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Einladung WEG-Eigentümerversammlung mit Ausladung wegen Corona-Pandemie

AG Hannover – Az.: 480 C 8302/20 – Urteil vom 07.01.2021

1. Der in der Eigentümerversammlung vom 21.07.2020 zu TOP 8 gefasste Beschluss (Änderungen der Hausordnung) ist ungültig.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verwalter.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Verwalter kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien sind Miteigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Sie streiten um die Gültigkeit des Beschlusses zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.07.2020.

Am 19.06.2020 lud die Hausverwaltung zu einer Eigentümerversammlung am 21.07.2020 ein. In dem Einladungsschreiben heißt es: „Wir laden zu mit den beiliegenden Unterlagen ordnungsgemäß zu einer Eigentümerversammlung ein, zu der sie aber bitte nicht erscheinen. Sollten Eigentümer/innen erscheinen, wären wir zum sofortigen Abbruch der Veranstaltung gezwungen“ (Fettdruck wie in der Einladung). Der Einladung waren Vollmachten für die Verwaltung zur Abstimmung beigefügt. Mit Schreiben vom 26.06.2020 versandte die Hausverwaltung dann eine aktualisierte Tagesordnung. Der TOP 9 „Beschluss über Änderungen in der Hausordnung“ (siehe Anlage) wurde nun unter TOP 8 mit gleicher Überschrift geführt. Der Einladung war auch eine aktualisierte Vollmacht beigefügt. Am 21.07.2020 fand streitgegenständliche Eigentümerversammlung statt, auf der der hier angefochtene Beschluss zu TOP 8 „Änderungen der Hausordnung“ gefasst wurde.

Der Kläger behauptet, dieser Beschluss sei wegen Verstoßes gegen sein Teilnahmerecht an der Eigentümerversammlung unwirksam. Er behauptet, die Einladung zu der Eigentümerversammlung sei nicht richtig zugestellt worden. Der Beschluss zu TOP 8 sei unpräzise und unzureichend formuliert. Die Versammlung sei nicht rechtmäßig gewesen. Eine Diskussion über die Tagesordnungspunkte habe nicht stattgefunden. Das Protokoll sei weder zeitgemäß erstellt noch versandt worden, im Übrigen nicht vollständig. Der Verwaltungsbeirat habe seine Pflicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verletzt. Einige der beschlossenen Änderungen der Hausordnung seien rechtswidrig, nicht ausführlich beschrieben und nicht umsetzbar.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, dass die Einladungsschreiben rechtzeitig und ordnungsgemäß versandt worden seien. Der Beschluss sei ausreichend bestimmt formuliert, und nehme im Übrigen zulässigerweise Bezug auf die geänderte Hausordnung, die auch in der Anlage beigefügt gewesen sei. Eine Pflichtverletzung des Verwaltungsbeirates sei nicht ersichtlich. Im Rahmen des Gesetzes zur Abmeldung der Folgen der Corvette-19-Pandemie sei die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan von der Tagesordnung genommen worden, weil er entbehrlich gewesen sei. Aus den beigefügten Vollmachten sei auch jederzeit ersichtlich gewesen, worüber abgestimmt werden sollte. Der geänderte Text der Hausordnung habe den Einladungen beigelegen. Die Eigentümer hätten mithin Kenntnis nehmen können, welchen Inhalt der Beschluss haben würde. Von der Versammlung sei auch niemand ausgeschlossen worden, sondern lediglich ein Hinweis erteilt, dass es eine Vollmachtsversammlung gegeben sollte. Dies sei auch rechtmäßig. Es hätte dem Kläger freigestanden, zur Eigentümerversammlung persönlich zu erscheinen. Dann wäre diese nicht durchgeführt und die Hausordnung nicht geändert worden. Der Zeitpunkt des Versandes der Niederschrift der Eigentümerversammlung habe keine Auswirkungen auf die Gültigkeit von Beschlüssen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der in der Eigentümerversammlung am 21.07.2020 gefasste Beschluss zu TOP 8 ist nichtig.

Die Beschlussfassung verstößt gegen § 23 Abs. 1 WEG. Danach sind Beschlüsse einer Eigentümerversammlung dann nichtig, wenn sie in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreifen. Zu diesem Kernbereich gehört das Recht der Wohnungseigentümer, an den Eigentümerversammlungen teilzunehmen (Bärmann, § 23 WEG, 14. Aufl., Rn. 140/140 a).

Bereits durch die Formulierung in dem Einladungsschreiben wurde den Wohnungseigentümern die Teilnahme verwehrt. So werden die Eigentümer ausdrücklich aufgefordert, nicht zu erscheinen. Ein Wahlrecht der Eigentümer, gleichwohl zu erscheinen, eröffnet diese Formulierung nicht. Darüber hinaus ist bereits an dieser Stelle angekündigt, dass die Veranstaltung sofort abgebrochen werden würde, wenn einzelne Eigentümer erscheinen. In der Gesamtschau sind diese Formulierungen als ausdrückliches Verbot zu verstehen. Dies stellt eine Verletzung des Kernbereichs der Rechte der Wohnungseigentümer dar. Den Wohnungseigentümern wurde lediglich ermöglicht, ihr Stimmrecht durch die Erteilung einer Vollmacht mit Anweisungen auszuüben, dabei könnte eine Auseinandersetzung über die zu beschließenden Änderungen und eine Diskussion hierüber nicht stattfinden. Die Auseinandersetzung und Diskussion ist wesentlicher Bestandteil der Eigentümerversammlung im Rahmen der Willensbildung.

Es kann dahinstehen, ob die Eigentümerversammlung unter Anwesenheit sämtlicher Wohnungseigentümer hätte stattfinden können, denn es sind schon keine Gründe ersichtlich, die eine Beschlussfassung im Vollmachtswege über die Änderung der Hausordnung erforderlich machten. Eine Dringlichkeit hierfür ist nicht ersichtlich. Die Änderung der Hausordnung hätte ohne gravierende Folgen zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden können. Soweit der Eintritt eines Brandfalles für die Eilbedürftigkeit angeführt wird, ist nicht ersichtlich, dass das Abstellen von Schuhen eine derart große Gefahr in sich birgt, die ein sofortiges Handeln erforderlich machen würde. Hinsichtlich der übrigen Punkte ist nichts für eine besondere Dringlichkeit vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 49 Abs. 2 WEG. Danach hat der Verwalter die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er den Rechtsstreit veranlasst hat und ihn auch ein grobes Verschulden trifft. Die gefasst der gefasste Beschluss ist nichtig. Der Verwalter hat die Eigentümerversammlung in der angekündigten Form durchgeführt, obwohl er bereits im Vorfeld durch den Kläger darauf hingewiesen worden war, dass die Abhaltung dieser Eigentümerversammlung allein mit Vollmachten in dieser Form unzulässig ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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