LG Lüneburg – Az.: 6 S 62/13 – Urteil vom 20.11.2013
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Dannenberg vom 28.06.2013 aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger hat die Beklagten zunächst auf Grund fristloser, hilfsweise ordentlicher Kündigung gemäß Schreiben vom 28.08.2012 (Anlage K 1, Bl. 4, 5) auf Räumung des Mietobjektes in … Nr. …, …, in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagten ihrerseits am 16.04.2013 (Bl. 212) fristlos wegen Störung des Vertrauensverhältnisses gekündigt hatten und am 30.04.2013 auszogen, hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich der Erledigung nicht angeschlossen.
Die Beklagten mieteten das Wohnhaus des Klägers ab dem Oktober 2006 für eine Nettomiete in Höhe von 500,00 €. Sie tätigten Investitionen in das Haus, wobei der Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls war deshalb ein langfristiger Mietvertrag von 15 Jahren abgeschlossen worden. Zudem wurde von ihnen im Jahre 2007 ein Nebengebäude für eine Nettomiete von 300,00 € angemietet.
Im Verlaufe des Mietverhältnisses hing die Decke im Flur des Obergeschosses des Wohnhauses immer mehr durch und es bestand die Gefahr des Einsturzes. Vom dem Flur im Obergeschoss führt die Treppe in den Flur des Erdgeschosses. Sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss gehen von den Fluren mehrere Türen zu den angrenzenden Zimmern ab. Am 05.06.2012 erschien der von dem Kläger beauftragte Handwerker, um – so die Beklagten – Maß für die durchzuführenden Arbeiten zu nehmen oder – wie der Kläger behauptet – schon mit den Arbeiten zu beginnen. Jedenfalls stürzten am 05.06.2012 Teile der Lehmdecke herab, ohne dass vorher die Türen im Erd- und Obergeschoss abgedichtet bzw. Möbel abgedeckt worden wären. In der Zeit vom 06. – 08.06.2012 erfolgte der Einbau der neuen Decke. Am 10.06.2012 fand ein Ortstermin mit dem Kläger, den Beklagten und einem Maler statt. Der Kläger war bereit, die notwendigen Malerarbeiten auf seine Kosten durchführen zu lassen. Dem Begehren des Klägers, dass die Arbeiten am Abend ausgeführt werden sollten, erteilten die Beklagten eine Absage. Mit Schreiben vom 13.06.2012 (Anlage B 5, Bl. 85) baten sie den Kläger um eine Malerbenennung. Darauf reagierte der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2012 (Anlage B 6, Bl 86) und teilte mit, dass er noch immer schockiert sei, dass die Beklagten die Malerarbeiten abgelehnt hätten, so dass er sich außer Stande sehe, irgendwie in dieser Richtung tätig zu sein. Mit Schreiben vom 15.06.2012 (Anlage B 7, Bl. 87) forderten die Beklagten den Kläger mit Fristsetzung auf, einen Maler zu benennen, weil der aktuelle Zustand unzumutbar sei. Mit Schreiben vom 17.06.2012 (Anlage B 8, Bl. 88) forderte nunmehr der Kläger die Beklagten auf die Decke rückzubauen, da die Beklagten eigenmächtig den von ihm erteilten Auftrag geändert und von dem Handwerker den Einbau einer Decke begehrt hätten, in der die Balken sichtbar seien. Daraufhin wurde dem Kläger mit Schreiben vom 22.06.2012 (Anlage B 9, Bl. 88, 89) eine letzte Frist bis zum 27. Juni 2012 gesetzt. Es folgten weitere Schreiben des Klägers vom 29.06.2012 (Anlage 6, Bl. 112 f) und vom 03.07.2012 (Anlage 6, Bl. 112). Bezüglich der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Schreiben Bezug genommen.
Die Beklagten ließen sodann die Malerarbeiten zu einem Preis von 1.378,67 € durchführen. Auf die Rechnung des Malers Aumann vom 13.07.2012 (Anlage B 10, Bl. 91) wird Bezug genommen.
Die Beklagten zahlten die Juli- und August-Miete nicht. Bereits mit Schreiben vom 23.07.2012 (Anlage B 11, Bl. 92) erklärten sie die Aufrechnung mit einem Teilbetrag der Malerkosten in Höhe von 500,00 € gegenüber der Juli-Miete. Außerdem rechneten sie mit Schriftsatz vom 05.11.2012 (Bl. 43) gegenüber der August-Miete ebenfalls mit einem Teilbetrag der Malerkosten auf. Weiterhin erklärten sie die Aufrechnung mit Kosten der Reinigung des Hauses in Höhe von 496,00 € sowie mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung eines Schrankes. Sie minderten zudem die Miete vom 05.06.2012 bis 20.07.2012 um monatlich 350,00 €.
