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Gewerbemietvertrag – Wirksamkeit bei Abtretung der auf die Vollmacht bezogenen Rechte

Außergerichtliche Vergleichsvereinbarung entscheidet Streit um Gewerbemietvertrag

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit seinem Urteil Az.: 6 U 146/13 entschieden, dass der Beklagte durch die Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin seinen Herausgabeanspruch erfüllt hat und weitere Zahlungsansprüche durch die Abgeltungsklausel im Vergleich vom 31.10.2012 erfasst werden, wodurch die Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe des Pachtobjekts oder Zahlung weiteren Pachtzinses hat.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberlandesgericht Brandenburg hat entschieden, dass der Beklagte seine Herausgabepflicht durch Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin erfüllt hat.
  • Weiterhin wurde festgestellt, dass etwaige Zahlungsansprüche der Klägerin durch die Abgeltungsklausel im Vergleich vom 31.10.2012 abgegolten sind.
  • Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen, abzüglich bestimmter Ausnahmen.
  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung von Vollmachten und Abtretungen bei der Beendigung von Pachtverhältnissen.

Verpflichtungen aus Vergleichsvereinbarungen

Im Mietrecht kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern. Um langwierige Rechtsstreite zu vermeiden, schließen die Parteien oftmals Vergleiche. Darin werden gegenseitige Rechte und Pflichten geregelt. Besondere Bedeutung haben Abgeltungsklauseln, durch die wechselseitige Forderungen abgegolten werden.

Bei der Abtretung von Rechten aus dem Mietverhältnis oder der Erteilung von Vollmachten ist zu beachten, inwieweit die ausgehandelten Vereinbarungen auch den neuen Rechtsnachfolger binden. Hierbei sind die konkreten Formulierungen und der Vertragswille der Parteien maßgeblich. Potenzielle Haftungsrisiken sind sorgfältig zu prüfen.

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Gewerbemietvertrag: Wirksamkeit von Abtretungen und außergerichtlichen Vergleichen

Im Zentrum des Falls steht ein Gewerbemietvertrag über ein Hotel- und Restaurantgebäude, geschlossen zwischen dem Beklagten als Pächter und der Klägerin als Verpächterin am 27. März 2012. Der Vertrag sah eine monatliche Pacht von 5.000 Euro vor, wobei der erste Monat aufgrund von Investitionen des Beklagten pachtfrei bleiben sollte. Eine Kaution in Höhe von zwei Monatspachten war ebenso vereinbart wie die Versicherung des Pachtgegenstands durch den Beklagten. Die rechtliche Auseinandersetzung begann, als die Klägerin das Pachtverhältnis fristlos kündigte, weil der Beklagte im Mai 2012 lediglich 400 Euro Pachtzahlung leistete, die Kaution nicht entrichtete und keinen Versicherungsnachweis erbrachte. Die darauf folgenden juristischen Schritte führten zu einer komplexen Situation, einschließlich der Abtretung und Rückabtretung von Rechten und Vollmachten zwischen den Parteien sowie dem Abschluss einer außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung.

Urteilsfindung des Oberlandesgerichts Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg hob das ursprüngliche Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) auf und wies die Klage ab. Entscheidend für das Gericht war, dass der Beklagte seinen Herausgabeanspruch durch die Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin zu 1) erfüllt hatte. Diese Handlung wurde als wirksam angesehen, unabhängig davon, ob die Nebenintervenientin zu 1) aufgrund einer früheren Abtretung Inhaberin der Rechte aus dem Pachtvertrag war oder die Rechte an die Klägerin zurückabgetreten wurden. Das Gericht erkannte auch die außergerichtliche Vergleichsvereinbarung an, die besagt, dass mit der Übergabe des Hotels und der Zahlung eines Abstandes alle gegenseitigen Forderungen ausgeglichen sind. Die Entscheidung beruhte auf einer sorgfältigen Abwägung der vorgelegten Beweise und rechtlichen Argumente, insbesondere der Rechte und Pflichten, die aus den Vollmachten und Abtretungen resultierten.

Rechtliche und praktische Konsequenzen der Entscheidung

Diese Entscheidung verdeutlicht die rechtlichen Feinheiten bei der Abtretung von Rechten und der Erteilung von Vollmachten in Mietverhältnissen. Sie betont, dass die Erfüllung von Verpflichtungen, wie die Herausgabe eines Pachtobjekts, unter bestimmten Umständen auch gegenüber Dritten wirksam sein kann, wenn diese Dritten entsprechende Vollmachten besitzen oder Rechte abgetreten bekommen haben. Darüber hinaus zeigt der Fall, dass außergerichtliche Vergleichsvereinbarungen eine bedeutende Rolle bei der Lösung von Rechtsstreitigkeiten spielen können, insbesondere wenn sie einen umfassenden Forderungsverzicht beinhalten.

Die Bedeutung von Vollmachten und Abtretungen im Mietrecht

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität von Gewerbemietverträgen und die Bedeutung einer klaren Regelung von Vollmachten und Abtretungen. Es wird deutlich, dass sowohl Pächter als auch Verpächter ihre Rechte und Pflichten genau kennen und dokumentieren müssen, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vertragsgestaltung und -abwicklung, um langwierige und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wirkt sich die Abtretung von Rechten auf Gewerbemietverträge aus?

