Skip to content
Menü

Gewerberaummietvertrag – Schlüsselrückgabe einer Mietobjektsrückgabe

Schlüsselprobleme im Gewerberaummietrecht

Die Rückgabe von Mietobjekten, insbesondere im Kontext von Gewerberaummietverträgen, birgt oft rechtliche Unsicherheiten und Herausforderungen. Ein zentrales Element dieser Rückgabeprozesse ist die Schlüsselrückgabe. Das jüngste Urteil des OLG Hamm vom 01.09.2023 beleuchtet genau diese Problematik und bietet tiefe Einblicke in die rechtlichen Feinheiten, die bei der Rückgabe von Gewerberäumen zu beachten sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 30 U 195/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Gewerberaummietvertrag: Zentrale Fragestellung war, ob die Schlüsselrückgabe als formelle Rückgabe des Mietobjekts gilt.
  • Verjährungsfrist: Diskussion darüber, wann die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche beginnt – bei reiner Besitzaufgabe oder tatsächlicher Rücknahme der Schlüssel.
  • Besitzaufgabe: Das Gericht stellte fest, dass die Verjährungsfrist mit der tatsächlichen Besitzaufgabe durch den Mieter beginnt.
  • Schadensersatzansprüche: Diese unterliegen einer kurzen Verjährung, insbesondere wenn das Mietobjekt nicht im vertraglich geschuldeten Zustand zurückgegeben wurde.
  • Annahmeverzug: Ein Vermieter ist nicht verpflichtet, ein Mietobjekt „auf Zuruf“ zurückzunehmen.
  • Unterschied zum BGH-Urteil: Im vorliegenden Fall erhielt der Kläger tatsächlich den Besitz am Mietobjekt zurück, da die Schlüssel in seinen Briefkasten und nicht in den des Mietobjekts geworfen wurden.
  • Verjährungsbeginn: Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Rückerhalt des Mietobjekts durch den Vermieter und der Aufgabe des Besitzes durch den Mieter.

Die Kernpunkte des Falles

Gewerberaummietvertrag – Schlüsselrückgabe einer Mietobjektsrückgabe
(Symbolfoto: PreciousJ /Shutterstock.com)

Der Fall dreht sich um einen Gewerberaummietvertrag und die damit verbundene Rückgabe des Mietobjekts. Ein zentrales Streitthema war die Frage, ob die Rückgabe der Schlüssel als formelle Rückgabe des Mietobjekts zu werten ist. Der Kläger argumentierte, dass die Verjährungsfrist nicht mit der Rückgabe der Schlüssel begonnen habe und behauptete weiterhin, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, die Rücknahme der Schlüssel zu akzeptieren.

Rechtliche Erwägungen und Urteilsbegründung

Das Gericht musste mehrere rechtliche Aspekte berücksichtigen. Einerseits ging es um die Frage, wann genau die Verjährungsfrist für bestimmte Schadensersatzansprüche beginnt. Hierbei wurde insbesondere diskutiert, ob die reine Besitzaufgabe durch den Mieter oder die tatsächliche Rücknahme der Schlüssel durch den Vermieter maßgeblich ist.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sämtliche Schadensersatzansprüche des Vermieters, die sich darauf stützen, dass das Mietobjekt nicht im vertraglich geschuldeten Zustand zurückgegeben wurde, der kurzen Verjährung unterliegen. Dies betrifft sowohl Ansprüche aufgrund von vertragswidrigen Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache als auch Ansprüche, die sich auf eine nicht durchgeführte Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache stützen.

Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage, ob der Vermieter verpflichtet ist, ein Mietobjekt „auf Zuruf“ zurückzunehmen. Hierbei wurde ein Urteil des Bundesgerichtshofs herangezogen, welches besagt, dass ein Vermieter nicht dazu verpflichtet ist. Allerdings unterschied sich der vorliegende Fall insofern, als dass der Kläger tatsächlich den Besitz an dem Mietobjekt zurückerhalten hat.

Bedeutung und Tragweite des Urteils

Das Urteil des OLG Hamm verdeutlicht die Komplexität und die rechtlichen Feinheiten, die bei der Rückgabe von Gewerberäumen zu beachten sind. Es zeigt, dass nicht nur die physische Rückgabe des Mietobjekts, sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie Verjährungsfristen und Schadensersatzansprüche, von entscheidender Bedeutung sind. Mieter und Vermieter sollten sich daher stets über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen.

Das Urteil hat auch Auswirkungen auf zukünftige Fälle, da es klare Richtlinien für die Rückgabe von Gewerberäumen und die damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen setzt. Es dient als wichtiger Leitfaden für Mieter und Vermieter und hilft, zukünftige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

➨ Unsicher bei Schlüsselrückgaben im Gewerberaummietrecht?

