Skip to content
Menü

Gewerberaummietvertrag – Ausübung des Optionsrechts

LG Köln – Az.: 2 O 284/19 – Urteil vom 19.11.2020

Der Beklagte wird verurteilt, den Gewerberaum in der W Straße ### L, im Erdgeschoss, bestehend aus Gastraum mit drei Zusatzräumen davon zwei Toiletten und einem Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Kosten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Räumungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Räumung eines Gewerbemietobjektes.

Ursprüngliche Parteien des Mietvertrags bzgl. des im Tenor genannten Gewerberaums waren als Vermieterin die Streithelferin und als Mieter Frau P und Herr P1. Am 21.11.2011 löste der Beklagte Frau P ab. Am 09.02.2017 einigten sich die Parteien darauf, dass der Beklagte alleiniger Mieter sein sollte. Zum 30.06.2014 war der damalige Geschäftsführer der Streithelferin C aus dem Unternehmerin der Streithelferin ausgeschieden.

In § 3 Ziff. 1 des Mietvertrags war eine Laufzeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2016 vereinbart. In § 3 Ziff. 2 des Mietvertrags war Folgendes geregelt:

„Der Vermieter räumt dem Mieter ein einmaliges Optionsrecht bis zum 31.12.2025 ein, wenn die Option bis zum 30.06.2016 schriftlich ausgeübt wird.“

§ 8 Abs. 1 lautete wie folgt: „Bei einer Mehrheit von Mietern genügt es, wenn einem der Mieter gegenüber oder von einem von ihnen Willenserklärungen abgegeben werden; die Mieter bevollmächtigen sich insoweit wechselseitig zur Abgabe und Empfangnahme von Willenserklärungen.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrags wird auf die Anl. K 1, Bl. 3 ff. d.A., Bezug genommen.

Unter dem 12.04.2016 schrieb der Beklagte: „Hiermit möchte ich meine Optionsrecht gebrauchen. Und um Mietverhältnis 8 Jahre zu verlängern. Bitte ich um Ihr Kenntnisse und Erledigen.“ (Anl. K2, Bl. 7 d.A.).“

Mit Schreiben vom 25.10.2018 erhöhte die Streithelferin die Nettokaltmiete auf 1.200,00 EUR / Gesamtmiete 1.578,48 EUR. Sie kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 14.03.2019 zum 30.09.2019 (Anl. K 4, Bl. 9 d.A.). Im Anschluss veräußerte die Beklagte das Objekt an die Klägerin. Sie wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen (Anl. K9, Bl. 50 ff.d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.08.2019 schrieb der Beklagte an die Klägerin, dass sich das Mietverhältnis aufgrund der Ausübung der vertraglich vereinbarten Option „zumindest bis zum 30.06.2020 verlängert“ habe. Ferner sei vereinbart worden, dass der Beklagte die Gaststätte bei vorzeitigem Auszug an einen Nachmieter verkaufen könne, um seine Investitionen abzusichern.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.08.2019 forderte die Klägerin den Beklagten zur Räumung bis zum 30.09.2019 auf.

Die Klägerin und die Streithelferin behaupten, den Beklagten sowie Herrn Hassan P1 mit Schreiben vom 29.12.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen zu haben, dass die Option nicht wirksam ausgeübt worden sei (Anl. SH1, Bl. 44 d.A.).

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Gewerberaum in der W Straße ### L, im Erdgeschoss, bestehend aus Gastraum mit drei Zusatzräumen davon zwei Toiletten und einem Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben sowie die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, dass der ursprüngliche Mieter, Herr H2. P1, alle Belange des Mietverhältnisses verhandelt und im Einverständnis des Beklagten verbindliche Erklärungen im Mietverhältnis abgegeben habe. Dies habe der damalige Geschäftsführer der Streithelferin, Herr D. B., gewusst und gebilligt. Herr H2. P1 habe bei der Ausübung des Optionsrechts mit dessen Einverständnis auch im Namen des Beklagten gehandelt. Der Mietvertrag sei nach Ausübung der Option auch einvernehmlich fortgeführt worden.

Er behauptet, dass Herr H2. P1 zu Beginn des Mietverhältnisses Investitionen in Höhe von 230.000,00 EUR getätigt habe. Die ehemalige Vermieterin habe diesen und den Beklagten darin bestärkt, dass sie lange Zeit haben würden, die Investitionen auch zu nutzen. Der Beklagte ist deshalb der Ansicht, dass die Kündigung jedenfalls treuwidrig sei.

Mit Schriftsatz vom 03.11.2020 hat der Beklagte vorgetragen, dass auch der Beklagte selbst die streitgegenständliche Option ausgeübt habe. Beide Schreiben zur Optionsausübung seien von Herrn P1 und seiner Tochter U bei der Streithelferin persönlich abgegeben worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist hinsichtlich des Räumungsanspruchs begründet und hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unbegründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Räumungsanspruch aus § 546 Abs. 1 BGB zu.

Sie ist gem. § 566 BGB in den Mietvertrag zwischen dem Beklagten und der Streithelferin eingetreten. Auf die Rüge des Beklagten hat sie ihre Eigentumsstellung durch Vorlage der Eintragungsbekanntmachung belegt.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat das Mietverhältnis wirksam gem. § 580a Abs. 2 BGB gekündigt.

Nach dieser Vorschrift kann ein Mietverhältnis über Geschäftsräume spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres gekündigt werden.

Die ordentliche Kündigung war zulässig. Das Mietverhältnis hat sich nach Ablauf der im Mietvertrag vorgesehenen Befristung zum 31.12.2016 durch Fortsetzung des Gebrauchs gem. § 545 BGB auf unbestimmte Zeit verlängert.

Das im Mietvertrag vorgesehene Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 31.12.2025 ist nicht wirksam ausgeübt worden.