Die Abtretung von Rechten in Gewerbemietverträgen kann verschiedene Auswirkungen haben, je nachdem, welche Rechte abgetreten werden und in welchem Kontext dies geschieht. Im Kontext von Gewerbemietverträgen kann die Abtretung von Rechten beispielsweise die Untervermietung oder die Übertragung des Mietverhältnisses auf einen Dritten betreffen.

Untervermietung

Die Regelungen zur Untervermietung sind ein wichtiger Aspekt, auf den Gewerbemieter beim Abschluss eines Gewerbemietvertrags achten sollten. Eine Abtretung des Rechts zur Untervermietung kann dem Mieter Flexibilität bieten, insbesondere wenn sich die Geschäftslage ändert und die gemieteten Räume nicht mehr vollständig benötigt werden. Allerdings ist zu beachten, dass eine Untervermietung in der Regel der Zustimmung des Vermieters bedarf. Wird diese Zustimmung ohne sachlichen Grund verweigert, kann dem Mieter unter Umständen ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Gewerbemietvertrags zustehen.

Übertragung des Mietverhältnisses

Die Übertragung eines Gewerbemietverhältnisses auf einen Dritten kann ebenfalls relevant sein, beispielsweise im Falle eines Unternehmensverkaufs. Hierbei ist es wichtig, dass die entsprechenden Regelungen im Mietvertrag klar definiert sind und die Interessen beider Parteien berücksichtigen.

Urheberrechtliche Aspekte

In Bezug auf urheberrechtliche Aspekte kann die Abtretung von Rechten, wie beispielsweise Nutzungsrechten an Werken, relevant sein. Autoren und Kreative sollten darauf achten, welche Rechte sie an Verlage oder Herausgeber abtreten und welche Vergütungen und Nutzungsbedingungen damit verbunden sind.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Abtretung von Rechten sind komplex und können von verschiedenen Faktoren abhängen, wie beispielsweise den spezifischen Vereinbarungen im Mietvertrag, den gesetzlichen Vorschriften und den individuellen Umständen des Einzelfalls. Es ist daher ratsam, bei der Abtretung von Rechten in Gewerbemietverträgen rechtliche Beratung einzuholen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden und die Abtretung im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Vertragsbedingungen steht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Abtretung von Rechten in Gewerbemietverträgen sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen kann. Es ist wichtig, dass Gewerbemieter die Bedingungen und möglichen Konsequenzen einer solchen Abtretung genau verstehen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Welche Rolle spielt eine Vollmacht im Kontext von Gewerbemietverträgen?

Eine Vollmacht spielt im Kontext von Gewerbemietverträgen eine entscheidende Rolle, insbesondere bei der Vertretung von Parteien während des Abschlusses und der Kündigung des Vertrages. Sie ermöglicht es einer Person oder einem Rechtsanwalt, im Namen einer anderen Person oder einer Gesellschaft zu handeln und rechtlich bindende Entscheidungen zu treffen. Dies kann in verschiedenen Situationen relevant sein, wie bei der Unterzeichnung des Mietvertrags, bei Verhandlungen über Vertragsbedingungen oder bei der Kündigung des Mietverhältnisses.

Vertretung beim Abschluss des Mietvertrags

Beim Abschluss eines Gewerbemietvertrags kann es vorkommen, dass ein Vertreter ohne explizite Vertretungsmacht handelt. In solchen Fällen ist der Mietvertrag dennoch gültig, wenn der Vertretene den Vertragsschluss nachträglich genehmigt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer klaren Vollmachtsregelung, um sicherzustellen, dass alle Handlungen des Vertreters rechtlich bindend sind.

Schriftformerfordernis

Das Schriftformerfordernis spielt im Gewerberaummietrecht eine große Rolle, insbesondere bei langfristigen Mietverträgen. Die Vollmacht des Vertreters muss in der Regel schriftlich erteilt werden, um dem Schriftformerfordernis zu genügen. Dies stellt sicher, dass die Vertretungsbefugnis eindeutig dokumentiert und nachweisbar ist.

Vertretungsbefugnis bei Personenmehrheit

Bei einer Personenmehrheit, wie z.B. einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), ist es wichtig, dass entweder alle Gesellschafter den Mietvertrag unterzeichnen oder ein Gesellschafter mit einem expliziten Vertretungszusatz handelt. Fehlt eine solche Vertretungsbefugnis, kann dies das Schriftformerfordernis beeinträchtigen.

Anforderungen bei der Kündigung

Bei der Kündigung eines Gewerbemietvertrages durch einen Rechtsanwalt müssen die Anforderungen an die Vollmacht besonders beachtet werden. Die Bevollmächtigung des kündigenden Rechtsanwalts muss durch alle Gesellschafter der juristischen Person erfolgt sein, um rechtlich wirksam zu sein. Dies stellt sicher, dass die Kündigung im Namen aller Beteiligten erfolgt und rechtlich durchsetzbar ist. Zusammenfassend ist die Vollmacht ein zentrales Element im Kontext von Gewerbemietverträgen, das die rechtliche Vertretung und Handlungsfähigkeit der beteiligten Parteien sicherstellt. Sie ermöglicht eine effektive und rechtssichere Gestaltung von Mietverhältnissen und ist insbesondere bei der Vertretung von Personenmehrheiten und bei der Kündigung von Mietverträgen von großer Bedeutung.

Kann die Übergabe eines Pachtobjekts alle Verpflichtungen erfüllen?