Die Rückgabe von Gewerberäumen und insbesondere die Schlüsselrückgabe kann rechtliche Fragen aufwerfen, wie das aktuelle Urteil des OLG Hamm zeigt. Ob Sie Vermieter oder Mieter sind, es ist entscheidend, Ihre Position und Ihre Rechte in solchen Situationen zu kennen. Benötigen Sie Klarheit über Ihre rechtlichen Pflichten und Möglichkeiten? Unsere Experten bieten Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung und beraten Sie anschließend umfassend zu Ihrem individuellen Fall. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt mit uns auf – für eine rechtssichere Lösung.

✉ jetzt anfragen!

Besitzaufgabe im Mietrecht – kurz erklärt


Im Mietrecht bezieht sich die Besitzaufgabe auf die Rückübertragung des Besitzes einer Mietwohnung oder eines Mietobjekts vom Mieter an den Vermieter. Wenn ein Mietverhältnis endet, ist der Mieter verpflichtet, den Besitz der Mietwohnung aufzugeben und sie an den Vermieter zurückzugeben. Sollte der Vermieter jedoch unberechtigterweise seine Mitwirkung an der Rückübertragung des Besitzes verweigern, ist der Mieter zur Besitzaufgabe berechtigt. Ein Beispiel für eine solche Verweigerung wäre, wenn der Vermieter zum vereinbarten Auszugstermin nicht in der Wohnung erscheint, um diese zu übernehmen. Es ist wichtig zu beachten, dass die bloße Besitzaufgabe des Mieters durch Auszug nicht ausreicht, um den Rückgabe- oder Räumungsanspruch des Vermieters zu erfüllen.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm-  Az.: 30 U 195/22 – Urteil vom 01.09.2023

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 28.06.2022 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen – 1 O 369/21 – teilweise abgeändert.

Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 10.516,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.544,37 Euro seit dem 04.02.2021, 04.03.2021, 06.04.2021 und 05.05.2021 sowie aus 339,25 Euro seit dem 04.06.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers und die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 76% und die Beklagte zu 24%.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils gegen sie insgesamt vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung rückständiger Miete und Schadensersatz aus einem beendeten gewerblichen Mietverhältnis in Anspruch.

Mit Vertrag vom 17.06.2009 vermietete der Kläger eine Halle nebst Lagerbüro im Erdgeschoss des Gebäudes J.-straße N01 in A sowie außenliegende Stellplätze an die Beklagte (K 1, Bl. 56 LG). Beginn des Mietverhältnisses war der 15.07.2009. Der Vertrag sollte für ein Jahr gelten und sich um jeweils ein Jahr verlängern, falls nicht drei Monate vor dem jeweiligen Jahresablauf eine Kündigung ausgesprochen wird.

Am 28.03.2012 schlossen die Parteien einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag (K 2, Bl. 61 LG). Darin wurden zusätzliche Gewerbeflächen an die Beklagte vermietet.

Unter § 2.1.1.a des Nachtrags heißt es:

„Das Mietverhältnis für die unter § 1.2.a. benannten Flächen beginnt am 03.04.2012 für die Dauer von zunächst einem Jahr. Das Mietverhältnis für die bisher bereits angemieteten Flächen verlängert sich ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt.“

§ 2.1.1.b lautet unter „Individuelle Vereinbarungen:“ wie folgt:

„Mietvertrag PKW-Stellplatz Nr. 1 wird weitergeführt.

Mietvertrag PKW-Stellplatz Nr. 10 wird mit Beginn dieses Nachtragsmietvertrages aufgehoben.

Mietbeginn für die 1/2 in der Zeichnung dargestellt Fläche ab 1.5.2012.

Rest gelbe und blaue Fläche ab dem 15.5.2012.

Das Mietverhältnis für die dann insgesamt angemieteten Flächen verlängert sich nach Ablauf des ersten Jahres jeweils um 1 Jahr, falls nicht von einer Partei unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten vor Ablauf der Mietzeit gekündigt wird.

Sofern die Übergabe der zusätzlich gemieteten Fläche erst nach dem o. g. Mietbeginn erfolgt, ist der Zeitpunkt der Übergabe maßgebend für den Beginn des Nachtragsvertrages.“

Die Übergabe der zusätzlichen Gewerbeflächen an die Beklagte erfolgte am 05.06.2012. Die Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen für das gesamte Mietobjekt belief sich seither auf monatlich 2.964,37 Euro, zahlbar bis zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus.

Nachfolgend wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 03.03.2019 wie folgt an den Kläger:

„wie telefonisch soeben besprochen wie folgt die beiden Gesprächspunkte, welche wir gerne in einem persönlichen Gespräch mit Ihnen klären wollen.

(…)

2. Wir planen die Beendigung unseres Mietverhältnisses zum 17.06.2020, bei fristgerechter Kündigung zum 17.03.2020.

Gerne würden wir diesen Punkt persönlich mit Ihnen besprechen.