Der Kläger ist der Auffassung, er schulde keine Malerkosten, da der Flur des Obergeschosses und das dazugehörige Treppenhaus am 05.06.2012 stark renovierungsbedürftig gewesen seien. Zwar habe er sich ursprünglich bereit erklärt, die Malerarbeiten zu übernehmen, nach den Unstimmigkeiten aber die Forderungen zu Recht abgelehnt und die Beklagten aufgefordert, die Decke ebenflächig ohne sichtbare Balken arbeiten zu lassen. Ihm seien durch die Änderung des Auftrages durch die Beklagten Mehrkosten entstanden. Zudem gehöre die Bezahlung der Malerarbeiten zur vereinbarten Kostentragungspflicht der Beklagten. Reinigungskosten könnten ebenso nicht verlangt werden, weil die Beklagten darauf hingewiesen worden seien, dass Staub und Schmutz bei der Erneuerung der Decke zur Verunreinigung führen würden. Gleichwohl hätten sie nichts abgedeckt. Der Handwerker habe den Bauschutt ordnungsgemäß beseitigt und die Baustelle besenrein verlassen, insbesondere nach Abschluss der Arbeiten. Weiteres werde nicht geschuldet.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie sind der Auffassung, die Kündigung wegen Zahlungsverzuges sei formell unwirksam, da ein einheitlicher Mietvertrag für das Wohnhaus und das Nebengebäude abgeschlossen worden sei. Auch sei in dem Kündigungsschreiben der Zeitraum des Zahlungsverzuges nicht benannt. Zudem scheitere die fristlose Kündigung an der notwendigen Abmahnung. Sie behaupten zudem, dass am 09.06.2012 eine Zwischenreinigung durch die Zeugin … erfolgt sei (2 Personen á 8 Stunden = 160,00 €) und nehmen insoweit auf deren Schreiben vom 10.06.2012 (Anlage B 3, Bl. 82) sowie auf die Quittung vom 09.06.2012 (Bl. 83) Bezug. Zudem seien weitere Reinigungskosten in Höhe von 336,00 € (42 Stunden á 8,00 €) angefallen, wobei sie auf die Schreiben der Zeugin … nebst Quittung ((Anlage B 12, Bl. 93, 94) Bezug nehmen. Sie seien zur Mietminderung berechtigt, da das Obergeschoss des Hauses fasst nicht zu nutzen gewesen sei. Bezüglich des Zustandes des Ober- und Erdgeschosses nach der Durchführung der Zimmerarbeiten nehmen sie auf die Fotos (Anlage B 2, Bl. 54 – Bl. 81) = Bezug.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 28.06.2013 festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Es hat ausgeführt, dass die Klage im Zeitpunkt des Auszuges am 30.04.2013 begründet gewesen sei. Dem Kläger habe ein Kündigungsgrund zugestanden, weil im Zeitpunkt der Räumung das Vertrauensverhältnis zerstört gewesen sei. Darauf habe der Kläger mehrfach Bezug genommen. Das Verhältnis der Parteien habe sich im Laufe des Rechtsstreits weiter verschlechtert.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils vom 29.06.2013 Bezug genommen.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung und begehren, die Abweisung der Klage. Sie führen insbesondere aus, das Amtsgericht habe verkannt, dass die Klage im Zeitpunkt der Zustellung zulässig und begründet gewesen sein müsse. Es sei dagegen fehlerhaft, die Gegebenheiten im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zu Grunde zu legen.
Bezüglich des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Das amtsgerichtliche Urteil ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 03.12.2003, XVII ZR 238/01, zitiert nach Juris) hat die Feststellung der Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits nicht nur den Eintritt eines erledigenden Ereignisses zur Voraussetzung, sondern auch, dass die Klage im Zeitpunkt dieses Eintrittes zulässig und begründet war. Eine von Anfang an unbegründete Klage ist trotz der Erledigungserklärung abzuweisen.
Die Räumungsklage ist von Anfang an nicht begründet gewesen.
Zwar ist die Kündigung v. 28.08.2012 nicht formell unwirksam. Der Kläger war berechtigt, nur den Mietvertrag bezüglich des Wohnhauses zu kündigen. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass ein einheitlicher Mietvertrag – durch Einbeziehung des Nebengebäudes in den ursprünglichen Wohnhausmietvertrag – abgeschlossen werden sollte, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Auch soweit in dem Kündigungsschreiben als Mietrückstand „zwei aufeinanderfolgende Termine” genannt worden sind, war für die Beklagten klar, dass es sich bei den zwei rückständigen Mieten am 28.08.2012 um die Juli- und August-Miete handelte. Weitere Rückstände gab es nicht.