Die Übergabe eines Pachtobjekts allein kann nicht alle Verpflichtungen im Rahmen eines Pachtverhältnisses erfüllen. Die Verpflichtungen eines Pächters umfassen in der Regel weit mehr als nur die Übernahme des Pachtobjekts. Hier sind einige der Hauptverpflichtungen, die typischerweise mit einem Pachtverhältnis verbunden sind:

  • Pflege und Instandhaltung: Der Pächter ist verpflichtet, das Pachtobjekt und das dazugehörige Inventar in einem guten Zustand zu halten und notwendige Reparaturen durchzuführen. Dies beinhaltet die Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und zur Durchführung von Ausbesserungen, um das Objekt in einem vertragsgemäß nutzbaren Zustand zu erhalten.
  • Zahlung des Pachtzinses: Eine der Hauptpflichten des Pächters ist die zeitgerechte Zahlung des vereinbarten Pachtzinses. Dieser kann ein fester monatlicher Betrag sein oder, insbesondere in der Gastronomie, vom Umsatz abhängig gemacht werden.
  • Versicherungsschutz: Der Pächter übernimmt in der Regel alle Verpflichtungen aus Versicherungsverträgen und ist verpflichtet, einen angemessenen Versicherungsschutz für das Pachtobjekt aufrechtzuerhalten.
  • Rückgabe in vertragsgemäßem Zustand: Bei Beendigung des Pachtverhältnisses muss der Pächter das Pachtobjekt in dem Zustand zurückgeben, in dem es übernommen wurde, unter Berücksichtigung der durch die vertragsgemäße Nutzung entstandenen Verschlechterungen. Der Pächter kann zur Kasse gebeten werden, wenn das Inventar oder die Pachtsache über normale Abnutzungen hinaus beschädigt wurde.
  • Anzeige von Schäden: Schäden am und im Pachtobjekt sind dem Verpächter unverzüglich anzuzeigen. Für Schäden, die durch eine verspätete Anzeige entstehen, haftet der Pächter, sofern er die Verspätung zu vertreten hat.

Die Übergabe des Pachtobjekts ist also nur ein Teil der Verpflichtungen, die ein Pächter im Rahmen eines Pachtvertrags eingeht. Die Einhaltung aller vertraglichen Pflichten ist entscheidend für die Aufrechterhaltung eines reibungslosen Pachtverhältnisses und die Vermeidung von rechtlichen Auseinandersetzungen.

Was besagt eine Abgeltungsklausel in einem Vergleichsvertrag?

Eine Abgeltungsklausel in einem Vergleichsvertrag besagt, dass mit der Erfüllung der im Vergleich festgelegten Leistungen alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien abgegolten sind. Das bedeutet, dass nach der Umsetzung des Vergleichs keine weiteren Forderungen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis geltend gemacht werden können, auch wenn diese zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht bekannt waren.

Die Abgeltungsklausel zielt darauf ab, eine abschließende Regelung aller aus dem Vertragsverhältnis entstehenden oder entstandenen Ansprüche zu erreichen. Dies schließt sowohl bekannte als auch unbekannte Ansprüche ein, sofern die Klausel entsprechend formuliert ist und die Parteien dies beabsichtigen. Es ist jedoch wichtig, dass die Formulierung der Abgeltungsklausel klar und eindeutig ist, um spätere Streitigkeiten über den Umfang der erfassten Ansprüche zu vermeiden.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Parteien mit der Unterzeichnung eines Vergleichsvertrags mit einer Abgeltungsklausel auf das Recht verzichten, weitere Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis geltend zu machen, die bis zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses entstanden sind. Dies umfasst auch Ansprüche, die den Parteien zum Zeitpunkt des Vergleichs noch nicht bekannt waren.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 164 BGB (Vertretung; Wirkung der Erklärung des Vertreters): Dieser Paragraph regelt, dass eine Willenserklärung, die eine Person im Namen eines anderen abgibt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen wirkt, wenn die Person mit Vertretungsmacht handelt. Im Kontext des Urteils ist dies relevant, da die Wirksamkeit der Handlungen der Nebenintervenientin im Namen der Klägerin, insbesondere im Hinblick auf die Rückabtretung von Rechten und die außergerichtliche Vergleichsvereinbarung, eine zentrale Rolle spielt.
  • § 362 BGB (Erlöschen durch Leistung): Erläutert, dass eine Verbindlichkeit durch die Leistung an den Gläubiger erlischt. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Herausgabeanspruch der Klägerin durch die Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin erfüllt wurde, was zur Abweisung der Klage führte.
  • § 177 BGB (Vertragsschluss ohne Vertretungsmacht): Besagt, dass ein Vertrag, der ohne die erforderliche Vertretungsmacht abgeschlossen wurde, schwebend unwirksam ist, bis der Vertretene die Genehmigung erteilt. Dies ist im Fallbeispiel relevant für die Beurteilung, ob die Handlungen der Nebenintervenientin zu 1), insbesondere der Abschluss der Vergleichsvereinbarung, für die Klägerin bindend sind.
  • § 543 BGB (Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Erklärt die Voraussetzungen unter denen Miet- oder Pachtverhältnisse aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden können. Im Urteil war dies relevant für die Beurteilung der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung durch die Klägerin aufgrund von Zahlungsverzug und Nichterfüllung anderer vertraglicher Verpflichtungen durch den Beklagten.
  • § 168 BGB (Erlöschen der Vollmacht): Definiert, unter welchen Bedingungen die erteilte Vollmacht erlischt. Dies hat Bedeutung für das Verständnis der fortbestehenden Wirksamkeit der Vollmacht, die der Nebenintervenientin zu 1) von der Klägerin erteilt wurde, trotz der Rückabtretung der Rechte aus dem Pachtvertrag.
  • § 138 BGB (Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher): Betrifft die Frage der Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften. Im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob die außergerichtliche Vergleichsvereinbarung möglicherweise aufgrund kollusiven Handelns zwischen Beklagtem und Nebenintervenientin zu 1) zum Nachteil der Klägerin nichtig sein könnte, ist dieser Paragraph von Interesse.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 6 U 146/13 – Urteil vom 02.06.2015