Im Falle einer beiderseitigen Einigung wäre auch eine Beendigung zum Herbst 2020 vorstellbar.

Wünschenswert wäre eine Besprechung der vorgenannten Punkte noch diese Woche. Bitte lassen Sie mir eine Eingangsbestätigung dieser Mitteilung zukommen.“

Die Beklagte erklärte sodann mit Schreiben vom 10.03.2020 gegenüber dem Kläger die Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt 17.06.2020“.

Mit Schreiben vom 18.03.2020 wies der Kläger darauf hin, dass das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung erst zum 30.04.2021 ende (vgl. Bl. 151 LG).

Bis zum 31.12.2020 nutzte die Beklagte das Mietobjekt weiter. An diesem Tag warf sie die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Klägers ein, was dieser mit Schreiben vom 07.01.2021 zurückwies.

Mit Schreiben vom 09.06.2021 forderte der Kläger die Beklagte unter Androhung der Selbstvornahme auf, im Einzelnen benannte Mängel und Schäden bis spätestens zum 19.06.2021 zu beseitigen. Nach Fristablauf verlangte er mit Schreiben vom 25.06.2021 die Zahlung von 47.292,62 Euro Miete und Schadensersatz.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass das Mietverhältnis erst zum 04.06.2021 habe ordentlich gekündigt werden können. Die Beklagte schulde deshalb für den Zeitraum von Februar 2021 bis zum 04.06.2021 die vertragliche Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlung i.H.v. 12.252,73 Euro.

Darüber hinaus sei, so hat er behauptet, das Mietobjekt nicht in ordnungsgemäßem Zustand zurückgegeben worden. Unter Verrechnung mit einem Kautionsguthaben der Beklagten i.H.v. 5.695,08 Euro hat der Kläger Instandsetzungskosten i.H.v. 32.075,52 Euro errechnet, die nach seiner Ansicht von der Beklagten zu erstatten seien.

Mit Schriftsatz vom 07.06.2022 nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Landgerichts hat der Kläger seine Klage in Höhe dieses Betrages hilfsweise anstatt auf das Schadensersatzbegehren auf rückständige Miete für den restlichen Monat Juni 2021 sowie die Monate Juli 2021 bis März 2022 und einen erstrangigen Anteil aus dem Monat April 2022 gestützt (vgl. Bl. 182 LG). Er hat gemeint, dass das Mietverhältnis mangels Widerspruchs gemäß § 545 BGB fortgeführt worden sei.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.328,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.964,37 Euro seit dem 04.02.2021, 04.03.2021, 07.04.2021 und 05.05.2021 sowie aus 395,25 Euro seit dem 04.06.2021 sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus weiteren 32.075,52 Euro seit dem 26.07.2021 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche die Einrede der Verjährung erhoben und die Ansprüche im Übrigen nach Grund und Höhe in Abrede gestellt.

Die Geltendmachung von Mietforderungen stelle, so hat die Beklagte gemeint, eine unzulässige Rechtsausübung dar. Denn es sei auf den ersten Blick nicht ersichtlich gewesen, wann das Mietverhältnis habe gekündigt werden müssen. Hierzu hat die Beklagte behauptet, dass diesbezüglich Gespräche der Parteien geführt worden seien. Danach sei dem Kläger die Beendigungsabsicht der Beklagten klar gewesen, so dass er im Rahmen seiner vertraglichen Nebenpflichten gehalten gewesen sei, auf eine etwaige abweichende Kündigungsfrist hinzuweisen. Überdies sei der Kläger Kaufmann und müsse daher die Grundsätze der §§ 346 ff. HGB gegen sich gelten lassen, mit der Folge, dass mit dem o.g. Schreiben der Beklagten vom 03.03.2019 die Kündigungsfrist abgeändert worden sei.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 12.252,73 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete i.H.v. 12.252,73 Euro zu. Denn das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 10.03.2020 erst zum 04.06.2021 beendet worden. Nach den Regelungen im Nachtrag zum Mietvertrag sei infolge der am 05.06.2012 übergebenen zusätzlichen Gewerbeflächen eine Kündigung des Mietverhältnisses einheitlich zum Ablauf des 04.06. eines jeden Jahres mit einer Frist von drei Monaten möglich gewesen.

Dieser Inhalt sei den Vereinbarungen im Wege der Auslegung beizumessen. Es handle sich insoweit um eine Individualabrede der Parteien. Aber auch bei Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen bestünden keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarungen. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor.

Die sich hieraus ergebende Kündigungsfrist sei nicht nachträglich abgeändert worden. Die Beklagte habe bereits nicht nachgewiesen, dass die §§ 346 ff. HGB für den Kläger Anwendung fänden. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger Kaufmann sei. Im Übrigen komme dem Schreiben der Beklagten vom 03.03.2019 aber auch nicht die Bedeutung eines Antrags im Sinne des § 145 BGB oder eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu. Weder enthalte es eine Willenserklärung noch die Wiedergabe eines telefonisch geschlossenen Rechtsgeschäfts.

