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Einstweiliger Rechtsschutz gegen nicht angekündigte Modernisierungsmaßnahmen

LG Berlin – Az.: 63 T 29/12 – Beschluss vom 12.03.2012

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird es der Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Mitte vom 9. Februar 2012 – 2 C 58/12 – und teilweiser Abänderung des Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts Mitte vom 23. Februar 2012 – 2 C 58/12 – bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, bis zur Erwirkung eines vollstreckbaren Duldungstitels untersagt, im Hause …, … Berlin (Vorderhaus), Modernisierungsarbeiten, namentlich jegliche bauliche Veränderung des Hauses zur Verbesserung des Gebrauchswertes und der Ermöglichung einer besseren Nutzung, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder Schaffung neuen Wohn- oder Gewerberaumes vorzunehmen und jegliche damit in Zusammenhang stehenden und bereits begonnenen Arbeiten fortzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Verfahrenswert wird auf bis 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung von Modernisierungsmaßnahmen im Wege der einstweiligen Verfügung. Das Amtsgericht, das den Antrag des Antragstellers zunächst zurückgewiesen hatte, hat der daraufhin erhobenen sofortigen Beschwerde des Antragstellers in geringem Umfang abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Antragstellers Bezug genommen. Die Kammer hat der Antragsgegnerin die – von dieser nicht genutzte – Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben.

II.

Die gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere wird er den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gerecht. Das Amtsgericht hat insoweit die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des Antrags im Lichte von § 938 Abs. 1 ZPO überspannt. Anders als Im Hauptsachenverfahren bestimmt danach das Gericht bei einem einstweiligen Verfügungsantrag nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zum Erreichen des vom Antragsteller verfolgten Zwecks erforderlich sind. Daraus folgt eine Lockerung der Bestimmtheitsanforderungen, so dass der Antragsteller nur sein mit der begehrten einstweiligen Verfügung verfolgtes Rechtsschutzziel anzugeben hat, nicht aber eine bestimmte Maßnahme (BVerfG, Beschl. v. 31. März 1992 – 1 BvR 720/90, NJW-RR 1992, 898; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 938 Rz. 2). Diesen Anforderungen wird der Antrag des Antragstellers, mit dem die Einstellung von Modernisierungsmaßnahmen sowie sämtlicher bauvorbereitender Maßnahmen und Bauarbeiten verlangt wird, gerecht, ohne dass die – vom Antragsteller ohnehin nur zu mutmaßenden – Maßnahmen im Einzelnen anzugeben gewesen wären.

Der Antrag ist auch begründet. Dem Antragsteller steht gegenüber der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung der Durchführung oder Fortsetzung von Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 862 Abs. 1, 858 Abs. 1  BGB zu.

Der Antragssteller ist gemäß § 862 Abs.1  BGB in seinem Besitz an der streitgegenständlichen Wohnung durch die von der Antragsgegnerin im Hause veranlassten Baumaßnahmen gestört; ausreichend sind insoweit bereits nicht lediglich unerhebliche Lärm-, Geruchs- und Staubimmissionen (Bassenge, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 862 Rz. 3 m.w.N.). Solchen ist der Antragsteller ausweislich seines substantiiert dargetanen und gemäß §§ 936, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemachten Vorbringens ausgesetzt. Einer abschließenden Entscheidung der Kammer, ob der Antragsteller gegebenenfalls gemäß §§ 554 Abs. 2, Abs. 3 BGB zur Duldung der streitgegenständlichen Maßnahmen verpflichtet wäre, bedarf es nicht. Denn ein Recht der Antragsgegnerin zur Vornahme der störenden Handlung i.S.d. § 863 BGB besteht zumindest solange nicht, bis sie die streitgegenständlichen (Modernisierungs-)Maßnahmen ordnungsgemäß gemäß § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB gegenüber dem Antragsteller angekündigt hat (Eisenschmidt, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2011, § 554 Rz. 361 m.w.N.). Dass eine Ankündigung – ausnahmsweise – gemäß §§ 554 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 BGB entbehrlich gewesen wäre, weil die streitgegenständlichen Maßnahmen entweder nur mit unerheblichen Einwirkungen auf die vermietete Sache verbunden sind oder gar nur der Erhaltung der Mietsache dienen, ist weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich. Das verkennen die gegenteiligen Erwägungen des Amtsgerichts vor dem Hintergrund des insoweit eindeutigen Tatsachenvorbringens der Antragsschrift und der Beschwerdebegründung.

Dem Antragsteller steht auch ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935 ff,  920 Abs. 2 ZPO zur Seite. Ein solcher ergibt sich bereits aus der Natur des beantragten Unterlassungsanspruchs, da eine verbotene Eigenmacht den Verfügungsgrund auch ohne gesonderten Vortrag des Antragstellers stets indiziert und eine besondere Dringlichkeit nicht erforderlich ist (Vollkommer, a.a.O., § 940 Rz. 8 „Herausgabe und Sequestration, Räumung und Besitzschutz” m.w.N).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf den §§ 53 Abs.1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO.

 

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