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.09.2013 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) – 11 O 249/12 – abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 03. 12. 2012 – 11 O 249/12 – wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen, ausgenommen die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten sowie die durch die Säumnis des Beklagten vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) entstandenen Kosten, die sämtlichst der Beklagte zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Forderungen aus einem Gewerbemietvertrag.

Der Beklagte als Pächter und die Klägerin als Verpächterin schlossen am 27.03.2012 einen Pachtvertrag über das Hotel und Restaurantgebäude … Straße 6 in W… mit Wirkung ab dem 01.04.2012. Der monatliche Pachtzins sollte 5.000,– € betragen und war jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats zu zahlen, wobei der erste Monat wegen Investitionen des Beklagten pachtfrei bleiben sollte. Nach § 12 Ziffer 1 des Pachtvertrags war vor Übernahme des Pachtgegenstandes eine Kaution in Höhe von zwei Pachtraten zu erbringen. Nach § 5 Ziffer 3 des Vertrages hatte der Beklagte als Pächter den Pachtgegenstand zu versichern und der Klägerin auf Nachfrage einen Nachweis hierüber vorzulegen. Nach § 3 Ziffer 4 des Pachtvertrages war die Aufrechnung oder Zurückhaltung gegenüber den Pachtforderungen des Verpächters ausgeschlossen.

Unter dem 26.04.2012 bestätigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, sie werde diverse Kosten, darunter auch Urlaub und Überstunden der Mitarbeiter übernehmen. Bei Nichterfüllung solle die Pacht gemindert werden. Forderungen aus Gutscheinen und Visa-Abrechnungen sollten mit der Pacht verrechnet werden.

Als der Beklagte im Mai 2012 lediglich 400,– € Pachtzins zahlte, kündigte die Klägern das Pachtverhältnis mit Schreiben vom 21.05.2012 fristlos. Zur Begründung führte sie neben der ausgebliebenen Teilzahlung an, der Beklagte habe die Kaution nicht geleistet sowie keinen Nachweis über abgeschlossene Versicherungen vorgelegt. Der Beklagte kam der von ihr bis zum 31.05.2012 gesetzten Räumungsfrist nicht nach.

Am 26. Juni 2012 schloss die Klägerin über das Pachtobjekt einen weiteren Pachtvertrag mit der Nebenintervenientin zu 1), der sie zugleich zu 52 % der Stimmen als Kommanditistin beitrat. Unter dem 31.07.2012 bevollmächtigte die Klägerin die Nebenintervenientin zu 1) und den Nebenintervenienten zu 3), ihre Interessen als Eigentümer des Pachtobjekts wahrzunehmen. Gleichzeitig trat die Klägerin ihre Rechte aus dem Pachtvertrag an die Nebenintervenientin zu 1) ab. Am 14./19.09.12 erfolgte die Rückabtretung der insoweit abgetretenen Rechte durch die Nebenintervenientin zu 1) an die Klägerin, die Unterschrift der Nebenintervenientin ist mit dem Zusatz versehen „In Verbindung mit meinem Schreiben vom 03.09.2012“.

Am 31.10.2012 schlossen der Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1), diese unter Bezugnahme auf die durch die Klägerin erteilte Vollmacht, zur abschließenden Regulierung ihrer Beziehungen eine „außergerichtliche Vergleichsvereinbarung“, in der sie die Übergabe des Hotels durch den Beklagten an die Nebenintervenientin zu 1) gegen Zahlung einer Abstandsbetrages von 15.000,– € vereinbarten. Unter Ziffer 3 heißt es: „Die Parteien sind sich einig, dass mit dem Vollzug der vorstehenden Punkte alle gegenseitigen Forderungen zwischen ihnen ausgeglichen sind“. Am 01.11.2012 gab der Beklagte das Pachtobjekt an die Nebenintervenientin zu 1) heraus. Unter dem 03.11.2012 unterrichtete die Nebenintervenientin zu 1) die Klägerin von dem Abschluss des Vergleichs.

Unter dem 22.03.2013 teilte die Klägerin der Fa. Ta… Bauträger mit, seit dem 1.11.2012 betreibe die Nebenintervenientin zu 1 ) das Hotel als Pächterin in Betriebsübernahme vom Beklagten, der Pachtvertrag mit dem Beklagten sei durch einvernehmliche Besitzübergabe unter gegenseitigem Forderungsverzicht an die Nebenintervenientin am 31.10.2012 aufgehoben worden. Unter dem 18.04.2013 schrieb die Klägerin an die Investitionsbank …, der Pachtvertrag mit dem Beklagten sei zum 31.10.2013 rückabgewickelt worden.