Auch liege kein Fall einer unzulässigen Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB vor. Die Kündigungsfrist ergebe sich eindeutig aus den Vereinbarungen der Parteien, so dass dem Kläger kein weiterer Hinweis oblegen habe.

Dem mit der Klage verfolgten Schadensersatzanspruch stehe allerdings die Einrede der Verjährung der Beklagten entgegen. Anwendung finde vorliegend die kurze sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB. Diese sei mit dem Rückerhalt des Mietobjekts in Lauf gesetzt worden. Zurückerhalten habe der Kläger das Mietobjekt spätestens am 08.01.2021 mit Kenntniserlangung von den am 31.12.2020 in seinen Hausbriefkasten eingeworfenen Schlüssel. Die Zustellung des Mahnbescheids am 30.08.2021 habe die Verjährungsfrist daher nicht mehr hemmen können.

Insoweit könne der Kläger seine Klageforderung nicht mit Schriftsatz vom 07.06.2022 hilfsweise auf einen weiter aufgelaufenen Mietrückstand stützen. Denn die dahingehende Eventualklagehäufung sei nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 17.05.2022 nicht mehr zulässig. Im Übrigen sei nach den getroffenen Feststellungen das Mietverhältnis zum 04.06.2021 wirksam beendet worden, so dass kein Anlass bestehe, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die Zuerkennung weiterer 32.075,52 Euro nebst Zinsen begehrt.

Der Kläger führt zur Begründung seines Rechtsmittels aus, das Landgericht habe zu Unrecht eine Verjährung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche angenommen und auch die Hilfsbegründung betreffend weiterer rückständiger Miete zu Unrecht nicht mehr berücksichtigt.

Der Kläger hält an seiner Ansicht fest, dass die Verjährungsfrist nicht bereits mit der Rückgabe der Schlüssel in Lauf gesetzt worden sei. Der Beklagten habe ein Recht auf vorzeitige Rückgabe des Mietobjekts nicht zugestanden, so dass eine Rücknahme klägerseits zu Recht verweigert worden sei.

Weiter hält der Kläger an seiner Ansicht fest, dass das Mietverhältnis mangels Widerspruchs der Beklagten über den 04.06.2021 hinaus gemäß § 545 BGB fortgesetzt worden sei. Das dahingehende erstinstanzliche Vorbringen habe noch berücksichtigt werden müssen. Denn das Landgericht habe ihm eine Stellungnahmefrist im Hinblick auf die gesamten Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung gewährt.

Die Beklagte begehrt mit ihrem als Anschlussberufung aufzufassenden Antrag zu 1) abändernd die vollständige Abweisung der Klage. Im Übrigen verteidigt sie mit ihrem Antrag zu 2) die angefochtene Entscheidung.

Sie meint, dass sie zur Kündigung des Mietvertrags zum 17.06.2020 berechtigt gewesen sei. Die Vertragsbestimmung im Nachtrag sei intransparent und deshalb unwirksam. Denn bei Vertragsbeginn habe nicht eindeutig festgestanden, bis wann die Kündigung spätestens ausgesprochen werden müsse. Das Mietverhältnis habe sich auch nicht gemäß § 545 BGB verlängert. Denn der umfangreiche Schriftverkehr im Nachgang zum Kündigungsschreiben sei hinreichend als Widerspruch zu qualifizieren.

Weiter hält die Beklagte an ihrer Ansicht fest, dass die Geltendmachung der nach dem 01.01.2020 entstandenen Mietforderungen jedenfalls eine unzulässige Rechtsausübung darstelle.

Jedenfalls aber könne der Kläger, so führt sie ferner an, nicht mehr die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen beanspruchen.

Im Übrigen habe das Landgericht zutreffend die Verjährung des Schadensersatzanspruchs angenommen. Mit dem Rückerhalt der Schlüssel sei der Kläger in die Lage versetzt worden, den tatsächlichen Zustand des Mietobjekts zu überprüfen. Damit sei die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt worden. Der Kläger sei nicht dazu berechtigt gewesen, die Rücknahme der Schlüssel zu verweigern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien nimmt der Senat Bezug auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die angefochtene landgerichtliche Entscheidung nebst Sitzungsprotokoll vom 17.05.2022 (Bl. 385 ff. LG). Der Senat nimmt ferner Bezug auf den Inhalt seines Sitzungsprotokolls vom 30.06.2023 (Bl. 99 f. OLG).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob und in welchem Umfang dem Kläger der mit der Klage verfolgte Schadensersatzanspruch zusteht. Denn die Beklagte ist aufgrund der von ihr erhobenen Einrede der Verjährung jedenfalls gemäß § 214 BGB zur Leistungsverweigerung berechtigt.

a. Anwendung findet vorliegend hinsichtlich sämtlicher von dem Kläger im Einzelnen geltend gemachter Positionen die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB.