Die Kündigung ist aber aus materiellen Gründen unwirksam. Der Kläger hat sein Räumungsbegehren nur auf die Kündigung vom 28.08.2012 gestützt. Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung haben weder gemäß § 543 Abs. 1 BGB noch gemäß § 543 Abs. 2 Ziffer 3 a bzw. b BGB vorgelegen. Maßgeblich sind die Kündigungsgründe, die in dem Kündigungsschreiben vom 28.08.2012 – gegebenenfalls in der Klagschrift, soweit darin eine weitere fristlose Kündigung zu sehen sein sollte – angegeben worden sind. Nicht dagegen kann die nachträgliche Entwicklung, das heißt hier die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung – wie es das Amtsgericht getan hat – berücksichtigt werden. Insoweit würden gegebenenfalls neue Kündigungsgründe vorliegen, die aber erneut einer Kündigungserklärung bedurft hätten. Auf die Kündigung der Beklagten v. 16.04.2013 hat der Kläger seine Räumungsklage nicht gestützt.
Der Kläger hat zum eine in seiner Kündigungserklärung vom 28.08.2012 bzw. in der Klagschrift keine Gründe vorgetragen, die eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB begründen.
Soweit der Kläger behauptet, die Beklagten hätten eigenmächtig den Handwerker angewiesen, die Decke nicht ebenflächig, sondern so zu erstellen, dass die Deckenbalken sichtbar seien, mag dahingestellt bleiben, ob dieses zutrifft. Gegen ein Verhalten, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht, spricht jedenfalls bereits, dass die Deckenkonstruktion mit Balken zunächst für den Kläger überhaupt keine Rolle spielte. Er war vielmehr bereit, dieses so hinzunehmen und wollte die Malerarbeiten auch ausführen lassen. Erst in der Folge, als die Beklagten mit abendlichen Malerarbeiten nicht einverstanden waren, kam es zum Streit. Soweit weitere Pflichtverletzungen der Beklagten im Schreiben vom 28.08.2012 genannt worden sind, sind diese bereits deshalb unbeachtlich, weil es an einer Abmahnung gemäß § 543 Abs. 3 BGB fehlt.
Aber auch die Voraussetzungen einer Kündigung gemäß § 543 Abs. 2, Ziffer 3 a bzw. Ziffer 3 b BGB liegen nicht vor. Weder befanden sich die Beklagten mit zwei Monatsmieten noch mit einem wesentlichen Teil der Miete (d. h. 500,01 €) im Rückstand.
Denn den Beklagten haben gegenüber den Mietzinsansprüchen Minderungs- und Schadensersatzansprüche zu gestanden, die den Betrag von 500,00 € übersteigen. Die Beklagten haben einen Anspruch gegenüber dem Kläger auf Ersatz der angemessenen Malerkosten gemäß § 554 Abs. 4 Satz 1 BGB a. F., die mindestens 500,00 € betragen. Der Vermieter muss die Aufwendungen, die der Mieter infolge der Erhaltungsmaßnahme hat, im angemessenen Umfang ersetzen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ein von ihm beauftragter Maler die Arbeiten ausführte. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob der Gesamtbetrag von 1.378,67 € angemessen oder ob ein Abzug für Mehrarbeiten an der Decke zu machen ist. Die Beklagten können jedenfalls den Ersatz der Kosten des Malers für das Entfernen der Tapeten an den Wänden, das Spachteln der Wände, das Neutapezieren sowie den Neuanstrich der Wände verlangen. Die Beschädigung der Tapeten an den Wänden ergibt sich aus den Fotos und lässt sich notwendiger Weise mit dem Herausreißen der Lehmdecke erklären. Insoweit ist nicht entscheidend, ob das Treppenhaus renovierungsbedürftig war, da es sich um keinen Schadensersatzanspruch handelt.
Nur ergänzend wird ausgeführt, dass den Beklagten auch ein Minderungsanspruch für die Zeit, in der sie das Obergeschoss und auch das Erdgeschoss nicht nutzen konnten, zusteht. Außerdem haben sie auch einen Anspruch auf Ersatz der Reinigungskosten gemäß § 554 Abs. 4 Satz 1 BGB a. F.. Die von den Beklagten geltend gemachten Reinigungskosten erscheinen nicht als unangemessen. Es ist zu berücksichtigen, dass es Sache des Vermieters, der Umbauarbeiten vornimmt, ist, die Türen abzudichten. Dass das ganze Haus durch den Staub in Mitleidenschaft gezogen war und insgesamt gesäubert werden musste ist nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708Nr. 10, 713 ZPO.