Mit der am 19.07.2012 erhobenen Klage hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten unter erneuten Ausspruchs einer Kündigung wegen Pachtrückstand Räumung des Pachtobjekts und Zahlung ausstehenden Pachtzinses zunächst für die Monate Mai bis Juli 2012, sodann erweiternd bis September 2012 in Höhe von insgesamt 24.200,–€ geltend gemacht. Unter dem 03.12.2012 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) ein der Klage stattgebende Versäumnisurteil erlassen, gegen das der Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt hat.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Übergabe des Hotels an die Nebenintervenientin zu 1) durch den Beklagten entfalte ihr gegenüber keine Rechtswirkungen, nachdem die Nebenintervenientin zu 1) ihr die Rechte aus dem Pachtvertrag rückabgetreten habe.

Sie hat beantragt, das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 03.12.2012 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 03.12.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, der Räumungsanspruch sei durch die Herausgabe des Hotels an die Nebenintervenientin zu 1) erfüllt. Diese sei zur Besitzübernahme bevollmächtigt gewesen und die von der Klägerin bestimmte neue Pächterin des Hotels. Die Rückabtretung der Rechte aus dem Pachtvertrag sei unwirksam, weil sie nicht bestimmt genug sei und mit der Bezugnahme auf das Schreiben vom 03.09.2012 eine letztlich nicht erfüllte Bedingungen enthalte. Im Übrigen habe die Klägerin die den Nebenintervenienten zu 1) und 3) eingeräumten Vollmachten nicht widerrufen, so dass der am 31.10.2012 geschlossene Vergleich zu Lasten der Klägerin wirke.

Die Kündigung sei unwirksam. Zum Zeitpunkt der Kündigung seien keine Pachtzinsen offen gestanden, weil er nach der Übernahme des Hotels zahlreiche offene Verbindlichkeiten der Klägerin ausgeglichen habe, für die diese nach der Bestätigung vom 26.04.2012 einzustehen gehabt habe, so z.B. Lohnforderungen mehrerer Mitarbeiter sowie Forderungen gegenüber der Klägerin wegen der Provision von Hotelportalen (650 €), Hotelgutscheinen (950 €), Kosten für die Freischaltung bestehender Telefonanschlüsse (250 €), Forderungen der Berufsgenossenschaft (891,34 €) und Kosten der Software (795,14 €). Die Klägerin habe ihm, dem Beklagten, darüber hinaus Einnahmen aus Kartenzahlungen in Höhe von etwa 7.800 € und Überweisungen von Firmen auf ihre Konten in Höhe von 6.800 € zu erstatten.

Wegen dieser Beträge hat der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung in Höhe eines Gesamtbetrages von 21.695,85 € gegenüber etwaig ausstehenden Pachtzinsforderungen erklärt.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 03.12.2012 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Pachtverhältnis sei aufgrund der Kündigung wegen Zahlungsverzuges gemäß § 543 BGB beendet, so dass das Pachtobjekt herauszugeben sei. Auch der Zahlungsanspruch bestehe, weil der Beklagte die Pacht nicht bezahlt habe. Soweit er geltend mache, Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber Dritten getilgt zu haben, bleibe sein Vortrag unsubstantiiert. Auch fehle es an einem geeigneten Beweisantritt.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 11.10.2013 zugestellte Urteil mit am 11.11.2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit dem am Montag, den 13.01.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er ist der Ansicht, das Landgericht sei unrichtigerweise von der Wirksamkeit der Rückabtretung und der Unwirksamkeit der Vollmacht ausgegangen. Ansprüche der Klägerin aus dem Pachtvertrag seien durch die Vereinbarung vom 31.10.2011 erloschen, diese Vereinbarung wirke gegen die Klägerin als Vollmachtgeberin. Im Übrigen habe weitere Pachtzahlungen geleistet, nämlich am 06.06.2012 450 € und am 03.07.2012 500 €.

Mit Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin zu 1), die bereits im Hinblick auf deren eigenen Pachtvertrag berechtigt erfolgt sei, sei die Herausgabepflicht gegenüber der Klägerin erfüllt. Die Klägerin habe gegen die Inbesitznahme der Pachtsache durch die Nebenintervenientin zu 1) auch nichts unternommen. Das Landgericht habe fälschlicherweise die Hilfsaufrechnung unberücksichtigt gelassen.

Der Beklagte hat die mit der Berufung gegen die Klägerin sowie ihre Gesellschafter, die Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) erhobene Widerklage auf Auskunft über erzielte Einnahmen in der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2015 zurückgenommen und beantragt zuletzt noch

unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 03.12.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ihr stehe gegenüber dem Beklagten ein Herausgabeanspruch nach wie vor zu, weil die Pachtsache nicht an sie, sondern an die Nebenintervenientin zu 1) herausgegeben worden sei. Der Beklagte müsse sich zunächst in den Besitz der Pachtsache setzen und diese sodann an die Klägerin herausgeben.

