LG Krefeld – Az.: 2 T 29/11 – Beschluss vom 14.09.2011
Die Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 10.06.2011 in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 19.08.2011 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 3.500,00 €
Gründe
I.
Die Schuldnerin war durch Versäumnisurteil vom 10.02.2011 verpflichtet worden, verschiedene Mängel an dem vom Gläubiger angemieteten Objekt zu beseitigen. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 10.06.2011 wurde der Gläubiger ermächtigt, diese Beseitigungsmaßnahmen selbst vorzunehmen; gleichzeitig wurde der Schuldnerin aufgegeben, hierfür einen Vorschuss in Höhe von 16.650,00 € an den Gläubiger zu zahlen. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 28.06.2011. Sie führt zur Begründung an, dass sie – unstreitig – sämtliche Mängel habe beseitigen lassen bis auf diejenigen, die in der Wirtewohnung vorhanden sind bzw. für deren Beseitigung ein Zugang zur Wirtewohnung erforderlich ist (Beseitigung von Schimmel in der Küche und der Vermoosung der äußeren Fensterbänke). Sie hat den Gläubiger über dessen Rechtsanwalt zweimal schriftlich aufgefordert, ihr Termine zur Durchführung der Mängelbeseitigungsmaßnahmen zu nennen. Dieser Aufforderung ist der Gläubiger bisher nicht nachgekommen; im Beschwerdeverfahren hat er geltend gemacht, eine Terminabsprache sei einfacher direkt zwischen den Parteien zu bewerkstelligen, der Gläubiger sei zu bestimmten Zeiten immer im Mietobjekt und außerdem kenne die Schuldnerin dessen Telefonnummer unter der er ständig erreichbar sei. Die Parteien erklärten das Verfahren in Bezug auf die beseitigten Mängel für erledigt. In Bezug auf die nicht beseitigten Mängel half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und setzte den Vorschuss im Beschluss vom 19.08.2011 auf 3.500,00 € herab. Es führte unter Berufung auf die Entscheidung OLG Frankfurt NJW RR 1989, 59 zur Begründung der Nichtabhilfe aus, dass die Schuldnerin nach Beginn der Vollstreckung nicht mehr mit dem Einwand der Erfüllungsbereitschaft gehört werden könne.
II.
Die Beschwerde ist, soweit ihr nicht abgeholfen wurde, zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht den Gläubiger gem. § 887 ZPO zur Ersatzvornahme ermächtigt und die Schuldnerin zur Zahlung eines hierfür erforderlichen Kostenvorschusses zur Beseitigung der noch offenen Mängel trotz deren Erfüllungsbereitschaft verpflichtet.
Allerdings ist die Schuldnerin entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht grundsätzlich daran gehindert, die Erfüllungshandlung noch selbst vorzunehmen. Das Amtsgericht beruft sich zur Begründung seiner Auffassung auf die erwähnte Entscheidung des OLG Frankfurt vom 12.09.1988. Das OLG Frankfurt meint, ein Erfüllungsrecht des Schuldners zu bejahen, bedeute, dass der Ermächtigungsbeschluss aufgehoben werden müsse und dass der Gläubiger einen neuen Ermächtigungsantrag zu stellen habe, wenn der Schuldner nicht sämtliche Arbeiten vollständig und ordnungsgemäß ausführe. Wegen dieser Konsequenz sei dem Gläubiger eine Erfüllung durch den Schuldner unzumutbar, sobald er diese abgelehnt habe. Abgesehen davon, dass der Gläubiger im vorliegenden Fall eine Erfüllung durch den Schuldner nicht grundsätzlich abgelehnt hat, erscheint die Auffassung des OLG Frankfurt angesichts des Urteils BGH NJW 1995, 3189 schon im Ansatz nicht mehr zutreffend. Der BGH hat nämlich entschieden, dass ein Schuldner trotz einer Ermächtigung des Gläubigers gemäß § 887 ZPO grundsätzlich nicht gehindert sei, die Erfüllungshandlung noch selbst vorzunehmen. Es sei widersprüchlich, wenn der Gläubiger einerseits durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen den Schuldner zur Erfüllung anhalte, andererseits die angebotene Erfüllung aber ablehne. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz will der BGH allenfalls dann zulassen, wenn berechtigte Zweifel an der Ernstlichkeit des Erfüllungswillens bestünden, entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt also nicht schon dann, wenn der Gläubiger die Erfüllung durch den Schuldner ablehnt.
Das Recht des Schuldners, die Erfüllung noch selbst herbeizuführen, besagt aber noch nichts über das Recht des Gläubigers, sich gemäß § 887 ZPO zur Ersatzvornahme ermächtigen zu lassen und hierfür einen Vorschuss zu fordern. Voraussetzung dafür, diese Rechte geltend zu machen zu können, ist nur ein (ggf. vorläufig) vollstreckbarer Titel und ein Antrag des Gläubigers. Weitere Voraussetzungen gibt es nicht, insbesondere hat der Gläubiger den Schuldner nach Erlass des Titels und vor dem Antrag nicht nochmals zur Erfüllung aufzufordern oder ihm hierzu eine Frist zu setzen. Das Recht des Gläubigers zur Ersatzvornahme und das Recht des Schuldners, die Erfüllung auch nach Erlass des Titels zu bewirken, stehen vielmehr nebeneinander. Es ist ähnlich wie bei einer Vollstreckung wegen Geldforderungen; der Gläubiger kann jederzeit einen Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung beauftragen, was den Schuldner aber nicht hindert, die ausgeurteilte Zahlung freiwillig zu bewirken.
Ob der Gläubiger sein Recht zur Ersatzvornahme wegen Unmöglichkeit (vgl. Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 888 Rdn. 11) verliert, wenn er sich ohne Grund weigert, die Erfüllung des Schuldners anzunehmen oder die notwendigen Mitwirkungshandlungen zu erbringen (hier: Terminabsprache und Einlass in die Wohnung), braucht nicht entschieden zu werden. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben, im Gegenteil, indem der Gläubiger der Schuldnerin mitteilt, wie diese eine Terminabsprache bewerkstelligen kann, gibt er stillschweigend auch sein Einverständnis zur Erfüllung durch die Schuldnerin. Diese Bereitschaft zeigt sich im Übrigen auch daran, dass er die Erfüllung der schon beseitigten Mängel geduldet hat.