A. Die Behauptung der Klägerin, dass auch diese Vollmachten erst nach der Eigentümerversammlung erteilt worden sind, entbehrt jeglicher Grundlage, zumal die Unterschrift am 05.10.2016 erfolgt ist.

Dass die Klägerin diese Vollmachten in der Eigentümerversammlung selber nicht einsehen konnte, führt nicht dazu, dass diese Vollmachten nicht zu berücksichtigen sind.

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung sind auch nicht deshalb für ungültig zu erklären, weil der Begleiterin der Klägerin die Teilnahme an der Eigentümerversammlung verweigert wurde.

Zwar ist nach den Entscheidungen des Landgerichts Hamburg vom 13.10.1999 (NZM 2001, 547) und des OLG Köln vom 06.08.2007 (WuM 2009, 547 – 548) bei einem ständigen persönlichen Erschwernis die Teilnahme eines Rechtsanwalts als Begleitperson an der Versammlung zuzulassen. Ob die Schwerhörigkeit der Klägerin derartig ausgeprägt ist, dass sie nicht ohne Einbußen an Eigentümerversammlungen teilnehmen kann und ob diese Schwerhörigkeit ggf. durch ein Hörgerät ausgeglichen werden kann, muss hier nicht geklärt werden. Denn die Klägerin begehrte nicht die Teilnahme eines Rechtsanwalts als Begleitperson an der Eigentümerversammlung, sondern die Teilnahme einer von ihr ausgewählten Person, die den Beklagten unbekannt war.

Das aber mussten die Beklagten im Hinblick auf die Bestimmung in II 11 der Teilungserklärung nicht dulden, weil danach ein Wohnungs- bzw. Teileigentümer sich nur durch den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungs- bzw. Teileigentümer vertreten lassen kann. Diese Regelung ist nicht nur auf eine Vertretung anzuwenden, sondern auf eine Begleitperson, sofern die übrigen Voraussetzungen der Zulässigkeit der Teilnahme einer Begleitperson gegeben sind. Da die Klägerin aber nicht die Teilnahme eines Rechtsanwaltes als Begleitperson an der Eigentümerversammlung erreichen wollte, konnten die Teilnehmer der Eigentümerversammlung dies ablehnen, ohne dass deshalb die Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung nach § 21 Abs. 3 WEG widersprächen und deshalb für ungültig zu erklären sind.

Da die Klägerin somit nicht berechtigt ist, die Teilnahme einer weiteren Person als Begleit-person an Eigentümerversammlungen und anderen Treffen der Eigentümergemeinschaft von den Beklagten zu fordern, ist auch ihr Antrag zu 2) nicht begründet.

Daran ändert nichts, dass sie diesen Antrag dahingehend modifiziert hat, dass nur Personen sie begleiten sollen, die sich der Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwaltes unterwerfen würden. Denn dieses ist ohnehin nicht möglich, weil die Verschwiegenheitspflicht nur für bestimmte Berufsgruppen, hier Rechtsanwälte, gilt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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