Der Vergleich vom 31.10.2012 entfalte ihr gegenüber keine Wirkung. Die Nebenintervenientin zu 1) sei bei Abschluss der Vereinbarung in eigenem, nicht in ihrem (der Klägerin) Namen aufgetreten. Sie sei zum Abschluss des Vertrages in ihrem – der Klägerin – Namen auch nicht berechtigt gewesen, weil die Ansprüche aus dem Pachtvertrag an sie – die Klägerin – zurückabgetreten worden seien. Die Vollmacht, auf die der Beklagte sich berufe, sei mit Abtretung der Rechte am selben Tag gegenstandlos geworden. Der Vergleich binde sie auch deshalb nicht, weil der Beklagte und die Nebenintervenientin zu 1) kollusiv zu ihren Lasten gehandelt hätten.

Die Nebenintervenienten sind der Ansicht, die Nebenintervenientin zu1) habe den Vergleich vom 31.10.2012 wirksam und mit Wirkung für die Klägerin abgeschlossen. Die Rechte aus dem Pachtvertrag seien an sie abgetreten worden, damit sie mit dem Beklagten verhandeln und die Realisierung des zwischen ihr und der Klägerin abgeschlossenen Pachtvertrages bewirken könne. Im Hinblick auf die anhängig gemachte Klage sei dann eine Rückabtretung an die Klägerin erforderlich geworden, die sie allerdings nur unter einer Bedingung erklärt habe, nämlich der Begleichung ihrer Rechnung vom 03.9.2012. Diese Rechnung habe die Klägerin nicht bezahlt, so dass die Rückabtretung nicht wirksam gewesen sei. Jedenfalls habe die Klägerin durch den Drittwiderbeklagten zu 1) bei einer Besprechung am 07.11.2012 die Vergleichsvereinbarung vom 31.10.2012 genehmigt.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Das Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519 520 ZPO.

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten weder die Herausgabe des Pachtobjekts noch die Zahlung weiteren Pachtzinses verlangen. Eine Verurteilung zur Herausgabe kommt nicht in Betracht, weil der Beklagte seine entsprechende Verpflichtung am 01.11.2012 mit Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin zu 1) erfüllt hat. Etwaige Zahlungsansprüche werden von der Abgeltungsklausel in dem Vergleich vom 31.10.2012 erfasst. Dementsprechend war das Versäumnisurteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

1. Der Herausgabeanspruch der Klägerin ist durch Erfüllung bereits am 01.11.2012 erloschen ( § 362 BGB).

Zwar befand sich das Pachtobjekt bei Eintritt der Rechtshängigkeit aufgrund Pachtvertrages im Besitz des Beklagten. Dieser Pachtvertrag ist beendet, wobei nicht entscheidungserheblich ist, ob er aufgrund einer der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen oder aufgrund Vertragsaufhebung durch die „außergerichtliche Vergleichsvereinbarung“ vom 31.10.2012 beendet worden ist. Spätestens am 31.10.2012 bestand ein Herausgabeanspruch der Klägerin, den der Beklagte aber mit Übergabe des Objekts am 01.11.2012 an die Nebenintervenientin zu 1) erfüllt hat. Mit Herausgabe des Pachtobjekts ist die Klägerin nunmehr klaglos gestellt, eine Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe kommt im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr in Betracht.

Die Herausgabe der Pachtsache durch den Beklagten an die Nebenintervenientin zu 1) entfaltet Rechtswirkung gegenüber der Klägerin. Für die rechtliche Beurteilung bleibt dabei ohne Bedeutung, ob die Nebenintervenientin zu 1) zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Abtretung vom 31.07.2012 noch Inhaberin der Rechte aus dem Pachtvertrag war, ob die Abtretung dieser Rechte durch die Klägerin vom 31.07.2012 durch die Rückabtretung am 03./14.09.2012 rückabgewickelt worden ist, oder ob die Rückabtretung mangels hinreichende Bestimmung der rückabzutretenden Forderung bzw., wie die Nebenintervenienten vortragen, wegen Nichteintritts einer Bedingung, keine Wirksamkeit erlangt hat. In jedem dieser Fälle käme der Herausgabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin zu 1) gegenüber der Klägerin Erfüllungswirkung zu. Denn sofern die Abtretung vom 31.07.2012 noch Bestand hatte, handelte die Nebenintervenientin zu 1) aus eigenem Recht. Waren die Rechte aus dem Pachtvertrag hingegen wirksam an die Klägerin rückabgetreten, handelte die Nebenintervenientin zu 1) bei der Entgegennahme der Pachtsache jedenfalls mit Vollmacht der Klägerin ( § 164 BGB).

Die Klägerin hatte die Nebenintervenientin zu 1) unter dem 31.07.2012 umfassend bevollmächtigt. Sie hatte sie beauftragt und bevollmächtigt, ihre Interessen als Eigentümer und Verpächter des Pachtobjekts wahrzunehmen und zusätzlich ausgeführt, dies betreffe insbesondere das gegen den Beklagten anhängige Räumungs- und Zahlungsklageverfahren. Die Nebenintervenientin zu 1) sei ausdrücklich zu weiteren in diesem Kontext notwendigen Rechts- und sonstigen Maßnahmen berechtigt. Dies stellt eine umfassende Vollmacht dar, die auch den Abschluss eines Vergleiches zur Regelung sämtlicher Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Pachtvertrages des Beklagten beinhaltet.