Die Vorschrift soll zwischen den Parteien des Mietvertrags eine rasche Auseinandersetzung gewährleisten und eine beschleunigte Klarstellung der Ansprüche wegen des Zustands der überlassenen Sache bei Rückgabe erreichen. Ihr Anwendungsbereich ist deshalb weit auszulegen. So unterfallen u.a. Ansprüche auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache ebenso der kurzen Verjährung wie Ansprüche wegen einer vertraglich übernommenen Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht. Ferner sind sämtliche Schadensersatzansprüche des Vermieters umfasst, die ihren Grund darin haben, dass der Mieter die Mietsache als solche zwar zurückgeben kann, diese sich aber nicht in dem bei der Rückgabe vertraglich geschuldeten Zustand befindet (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 – XII ZR 12/13 -, Rn. 15 mwN.).

Hiernach unterfallen dem § 548 Abs. 1 S. 1 BGB die vorliegend streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche. Das betrifft diejenigen, die der Kläger auf vertragswidrige Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache stützt, wie Reinigung des Fliesenbodens, Erneuerung von Scheiben des Hallentores und eines defekten Bewegungsmelders, Reinigung und Lackierung vor Türen/Türzargen, Beseitigung von Ölflecken, Erneuerung beschädigter Bodenfliesen, Ersatz beschädigten Teppichbodens und Reinigung sowie Ersatz eines defekten Fensters, defekter Deckenleuchten und eines Leitungsschutzschalters.

Ferner sind die Schadensersatzansprüche umfasst, die der Kläger auf eine unterbliebene Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache stützt, nämlich Demontage der Küchenzeile nebst Einbauten und Entfernung von Werbe- und Hinweisschildern. Schließlich sind die Kosten für Streicharbeiten und die Wartung des Hallentores als Sekundäransprüche aus der Nichterfüllung vertraglich übernommener Instandhaltungen von § 548 Abs. 1 S. 1 BGB umfasst.

b. Das Landgericht ist nicht zu beanstandend davon ausgegangen, dass die Verjährungsfrist vorliegend spätestens am 08.01.2021 in Lauf gesetzt worden ist.

aa. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 548 Abs. 1 S. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Rückerhalt im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht identisch mit Rückgabe im Sinne von § 546 BGB. Rückerhalt setzt grundsätzlich die unmittelbare Sachherrschaft (§ 854 BGB) des Vermieters und eine Besitzveränderung zu seinen Gunsten voraus. Entscheidend ist, dass der Vermieter die Mietsache auf Veränderungen und Verschlechterungen ungestört untersuchen kann und der Mieter mit Kenntnis des Vermieters den Besitz vollständig und unzweifelhaft aufgibt (BGH, Urteil vom 27.02.2019 – XII ZR 63/18 -, Rn. 11 mwN.). Das gilt auch, wenn das Mietverhältnis erst nach Rückerhalt endet (BGH, Urteil vom 15.03.2006 – VIII ZR 123/05 -, Rn. 9); die Beendigung des Mietverhältnisses ist nicht Voraussetzung des Verjährungsbeginns (BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 8/11 -, Rn. 14 mwN.).

bb. Unstreitig hat die Beklagte die Schlüssel am 31.12.2020 in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen und das Mietobjekt auch verlassen. Darin ist eine vollständige Besitzaufgabe zu sehen. Es steht nicht in Rede, dass die Beklagte etwa noch Zugang zu den Mieträumen hatte.

Der Kläger hat von der Besitzaufgabe Kenntnis erlangt, als er die Schlüssel am 07.01.2021 in seinem Hausbriefkasten vorfand. Da die Beklagte das Mietobjekt zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen hatte, war für den Kläger die vollständige Besitzaufgabe auch nicht zweifelhaft.

cc. Dem Rückerhalt im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass der Kläger zu einer Rücknahme der Mietsache nicht bereit war.

(1) In Rechtsprechung und Literatur werden zwar unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, unter welchen Voraussetzungen der Lauf der Verjährungsfrist nach § 548Abs. 1 BGB beginnt, wenn der Mieter dem Vermieter anbietet, die Mietsache zurückzuerhalten, dieser sie jedoch nicht zurücknimmt.

Nach einer Auffassung sind die Bestimmungen über den Annahmeverzug heranzuziehen mit der Folge, dass der Lauf der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB ausgelöst werde, sobald der Mieter die erfüllungstaugliche Rückgabe der geräumten Mietsache anbiete (so etwa KG, Urteil vom 21.05.2014 – 12 U 9284/99 -, ZMR 2005, 455; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., § 17 Rn. 51).