Das Schreiben des Herrn P1 vom 12.04.2016 (Anl. K2, Bl. 7 d.A.) stellt keine wirksame Ausübung des Optionsrechts dar.

Es kann dahinstehen, ob Herr P1 auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 des Mietvertrags allein zur Ausübung des Optionsrechts berechtigt gewesen ist (gegen die Wirksamkeit einer formularmäßigen Vollmachtserteilung für die Optionsausübung Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 542, Rn. 185).

Herr P1 hat in dem Schreiben nicht das vertragliche Optionsrecht ausgeübt. Dieses sollte ausweislich des Vertrags bis zum 31.12.2025 laufen und damit 9 Jahre lang. Im Schreiben des Herrn P1 heißt es im zweiten Satz „Und um Mietverhältnis 8 Jahre zu verlängern“. Auch aus einer Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB aus Sicht des verobjektivierten Empfängerhorizontes ergibt sich nicht, dass die damalige Vermieterin die Erklärung nur so verstehen konnte, dass der damalige Mieter das vertraglich vorgesehene Optionsrecht ausüben wollte. Genauso ist es aus Empfängersicht möglich, dass der Mieter zwar im Grundsatz das Optionsrecht ausüben wollte, allerdings zu anderen Bedingungen als vertraglich vereinbart. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Mieter schreibt „Hiermit möchte ich meine Optionsrecht gebrauchen“ und damit wohl Bezug auf das vertraglich vereinbarte Optionsrecht nimmt. Dies lässt aus der Sicht des Empfängers keinen sicheren Rückschluss darauf zu, dass der damalige Mieter das Mietverhältnis tatsächlich bis zum Ende des Jahres 2025 fortsetzen wollte und nicht ein neues Angebot auf eine Verlängerung des Mietvertrags abgeben wollte.

Die Streithelferin hat das als neues Angebot i.S.v. § 150 Abs. 2 BGB anzusehende Angebot nicht angenommen. Dies ist auch nicht durch schlüssiges Verhalten durch Fortsetzung des Mietverhältnisses erfolgt. § 545 BGB regelt gerade, dass sich das Mietverhältnis durch Fortsetzung des Gebrauchs nach Ablauf einer Befristung in ein solches mit unbestimmter Laufzeit verlängert. Auch aus dem Vortrag des Beklagten, dass der damalige Geschäftsführer der Streithelferin die Verlängerung akzeptiert habe, folgt keine Annahme des neuen Angebotes. Der Beklagte hat den Vortrag der Streithelferin, dass der genannte Geschäftsführer bereits im Jahr 2014 aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, unstreitig gestellt und an seinen entsprechenden Behauptungen nicht mehr festgehalten.

Die Klägerin ist auch nicht aus § 242 BGB gehindert, sich auf die nicht ordnungsgemäße Ausübung der Option zu berufen. Ihre Rechtsvorgängerin war nicht verpflichtet, bei ihren Mietern nachzufragen, wie das Optionsrecht zu verstehen war oder ob sie im Namen beider Mieter erfolgte. Es hätte vielmehr den Mietern oblegen, hinsichtlich des Erfolgs der für sie wichtigen Rechtshandlung für Klarheit vor Ablauf der Frist zur Ausübung des Optionsrechts zu sorgen.

Auch die vom Beklagten behaupteten Investitionen in das Lokal stehen der Kündigung des Mietvertrags nicht entgegen. Der Beklagte hat insoweit weder die Investitionen noch eine darauf bezogene Vereinbarung, die einer Kündigung entgegenstehen würde, mit der Streithelferin schlüssig dargelegt.

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass es ein weiteres vom Beklagten unterschriebenes Schreiben bzgl. der Optionsausübung gegeben habe, hat die Klägerin dies bestritten und Verspätung gerügt. Der entsprechende Vortrag, den der Beklagte jedenfalls im Termin auch nicht unter Beweis gestellt hat, ist verspätet erfolgt, denn er ist nicht rechtzeitig vor dem Termin zur Beweisaufnahme bei Gericht eingegangen. Aufgrund des Bestreitens der Klägerin hätte es eines weiteren Termins zur Beweisaufnahme bedurft, was den Rechtsstreit objektiv verzögert hätte.

Die Klage ist hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unbegründet. Der Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Der geltend gemachte Räumungsanspruch war zum Zeitpunkt des außergerichtlichen Schreibens noch nicht fällig. Der Anspruch folgt auch nicht aus §§ 280 Abs. 1, 535 BGB. Der Beklagte hat vor dem ersten Tätigwerden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin keine Pflicht aus dem Mietvertrag verletzt.

Der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 03.11.2020, der nicht von dem im Termin zur mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatznachlass auf das tatsächliche neue Vorbringen der Gegenseite im Schriftsatz vom 20.10.2020 gedeckt ist, bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO. Ein Grund für eine verpflichtende Wiedereröffnung i.S.v. § 156 Abs. 2 BGB ist nicht gegeben. Eine Wiedereröffnung ist auch nicht gem. § 156 Abs. 1 ZPO geboten. Das Gericht hat dabei auf der einen Seite die Konzentrationsmaxime, die den raschen Abschluss der Instanz gebietet, andererseits die Chance zur Vermeidung eines Rechtsmittel- oder Wiederaufnahmeverfahrens oder einer gütlichen Einigung zu berücksichtigen. Insbesondere darf über § 156 die Präklusionsregelung des § 296 nicht obsolet gemacht werden (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 156 ZPO, Rn. 5) Ein Grund dafür, warum das angeblich vom 20.04.2016 stammende Schreiben nicht bereits vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden ist, ist vom Beklagten nicht vorgebracht worden und auch im Übrigen nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 7, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 18.941,76 EUR

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!