Diese Vollmacht ist auch wirksam. Insbesondere steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen, dass sie gleichzeitig mit einer Abtretung derselben Rechte erklärt worden ist, auf die sich die Vollmacht bezieht. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass für ein Handeln auf der Grundlage einer Vollmacht solange kein Raum ist, als nicht der Vollmachtgeber, sondern der Vollmachtnehmer Inhaber der Rechte ist, bezüglich derer die Vollmacht besteht. Allerdings beraubt dies die Vollmacht nicht ihrer Wirksamkeit. Nach § 168 BGB bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Vollmacht und Abtretung beruhten hier auf einer Vereinbarung zwischen Klägerin und Nebenintervenientin zu 1), aufgrund derer letztere die Geschäftsbesorgung im Zusammenhang mit der Beendigung des Pachtvertrages des Beklagten übernehmen sollte. Dazu sollte die Nebenintervenientin zu 1) mit umfassenden Handlungsbefugnissen ausgestattet werden, weshalb ihr zeitgleich eine Vollmacht erteilt und die Rechte abgetreten wurden. Die Vollmacht war erkennbar für die Fallkonstellationen erteilt, in denen die Abtretung – möglicherweise aus von den Parteien noch nicht zu übersehenden Gründen – nicht zum Zuge kommen würde. Demzufolge ist nicht ersichtlich, dass die Vollmacht mit Wirksamwerden der Abtretung erlöschen sollte. Vielmehr berechtigte sie die Nebenintervenientin zu 1) auch nach der Rückabtretung der Rechte aus dem Pachtvertrag zum Handeln im Namen der Klägerin.

Anders als die Abtretung ist die Vollmacht nicht widerrufen worden. Die Erklärung vom 3./14.09.2012 bezieht sich ihrem Wortlaut nach nur auf die Abtretung. Dies entsprach auch dem Interesse der Parteien. Denn die Nebenintervenientin zu 1) war nach wie vor mit der Abwicklung des Pachtverhältnisses des Beklagten befasst, die Rückabtretung war allein aus prozessualen Gründen erforderlich, weil die Klägerin sonst im streitgegenständlichen Verfahren nicht aktivlegitimiert gewesen wäre.

Die Nebenintervenientin hat bei Abschluss der Vereinbarung vom 31.10.2012 auch von der Vollmacht Gebrauch gemacht. Sie ist bei Abschluss des außergerichtlichen Vergleichs, in dem sich der Beklagte zur Übergabe des Pachtobjekts an die Nebenintervenientin zur Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber der Klägerin verpflichtete hat, auch für die Klägerin aufgetreten. Zwar werden als Parteien der Vereinbarung nur die Nebenintervenientin zu 1) sowie der Beklagte genannt. Auch der Wortlaut der Vereinbarung weist nicht ausdrücklich darauf hin, dass die Nebenintervenientin zu 1) namens der Klägerin handelt. Allerdings ist nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB das ausdrückliche Auftreten im fremden Namen entbehrlich, sofern die Umstände den Vertretungsfall ergeben. Dies war hier der Fall. Denn die außergerichtliche Vereinbarung nimmt in ihrer Präambel auf die gesamten Umstände der Verpachtung, insbesondere den streitgegenständlichen Rechtsstreit, die Neuverpachtung an die Nebenintervenientin zu 1) und die ihr in diesem Zusammenhang erteilt Vollmacht Bezug und bestimmt, die Regelungen des Vergleichs sollten der gütlichen Beilegung „dieses Rechtsstreits“ und der abschließenden Regulierung der Beziehungen dienen. Die verdeutlicht ein Handeln auch im Namen der Klägerin.

Selbst wenn eine ausreichende Vollmacht der Nebenintervenientin zu 1) nicht bestanden haben sollte, müsste sich die Klägerin die Herausgabe des Objekts an sie durch den Beklagten zurechnen lassen, weil sie das Handeln der Nebenintervenientin jedenfalls nachträglich dadurch genehmigt hat, dass sie auf die Mitteilung der Nebenintervenientin vom 03.11.2012 vom Vergleichsabschluss und der Übernahme des Hotels untätig geblieben ist. Die Genehmigung vollmachtlosen Handelns nach § 177 BGB, die die Wirksamkeit des Geschäfts bewirkt, kann auch stillschweigend erklärt werden. Bloßes Schweigen steht einer Genehmigung dann gleich, wenn der Vertretene nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern (Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 177 Rdnr. 6). Im Hinblick darauf, dass die Nebenintervenientin zu 1) jedenfalls zunächst zu Vergleichsverhandlungen mit dem Beklagten bevollmächtigt war, hätte die Klägerin nach der Unterrichtung von dem Vergleichsschluss mitteilen müssen, dass sie das Geschäft wegen zwischenzeitlichem Widerruf der Vollmacht nicht für sich anerkennt, zumal die Nebenintervenientin zu 1) sie mit dem Schreiben zugleich darauf hinwies, dass mit Übergabe des Hotels nunmehr der zwischen ihr und der Klägerin auf 10 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag zu laufen beginne. Die Klägerin hat einen solchen Widerspruch aber nicht erklärt, sondern die erfolgte Herausgabe durch den Beklagten sogar gegenüber Dritten bestätigt, indem sie der Investitionsbank … mitteilte, der Pachtvertrag mit dem Beklagten sei am 31.10.20012 rückabgewickelt worden und an die Fa. TA… GmbH schrieb, seit dem 01.11.2012 betreibe die Nebenintervenientin zu 1) das Hotel als Pächter in Betriebsübernahme vom Beklagten, der vorherige Pachtvertrag zum Beklagten sei durch einvernehmliche Besitzübergabe am 31.10.2012 aufgehoben worden.