Nach anderer Auffassung bleibt der Annahmeverzug mit der Rücknahme der Mietsache ohne Einfluss auf den Beginn der Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB; vielmehr könne nur die tatsächliche Besitzaufgabe durch den Mieter (z.B. durch Schlüsseleinwurf bei dem Vermieter) den Lauf der Verjährungsfrist auslösen, weil erst dadurch der Vermieter die Möglichkeit der ungestörten Untersuchung der Mietsache erhalte, von der der Beginn der Verjährungsfrist abhänge (Witt NZM 2012, 545, 548; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht,15. Aufl. 2021, BGB § 548 Rn. N01).

Schließlich wird vertreten, dass es – unabhängig vom Vorliegen eines Annahmeverzugs – der Erlangung der unmittelbaren Sachherrschaft durch den Vermieter gleichstehe, wenn dieser sich selbst der Möglichkeit begebe, die unmittelbare Sachherrschaft auszuüben, etwa indem er ein Angebot des Mieters auf Übergabe der Schlüssel zurückweist (Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl. 2019, BGB § 548 Rn. 22).

(2) Der Bundesgerichtshof hat die Beantwortung dieser Frage bislang offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 27.02.2019 – XII ZR 63/18 -, Rn. 19; Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 8/11 -, Rn. 17). Einer Entscheidung hierüber bedarf es auch vorliegend nicht.

Nach sämtlichen vorgenannten Ansichten beginnt die Verjährungsfrist nämlich jedenfalls mit Rückerhalt des Mietobjektes durch den Vermieter und Aufgabe des Besitzes an diesem durch den Mieter.

Nach den letztgenannten beiden Auffassungen hat die tatsächliche Besitzaufgabe durch die Beklagte den Lauf der Verjährungsfrist auslöst, weil der Kläger hierdurch die Möglichkeit der ungestörten Untersuchung der Mietsache erhalten oder er sich mit der Verweigerung der Besitzergreifung selbst dieser Möglichkeit begeben hat.

Soweit nach der erstgenannten Ansicht die Bestimmungen über den Annahmeverzug heranzuziehen sind, ergibt sich schon deshalb kein anderes Ergebnis, weil nach dieser Rechtsauffassung sogar ein Verjährungsbeginn ohne Rückerhalt des Mietobjektes durch den Vermieter möglich sein soll. Davon abgesehen lagen aber auch die Voraussetzungen eines Annahmeverzugs vor. Die von dem Kläger angeführten Beschädigungen und nicht durchgeführten Arbeiten und Wartungen hätten allenfalls eine Schlechterfüllung der Rückgabeverpflichtung begründet, jedoch nicht schon eine Erfüllungsleistung an sich entfallen lassen. Der Kläger konnte die tatsächliche Inbesitznahme des Mietobjekts auch mit Blick auf das (lediglich) noch bis zum 04.06.2021 fortdauernde Mietverhältnis nicht berechtigt verweigern. Er war bereits gegenwärtig ohne weiteres dazu in der Lage, das Mietobjekt ungestört zu untersuchen, ohne dass eine Besitzposition der Beklagten verblieben war. Bis zum Mietende bestand kein erheblicher Zeitraum. Entgegenstehende schutzwürdige Belange des Klägers sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Da ein Vermieter jedenfalls in einer solchen Lage nicht den Eintritt der kurzen Verjährung zu Lasten des Mieters hinauszögern können soll, lässt sich der Erlangung des unmittelbaren Besitzes durch den Vermieter gleichsetzen, wenn er – wie aus den vorgenannten Gründen hier – davon absieht, die Mieträume in Besitz zu nehmen, obwohl er von der Besitzaufgabe durch den Mieter weiß und die Möglichkeit der Inbesitznahme hat (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 19.06.2018 – 3 U 72/17 -, Rn. 18, ZMR 2018, 736).

(3) Der Kläger vermag sich demgegenüber auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2011 (VIII ZR 8/11, NJW 2012, 144) zu berufen. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung ausgeführt, dass ein Vermieter ein Mietobjekt nicht auf Zuruf zurückzunehmen verpflichtet sei und den Besitz an selbigem auch nicht dadurch erhalte, dass die Schlüssel in den Briefkasten des Mietobjekts eingeworfen würden. Der maßgebliche Unterschied des vorliegenden Falls zu dem, der vom Bundesgerichtshof zu entscheiden war, liegt jedoch darin, dass der Kläger hier tatsächlich den Besitz an dem Mietobjekt zurückerhalten und dann im Übrigen auch behalten hat, da die Schlüssel in seinen Briefkasten und nicht lediglich in den des Mietobjekts eingeworfen wurden. Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn er umgehend die Schlüssel wieder der Beklagten hätte zukommen lassen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn dies hat der Kläger nicht getan, sondern allein der Beklagten mit Schreiben vom 07.01.2021 (K 6, Bl. 69 LG) mitgeteilt, dass der Einwurf der Schlüssel in seinen Briefkasten gegen seinen Willen erfolgt und er nicht empfangsbereit sei. Dabei ist es ihm nicht etwa darum gegangen, die Beklagte zu einer, was ihm ggf. zuzubilligen wäre, geordneten Rückgabe der Mietsache im Rahmen eines zu vereinbarenden Übergabetermins zu bewegen. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er vielmehr für den Fall einer vorbehaltlosen Entgegennahme der Schlüssel und Untersuchung der Mieträume einen Verlust seiner Mietansprüche für die Zeit bis zur Beendigung des Mietverhältnisses befürchtet. Diese Sorge war jedoch, wie nachfolgend noch auszuführen ist, nicht begründet.

c. Die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 S. 1 BGB ist aus diesen Gründen spätestens am 08.01.2021 in Lauf gesetzt worden. Folglich endete die Verjährungsfrist mit Ablauf des 08.06.2021.

Hemmungstatbestände sind weder vom Kläger dargetan noch sonst ersichtlich. Der erst am 26.08.2021 eingegangene Mahnantrag hat die zu diesem Zeitpunkt mithin bereits vollendete Verjährung deshalb nicht mehr hemmen können.

2. Der Kläger kann sein Zahlungsverlangen insoweit auch nicht mit Erfolg hilfsweise auf rückständige Miete für den restlichen Monat Juni 2021 und die Monate Juli 2021 bis März 2022 sowie einen erstrangigen Anteil aus dem Monat April 2022 stützen.

Eine in diesem Hilfsvorbringen zu sehende Klageänderung hat das Landgericht zutreffend als unzulässig erachtet. Denn Sachanträge können nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 296a Rn. 3), vorliegend mithin spätestens in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 17.05.2022. Der Kläger hat erst mit Schriftsatz vom 07.06.2022 und somit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung sein Zahlungsverlangen hilfsweise auf einen weiteren Mietrückstand gestützt.

Ein solcher Mietanspruch besteht aber auch in der Sache nicht. Anders als der Kläger meint, hat sich das Mietverhältnis nicht etwa gemäß § 545 S. 1 BGB über den 04.06.2021 hinaus verlängert. Die Vorschrift erfordert, dass der Mieter den Gebrauch der Mietsache „nach Ablauf der Mietzeit“ fortsetzt. Die Mietzeit war, wie ausgeführt, vorliegend indes mit Ablauf des 04.06.2021 beendet. Den Mietgebrauch hat die Beklagte unstreitig schon zum 31.12.2020 eingestellt.

III.

Die Anschlussberufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist zur Berufungserwiderung erhoben (§ 524 Abs. 2 S. 1 ZPO), jedoch lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

1. Dem Kläger steht aus § 535 Abs. 2 BGB ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung rückständiger Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum von Februar 2021 bis einschließlich zum 04.06.2021 in Höhe von insgesamt 10.516,73 Euro zu, so dass insoweit die Anschlussberufung unbegründet ist.

a. Das Mietverhältnis der Parteien hat bis einschließlich zum 04.06.2021 fortgedauert. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 10.03.2020 nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam ordentlich kündigen können.

aa. Die mit Schreiben vom 10.03.2020 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt 17.06.2020“ ausgesprochene Kündigung wahrt nicht die in § 2 Ziff. 2.1.1 S. 2 des Mietvertrags ursprünglich vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ablauf der am 15.07. eines jeden Jahres endenden Mietzeit.

Sie wahrt auch nicht die mit der Nachtragsvereinbarung der Parteien vorgesehene Frist. Denn aus § 2 Ziff. 2.1.1a S. 2 des Nachtrags zum Mietvertrag folgt, dass ein Gleichlauf der Mietzeit von einem Jahr für die sodann insgesamt vermieteten Flächen von den Parteien gewollt war. Die Vermietung der zusätzlichen Gewerbeflächen sollte für die Dauer von zunächst einem Jahr erfolgen. Ausdrücklich heißt es sodann, dass das Mietverhältnis für die bisher bereits angemieteten Flächen sich ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt verlängere.

Den hiernach für die Mietzeit maßgeblichen Mietbeginn am 01.04.2012 haben die Parteien einvernehmlich im Vertragstext gestrichen. Soweit in dem Nachtrag dann der 01.05.2012 und der 15.05.2012 genannt sind, heißt es am Ende: „Sofern die Übergabe der zusätzlich gemieteten Fläche erst nach dem o.g. Mietbeginn erfolgt, ist der Zeitpunkt der Übergabe maßgebend für den Beginn des Nachtragsvertrages.“ Ausweislich des zu den Akten gereichten Protokolls (Bl. 66 LG) ist die Übergabe am 05.06.2012 erfolgt. Hiernach war die ordentliche Kündigung zum Ablauf des 04.06. eines jeden Jahres zulässig. Sowohl der Mietvertrag als auch der Nachtrag sehen hierfür eine Frist von drei Monaten vor, die im Zeitpunkt der Kündigung vom 10.03.2020 zum Ablauf des 04.06.2020 nicht mehr einzuhalten war.