2. Die Klägerin kann vom Beklagten auch nicht die Zahlung ausstehenden Pachtzinses bis zum 31.10.2012 verlangen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte, wie er zweitinstanzlich hat vorgetragen lassen, Zahlungen auf die Miete nicht nur im Monat Mai 2012, sondern auch im Juni und Juli geleistet hat. Denn etwaige Forderungen der Klägerin sind aufgrund der Abgeltungsklausel in der außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung vom 31.10.2012 erloschen, nachdem die Parteien unter Ziff. 3 (Streitbeendigung) vereinbart haben, dass mit dem Vollzug der vorstehenden Punkte, die die Räumung durch den Beklagten und die Zahlung eines Abgeltungsbetrages durch die Nebenintervenientin betreffen, alle gegenseitigen Forderungen zwischen ihnen ausglichen sind. Diese Klausel erfasst auch die Zahlungsforderung gegenüber der Klägerin. Zwar bezieht sie sich ihrem Wortlaut nach nur auf Forderungen im Verhältnis der an dem Vergleich unmittelbar Beteiligten, nämlich der im Kopf der Vereinbarung genannten Parteien. Allerdings nehmen die Parteien im weiteren Text auf den streitgegenständlichen Rechtsstreit Bezug und halten fest, dass der Klagegrund mit Herausgabe des Hotels entfallen ist. Da Gegenstand der Klage nicht nur der Herausgabe-, sondern auch der Zahlungsanspruch war, bezieht sich die Abgeltungsklausel nach dem Willen der Parteien auch auf diesen.

Diese Abgeltungsklausel muss sich die Klägerin aufgrund der von ihr erteilten Vollmacht gegenüber der Nebenintervenientin zu 1) aus den oben angeführten Gründen auch zurechnen lassen. Eine Verpflichtung der Klägerin scheitert auch nicht etwa daran, dass die Nebenintervenientin zu 1) die Grenzen der ihr eingeräumten Vollmacht überschritten oder sie und der Beklagte bei Abschluss der Vereinbarung kollusiv zu Lasten der Klägerin zusammengewirkt hätten. Es ist bereits nicht erkennbar und von der Klägerin, nachdem, wie gezeigt, von dem Fortbestand der eingeräumten Vollmacht auszugehen ist, auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die Nebenintervenientin zu 1) bei Abschluss der Vereinbarung ihre Vollmacht überschritten hätte. Wie gezeigt, bezog sich diese auf sämtliche Geschäfte im Zusammenhang mit der Beendigung des Pachtverhältnisses zum Beklagten. Um den neuen Pachtvertrag im Verhältnis zur Nebenintervenientin zu 1) umsetzen zu können, der Voraussetzung für den Erhalt von Fördermitteln war, hatte die Klägerin deshalb zunächst sogar eine Abtretung aller Rechte aus dem Pachtvertrag erklärt.

Der Verpflichtung der Klägerin durch die Vergleichsabrede steht entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht kollusives Handeln der Nebenintervenientin zu 1) mit dem Beklagten entgegen. Zwar wird der Vertretene nach § 138 BGB dann durch ein von seinem Vertreter abgeschlossenen Geschäft nicht verpflichtet, wenn er zusammen mit dem Vertragspartner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirkt (BGH, Urteil vom 17. Mai 1988 – VI ZR 233/87, NJW 1989, 26). Dass die Nebenintervenientin mit dem Abschluss der Vereinbarung gegenüber der Klägerin treuwidrig gehandelt hätte, ist aber nicht erkennbar. Die Vergleichsvereinbarung enthielt zwar mit der Abgeltungsklausel auch Bestandteile, die für sich genommen wirtschaftlich nachteilig für die Klägerin sein konnten. In der Gesamtschau ist die Vergleichsvereinbarung für die Klägerin aber vorteilhaft, konnte sie dadurch doch ihren Verpflichtungen aus dem Pachtvertrag mit der Nebenintervenientin zu 1) und den Vorgaben der ILB betreffend Zuwendung von Fördermitteln nachkommen.

Schließlich hat auch die Klägerin zumindest in ihrem Schreiben an die TA… GmbH vom 22.03.2013 den gegenseitigen Forderungsverzicht in dem Vergleich vom 31.10.2012 auch nach außen hin ausdrücklich bestätigt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 Satz 2, 344 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, auch insoweit der Beklagte seine Widerklage zurückgenommen hat, weil diese Forderung im Verhältnis zur Klageforderung geringfügig war und keinen Gebührensprung verursacht hat. Davon ausgenommen sind die den Drittwiderbeklagten entstandenen außergerichtlichen Kosten sowie die durch die Säumnis des Beklagten im Termin vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) am 03.12.2012 entstandenen Kosten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Entscheidung beruht auf den Umständen des Einzelfalles, ohne dass den rechtlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

IV.

Der Streitwert wird auf 86.800 € festgesetzt. Auf die Klage entfallen davon 84.200 €, und zwar auf den Räumungsantrag 60.000 € ( § 41 Abs. 2 GKG) und auf den Zahlungsantrag 24.200 €. Der Streitwert für die Widerklage war mit 1/3 des mit dem Auskunftsanspruch verfolgten Zahlungsanspruches (7.800 €), mithin 2.600 € zu bemessen.

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