Die ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 10.03.2020 konnte mithin erst zum Ablauf des 04.06.2021 wirksam werden. Dahingehend musste der Kläger die Kündigungserklärung der Beklagten schon aufgrund des Zusatzes „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ auch verstehen.

bb. Das Festhalten des Klägers an der aus diesen Gründen zur Anwendung kommenden Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende der Mietzeit am 04.06.2021 erweist sich nicht als treuwidrig i.S.d. § 242 BGB.

Nicht etwa war der Kläger gehalten, die Beklagte auf die zutreffende zu beachtende Kündigungsfrist hinzuweisen. In dem Schreiben der Beklagten vom 03.03.2019 kommt zwar zum Ausdruck, dass sie offensichtlich von einer ordentlichen Kündbarkeit zum 17.06.2020 ausging. Insoweit lag für den Kläger erkennbar eine Fehlvorstellung vor, weil jedenfalls der 17.06. eines Jahres, wie ausgeführt, als Ablauf der Mietzeit nicht in Betracht kommen konnte. Allerdings war dies ebenso für die Beklagte selbst erkennbar, ohne dass insoweit Unklarheiten bestanden haben. Überdies stand im Zeitpunkt des vorgenannten Schreibens noch ein erheblicher Zeitraum für eine fristgerechte Kündigung zur Verfügung. Nach dem Inhalt des Schreibens war ferner noch gar nicht klar, ob das Mietverhältnis tatsächlich gekündigt oder einvernehmlich noch bis zum Herbst 2020 fortbestehen sollte. Dass es zu konkreten Gesprächen hierüber und oder gar zu einer Einigung der Parteien über eine vorzeitige Vertragsbeendigung gekommen ist, behauptet die Beklagte nicht. Sie hat auch nicht dargetan, dass sie sich um das gewünschte Gespräch über die Beendigung des Mietverhältnisses bemüht hat oder aus welchen ggf. vom Kläger zu vertretenden Gründen ein solches Gespräch unterblieben ist.

cc. Auch lässt sich nicht erkennen, dass dem Schreiben der Beklagten vom 03.03.2019 die Bedeutung eines Angebots auf Vertragsänderung betreffend die Kündigungsfrist oder die Bedeutung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zukommt.

Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, wird in dem Schreiben weder eine Vertragsänderung angeboten noch gibt die Beklagte darin das Ergebnis einer zuvor getroffenen mündlichen Vereinbarung wieder. Vielmehr bleibt offen, ob eine Kündigung des Mietverhältnisses beabsichtigt ist oder eine Einigung über eine Beendigung zum Herbst 2020 angestrebt wird. Am Ende bittet die Beklagte insoweit auch lediglich um ein persönliches Gespräch.

b. Die im streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten zu zahlende Miete von monatlich 2.964,37 Euro ist zwischen den Parteien unstreitig. Hiervon ist jedoch ein Betrag von 420 Euro in Abzug zu bringen, der nach den Angaben des Klägers monatlich zu leistende Nebenkostenvorauszahlungen betrifft.

Diese kann der Kläger aufgrund mittlerweile eingetretener Abrechnungsreife nicht mehr verlangen. Denn auch im Gewerberaummietrecht hat der Vermieter die Nebenkosten in angemessener Frist abzurechnen und kann nach Anlauf dieser Frist Vorauszahlungsforderungen nicht mehr geltend machen (BGH NJW 2010, 1065 Rn. 39). Vorliegend haben die Parteien eine Abrechnungsfrist von einem Jahr, endend mit dem 31.12. des Folgejahres vereinbart (§ 3.3 MV). Ab 2023 können daher keine Vorauszahlungsforderungen für 2021 mehr beansprucht werden.

Auf die unstreitig mittlerweile erteilte Abrechnung für das Jahr 2021 kann der Kläger seinen Zahlungsanspruch insoweit auch nicht stützen. Denn nach seinen Angaben sind die Nebenkostenvorauszahlungen nicht in die Abrechnung als geleistete Vorauszahlungen aufgenommen worden.

Es verbleibt hiernach ein monatlicher Betrag von 2.544,37 Euro. Für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2021 errechnen sich 10.177,48 Euro und zzgl. 339,25 Euro für den Monat Juni 2021 (4/30 Anteil) ein Mietzahlungsanspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 10.516,73 Euro.

2. Der Kläger kann ferner Verzugszinsen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 3 Ziff. 3.3 des Mietvertrags beanspruchen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!